Sozialgericht Lüneburg
v. 12.02.2007, Az.: S 24 AS 852/06
Rechtmäßigkeit der Rückforderung einer an einen Empfänger von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ohne Rechtsgrund erfolgten Zahlung
Bibliographie
- Gericht
- SG Lüneburg
- Datum
- 12.02.2007
- Aktenzeichen
- S 24 AS 852/06
- Entscheidungsform
- Gerichtsbescheid
- Referenz
- WKRS 2007, 65552
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGLUENE:2007:0212.S24AS852.06.0A
Rechtsgrundlagen
- § 45 Abs. 2 SGB X
- § 48 SGB X
- § 50 Abs. 2 S. 1, 2 SGB X
- § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB III
- § 330 Abs. 2 SGB III
Tenor:
- 1.
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger bezog von der Beklagten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - (SGB II). Die Beklagte war dabei für die Erbringung der Regelleistung zuständig, der Landkreis H. für die Kosten der Unterkunft und Heizung. Im März 2006 wurde dem Kläger eine Geldleistung in Höhe von 1.138,77 EUR von der Beklagten ausgezahlt, ohne dass hierüber zuvor oder nachher ein Bescheid erging.
Mit Bescheid vom 23.03.2006 wurde dieser Betrag vom Kläger zurückgefordert. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der genannte Betrag aufgrund eines EDV Fehlers ohne Rechtsgrund an den Kläger ausgezahlt worden sei. Er sei deshalb gemäß § 50 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - (SGB X) i.V.m. § 45 SGB X zur Rückerstattung verpflichtet. Der Kläger habe ohne weiteres die Rechtswidrigkeit der Zahlung erkennen können.
Hiergegen erhob der Kläger am 10.04.2006 Widerspruch. Er führte zur Begründung aus, dass er die Rechtswidrigkeit der Zahlung nicht habe erkennen können. Mit Bescheid vom 28.03.2006 habe ihm der Landkreis H. einen monatlichen Zuschuss zu den Kosten der Unterkunft in Höhe von 379,59 EUR bewilligt. Da die Leistungen für die Kosten der Unterkunft in unterschiedlicher Höhe berechnet worden seien, sei er davon ausgegangen, dass es sich bei dem Betrag um eine Nachzahlung gehandelt habe. Deshalb habe er den Betrag bereits ausgegeben.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2006 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Zahlung nur aufgrund eines Programmfehlers angewiesen worden sei. Eine Rechtsgrundlage habe für die Zahlung nicht existiert. Unterkunftskosten seien vom Landkreis H. nicht nachzuzahlen gewesen, da der Kläger bereits durch vorherige Bescheide Unterkunftskosten in der genannten Höhe bekommen habe. Außerdem habe der Kläger als Arbeitsloser, der seit längerer Zeit Arbeitslosengeld beziehe, erkennen können, dass die Unterkunftskosten nicht von der Beklagten, sondern vom Landkreis überwiesen werden würden. Er habe außerdem wissen müssen, dass grundsätzlich Leistungen nur nach einem vorhergehenden Leistungsbescheid erbracht werden würden. Da ein solcher nicht existent gewesen sei, habe er die Unrechtmäßigkeit der Zahlung erkennen sollen.
Hiergegen wurde von dem Prozessbevollmächtigten im Widerspruchsverfahren am 16.05.2006 Klage erhoben. Ebenso wurde am 31.05.2006 von dem nunmehrigen Prozessbevollmächtigten des Klägers hiergegen Klage erhoben. Die Klage vom 16.05.2006 wurde zwischenzeitlich zurückgenommen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Kläger aufgrund der identischen Höhe zwischen den Unterkunftskosten für 3 Monate und dem gezahlten Betrag davon habe ausgehen können, dass es sich um eine Nachzahlung für Unterkunftskosten gehandelt habe. Angesichts der Umgestaltung der Zuständigkeiten im Rahmen der Hartz IV-Reformen, sei dem Kläger nicht erkennbar gewesen, von wem diese Zahlung habe erbracht werden müssen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 23.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.04.2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Begründungen aus dem Widerspruchsbescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die dem Gericht bei der Entscheidungsfindung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angegriffene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die Geldleistung erfolgte ohne Rechtsgrund. Der Kläger musste dies erkennen. Sie ist deshalb von ihm zurückzuerstatten. Gemäß § 50 Abs. 2 Satz 1 SGB X sind Leistungen ohne Verwaltungsakt zu erstatten, soweit sie zu Unrecht erbracht worden sind. Gemäß Satz 2 gelten die §§ 45 und 48 entsprechend.
Zunächst ist die Geldanweisung ohne zu Grunde liegenden Verwaltungsakt ergangen. Die Beklagte hat dazu ausgeführt, dass bis heute nicht nachvollzogen werden konnte, wieso die Zahlung erfolgte. Es müsse sich um einen EDV-Fehler gehandelt haben. Im entsprechenden Zeitraum hätten zahlreiche Leistungsempfänger Geldanweisungen ohne Rechtsgrund erhalten.
Diese Zahlung erfolgte auch zu Unrecht, da der Kläger keinen Anspruch auf diese Leistungen hatte. Insbesondere wurden die ihm zustehenden Leistungen nach dem SGB II bereits geleistet. Die Regelleistungszahlung erfolgte dabei durch die Beklagte, die Zahlung der Kosten und Unterkunft durch den zuständigen Landkreis.
In entsprechender Anwendung des § 45 Abs. 2 SGB X kann sich der Kläger auch nicht auf Vertrauen berufen. Nach Satz 3 kann sich der Begünstigte nicht auf Vertrauen berufen, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder in Folge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, Nr. 3. Grobe Fahrlässigkeit liegt dann vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Dieses ist hier der Fall. Zunächst musste dem Kläger klar gewesen sein, dass er die Kosten der Unterkunft nicht von der Beklagten erhielt. Bereits im Bescheid vom 13.6.2005 wurde der Kläger auf Seite 2 darauf hingewiesen, dass er ab dem Monat Juli 2005 von der Beklagten nur noch die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erhalten würde. Die Leistungen für Unterkunft und Heizung würden hingegen vom zuständigen Landkreis erbracht werden. Der Kläger bezog also bereits etwa 9 Monate Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung nicht mehr von der Beklagten. Dieses wusste der Kläger auch, da er, wie er selbst ausgeführt hat, mit dem zuständigen Landkreis im Streit über die Höhe der Unterkunftskosten lag. Da bei Zahlungsanweisungen auf ein Girokonto der Absender der Leistung erkennbar ist, musste dem Kläger bereits auf Grund dieser Tatsache klar sein, dass es sich bei dem Geldeingang nicht um eine Nachzahlung für die Kosten der Unterkunft handelte, da eine solche nicht von der Beklagten angewiesen worden wäre.
Darüber hinaus hält die Kammer auch das Vorbringen, der Kläger habe eine Nachzahlung in genau dieser Höhe erwartet, nicht für glaubhaft.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung am 12.2.2007 ausgeführt, dass er bereits zum damaligen Zeitpunkt die Kosten der Unterkunft und Heizung monatlich erhalten habe. Ein Nachzahlungsanspruch für drei Monate stand also nicht aus.
Die weiteren Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes liegen vor, insbesondere ist die Frist gewahrt. Die Beklagte hat bereits zwei Wochen nach der Zahlung die Rückforderung erklärt.
Bezüglich der Rückforderung des zuviel geleisteten Geldes stand der Beklagten auch kein Ermessen zu, wie sich aus § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III ergibt.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.