Sozialgericht Lüneburg
Beschl. v. 16.05.2007, Az.: S 24 AS 652/07 ER

Bibliographie

Gericht
SG Lüneburg
Datum
16.05.2007
Aktenzeichen
S 24 AS 652/07 ER
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 61609
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGLUENE:2007:0516.S24AS652.07ER.0A

Tenor:

  1. 1.

    Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

  2. 2.

    Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I.

Die Antragstellerin begehrt die darlehensweise Übernahme von Rückständen nach dem Bezug von Strom durch den Energieversorger D ... Der Stromversorger hat die Versorgung mit Strom eingestellt.

2

Die Antragstellerin bezieht für sich und ihre 1991 und 1997 geborenen Kinder Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II). Am 08.01.2007 beantragte sie bei der Antragsgegnerin die Übernahme von Verbindlichkeiten aus dem Bezug von Strom für den Zeitraum 16.09.2006 bis 23.11.2006 in Höhe von 167,40 Euro.

3

Dieser Antrag wurde mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 25.01.2007 abgelehnt. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, dass die Kosten für Strom in der Regelleistung enthalten seien und entsprechende Schulden nicht übernommen würden. Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin keinen Widerspruch.

4

Am 08.05.2007 hat die Antragstellerin das Gericht um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ersucht und zur Begründung ausgeführt, dass ihr der Strom abgeschaltet worden sei. Es sei nicht ganz einfach, ohne Strom zu leben. Sie sei bereit und in der Lage, monatliche Raten von 50,- Euro zu leisten. Eine entsprechende Ratenzahlungsvereinbarung habe die D. aber abgelehnt. Sie sei daraufhin zum Amtsgericht gegangen, um dort ein Verfahren des Einstweiligen Rechtsschutzes einzuleiten. Dort habe man ihr geraten, sich an das Sozialgericht zu wenden.

5

Ausweislich einer schriftlichen Auskunft der D. belaufen sich die derzeitigen Verbindlichkeiten der Antragstellerin auf 2.633,21 Euro, die aus drei verschiedenen Vertragskonten aus drei Wohnungen stammen.

6

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

  1. die Antragsgegnerin im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes zu verpflichten, die derzeit bestehenden Verbindlichkeiten bei der D. in Höhe von 2.633,21 Euro darlehensweise zu bezahlen.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

  1. den Antrag abzulehnen.

8

Sie ist der Ansicht, dass die Antragstellerin auf ihre Verpflichtung zur Selbsthilfe zu verweisen sei.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die dem Gericht bei der Entscheidungsfindung vorgelegen haben.

10

II.

Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.

11

Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz richtet sich nach § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung nötig erscheint (Satz 2). Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist deshalb, dass ein geltend gemachtes Recht gegenüber der Antragsgegnerin besteht (Anordnungsanspruch) und der Antragsteller ohne den Erlass der begehrten Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund). Sowohl die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs als auch die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile müssen glaubhaft gemacht werden, § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Dabei darf die einstweilige Anordnung wegen des summarischen Charakters des Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz grundsätzlich nicht die Entscheidung der Hauptsache vorwegnehmen.

12

Unter diesen Voraussetzungen besteht kein Anordnungsanspruch.

13

Ein Anspruch auf Übernahme der Stromrückstände besteht nicht. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus § 22 Abs. 5 SGB II, wonach Schulden übernommen werden können, soweit Leistungen für die Unterkunft und Heizung erbracht werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Ebenso wenig ergibt sich ein solcher Anspruch aus § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II, wonach im Einzelfall ein von der Regelleistung umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Nachsicherung des Lebensunterhaltes erbracht werden kann, wenn er auf andere Weise nicht gedeckt werden kann.

14

Da Stromkosten aus der Regelleistung zu bestreiten sind, § 22 Abs. 5 SGB II aber nur Kosten der Unterkunft und Heizung benennt, spricht vieles dafür, dass Stromschulden über § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu erstatten sind. Praktische Konsequenzen bei der Anwendung von entweder § 22 Abs. 5 oder § 23 Abs. 1 SGB II ergeben sich dann, wenn die Grundleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes über die Arbeitsagentur und die Kosten der Unterkunft und Heizung über den zuständigen Landkreis erbracht werden. Dies ist im vorliegenden Fall nicht der Fall, so dass die Anspruchsgrundlage offen bleiben kann. Jedenfalls ist erforderlich, dass ein unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes gedeckt werden muss und die Übernahme der begehrten Leistung gerechtfertig ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

15

1. Soweit die Antragstellerin die Übernahme der offenen Forderung für das Verbrauchskonto E. begehrt, ist der ablehnende Bescheid der Antragsgegnerin vom 25.01.2007 in Rechtskraft erwachsen, da die Antragstellerin hiergegen keinen Widerspruch erhoben hat. Damit kann eine abweichende Entscheidung in diesem Verfahren nicht ergehen.

16

2. Soweit die Antragstellerin die Übernahme der darüber hinaus offenen Forderungen begehrt, ist ein Antrag auf Übernahme bislang offenbar nicht gestellt worden, womit gemäß § 37 SGB II eine Leistung nicht erbracht werden kann.

17

3. Darüber hinaus die eine Übernahme der Schulden nicht gerechtfertigt im Sinne der oben genannten Normen, da die Antragstellerin ihre Schulden in sehr erheblichem Maße durch ihr eigenes Verhalten verursacht hat.

18

Nach Auskunft der Firma D. resultiert ein Hauptteil der im Augenblick offenen Forderung aus nicht bezahlten Abschlagsbeträgen. Insofern sind der Antragstellerin zu Zeiten ihres Leistungsbezugs bereits Mittel der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellt worden, durch die sie ihre Stromversorgung hätte sicherstellen können. Wenn sie dies durch die Nichtbezahlung der Abschlagsbeträge unterlassen hat, trifft sie die Konsequenzen dieses Verhalten selbst.

19

Ein weiterer, nicht unerheblicher, Teil der Forderung besteht aus Gebühren, wie Adressermittlungskosten, Sperrkosten und Mahngebühren. Diese resultieren daraus, dass die Antragstellerin ihre Umzüge der Firma D. nicht angezeigt hat, so dass diese entsprechende Ermittlungen anstellen musste.

20

Nur ein Teil der offen stehenden Beträge ergibt sich daraus, dass die D. die Abschlagsbeträge zu gering angesetzt hat und deshalb Nachforderungen stellen musste.

21

4. Schließlich ist die Antragstellerin auf ihre Verpflichtung zur Selbsthilfe im Sinne des § 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch zu verweisen. In ihrer Stellungnahme vom 14.05.2007 hat sie ausgeführt, nunmehr wieder in Vollzeit beschäftigt zu sein und eine Ratenzahlungsvereinbarung mit der D. abschließen zu können. Sollte sich die Firma D. auf diese Ratenzahlungsvereinbarung nicht einlassen, muss die Antragstellerin zivilgerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen um die Entsperrung der Anschlüsse durchzusetzen.

22

5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus entsprechender Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz.