Sozialgericht Lüneburg
Urt. v. 27.04.2007, Az.: S 24 AS 1212/06

Bibliographie

Gericht
SG Lüneburg
Datum
27.04.2007
Aktenzeichen
S 24 AS 1212/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 61641
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGLUENE:2007:0427.S24AS1212.06.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
LSG Niedersachsen-Bremen - 11.03.2008 - AZ: L 7 AS 332/07

Tenor:

  1. 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.

    Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Erstattung weitergehender Kosten der Unterkunft und Heizung.

2

Der Kläger steht seit dem Inkrafttreten des Sozialgesetzbuches - Zweites Buch - (SGB II) im Leistungsbezug nach dem SGB II. Er wohnte zunächst in der G. in H ... Die Kosten für diese Wohnung bekam er zunächst erstattet. Mit Bescheid vom 07.03.2005 wurde er darauf hingewiesen, dass die Wohnung zu groß und zu teuer sei und deshalb beabsichtigt sei, ab dem 01.10.2005 nur noch die angemessenen Kosten der Unterkunft zu übernehmen. Im weiteren Verlauf des Jahres 2005 zog der Kläger in eine Wohnung in der I. in H ...

3

Im weiteren Verlauf wurden die Kosten der Unterkunft in voller Höhe berücksichtigt. Mit Schreiben vom 31.05.2005 wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass nach wie vor beabsichtigt sei, ab dem 01.10.2005 nur noch die angemessenen Unterkunftskosten für eine bis zu maximal 75 m2 große Wohnung zu übernehmen. Für den Kläger sei eine Warmmiete von 406,28 EUR monatlich angemessen.

4

Ausweislich des Mietvertrags sind für die Wohnung in der I. folgende Kosten zu bezahlen: 368,00 EUR für die Wohnung zuzüglich 25,00 EUR für eine Garage zuzüglich 130,00 EUR Nebenkosten, gesamt also 523,00 EUR. Die Nebenkosten gliedern sich wie folgt auf: Heizkosten 47,00 EUR und sonstige Nebenkosten 83,00 EUR. Im weiteren Verlauf des Jahres 2005 wurden dem Kläger mit Bescheid vom 21.09.2005 erneut Kosten der Unterkunft bewilligt. Der Kläger bildete dabei mit seiner Ehefrau eine Bedarfsgemeinschaft. Dabei wurde nur noch der für angemessen erachteter Betrag zugrunde gelegt. Für den ebenfalls in der Wohnung lebenden volljährigen Sohn wurde 1/3 der Unterkunftskosten herausgerechnet.

5

Mit Bescheid vom 29.03.2006 wurden die Leistungen des Klägers für den Zeitraum 01.04.2006 bis 30.09.2006 wie zuvor neu festgesetzt.

6

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Die Berechnung der Unterkunftskosten sei falsch.

7

Daraufhin wurden die Leistungen des Klägers für den genannten Zeitraum neu festgesetzt. Der Beklagte bewilligte dem Kläger monatliche Leistungen in Höhe 278,88 EUR. Diese errechnete er wie folgt: als angemessene Unterkunftskosten wurden 379,78 EUR monatlich angesetzt. Davon wurde 1/3 (126,59 EUR) in Abzug gebracht. Als Heizkosten wurden 47,00 EUR angesetzt, davon wurde ein Warmwasseranteil von 8,46 EUR abgezogen sowie 1/3 (12,85 EUR) für den Sohn. Somit wurden insgesamt 25,69 EUR an Heizkosten bewilligt.

8

Laut eines Berechnungsblattes des Beklagten wurde der für angemessen erachtete Betrag wie folgt errechnet: angemessene Wohnfläche für 3 Personen 75 m2 x angemessener Quadratmeterpreis 4,09 EUR = 306,75 EUR zuzüglich angemessener Nebenkosten 79,03 EUR zuzüglich angemessener Heizkosten 38,54 EUR = 418,32 EUR.

9

Auch gegen diesen Änderungsbescheid erhob der Kläger Widerspruch am 12.05.2006. Zur Begründung führte er aus, dass seine Miete in voller Höhe zu berücksichtigen sei. Sein Sohn könne seinen Mietanteil nicht mehr erbringen, da er arbeitslos geworden sei.

10

Mit Schreiben vom 21.06.2006 machte der Vermieters Mietrückstände in Höhe von 1.246,00 EUR geltend.

11

Die Widersprüche wurden durch Widerspruchsbescheid vom 31.08.2006 zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass seit dem 01.10.2005 nur noch die angemessenen Mietaufwendungen berücksichtigt werden könnten. Die Wohnung des Klägers sei mit 94,3 m2 zu groß. Die Berechnung der als angemessen erachteten Kosten wurde erneut erläutert.

12

Hiergegen erhob der Kläger am 02.11.2006 Klage. Zur Begründung trägt der Kläger vor, dass er eine billigere Wohnung nicht finde, da er eine Schufa-Eintragung habe. Ihm drohe die Obdachlosigkeit. Der Beklagte müsse deshalb seine Mietrückstände und die folgenden Mieten bis zum Auszug in eine billigere Wohnung in voller Höhe erbringen.

13

Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,

14

1. den Bescheid des Beklagten vom 29.03.2006 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 12.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.08.2006 abzuändern, 2. den Beklagten zu verpflichten, ihm die Kosten der Unterkunft und Heizung in voller Höhe zu bewilligen, 3. die aufgelaufenen Mietrückstände zu übernehmen,

15

hilfsweise,

16

diese Rückstände als Darlehen zu gewähren.

17

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

18

Er verweist darauf, dass der Kläger keinerlei Bemühungen nachgewiesen habe, sich um günstigeren Wohnraum bemüht zu haben.

19

Mit Schriftsatz vom 17.10.2006 hat der Beklagte ein Angebot unterbreitet, dem Kläger die Kosten der Unterkunft nach der rechten Spalte zur Wohngeldtabelle zu erstatten. Danach sei ein Wert für einen 3-Personen-Haushalt in der geltenden Mietstufe 2 von 410,00 EUR heranzuziehen. Damit ergäbe sich für den Kläger und dessen Ehefrau ein Anspruch von 273,33 EUR.

20

In der mündlichen Verhandlung am 27.04.2007 hat sich der Beklagte verpflichtet, dem Kläger die Kosten der Unterkunft nach der rechten Spalte der Wohngeldtabelle zu erstatten und den sich daraus ergebenden Betrag umgehend anzuweisen.

21

Mit Urteil des Amtsgerichts J. vom 23.10.06 (K.) wurde der Kläger zur Räumung seiner Wohnung verurteilt.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte, die Akte K. des AG J. und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die dem Gericht bei der Entscheidungsfindung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe

23

Die Klage teilweise unzulässig (1.), im Übrigen unbegründet.

24

Das Gericht konnte trotz des Ausbleibens des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung entscheiden, § 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da der Kläger zur mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß geladen wurde und auf die möglichen Folgen bei Nichtwahrnahme des Termins hingewiesen wurde.

25

1. Soweit der Kläger die Übernahme seiner Unterkunftskosten bis zu einem Wert von 273,33 EUR begehrt, ist die Klage unzulässig. Denn der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 27.04.2007 die Übernahme der Unterkunftskosten bis zu diesem Wert erklärt und die Leistungen zwischenzeitlich angewiesen. Ein Rechtsschutzbedürfnis in dieser Höhe besteht damit nicht mehr, da eine wirtschaftliche Besserstellung des Klägers insofern nicht mehr erreicht werden kann.

26

2. Soweit der Kläger die Erstattung der Unterkunftskosten über einem Wert von 273,33 EUR bis zur tatsächlichen Höhe der Miete begehrt, ist die Klage unbegründet. Dies ergibt sich aus § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, wonach Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit diese angemessen sind.

27

a. Zunächst kann der Kläger grundsätzlich nur 2/3 der Miethöhe verlangen. Denn der volljährige Sohn des Klägers bildet im streitbefangenen Zeitraum eine eigene Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 SGB II. Nach dem Kopfzahlprinzip ist deshalb die Miete durch die Anzahl der Bewohner zu teilen. Dem Sohn stehen möglicherweise eigene Ansprüche zu, die nicht Gegenstand der Klage sind.

28

b. Aber auch 2/3 der Miete kann der Kläger nicht in voller Höhe verlangen. Zunächst sind die Kosten für die Garage in Höhe von monatlich 25,00 EUR nicht zu erstatten, da die Anmietung einer Garage nicht Teil der notwendigen Kosten der Lebensführung ist und der Kläger nicht dargelegt hat, dass ihm die Anmietung der Wohnung ohne Garage nicht möglich war.

29

Zieht man also von der grundsätzlich in Höhe von 523,00 EUR inklusive aller Nebenkosten zu erbringenden Miete die Kosten der Garage mit 25,00 EUR und die Heizkosten in Höhe von 47,00 EUR ab und nimmt von dem dann verbleibenden Wert von 451,00 EUR den Betrag von 2/3 für den Kläger und dessen Ehefrau, ist im Streit eine Mietzahlung von 300,66 EUR. Nachdem der Beklagte nunmehr Mietkosten in Höhe von 273,33 EUR bewilligt, verbleibt eine streitige Differenz von monatlich 27,33 EUR.

30

Diese Differenz kann der Kläger nicht verlangen. Denn die Wohnung des Klägers ist mit 94,3 m2 unangemessen groß. Die Angemessenheit der Wohnungsgröße bestimmt sich nach den landesrechtlichen Bestimmungen zur Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus (Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R -). Danach beläuft sich für einen 3-Personen-Haushalt in Niedersachsen die angemessene Wohnungsgröße auf 75 m2. Da der Kläger also nicht die gesamten Kosten der von ihm angemieteten Wohnung verlangen kann, woraufhin der Beklagte auch frist- und formgerecht hingewiesen hat, sind die dem Kläger abstrakt zustehenden angemessenen Unterkunftskosten zu bestimmen. Bei einem vom Kläger pro Quadratmeter zu zahlenden Preis von 4,75 EUR wäre bei einer angemessenen Wohnungsgröße ein Betrag von 237,37 EUR zu bezahlen. Der Beklagte hat hier schon mehr bewilligt. Der Beklagte hat insofern für die abstrakte Berechnung der zustehenden Unterkunftskosten auf die rechte Spalte der Wohngeldtabelle zurückgegriffen. Dieses Vorgehen ist hier nicht zu beanstanden, sondern entspricht der Rechtsprechung der Kammer in ähnlich gelagerten Fällen (siehe z. B. Urteil vom 24.01.2007 - S 24 AS 462/06 -, Urteil vom 24.01.2007 - S 24 AS 124/06 -).

31

3. Auch die Übernahme der Mietrückstände kann der Kläger nicht, auch nicht darlehensweise, verlangen. Gemäß § 22 Abs. 5 SGB II können Schulden übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft gerechtfertigt ist. Der Kläger ist bereits im Oktober 2006 zur Räumung der Wohnung verurteilt worden, so dass die Wohnung nicht mehr gesichert werden kann.

32

4. Weitergehende Heizkosten kann der Kläger nicht verlangen. Der Beklagte hat die tatsächlich zu bezahlenden Heizkosten in Höhe von monatlich 47,- EUR bereits zu Grunde gelegt, davon einen Warmwasseranteil von 8,46 EUR (18 %) abgezogen, sowie 1/3 (12,85 EUR) für den Sohn. Diese Berechnung ist korrekt.

33

5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus entsprechender Anwendung des § 193 SGG.