Sozialgericht Lüneburg
v. 19.07.2007, Az.: S 25 AS 535/06
Bibliographie
- Gericht
- SG Lüneburg
- Datum
- 19.07.2007
- Aktenzeichen
- S 25 AS 535/06
- Entscheidungsform
- Gerichtsbescheid
- Referenz
- WKRS 2007, 61618
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGLUENE:2007:0719.S25AS535.06.0A
Rechtsgrundlagen
- WoGG 2005 § 8
- SGB II § 22 Abs. 1
- SGB II § 24
- BGB § 558c Abs. 3
- SGB II § 7 Abs. 2
- WoBindG § 5
- BGB § 558d
Tenor:
Die Beklagte wird unter Abänderung ihres Bescheides vom 02. März 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 05. April 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. April 2006 verpflichtet, die Hälfte der notwendigen Kosten des Widerspruchsverfahrens zu erstatten.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt 1/4 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klageverfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SBB II), dabei insbesondere um die Frage, welche Kosten der Unterkunft und Heizung angemessen sind und in welchem Umfang der Kläger im Widerspruchsverfahren erfolgreich war.
Der 1979 geborene ledige Kläger bezieht seit dem Jahre 2005 laufende Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II. Seit dem 01. Januar 2006 bewohnt er eine 55 qm große 1,5-Zimmer-Wohnung in Lüneburg, für die eine Gesamtmiete in Höhe von 390,00 EUR monatlich fällig war. Ausweislich der Vermieterbescheinigung vom 14. Januar 2006 (Bl. 149 VA) entfielen auf den Heizkostenanteil 53,59 EUR
Auf seinen Fortzahlungsantrag bewilligte die Beklagte dem Kläger zunächst mit Bewilligungsbescheid vom 13. Oktober 2005/Änderungsbescheid vom 05. Dezember 2005 und Änderungsbescheid vom 02. März 2006 Leistungen für den Zeitraum vom 01. Oktober 2005 bis zum 31. März 2006 wie folgt:
10/05 11/05 12/05 01/06 bis 03/06 Regelleistung 345,00 EUR 345,00 EUR 345,00 EUR 345,00 EUR Alg I - Zuschlag 73,00 EUR 38,00 EUR 37,00 EUR 37,00 EUR KdU 236,59 EUR 236,59 EUR 236,59 EUR 370,55 EUR Gesamt 654,59 EUR 619,59 EUR 618,59 EUR 752,55 EUR
Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 15. März 2006 Widerspruch mit der Begründung, die Kosten der Unterkunft ab Januar 2006 seien zu niedrig angesetzt, die Wohnung sei auch nicht unangemessen. Auch sei der Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld I zu Unrecht bereits zum 01. November 2005 abgesenkt worden, der vorherige Bezug von Arbeitslosengeld I habe bis zum 31. Dezember 2004 bestanden.
Mit Änderungsbescheid vom 05. April 2006 half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab und bewilligte für den Zeitraum vom 01. Januar 2006 bis zum 31. März 2006 Leistungen in Höhe von insgesamt 760,59 EUR (345,00 EUR + 378,59 EUR [325+53,59 EUR Heizkosten] + 37,00 EUR Zuschlag) und begründete die Erhöhung im Wesentlichen mit der Übernahme der tatsächlichen Heizkosten (abzüglich eines Anteiles für die Warmwasserbereitung).
Den darüber hinausgehenden Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 06. April 2006 zurück, wobei sie eine Kostengrundentscheidung dahingehend traf, dem Kläger 1/3 der notwendigen Auslagen auf Antrag zu erstatten. Die angemessenen Kosten der Unterkunft würden 325,00 EUR (ohne Heizkosten) betragen, zu denen die tatsächlichen Heizkosten in Höhe von 53,59 EUR hinzuträten. Hinsichtlich des Zuschlages nach Bezug von Arbeitslosengeld I führte sie aus, der Kläger habe bis zum 01. November 2004 Arbeitslosengeld in Höhe von 618,80 EUR monatlich bezogen. Die Höhe des Arbeitslosengeldes II habe 509,31 EUR betragen. Demnach ergäben zwei Drittel des Unterschiedsbetrages 73,00 EUR, die ab dem 01. November 2005 auf 37,00 EUR monatlich zu senken gewesen seien.
Mit Schriftsatz vom 09. Mai 2006 hat der Kläger bei dem Sozialgericht Lüneburg Klage erhoben und verfolgt sein Begehren weiter. Trotz der Erläuterung sämtlicher aufgeworfener Fragen, die sich aus dem ursprünglichen Bescheid ergeben hätten, sehe die Beklagte nur eine Kostenerstattung von 1/3 für das Widerspruchsverfahren vor, was unangemessen sei. Insbesondere sei eine Erläuterung hinsichtlich des Zuschlages, der ungerechtfertigter Weise einbehalten worden sei, erst im Widerspruchsverfahren erfolgt. Insgesamt sei der Ursprungsbescheid nicht verständlich gewesen. Schließlich entsprächen die von der Beklagten zugrunde gelegten Richtlinien hinsichtlich der Angemessenheit von Unterkunftskosten nicht dem tatsächlichen Preisniveau in Stadt und Landkreis Lüneburg.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 02. März 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 05. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. April 2006 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, die tatsächlichen Kosten der Unterkunft in Höhe von 390,00 EUR zu gewähren und die Beklagte zu verpflichten, die Kosten des Vorverfahrens vollständig zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält ihre Entscheidungen für zutreffend und ist der Auffassung, der Erfolg im Widerspruchsverfahren hänge maßgeblich von einem Vergleich des von dem Kläger geforderten Betrages in Höhe von 55,45 EUR (= 36,00 EUR + 19,45 EUR) und dem im Rahmen des Widerspruchsverfahrens erstrittenen Betrag in Höhe von 8,04 EUR ab. Diese entsprechende Quote betrage 7 %, so dass die Anerkennung von 1/3 gerechtfertigt sei.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, die Prozessakte, die den Kläger betreffende Leistungsakte der Beklagten zum Aktenzeichen 25102 BG 0005171 sowie die Prozessakte zum Aktenzeichen S 25 AS 145/06 ER Bezug genommen. DieG.n in der mündlichen Verhandlung vor und waren Gegenstand von Beratung und Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.
Der Kläger ist durch die angegriffenen Entscheidungen der Beklagten beschwert, weil sie mit Blick auf die Kostengrundentscheidung im Widerspruchsverfahren (dazu unter 1.) rechtswidrig sind, § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Im Übrigen sind die angegriffenen Entscheidungen rechtmäßig und beschweren den Kläger nicht (dazu unter 2. ff.).
1. Streitgegenstand sind ausweislich des insoweit maßgeblichen klägerischen Begehrens (§ 123 SGG) der Bescheid vom 02. März 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 05. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. April 2006, mit denen über Grundsicherungsleistungen für Arbeitssuchende nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01. Oktober 2005 bis zum 31. März 2006 entschieden wurde. Etwaige Bewilligungsbescheide, die Folgezeiträume betreffen, werden nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich die Kammer anschließt, nicht gemäß § 96 SGG - auch nicht in entsprechender Anwendung - Gegenstand des Klageverfahrens (vgl. Bundessozialgericht , Urteil vom 07. November 2006, - B 7b AS 14/06 R - sowie Urteil vom 29. März 2007, - B 7b AS 4/06 R -).
2. Hinsichtlich der angegriffenen Kostenentscheidung für das Widerspruchsverfahren wird die von der Beklagten zuerkannte Kostenquote von 1/3 dem Ausgang des Widerspruchsverfahrens nicht gänzlich gerecht.
Gemäß § 63 Abs. 1 S. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Dabei sind die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für die Kostengrundentscheidung im Klageverfahren auf diejenige im Widerspruchsverfahren entsprechend anzuwenden (Becker in: Hauck/Noftz, Gesamtkommentar zum SGB X, § 63, Rdnr. 34). Danach ist nicht nur auf die Erfolgsaussicht der Klage zum Zeitpunkt der Erledigung abzustellen. Vielmehr sind im Rahmen einer Ermessensentscheidung alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Nach dem Veranlassungsprinzip kann auch ein obsiegender Grundsicherungsträger zur Kostenerstattung verurteilt werden, wenn er durch eine unrichtige oder unklare Sachbehandlung Anlass für eine unzulässige oder unbegründete Klage (bzw. hier eines nur teilweise begründeten Widerspruch) gegeben hat (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, § 193, Rdnr. 12 b). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.
a) Das Begehren des Klägers bezog sich einerseits auf die Zuerkennung des gesamten Zuschlages nach Bezug von Arbeitslosengeld I für lediglich zwei Monate - nämlich November und Dezember 2005 - und andererseits auf die Zuerkennung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 390,00 EUR. Daraus folgt, dass der Kläger abweichend von dem angegriffenen Bescheid vom 02. März 2006 für die Monate November und Dezember 2005 einen Betrag in Höhe von 35,00 EUR bzw. 36,00 EUR hinsichtlich des Zuschlages nach Arbeitslosengeld I. Für den Bewilligungszeitraum von Januar 2006 bis März 2006 begehrte der Kläger noch lediglich den Differenzbetrag in Höhe von 19,45 EUR für die Kosten der Unterkunft und Heizung. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens half die Beklagte dann für den Zeitraum von Januar 2006 bis März 2006 in Höhe eines Betrages von monatlich 8,04 EUR ab. Wenn man danach den vom Kläger erstrebten Gesamtbetrag in Höhe einer Summe von 129,35 EUR (35,00 EUR + 36,00 EUR + 3 x 19,45 EUR), dem im Rahmen des Widerspruchsverfahrens tatsächlichen erlangten Betrag in Höhe von 24,12 EUR (3 x 8,04 EUR) gegenüberstellt, ergibt dies bereits - abweichend von der Berechnung der Beklagten - eine Erfolgsquote in Höhe von etwa 19 %.
b) Indes ist diese Erfolgsquote nach den oben dargestellten Erwägungen nach Überzeugung der Kammer unter Berücksichtigung des auch im Sozialverwaltungsverfahren zu berücksichtigenden Veranlassungsprinzips auf die Hälfte der notwendigen Aufwendungen im Widerspruchsverfahren zu erhöhen. Zum einen ist dem angegriffenen Änderungsbescheid vom 02. März 2006 schon nicht zu entnehmen, auf welcher Entscheidung die vorgenommene Einbehaltung in Höhe der Hälfte des Zuschlages beruht und in welchem Monat die Einbehaltung erfolgte. Darüber hinaus geht aus den für die Monate Januar 2006 bis März 2006 bewilligten Beträgen nicht deutlich und klar genug hervor, wie insbesondere die Kosten der Unterkunft und Heizung ermittelt worden sind und wie sich der zunächst bewilligte Betrag in Höhe von 370,55 EUR überhaupt zusammensetzt. Insoweit weist der Kläger völlig zu Recht darauf hin, dass es nicht Aufgabe des Bescheidempfängers sein kann, "zu raten", auf Grundlage welcher Überlegungen, welche Beträge in die jeweilige Bedarfsberechnung eingestellt werden. Wenn daher der mit dem Widerspruch angegriffene Bescheid vom 02. März 2006 die nötige Klarheit und Transparenz vermissen lässt, ist es gerechtfertigt, für die Rechtsverfolgung insgesamt die Hälfte der notwendigen Aufwendungen im Widerspruchsverfahren zuzuerkennen.
3. Soweit der Kläger allerdings (in der Sache) die Übernahme seiner tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 390,00 EUR für den Zeitraum vom 01. Januar 2006 bis zum 31. März 2006 begehrt, kann er hiermit jedoch nicht durchdringen.
a) Gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II sind Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange zu berücksichtigen, wie es nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken; in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs. 1 S. 2 SGB II).
Die Anspruchsnorm lässt erkennen, dass die Höhe des Anspruchs auf Leistungen für die Kosten der Unterkunft zweistufig zu ermitteln ist. Einerseits ist dem jeweils in Betracht kommenden örtlichen Wohnungsmarkt eine maßgebliche Mietpreisspanne zu entnehmen, welche die (abstrakte) Angemessenheitsgrenze unter Berücksichtigung besonderer Umstände des Einzelfalls abbildet. Andererseits ist zu berücksichtigen, zu welchem konkreten Mietzins der Hilfebedürftige sich eine Unterkunft auf dem maßgeblichen Wohnungsmarkt tatsächlich beschaffen kann.
Bei der Beurteilung der Angemessenheit von Mietaufwendungen für eine Unterkunft ist - im Hinblick auf den Zweck der Grundsicherung für Arbeitsuchende, nur den notwendigen Bedarf sicherzustellen - nicht auf den jeweiligen örtlichen Durchschnitt aller gezahlten Mietpreise, sondern auf die im unteren Bereich der für vergleichbare Wohnungen am Wohnort des Leistungsempfängers marktüblichen Wohnungsmieten abzustellen und auf dieser tatsächlichen Grundlage eine Mietpreisspanne zu ermitteln (Bundessozialgericht , Urteil vom 07. November 2006 - B 7b AS 18/06 R -). Die angemessene Höhe der Unterkunftskosten ist als Produkt aus der für den Leistungsempfänger abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins/qm zu ermitteln ("Produkttheorie", Bundessozialgericht, a. a. O.).
Die berücksichtigungsfähige Wohnfläche ist anhand der Kriterien der Förderungswürdigkeit im sozialen Wohnungsbau nach den hierfür geltenden Vorschriften (§ 5 Wohnungsbindungsgesetz i. V. m. § 27 Abs. 1 - 5 Wohnraumförderungsgesetz) zu beantworten (Bundessozialgericht, a. a. O.). Im Land Niedersachsen sind die Richtlinien über die soziale Wohnraumförderung (Wohnraumförderungsbestimmungen - WFB 2003 -) in dem Runderlass von 27. Juni 2003 geregelt (Niedersächsisches Ministerialblatt 2003, Heft 27, S. 580). Gemäß Ziffer B Nr. 11.2 der Wohnraumförderungsbestimmungen - WFB 2003 - gilt bei Mietwohnungen für ein Haushaltsmitglied eine Wohnfläche bis 50 qm als angemessen. Die von dem Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum bewohnte Wohnung wies eine Wohnfläche von 55 qm auf und ist daher unangemessen groß.
In erster Linie heranzuziehen für die abstrakte Angemessenheitsgrenze sind örtliche Mietspiegel oder Mietdatenbanken im Sinne der §§ 558c - 558e Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Liegen sie, wie vorliegend, nicht vor, ist vorrangig auf - grundsicherungsrelevante - Mietspiegel oder -tabellen der Grundsicherungsträger zurückzugreifen (Bundessozialgericht, a. a. O.) Ohne abschließende Wertung dürfen sie zwar auf einer schwächeren Datenbasis als ein Mietspiegel, insbesondere ein qualifizierter Mietspiegel nach § 558d BGB beruhen. Gleichwohl müssen sie den maßgeblichen örtlichen Wohnungsmarkt nachvollziehbar abbilden. Gefordert sind hiernach Angaben zu Wohnort, Wohnfläche, Netto- und Bruttokaltmiete. Zu entnehmen sein muss zudem der Anmietungszeitpunkt, da nicht Bestands-, sondern nur Angebotsmieten das Mietpreisniveau abbilden können, zu dem eine Wohnung zu beschaffen ist. Ebenso müssen die Datenquellen und das Erhebungsverfahren erkennbar sein, damit die Datenerhebung nachvollziehbar geprüft werden kann. Ohne abschließende Aufzählung ist insbesondere auf Mietlisten kommunaler Wohnungsunternehmen und Mietbescheinigungen der Leistungsberechtigten nach dem SGB II und SGB XII abzustellen. Die Datenerhebung hat vollständig, fortlaufend und nicht nur sporadisch zu erfolgen. Unter dieser Voraussetzung können auch über Medien verbreitete Mietangebote einbezogen sein. Gerade bei diesen ist es jedoch besonders wichtig, dass sie in regelmäßigen kurzen Abständen vollständig unter Berücksichtigung aller relevanten Medien erfasst sind, um Zufallsschwankungen und Falschangaben nivellieren zu können. In Anlehnung an die Regelung zu den Mietspiegeln soll regelmäßig nach spätestens 2 Jahren beginnend mit dem letzten Erhebungsstand eine Aktualisierung erfolgen (§§ 558c Abs. 3 BGB, 558d Abs. 2 S. 1 BGB).
Diesen Anforderungen genügende Mietdaten hat weder die Beklagte unter Berücksichtigung der maßgeblichen Wohnfläche zur Verfügung gestellt, noch sind sie für die Kammer anderweitig ersichtlich, zumal insoweit allein der Zeitraum vom 01. Januar 2006 bis 31. März 2006 im Streit steht und daher weitreichende sowie zeitintensive Ermittlungen danach, welche abstrakte und welche konkrete Angemessenheitsgrenze im Einzelnen zugrunde zu legen ist, nicht sinnvoll erscheinen. Im Übrigen erscheint es der Kammer auch unergiebig, einzelne Vermieter für den hier maßgeblichen Bereich des Landkreises Lüneburg nach validen Mietdaten zu befragen. Eine solche Vorgehensweise hat selbst im Ballungsgebiet der Landeshauptstadt Hannover nicht zu validem Datenmaterial geführt (vgl. dazu Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen , Urteil vom 24. April 2007, - L 7 AS 494/05 -). Daher ist die Kammer davon überzeugt, erst recht im ländlichen Gebiet kein aussagekräftiges Material zur Bestimmung der abstrakten oder konkreten Angemessenheitsgrenze für den hier streitgegenständlichen Zeitraum erhalten zu können.
Fehlt es demnach an aussagekräftigem Datenmaterial, ist ohne weitere Erkenntnismöglichkeiten im lokalen Bereich auf die Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) gegebenenfalls mit einem Zuschlag oder auf die zulässigen Mietgrenzen der in Ergänzung zum WoFG erlassenen landesrechtlichen Wohnraumförderungsbestimmungen zurückzugreifen (Bundessozialgericht, a. a. O.). Eine weitergehende konkrete Kontrolle der abstrakten Angemessenheitsgrenze, die schon angezeigt ist, weil sie nur eine ungefähre Mietpreisgrenze benennen kann, zu der jedenfalls nicht alle Hilfebedürftigen zwingend eine angemessene Unterkunft tatsächlich erhalten können, liegt daher in den Händen des Hilfebedürftigen. Er ist gehalten und allein in der Lage, substantiiert darzulegen, dass eine andere bedarfsgerechte, kostengünstigere Unterkunft im Bedarfszeitraum auf dem örtlichen Wohnungsmarkt nicht vorhanden bzw. trotz ernsthafter und intensiver Bemühungen für ihn nicht auffindbar oder eine vorhandene Unterkunft für ihn nicht zugänglich ist (Hessisches Landessozialgericht , Beschluss vom 05. Januar 2007 - L 9 SO 82/06 ER - ; BVerwGE 101, 194, 198). Für eine solche Darlegung fehlt es bereits an ernstlichen Bemühungen des Klägers.
Wenn also verallgemeinerungsfähige und aussagekräftige Aussagen zur Lage auf dem Wohnungsmarkt - insbesondere Mietspiegel - nicht vorhanden sind, haben die niedersächsischen Sozialgerichte zunächst die Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) und dort die rechte Spalte (ohne Zu- oder Abschläge), angewendet (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen , Beschluss vom 13. April 2006 - L 9 AS 131/06 ER - m. w. N.). Dem Träger der Grundsicherungsleistungen steht der Nachweis offen, dass Unterkünfte zu günstigen Konditionen erhältlich sind und im Gegenzug dazu hat der Hilfeempfänger im Einzelfall die Möglichkeit nachzuweisen, dass er trotz intensiver Bemühungen zu dem Tabellenwert keine geeignete Unterkunft finden kann.
Diese Rechtsprechung wendet die Kammer in einstweiligen Rechtsschutzverfahren und in denjenigen Hauptsacheverfahren auch weiterhin an, in denen Ermittlungen für einen weiter zurückliegenden Zeitraum (hier also Januar 2006 bis März 2006) nicht zielführend erscheinen. Da aus den vorgenannten Gründen insbesondere eine Beweisaufnahme ausscheidet und der Kläger nicht dargelegt hat, dass Unterkünfte zu den aus der Wohngeldtabelle ersichtlichen Konditionen nicht erhältlich sind bzw. waren, stehen andere Erkenntnismöglichkeiten nicht zur Verfügung. Anhaltspunkte für die Vergabe eines Zuschlages auf die Werte der rechten Spalte der Wohngeldtabelle sind für die Kammer im Übrigen nicht ersichtlich (vgl. zu einem zu gewährenden Zuschlag in Ballungsgebieten: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen , Urteil vom 24. April 2007, - L 7 AS 494/05 -).
Die Miethöchstgrenze in der Tabelle zu § 8 WoGG sieht für einen Ein-Personen-Haushalt unter der Berücksichtigung der für den Landkreis Lüneburg geltenden Mietstufe IV einen Höchstbetrag von 325,00 EUR vor. Dieser Betrag ist auch in dem maßgeblichen Änderungsbescheid vom 05. April 2006 neben den tatsächlichen Heizkosten in die Berechnung eingestellt worden.
Im Übrigen wird hinsichtlich der Verfügbarkeit von Wohnraum zu diesem Höchstbetrag im hier maßgeblichen Zeitraum auf die Begründung des Beschlusses der Kammer im einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zwischen den Beteiligten zum Aktenzeichen S 25 AS 145/06 ER (Beschluss vom 23. März 2006, bestätigend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen , Beschluss vom 04. Oktober 2006, - L 8 AS 185/06 ER) Bezug genommen (S. 7 des Entscheidungsabdrucks).
b) Ein höherer Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II. Denn entgegen der Auffassung des Klägers greift auch für den streitigen Zeitraum die befristete Bestandsschutzregelung des § 22 Abs. 1 S. 2 letzter Halbsatz SGB II nicht ein. Danach sind die Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf der Bedarfsgemeinschaft solange zu berücksichtigten, wie es der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für 6 Monate. Diese Voraussetzungen liegen jedoch schon deshalb nicht vor, weil der Kläger ohne vorherige Zusicherung in eine unangemessen große und teure Wohnung eingezogen ist. Bei dieser Sachverhaltskonstellation ist eine Kostensenkungsaufforderung nicht geboten oder gar erforderlich.
4. Die übrigen Leistungsvoraussetzungen für eine Leistungsverpflichtung der Beklagten liegen vor. Gemäß § 7 Abs. 2 S. 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Gesetz Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben. Diese Voraussetzungen hat der Kläger entsprechend den Angaben in seinem Leistungsantrag erfüllt.
5. Einen höheren Anspruch auf Leistungen nach § 24 SGB II hat der Kläger zuletzt nicht mehr geltend gemacht. Insoweit ist die Leistungsgewährung im Übrigen auch nicht zu beanstanden.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG. Maßgeblich ist dabei gewesen, dass die Klage lediglich in Bezug auf die Kostenquote im Widerspruchsverfahren (teilweise) Erfolg hatte.
7. Gerichtskosten werden in Verfahren dieser Art nicht erhoben.
8. Die Beteiligten können dieses Urteil - wegen der Unterschreitung der Berufungssumme - nicht mit der Berufung anfechten. Ein Grund für die Zulassung der Berufung gemäß § 144 Abs. 2 SGG liegt nicht vor, insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, ferner weicht dieses Urteil nicht von höchstrichterlichen Entscheidungen ab.