Sozialgericht Lüneburg
Beschl. v. 22.11.2007, Az.: S 41 AS 1282/07 ER
Bibliographie
- Gericht
- SG Lüneburg
- Datum
- 22.11.2007
- Aktenzeichen
- S 41 AS 1282/07 ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2007, 61627
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGLUENE:2007:1122.S41AS1282.07ER.0A
Tenor:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Die Antragstellerin befindet sich in einer Ausbildung, die nach den §§ 60-62 des SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist. Aufgrund einer bestehenden Schwangerschaft zog die Antragstellerin aus dem elterlichen Haushalt aus. Sie beantragte danach bei dem Antragsgegner die Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung. Mit Bescheid vom 20. August 2007 lehnte der Antragsgegner dies ab. Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden ist.
Die Antragstellerin trägt vor, es sei notwendig, dass sie mit ihrem Kind gemeinsam eine eigene Wohnung beziehen könne und nicht mehr im Haushalt der Eltern leben müsse. In dem elterlichen Haushalt sei nicht hinreichend Platz für sie und ihr Kind. Es sei ihr auch nicht zuzumuten, mit ihren Eltern gemeinsam in der Wohnung zu verbleiben, da ihr Vater zu Beginn der Schwangerschaft einen Schwangerschaftsabbruch befürwortet habe und sie seither kaum mit ihm kommuniziert habe, da er ihre Entscheidung, das Kind auszutragen, nicht nachvollziehen könne. Sie habe einen Antrag auf Bundesausbildungsbeihilfe gestellt und damit gerechnet, einen Zuschuss zu erhalten. Ihr Antrag sei jedoch mit der Begründung abgelehnt worden, dass das Einkommen der Eltern zu hoch sei. Bei der Antragstellung auf Bundesausbildungsbeihilfe sei ihr mitgeteilt worden, sie benötige zuvor einen unterschriebenen Mietvertrag. Aus diesem Grund habe sie die Wohnung angemietet. Sie habe nicht gewusst, dass sie zuvor eine Zustimmung des Antragsgegners einholen müsse, um Kosten der Unterkunft zu erhalten. Dies sei ihr erst gesagt worden, nachdem sei den Antrag beim Landkreis gestellt habe.
Das Gericht wies die Antragstellerin darauf hin, dass sie grundsätzlich vom Bezug von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sei, da sie eine Ausbildung durchläuft, die nach den §§ 60 - 62 SGB III forderungsfähig ist und fragte an, ob auch Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II als Darlehen beantragt werden. Die Antragstellerin teilte daraufhin mit, dass sie eine darlehensweise Bewilligung von Leistungen nicht beantrage, da sie nicht in der Lage sei, dass Darlehen zurückzuzahlen.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung dazu zu verpflichten, ihr Leistungen nach dem SGB II für Unterkunft und Heizung als nicht rückzahlbare Beihilfe zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er trägt vor, dass keine schwerwiegenden sozialen Gründe gegen einen Aufenthalt der Antragstellerin in der Wohnung ihrer Eltern sprechen. Es sei keineswegs unzumutbar, mit dem Säugling in einem Zimmer zu leben. Der Platzbedarf eines Säuglings sei begrenzt. Ein Anspruch auf der Grundlage des § 22 Abs. 7 SGB II scheitere auch bereits daran, dass die Antragstellerin dem Grunde nach einen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe habe.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszuges.
Voraussetzung für den Erlass der hier vom Antragsteller begehrten Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG, mit der er die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II begehrt, ist neben einer besonderen Eilbedürftigkeit der Regelung (Anordnungsgrund) ein Anspruch des Antragstellers auf die begehrte Regelung (Anordnungsanspruch). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 3 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Im vorliegenden Fall wurde ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II.
Nach § 7 Abs. 5 SGB II ist die Antragstellerin aufgrund der Ausbildung, die sie zur Zeit durchläuft und die nach den §§ 60-62 SGB II dem Grunde nach förderungsfähig ist, vom Bezug von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Hiervon sind auch die Kosten der Unterkunft und Heizung umfasst, sofern nicht ein Fall des §§ 22 Abs. 7 SGB II vorliegt. Nach dieser Vorschrift erhalten abweichend von § 7 Abs. 5 SGB II Auszubildende, die Berufsausbildungsbeihilfe nach dem SGB III erhalten und deren Bedarf sich nach § 65 Abs. 1, § 66 Abs. 3, § 101 Abs. 3, § 105 Abs. 1 Nr. 1, § 105 Abs. 1 Nr. 4, § 106 Abs. 1 Nr. 2 SGB III bemisst, einen Zuschuss zu ihrem ungedeckten angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung.
Die Anwendung dieser Vorschrift ist hier ausgeschlossen, da die Antragstellerin tatsächlich keine Berufsausbildungsbeihilfe nach dem SGB III erhält. Vielmehr wurde dies aufgrund des zu hohen elterlichen Einkommens abgelehnt. Die Ausbildung, die sie durchläuft, ist zwar dem Grunde nach förderungsfähig, dies reicht jedoch nach dem Gesetzeswortlaut nicht aus, um einen Anspruch nach § 22 Abs. 7 SGB II auf Kosten der Unterkunft zu begründen. Der Wortlaut der Vorschrift lässt einen Anspruch dem Grunde nach auf die bezeichneten Leistungen nicht ausreichen und stellt auf den tatsächlichen Bezug der Leistungen ab. Die Aufzählung der Zuschussberechtigten ist abschließend. Mangels ungewollter Regelungslücke scheidet auch eine entsprechende Anwendung auf alle Auszubildenden, soweit deren anzuerkennender Unterkunftsbedarf nach dem SGB III oder dem Bafög nicht gedeckt ist, aus (Berlit in LPK - SGB II, Rdnr. 127 zu § 22).
Die Antragstellerin könnte allenfalls einen Anspruch auf darlehensweise Leistungen nach § 7 Abs. 5 SGB II haben. Nach dieser Vorschrift können in besonderen Härtefällen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - und damit auch Kosten der Unterkunft - für Auszubildende als Darlehen geleistete werden. Im Rahmen der Frage, ob ein besonderer Härtefall vorliegt, wäre zu prüfen, ob es der Antragstellerin zuzumuten ist, mit ihrem Kind in der Wohnung der Eltern zu verbleiben und inwieweit sich die nach dem Vortrag der Antragstellerin fehlerhafte Beratung durch die Mitarbeiter der Agentur für Arbeit auswirkt. All dies wäre jedoch erst dann zu prüfen, wenn eine darlehensweise Bewilligung von Leistungen überhaupt beantragt wurde. Die Antragstellerin hat jedoch ausdrücklich erklärt, dass ihr Antrag Leistungen zum Lebensunterhalt als Darlehen nicht umfasst. Aus diesem Grund können ihr diese nicht zugesprochen werden. Der Vortrag der Antragstellerin hinsichtlich der Zumutbarkeit des Verbleibens in der elterlichen Wohnung und der Umstände, unter denen ihre jetzige Wohnung angemietet wurde, wäre allein im Rahmen der Prüfung von darlehensweisen Leistungen von Belang. Die Regelung des § 22 Abs. 7 SGB II stellt hingegen auf soziale Gründe, Härtefälle etc. nicht ab.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 183, 193 SGG.