Sozialgericht Lüneburg
Urt. v. 20.09.2007, Az.: S 28 AS 996/07

Einholung der Zusicherung des Grundsicherungsträgers zu den Aufwendungen der neuen Unterkunft vor dem Abschluss eines Vertrages

Bibliographie

Gericht
SG Lüneburg
Datum
20.09.2007
Aktenzeichen
S 28 AS 996/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 53473
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGLUENE:2007:0920.S28AS996.07.0A

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Kläger erstreben die Zusicherung der Beklagten zum Umzug in eine andere Wohnung.

2

Die 1965 geborene Klägerin zu 1. und ihre jeweils am 05. Juli 1993 geborenen Kinder, die Kläger zu 2. bis 4., beziehen seit dem Jahre 2005 Grundsicherungsleistungen für Arbeitssuchende nach demSGB II. Zum 01. September 2005 zogen sie, nachdem sie zuvor in H. lebten, in eine ca. 100 qm große 5-Zimmer-Wohnung in I. zu einem monatlichen Mietzins von 390,- Euro zuzüglich 80,- Euro Nebenkostenabschläge und 100,- Euro Heizkostenabschläge (Mietvertrag Bl. 53 bis 58 der Verwaltungsakte).

3

Bei einem Hausbesuch im März 2007 stellte die Beklagte unter anderem fest, dass ein Fenster der Wohnung nicht richtig schließt, Fußleisten fehlen, ein 7 cm großes Loch in der Badezimmertür, Risse in Wand, Decke und Boden bestehen sowie 2 Zimmer nicht tapeziert sind (Bl. 159 der Verwaltungsakte).

4

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 28. März 2007 die Zusicherung zu einem Wohnungswechsel ab, weil kein Umzugsgrund vorläge (Bl. 161 der Verwaltungsakte). Zur Behebung der Mängel in der Wohnung müssten die Kläger sich an den Vermieter wenden.

5

Dagegen legten die Kläger am 05. April 2007 Widerspruch ein, den sie wie folgt begründeten (Bl. 163 bis 166 der Verwaltungsakte):

6

Die Vermieterin sei nicht bereit, die Renovierung durchführen zu lassen und nehme eher eine Mietminderung in Kauf. Ferner hätten die Kläger zu 2. bis 4. seit 1 ½ Jahren keine sozialen Kontakte zu anderen Kindern, zumal in den Ferien wenig Busse fahren würden. Sie müssten in der Schulzeit dreimal in der Woche, wenn sie bis 16.00 Uhr Unterricht hätten, von der Bushaltestelle an der Hauptstraße 2 Kilometer durch den Wald nach Hause laufen. Im Winter hätten sie aus diesem Grund Angst.

7

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2007 zurück (Bl. 170 bis 172 der Verwaltungsakte) und begründete dies im Wesentlichen folgendermaßen:

8

Der Umzug sei nicht erforderlich, weil kein anerkennenswerter Umzugsgrund vorliege.

9

Die Kläger haben am 10. Juli 2007 Klage erhoben.

10

Sie tragen vor:

11

Ein Wohnungswechsel sei notwendig, weil die Kläger zu 2. bis 4. diesen seelisch nicht verkraftet hätten. Sie seien nur aus einer Notlage nach J. gezogen. Dort würden die Kläger zu 2. bis 4. keine Freunde finden. Auch gäbe es keine Freizeitmöglichkeiten. Sie hätten auch Angst, durch den Wald zur Haltestelle zu gehen, weil dort ein Mord geschehen sei.

12

Die Kläger beantragen sinngemäß,

unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 28. März 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2007 die Beklagte zu verpflichten, den Klägern die Zusicherung zu einem Wohnungswechsel zu erteilen.

13

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

14

Sie trägt unter Bezugnahme auf die erlassenen Bescheide vor.

15

Die Beteiligten wurden von der Kammer über die Möglichkeit, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, angehört.

16

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, den Inhalt der Gerichtsakte zum Verfahren unter dem Az.: S 28 AS 986/07 ER und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

17

Die Klage hat keinen Erfolg.

18

Der Rechtsstreit wird nach Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 Abs. 1 SGG entschieden, denn der Sachverhalt ist geklärt und die Sache weist keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art auf.

19

Der Bescheid der Beklagten vom 28. März 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2007 erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in eigenen Rechten.

20

Rechtsgrundlage der erstrebten Zusicherung ist § 22 Absatz 2 SGB II, nach dessen Satz 1 vor dem Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft eine Zusicherung des Grundsicherungsträgers zu den Aufwendungen der neuen Unterkunft eingeholt werden soll. Nach Satz 2 ist die Zusicherung zu erteilen, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

21

Ein Umzug ist erforderlich, wenn ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund vorliegt, von welchem sich auch ein Nichthilfeempfänger leiten lassen würde. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Grundsicherungsträger den Umzug veranlasst, weil beispielsweise die Unterkunft unangemessen teuer ist, der Umzug zur Aufnahme einer Arbeit notwendig ist, der Unterkunftsbedarf andernfalls nicht ausreichend gedeckt ist, gesundheitliche oder dringende persönliche Gründe vorliegen bzw. eine Räumung bevorsteht (vgl. LPK - SGB II - Berlit§ 22, Rdn. 76).

22

Die Klage scheitert zum einen daran, dass die Kläger keine konkrete Wohnung benannt haben. Zum anderen steht dem Erfolg des Rechtsbehelfes die Tatsache entgegen, dass die Kläger keinen Umzugsgrund glaubhaft dargelegt haben.

23

Die derzeitige Wohnung der Kläger ist mit 100 qm weder unangemessen groß noch unangemessen teuer. Die allein erziehende Klägerin zu 1. kann mit den Klägern zu 2. bis 4. einen Wohnraum von bis zu 105 qm bewohnen. Der Mietzins zuzüglich Nebenkostenabschlägen unterschreitet mit 470,- Euro pro Monat die Grenze des nach der rechten Spalte der Wohngeldtabelle angemessenen von 590,- Euro deutlich.

24

Die vorgetragenen Mängel der Mietsache vermögen keinen Umzugsgrund zu begründen, weil mit diesen das Verhältnis zum Vermieter betroffen ist. Eine Hinderung der Abhilfe aufgrund des Alters des Vermieters erschließt sich der Kammer nicht. Die Kläger können die Miete aufgrund der Mängel erheblich mindern und müssen vorrangig gegen den Vermieter vorgehen. Eine Inanspruchnahme der Beklagten ist demgegenüber nachrangig.

25

Darüber hinaus ist die dreimalige wöchentliche Zurücklegung eines Fußweges von 2 km für die 14-jährigen Kläger zu 2. bis 4. nicht unzumutbar, da keine Gehbehinderung oder anderweitige Schwerbehinderung vorgetragen wurde. Der Schulweg ist damit nicht unzumutbar weit, wie sich auch unter Berücksichtigung von § 114 NSchG ergibt. Auch scheidet eine Fahrradbenutzung nicht von vornherein aus. Überdies räumt die Klägerin zu 1. selbst ein, im Besitz eines Kfz zu sein. Etwaige zusätzliche Benzinkosten könnte sie durch die Minderung ihrer Miete abdecken. Letztlich soll auch der Zuschlag für Alleinerziehende, welchen die Klägerin zu 1. erhält, nachteilige Folgen aus diesem Umstand abgelten.

26

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Absatz 1 SGG.