Sozialgericht Lüneburg
Urt. v. 28.11.2007, Az.: S 32 SO 73/06
Bibliographie
- Gericht
- SG Lüneburg
- Datum
- 28.11.2007
- Aktenzeichen
- S 32 SO 73/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 61645
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGLUENE:2007:1128.S32SO73.06.0A
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beklagte dem Kläger Sozialhilfe als Beihilfe oder als Darlehen zu bewilligen hat, das über eine Grundschuld zu sichern ist.
Der H. geborene Kläger erlitt im Dezember 2003 einen Schlaganfall und ist seitdem pflegebedürftig. Seit der Entlassung aus der stationären Behandlung lebt er in einem Pflegeheim und erhält Leistungen aus der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III.
Am 01. Juli 2004 beantragte der Kläger über seine als Betreuerin bestellte Ehefrau Leistungen der Sozialhilfe. Aus den eingereichten Unterlagen zur Einkommens- und Vermögenssituation des Klägers ergab sich, dass dieser über keine laufenden Einkünfte verfügte, sein Rentenantrag war mangels Erfüllen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen abgelehnt worden. Nach Angaben der Ehefrau war ein aus einem Hausverkauf erzielter Erlös nach Abtragung von Schulden für den Lebensunterhalt verwandt worden. Die Ehefrau erzielte ebenfalls keine Einkünfte, verfügte jedoch über Grundvermögen in Form eines Reihenendhauses in I. mit zwei getrennten Wohnungen, die bei Antragstellung vermietet waren. Das Reihenendhaus hatte die Ehefrau im Wege der Schenkung von ihren Eltern im Jahr 1993 erhalten. In § 4 des notariellen Schenkungs-Vertrages vom 01. Dezember 1993 heißt es:
(1) "Die Aufgeführten sind sich darüber einig, dass diese Schenkung unter Widerrufsvorbehalt seitens der Schenker erfolgt.
(2) Sollten nachstehende Tatbestände eintreten, kann die Schenkung durch die Schenker widerrufen werden; die Beschenkte verpflichtet sich und ihre Rechtsnachfolger für den Fall des Widerrufs bereits jetzt und unwiderruflich zur Übertragung des Grundbesitzes auf die Schenker oder einen von ihnen zu benennenden Dritten: f) wenn die Beschenkte ohne die Zustimmung der Schenker den in § 1 und § 2 dieser Urkunde genannten Grundbesitz belastet oder veräußert;
(3) Die Herausgabe und die Übertragung des genannten Grundbesitzes haben unentgeltlich zu erfolgen.
(4) ...
(5) Die Beschenkte erteilt bereits jetzt den Schenkern Vollmacht, bei Nichteinhaltung der in den vorstehenden Absätzen aufgeführten Verpflichtungen, die für die Eigentumsrückübertragung notwenigen Erklärungen für die Beteiligten abzugeben und die Besitzeinräumung zu veranlassen ..."
Eine entsprechende Auflassungsvormerkung ist für die Eltern der Ehefrau auf dem Grundstück eingetragen.
Mit Bescheid vom 14. Oktober 2004 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers ab. Zur Begründung führte er aus, dass es sich bei dem Reihenendhaus in I. um Vermögen handele, dass nicht den Schutzbestimmungen des § 88 Abs. 2 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) unterfalle. Da weder die Ehefrau noch der Kläger das Hausgrundstück selbst bewohne, sei ihnen zuzumuten, dass Hausgrundstück in I. zu veräußern, um mit dem Verkaufserlös die Kosten für die Heimunterbringung des Klägers zu bestreiten.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 18. November 2004 bot der Beklagte dem Kläger an, die grundsätzlich wegen des vorhandenen Vermögens abzulehnende Hilfe darlehensweise auf das Grundvermögen in I. zu gewähren. Voraussetzung für die darlehensweise Hilfegewährung sei, dass die Eltern der Ehefrau der damit verbundenen Belastung des Grundvermögens zustimmten. Sollte dies der Fall sein, könnte die beantragte Hilfe darlehensweise gewährt werden. Die bisher angefallenen und noch anfallenden Heimkosten würden dann als Grundschuld dinglich auf dem Grundvermögen abgesichert.
Die Ehefrau des Klägers lehnte dieses Angebot des Beklagten ab. Sie teilte mit, dass sie beabsichtige, eine Wohnung des Hausanwesens an ihre Eltern zu verkaufen. Kaufpreis solle der Verkehrswert sein. Bis die Wertermittlung und der Verkauf durchgeführt seien, würden die Eltern ihr ein Darlehen zur Deckung der Heimkosten so wie des Lebensunterhalts gewähren. Die Darlehensgewährung solle unter Anrechnung auf den späteren Hauserwerb erfolgen. In die andere Wohnung des Hauses wolle sie selbst einziehen. Im Gespräch mit der Ehefrau sicherte der Mitarbeiter des Beklagten dieser zu, dass in Anbetracht der besonderen Situation auf die Einrede der Bedarfsdeckung verzichtet werden solle.
Mit Schreiben vom 07. Dezember 2004 teilte die Ehefrau des Klägers mit, dass sie bis zur Entscheidung über ihr Widerspruchsverfahren die Heimkosten des Ehemannes über ein privates Darlehen finanziere und beantragte, dass der Beklagte auf die Einrede der Bedarfsdeckung verzichten solle. Mit Schreiben vom 23. Dezember 2004 teilte der Beklagte der Ehefrau mit, dass, wenn der Widerspruch für den Kläger Erfolg habe, er auf die Einrede der Bedarfsdeckung verzichte. Dies bedeute, dass die von dem Kläger bzw. der Ehefrau bezahlten Heimkosten nicht auf die zu gewährende Sozialhilfe angerechnet würden. Des Weiteren bestätigte der Beklagte, dass die Wohnung, in die die Ehefrau einziehen wolle, nach den vorgelegten Plänen sozialhilferechtlich angemessen sei.
Im März 2005 teilte die Ehefrau des Klägers mit, dass sie nach I. verzogen sei und eine Wohnung in dem ihr gehörenden Haus bezogen habe. Der Kläger wurde zeitnah in ein Pflegeheim in I. verlegt. Das Haus der Ehefrau des Klägers wurde aufgrund entsprechender Teilungserklärung in Wohnungseigentum aufgeteilt, die Eintragungen im Grundbuch erfolgten im August 2005.
Mit Schreiben vom 25. Juli 2005 teilte die Ehefrau des Klägers mit, dass ihr Kreditrahmen nun ausgeschöpft sei und sie die Heimkosten für ihren Ehemann nicht mehr bezahlen könne. Sie beantragte die Übernahme der Heimkosten und sonstiger Pflegekosten ab sofort, möglicherweise auch auf Darlehensbasis. Des Weiteren teilte sie mit, dass sie einen Kredit von 37 000,00 EUR aufgenommen habe, der auf dem Grundstück gesichert sei.
Mit Bescheid vom 03. November 2005 bewilligte der Beklagte dem Kläger Hilfe zur Pflege in Einrichtungen nach § 61 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SBG XII), Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, sowie einen Barbetrag nach § 35 Abs. 2 S. 2 SGB XII in Höhe von monatlich 89,70 EUR ab 01. August 2005. Unter Punkt III des Bescheides heißt es:
"Die Hilfegewährung erfolgt hinsichtlich des vorhandenen Grundvermögens (Grundbuch von Celle, Blätter 9537 und 9538) als darlehensweise Hilfe gemäß § 91 SGB XII. Die Gewährung der unter Ziffer I genannten Hilfen erfolgt deshalb unter der auflösenden Bedingung, dass unser Angebot, die Hilfe nach § 91 SGB XII darlehensweise zu gewähren angenommen, nach Ermittlung des Verkehrswertes durch das Katasteramt ein entsprechender Darlehensvertrag mit uns abgeschlossen und das Darlehen dinglich im Grundbuch gesichert wird."
Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass das Grundvermögen nicht komplett unter die Schutzbestimmungen des § 90 Abs. 2 und Abs. 3 SGB XII falle. Das nicht geschützte Grundvermögen müsse daher zum teilweisen Ersatz der Kosten für den Heimaufenthalt eingesetzt werden. Da aber eine sofortige Veräußerung nicht möglich sei bzw. eine Härte bedeuten würde, werde die Hilfe bis zum Verkauf des Eigentums zunächst darlehensweise gewährt. Die Übernahme der Heimkosten erfolge deshalb unter dem Vorbehalt (auflösende Bedingung), dass das Angebot, die Hilfe gemäß § 91 SGB XII darlehensweise zu gewähren, angenommen, nach Ermittlung des Verkehrswertes durch das Katasteramt ein entsprechender Darlehensvertrag abgeschlossen und das Darlehen dinglich im Grundbuch gesichert werde. Sollte der Abschluss eines Darlehensvertrages grundsätzlich verweigert werden, weise der Beklagte darauf hin, dass in diesem Fall der Bescheid aufgrund des vorhandenen nicht geschützten Vermögens unwirksam sei und die bisher geleistete Hilfe zurückgefordert werden müsste.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein und verwies darauf, dass schon grundsätzlich im Rahmen des Ehegattenunterhalts Vermögen nicht verwertet werden müsse. Ferner sei eine Verwertung deshalb nicht möglich, weil der Ehefrau der Grundbesitz von ihren Eltern im Wege vorweggenommener Erbfolge mit einer Rückfallklausel übertragen worden sei, die eingreife, wenn der Grundbesitz auch nur teilweise verwertet werde. Die Eltern der Ehefrau hätten schon unmissverständlich erklärt, dass sie die Rückforderung verlangen würden, wenn der Grundbesitz belastet oder verwertet werde. Mit einer Zustimmung der Eltern zur vorübergehenden Belastung des Grundstückes für die Dauer des Widerspruchsverfahrens wegen des Bescheides vom 14. Oktober 2004 wäre vor diesem Hintergrund auch kein Einverständnis mit der Belastung überhaupt und kein Verzicht auf das Rückforderungsrecht verbunden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 2006 wies das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung den Widerspruch des Klägers gegen die Bescheide vom 14. Oktober 2004 und 3. November 2005 zurück. In seiner Begründung führte es aus, dass das Hausgrundstück in I. verwertbares Vermögen darstelle, auch wenn schuldrechtlich zwischen der Ehefrau des Klägers und deren Eltern im Schenkungsvertrag ein Widerrufsvorbehalt der Eltern für den Fall vereinbart worden sei, dass die Beschenkte den Grundbesitz ohne Zustimmung der Eltern belaste oder veräußere. Denn die Geltendmachung eines Rückübertragungsanspruchs durch die Eltern sei nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig, da dies zu Lasten der Allgemeinheit allein dazu dienen würde, den berechtigten Zugriff des Sozialhilfeträgers zu vereiteln und den Sozialhilfeträger zu einer Leistung zu verpflichte, obwohl Vermögen vorhanden sei. Dies aber sei mit dem Nachrang der Sozialhilfe nicht vereinbar und der Sozialhilfeträger würde in die Rolle eines Ausfallbürgen gedrängt. Das Hausgrundstück sei nicht als Schonvermögen anzusehen, da es sich um ein Mehrfamilienhaus handele. Der Vermögenseinsatz sei auch nicht ausgeschlossen, denn die allgemeine Härtevorschrift des § 88 Abs. 3 S. 1 BSHG / § 90 Abs. 3 S. 1 SGB XII greife nicht.
Zu Recht sei die Hilfegewährung mit Bescheid vom 14. Oktober 2004 abgelehnt worden. Ob eine Hilfe darlehensweise zu gewähren wäre, sei für die Zeit bis zum 31. Juli 2005 nicht zu entscheiden, da ein Bedarf für eine solche Art der Hilfe weggefallen sei, da die Heimkosten bis zu diesem Zeitpunkte beglichen seien. Da eine Sozialhilfegewährung einen bestehenden Bedarf voraussetze, und immer auf die tastsächliche Lage eines Hilfesuchenden bzw. einer Einstandsgemeinschaft abzustellen sei, sei auch unbeachtlich, dass die Beteiligten vereinbart hätten, bis zur Entscheidung über den Widerspruch auf die Einrede der Bedarfsdeckung zu verzichten. Der Widerspruch hinsichtlich des Bescheides vom 03. November 2005, worin der Beklagte eine darlehensweise Hilfe bewilligt habe, sei unbegründet, denn der Beklagte habe zu Recht eine darlehensweise Übernahme der Heimkosten in Höhe des einzusetzenden Grundvermögens angeboten. Es bestehe kein Anspruch auf Gewährung von Hilfe zur Pflege als Beihilfe.
Am 21. Februar 2006 beantragte der Kläger einstweiligen Rechtsschutz mit dem Ziel, die Beklagte zu verurteilen, Sozialhilfe nicht darlehensweise, sondern ohne jeden Vorbehalt zu gewähren. Mit Beschluss vom 05. Mai 2006 lehnte das Sozialgericht den Antrag des Klägers ab. Am 07. April 2006 hat der Kläger Klage erhoben.
Er vertritt die Auffassung, dass die zweite der Ehefrau gehörende Eigentumswohnung kein verwertbares Vermögen darstelle. Der Verwertung stehe ein rechtliches Hindernis entgegen, nämlich das Recht der Eltern seiner Ehefrau, gemäß dem Übergabevertrag vom 10. Dezember 1993 und dort dem § 4 die Schenkung für den Fall zu widerrufen, dass die Ehefrau den Grundbesitz belaste oder veräußere. Die Eltern hätten bereits angekündigt, dass sie für den Fall der Veräußerung oder Belastung von diesem Recht des Widerrufs Gebrauch machen würden. Sie würden nur im Hinblick auf den einstweiligen Anordnungsbeschluss die Belastung des Grundbesitzes vorübergehend bis zur Entscheidung in der Hauptsache zulassen.
Entgegen der Auffassung der Beklagten sei der Widerruf der Schenkung durch die Eltern der Ehefrau nicht sittenwidrig. Bei Abschluss des Vertrages sei die Ehefrau des Klägers noch ledig gewesen und es sei nicht abzusehen gewesen, dass sie jemals überhaupt heiraten würde. Schon gar nicht sei absehbar gewesen, dass er, der Kläger im Alter von gerade mal 59 Jahren einen derart schweren Schlaganfall erleiden würde, dass er voraussichtlich auf Dauer ein Schwerstpflegefall bleibe. Die vertragliche Einräumung des in derartigen Übertragungsverträgen üblichen Widerrufsrechts sei daher weder aus objektiven, noch aus subjektiven Gesichtspunkten heraus mit dem Zweck erfolgt, einen Sozialhilfeträger zu benachteiligen.
Das Rückforderungsrecht sei seinerzeit begründet worden, als noch nicht ansatzweise absehbar war, dass die Ehefrau einmal als Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft für ein anderes Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft einstandpflichtig sein könne. Es habe bei der Begründung des Widerrufs keine Argumente gegeben und gebe es auch heute nicht, die eine Sittenwidrigkeit dieser Vertragsklausel begründen könnten. Wenn aber die Vereinbarung eines Rückforderungsrechts unbedenklich sei, dann könne auch die Ausübung dieses Rechts nicht sittenwidrig sein. Der gesamte Übergabevertrag und vor allen Dingen § 4 belege den Willen der Eltern der Ehefrau, das im Wege der vorweggenommen Erbfolge zugewandte Grundstück ihrer Tochter als Vermögenswert und Einkommensquelle zu erhalten. Diese Willensrichtung eines einen Vermögensvorteil Zuwendenden sei grundsätzlich auch vorrangig gegenüber sozialhilferechtlichen Vorschriften. Es sei in keiner Weise "anrüchig", wenn die Eltern der Ehefrau nicht damit einverstanden seien, dass das Vermögen der Ehefrau an einen Sozialhilfeträger gehe und sie es für diesen Fall für sich zurückerhalten wollten. Dabei sei sicherlich auch zu berücksichtigen, dass die Eltern der Ehefrau ihrem Schwiegersohn gegenüber rechtlich gesehen auch nicht indirekt unterhaltspflichtig seien. Die Eltern wollten verhindern, dass zu ihren Lebzeiten der Grundbesitz aus dem Eigentum der Tochter heraus genommen werde, sei es durch Willensentschluss der Tochter, sei es durch den Zugriff Dritter. Es sollte im Prinzip nach der Vertragsgestaltung bei einer Übertragung im Erbgang bleiben, weshalb die Eltern für die Dauer ihres eigenen Lebens sich Rückgriffsmöglichkeiten eröffnet hätten. Die Ausübung des Rückgriffrechts könne unter diesen Umständen nicht sittenwidrig sein.
Wenn man nicht davon ausgehen wollte, dass die zweite Wohnung für die Ehefrau überhaupt kein verwertbares Vermögen darstelle, so wäre eine Verwertung jedoch deshalb ausgeschlossen, weil diese Verwertung für die Ehefrau eine Härte bedeuten würde. Seine Ehefrau sei durch ihre Erkrankung selbst in wirtschaftliche Not geraten. Sie sei aus diesem Grunde auch nur sehr eingeschränkt in der Lage, selbst zu ihrem Lebensunterhalt beizutragen. Sie könne aus gesundheitlichen Gründen allenfalls einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen. Insoweit sei sie auch auf die Mieteinnahmen aus der vermieteten zweiten Wohnung angewiesen, um ihren eigenen angemessenen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Es liege auch deswegen eine Härte vor, weil die Wohnung Teil der Altersversorgung sei. Seine Ehefrau habe bis heute nur Rentenanwartschaften erlangt, aufgrund derer sie im Alter nicht einmal ihren Sozialhilfebedarf abdecken könnte. Durch die Vertragsgestaltung sollte sichergestellt werden, dass der Grund der Übertragung, nämlich die vorweggenommene Erbfolge, zum Tragen komme.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 14. Oktober 2004 und 03. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 20. März 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die ungedeckten Heimkosten als Beihilfe zu übernehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf sein Vorbringen im Vorverfahren und führt ergänzend aus, dass das schuldrechtliche Veräußerungsverbot nicht dazu führe, dass das betreffende Wirtschaftsgut nicht der Ehefrau zuzurechnen wäre. Das von der Ehefrau bewohnte Wohnhaus bzw. die Wohnung sei zum Zeitpunkt der erstmaligen Antragstellung am 01. Juli 2004 nicht unter die Schutzbestimmungen des § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG gefallen. Denn zum damaligen Zeitpunkt seien beide Wohnungen vermietet gewesen und die Ehefrau habe in Großbundenbach gewohnt. Entgegenkommenderweise und ausdrücklich deshalb, um der Ehefrau in ihrer Situation zu helfen, sei dieser empfohlen worden, eine der beiden Wohnung zu beziehen, so dass diese geschützt sei. Die Ausführungen des Klägers zu der von seiner Ehefrau bewohnten Wohnung seien somit als unerheblich anzusehen, da von Seite des Beklagten seit dem Angebot der darlehensweisen Hilfe im Jahr 2004 niemals die Verwertung der von der Ehefrau bewohnten Wohnung verlangt worden sei, sondern sie im Gegenteil von ihm auf diese Lösungsmöglichkeit aufmerksam gemacht worden sei.
Bei der von der Ehefrau des Hilfeempfängers nicht bewohnten Wohnung handele es sich um verwertbares Vermögen. Das Grundstück stelle sowohl wirtschaftlich, als auch rechtlich einen Vermögenswert der Ehefrau da. Dem stünden die im Schenkungsvertrag enthaltenen Bestimmungen nicht entgegen. Das schuldrechtliche Veräußerungsverbot führe nicht dazu, dass das betreffende Wirtschaftsgut nicht dem rechtlichen Eigentümer zuzurechnen wäre. Das Grundstück sei somit rechtlich verwertbar. Eine Veräußerung des Grundstücks bzw. einer dinglichen Sicherung um Fall einer darlehensweisen Hilfegewährung stehe schließlich nicht entgegen, dass die Beschenkte hiermit gegen das gegenüber den Schenkern schuldrechtlich übernommene Veräußerungs- und Belastungsverbot verstoße und sich dem Risiko einer Ausübung des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs auf unentgeltliche Rückübertragung des Grundstücks aussetzen würde. Denn die Geltendmachung des Anspruchs auf Rückübertragung durch die Schenker sei sittenwidrig nach § 138 Abs. 1 BGB, da sie allein dazu diene, den berechtigten Zugriff des Sozialhilfeträgers auf das Grundstück zu vereiteln. In diesem Zusammenhang und zur Untermauerung ihrer Argumentation verweise sie abermals auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 29. November 1999 - 6 G 2321/99 ( NJW 2000, 1515) in gleicher Sache sowie den Beschluss des OVG Münster vom 30. Dezember 1996 - 8 A 3204/94 ( NJW 1997, 2901).
Die eidesstattliche Versicherung der Eltern vom 24. Februar 2006, im Falle einer Belastung durch den Sozialhilfeträger von ihrem Rückforderungsrecht Gebrauch zu machen, verstoße gegen die guten Sitten, denn diese eidesstattliche Versicherung sei bewusst mit dem Gedanken abgefasst worden, den berechtigten Zugriff des Staates als Leistungserbringer auf das im Eigentum der Ehefrau befindliche Grundvermögen zu verhindern.
Die Klägerseite habe ohne Kenntnis der hier üblichen Verwaltungspraxis unterstellt, dass die nicht geschützte Wohnung veräußert werden müsse. Tatsächlich sei es jedoch eher praktiziertes Verwaltungshandeln, dass Darlehensverträge zuweilen äußerst großzügig gefasst würden, das heiße, es könne festgelegt werden, dass das Darlehen nicht mit dem Tode des im Heim wohnenden Hilfeempfängers, sondern erst mit dem Tode des länger lebenden Ehegatten, also auch unter Umständen erst mit dem Tode der Ehefrau, fällig werde. Aus alledem folge, dass es keine Gründe, auch nicht im Sinne einer besonderen Härte gebe, die einer darlehensweisen Hilfegewährung entgegenstünden.
Die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand des Verfahrens gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Sachvortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozess- und Beiakten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide halten im Ergebnis einer rechtlichen Nachprüfung stand.
Gegenstand des Rechtsstreits ist zum einen der Bescheid vom 14. Oktober 2004, mit dem der Beklagte Sozialhilfe grundsätzlich abgelehnt hat. Dieser Bescheid entfaltet Wirkung bis zum Erlass des neuen Bescheids am 03. November 2005, der die Zeit ab 01. August 2005 regelt. In Gestalt des Widerspruchsbescheids hat dieser Bescheid zum Inhalt, dass Leistungen für den Kläger für den Zeitraum ab Antragstellung am 08. Juli 2004 bis 31. Juli 2005 abgelehnt werden, auch als Darlehen.
Weiterer Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 03. November 2005, mit dem der Beklagte dem Kläger für die Zeit ab 01. August 2005 Grundsicherungsleistungen sowie Hilfe zur Pflege und einen Barbetrag zu gestanden hat. Diese Leistungen sollen jedoch nur darlehensweise gewährt werden und stehen unter der auflösenden Bedingung, dass das Darlehen nach Abschluss eines noch auszuhandelnden Darlehensvertrags auf dem Grundstück der Ehefrau abgesichert wird.
Das Begehren des Klägers ist darauf gerichtet, Sozialhilfe ab Antragstellung als nicht rückzahlbare Beihilfe zu erhalten. Als solche steht dem Kläger jedoch Sozialhilfe weder für den Zeitraum von Juli 2004 bis Juli 2005, noch für die Zeit ab August 2005 zu.
Anspruchsgrundlage für die vom Kläger geltend gemachten Leistungen, nämlich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sowie Hilfe zur Pflege, sind die § 41 ff. SGB XII und § 61 ff. SBG XII sowie für die Zeit bis zum 31. Dezember 2004 die Vorschriften der §§ 68 ff. BSHG sowie § 2 Grundsicherungsgesetz (GrSiG).
Nach § 19 Abs. 2 SGB XII ist Grundsicherung im Alter bei Erwerbsminderung nach den besonderen Voraussetzungen des Vierten Kapitels Personen zu Leisten, die das 65. Lebensjahr vollendet haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen beschaffen können. Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners, die dessen notwendigen Lebensunterhalt übersteigen, sind zu berücksichtigen. Hilfen zur Pflege werden nach § 19 Abs. 3 SGB XII geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen oder Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist. Entsprechende Regelungen enthalten die §§ 11 und 28 BSHG.
Nach den genannten Vorschriften ist bei der Ermittlung des Einkommens und Vermögens grundsätzlich auch das Vermögen und Einkommen des nicht getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen. Auch wenn der Kläger und seine Ehefrau nicht zusammen wohnen, handelt es sich nicht um ein Getrenntleben der Eheleute im Sinne der gesetzlichen Vorschriften. Der Begriff des nicht getrennt Lebens ist ein eigenständiger sozialhilferechtlicher Begriff, der nach dem Sinn und Zweck der Vorschriften, die das gegenseitige wirtschaftliche Einstehen füreinander regeln, und nach deren Zusammenhang mit § 2 Abs. 1 SGB XII zu bestimmen ist. Allein der Umstand, dass die Ehegatten räumlich von einander getrennt leben, reicht für die Annahme des Getrenntlbens noch nicht aus. Es kommt vielmehr auf die Gesamtumstände an, die ihre Beziehung zueinander prägen. Von Seiten des Klägers und seiner Ehefrau wurde nie in Abrede gestellt, dass trotz der räumlichen Trennung weiterhin eine Lebensgemeinschaft besteht und sie weiterhin für einander einstehen wollen.
Bei den Eigentumswohnungen der Ehefrau handelt es sich grundsätzlich um verwertbares Vermögen im Sinne von § 90 SGB XII (§ 88 BSHG). Nach § 90 Abs. 1 SGB XII ist einzusetzen das gesamte verwertbare Vermögen. Ein Vermögensgegenstand ist nach der Rechtsprechung dann verwertbar, wenn der Hilfebedürftige durch den Einsatz Geld erhalten kann, mit dem der Bedarf gedeckt und der Bedürftigkeit abgeholfen werden kann (Bundesverwaltungsgericht in BVerwGE 106,105 ). Die Ehefrau des Klägers ist Eigentümerin des Grundstücks bzw. nunmehr der zwei Eigentumswohnungen und als solche im Grunde eingetragen. Ungeachtet der aus dem Schenkungsvertrag resultierenden schuldrechtlichen Verpflichtungen gegenüber ihren Eltern, ist sie als Eigentümerin rechtlich verfügungsbefugt. Das schuldrechtliche Veräußerungsverbot bzw. der Vorbehalt der Rückforderung führt nicht dazu, dass die Wohnungen nicht dem rechtlichen Eigentümer zuzurechnen wären (s. Beschl. VG Gießen vom 29. November 1999 - NJW 2000, S. 1515). Es führ auch nicht zu einer Unverwertbarkeit des Vermögens, wie es das Bundessozialgericht fr ein mit einem Nießbrauchrecht belasteten Grundstück entschieden hat ( BSG, Urteil vom 6. Dezember 2007, B 14/7b AS 46/06 R ).
Das Grundstück ist nicht wie bei einem Nießbrauchrecht in der Nutzbarkeit eingeschränkt und ist daher in seinem wirtschaftlichen Wert in keiner Weise gemindert. Die Veräußerung und Belastung des Grundstücks wird erst dann problematisch, wenn die Vermögensinhaberin ohne die Zustimmung ihrer Eltern handelt. Diese die Verfügungsmöglichkeit einschränkende Optionsmöglichkeit der Eltern kann jedoch einer faktischen Unverwertbarkeit, wie bei einem Nießbrauch nicht gleichgesetzt werden, zumal die Ausübung des Rückforderungsrechts nicht unbeschränkt und willkürlich möglich ist, sondern wie jede privatrechtliche Beziehung den Grundsätzen von Treu und Glauben und dem Verbot der Sittenwidrigkeit unterliegt.
Die von der Ehefrau des Klägers selbst bewohnte Eigentumswohnung zählt zu dem nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII geschützten Vermögen. Dies gilt jedoch nicht für die zweite, vermietete Eigentumswohnung. Der Verwertbarkeit dieser Wohnung steht auch nicht die Vorschrift des § 90 Abs. 3 SB XII entgegen. Danach darf die Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Bei der Bestimmung des Begriffs der Härte kommt es darauf an, ob die Anwendung der Regelvorschriften zu einem den Leitvorstellungen des § 90 Abs. 2 AGB XII nicht entsprechenden Ergebnis führen würde ( BVerwGE 23, 149 ). Es muss sich also um eine Härte handeln, die nicht mit dem Einsatz des Vermögens typischerweise verbunden ist. Der Wegfall von Einkünften aus einem Vermögen wie der Wegfall der Mieteinkünfte ist jedoch eine typische Folge des Verlustes eines Vermögens in Form einer Mietwohnung. Zur Deckung des erheblichen Bedarfs reichen die Einnahmen aus dem Hausgrundstück ohnehin nicht aus, auch sind sie alleine nicht geeignet, den Unterhalt der Ehefrau sicher zu stellen.
Handelt es sich also bei der nicht von der Ehefrau bewohnten Eigentumswohnung um verwertbares Vermögen im Sinne des § 90 Abs. 2 SGB XII, so ist dieses grundsätzlich einzusetzen. Allerdings handelt es sich um Vermögen, dessen sofortige Verwertung nicht möglich ist, oder zumindest eine Härte bedeuten würde. Da der Bedarf des Klägers keinen Aufschub duldet, bis die Eigentumswohnung der Ehefrau des Klägers irgendeiner Form der Verwertung zugeführt worden ist, liegen die Voraussetzungen von § 91 SBG XII vor. Danach soll, soweit nach § 90 SGB XII für den Bedarf der nachfragenden Person Vermögen einzusetzen ist, jedoch der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich ist oder für die, die es einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde, die Sozialhilfe als Darlehen geleistet werden.
Die sofortige Verwertung, die auch in Form einer Beleihung erfolgen könnte, ist schon deshalb nicht möglich, weil die Eltern der Ehefrau angekündigt haben, von ihrem Rückforderungsanspruch im Falle einer Beleihung Gebrauch zu machen. Ungeachtet der Frage, ob sie zu einem solchen Schritt berechtigt sind, würde jede Art der Verwertung, sei es Verkauf oder Beleihung durch die Ehefrau möglicherweise einen Rechtsstreit mit den Eltern nach sich ziehen. Vor diesem Hintergrund muss auch die Verwertung zum jetzigen Zeitpunkt als besondere Härte gewertet werden.
Soweit der Beklagte dem Kläger Leistungen als Darlehen für den Zeitraum ab 01. August 2005 zugestanden hat, entspricht dies den gesetzlichen Vorschriften. Hinsichtlich des Zeitraums, den der Bescheid vom 14. Oktober 2004 regelt, hat der Beklagte die Voraussetzungen auch für das Vorliegen eines Darlehensanspruchs verneint und auf die Deckung des Bedarfs durch die Ehefrau des Klägers bzw. deren Eltern verwiesen. Auch dies ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Nach ihrem Zweck als Hilfe in gegenwärtiger Not ist die Sozialhilfe nach dem Wegfall der Notlage grundsätzlich ausgeschlossen. Das Einsetzen der Sozialhilfe hängt davon ab, dass im Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung noch ein Bedarf angenommen werden kann. Deshalb hat das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung den Grundsatz "keine Sozialhilfe für die Vergangenheit" betont (u.a. BVerwGE 90, 154 m.w.n.). Ausnahmen vom Erfordernis eines tatsächlich fortbestehenden Bedarfs hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch, insbesondere bei einer zwischenzeitlichen Bedarfsdeckung im Wege der Selbsthilfe oder Hilfe Dritter immer in zwei Fallgestaltungen zugelassen: In Eilfällen um der Effektivität der gesetzlichen Gewährung des Rechtsanspruchs des Hilfebedürftigen auf Fürsorgeleistungen willen und bei Einlegung von Rechtsbehelfen um der Effektivität des Rechtsschutzes auf Sozialhilfe willen ( BVerwGE 96, 152 ).
Der Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt richtet sich auf einen Bedarf, der seiner Art nach in der Regel unaufschiebbar ist. Überlässt der Sozialhilfeträger dem Hilfesuchenden für seinen unaufschiebbaren Lebensunterhalt zwischen Eingang und Bescheidung des Sozialhilfeantrages selbst aufzukommen, so kann er dem Hilfesuchenden später nicht anspruchsvernichtend entgegen halten, dass dieser seine Notlage überbrückt und die Bedarfsmittel vorläufig sich selbst beschafft oder von Dritten erhalten hat (BVerwG a.a.O.).
Von einem solchen Sachverhalt kann vorliegend trotz der von Seiten des Beklagten gegebenen Zusicherung auf die Einrede der Bedarfsicherung zu verzichten, nicht ausgegangen werden. Der Beklagte hat dem Kläger bzw. dessen Ehefrau nach dem ablehnenden Bescheid vom 14. Oktober 2004 angeboten, Sozialhilfe darlehensweise zu gewähren. Wie bereits ausgeführt, steht dem Kläger wegen des vorhandenen Vermögens Sozialhilfe nur in Form eines Darlehens zu. Dies gilt auch grundsätzlich für den Zeitraum ab der ersten Antragstellung. Der Kläger hat jedoch das Angebot des Beklagten, ein Darlehen entgegen zu nehmen, abgelehnt und stattdessen ein Darlehen von den Eltern seiner Ehefrau zur Bedarfsdeckung angenommen. Dieses Darlehen wurde auf dem Grundstück abgesichert. Die von Seiten des Beklagten gegebene Zusicherung, auf die Einrede des Bedarfs zu verzichten, kann, ungeachtet der Frage, welcher rechtlicher Bedeutung ihr beizumessen ist, nicht zu einem Anspruch des Klägers für den Zeitraum bis zum 31. Juli 2005 führen. Die Hilfe eines Dritten schließt den Sozialhilfeanspruch nur dann nicht aus, wenn der Dritte vorläufig, gleichsam an Stelle des Sozialhilfeträgers und unter Vorbehalt des Erstattungsverlangens nur deshalb einspringt, weil der Träger der Sozialhilfe nicht rechtzeitig geholfen oder Hilfe abgelehnt hat ( BVerwGE 96, 152 ). Das seinen Bedarf deckende Privatdarlehen, hat der Kläger jedoch nicht deswegen in Anspruch genommen, weil der Beklagte nicht rechtzeitig Hilfe gewährt hat. Der Beklagte hat die Darlehensgewährung ausdrücklich angeboten. Der Kläger hat das Privatdarlehen vielmehr deshalb gewählt, weil er eine Grundschuld zugunsten des Beklagten vermeiden wollte. Durch die Absicherung des privaten Darlehens auf dem Grundstück mindert sich zudem das Vermögen des Klägers bzw. dessen Ehefrau. Solange die Grundschuld auf dem Grundstück eingetragen ist und die dadurch bedingte Wertminderung andauert, kann daher nicht lediglich von einer vorübergehenden Zuwendung des Dritten im Sinne der dargelegten Rechtsprechung ausgegangen werden. Abgesehen davon ist das Klagebegehren auf die Gewährung einer Beihilfe gerichtet, diese aber hat der Beklagte für den genannten Zeitraum ungeachtet der Begründung zutreffend abgelehnt, weil auch für diesen Zeitraum nur ein Darlehen in Frage kommt.
Nach § 91 Abs. 2 SGB XII kann die Leistungserbringung in Form des Darlehens davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird. Die dingliche Sicherung erfolgt bei Grundstücken regelmäßig durch Bestellung einer Hypothek oder einer Grundschuld. Es liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Trägers der Sozialhilfe, ob er die Sicherung des Rückzahlungsanspruchs verlangt oder nicht. Verweigert der Berechtigte die Eintragung der Grundschuld, so ist der Beklagte grundsätzlich berechtigt, die darlehensweise Gewährung von Sozialhilfe zu verweigern ( Nieders. OVG, Beschluss v. 22.07.1997, 12 M 3558/97 - FEVS 48, 102)
Nach § 35 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) ist ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen muss auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behöre bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.
In den hier angefochtenen Bescheiden ist nicht ohne Weiters zu erkennen, dass sich der Beklagte des Umstands bewusst war, dass die Entscheidung, ob das zu gewährende Darlehen abzusichern ist, seinem pflichtgemäßen Ermessen obliegt. Ausdrückliche Ausführungen hierzu finden sich in den Bescheiden nicht. Trotz der insoweit unzureichenden Ausführungen in den Bescheiden scheidet eine Aufhebung jedoch aus.
Nach § 42 SGB X kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 SGB X nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil der unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit Zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
Angesichts der in den Verwaltungsakten niedergelegten Korrespondenz und der Vermerke über die Gespräche mit der Ehefrau des Klägers über die Möglichkeiten, der Absicherung sowie der von der Beklagten gezeigten Offenheit hinsichtlich der Abfassung der Darlehensverträge hat das Gericht keinen Zweifel daran, dass sich der Beklagte der Möglichkeit, bei der Entscheidung hinsichtlich der Eintragung einer Grundsicherung Ermessen auszuüben, bewusst war. Insofern fehlt es nicht an der Ermessensentscheidung an sich, sondern an einer ausreichenden Begründung. Abgesehen davon, kann nach Überzeugung des Gerichts im vorliegenden Fall das Ermessen auch nur dahingehend ausgeübt werden, dass für die umfangreichen Hilfeleistungen für den Kläger eine Absicherung auf dem Grundstück vorzunehmen ist. Ein Darlehen in der Höhe der hier in Betracht kommenden Leistungen kann angesichts dessen, dass es sich um Leistungen der Allgemeinheit handelt, nicht ohne Sicherheit vergeben werden, zumindest dann nicht, wenn eine solche Sicherung möglich ist.
Von einer solchen Möglichkeit muss hier trotz des Rückforderungsanspruchs der Eltern der Ehefrau ausgegangen werden. Nach § 4 des Schenkungsvertrages kann die Schenkung widerrufen werden, wenn die Beschenkte ohne Zustimmung der Schenker den Grundbesitz belastet oder veräußert. Dieser neutral formulierte Rückforderungsvorbehalt führt nicht zu einer automatischen Rückabwicklung des Schenkungsvertrages bei Verwertung des Grundstückes, sondern hängt von der Entscheidung der schenkenden Eltern ab. Die Vereinbarung ist, wie der Kläger zutreffend ausführt, durchaus üblich in Schenkungsverträgen und ist nach Auffassung des Gerichts als solche auch nicht sittenwidrig. Entscheidend ist jedoch nicht die Frage, ob diese Vereinbarung sittenwidrig ist, sondern entscheidend ist, ob die Ausübung des Rechts im vorliegenden Fall sittenwidrig ist. Zur Klarstellung sei noch einmal darauf hingewiesen, dass der Rückforderungsvorbehalt nach Auffassung des Gerichts nicht zur Unverwertbarkeit des Vermögens führt und wegen des grundsätzlich verwertbaren Vermögens nur eine Hilfegewährung durch Darlehen in Betracht kommt. Nicht die Darlehensgewährung als solche, sondern der Umstand, dass eine Sicherheit für das zu gewährende Darlehen auf dem Grundstück eingetragen werden soll, berührt den Rückforderungsanspruch der Eltern. Denn erst durch die geforderte Grundschuld kommt es zu einer Belastung des Grundstücks, für die die Zustimmung der Eltern zur Vermeidung des Rückforderungsrechts erforderlich ist.
Die Ausübung des Rückforderungsrechts allein wegen des Umstands, dass zur Sicherung eines Darlehens auf dem Grundstück eine Sicherheit eingetragen wird, muss aber zumindest dann als sittenwidrig und nach § 138 BGB als nichtig betrachtet werden, wenn durch die Eintragung der Sicherheit der Zweck des Schenkungsvertrages nicht beeinträchtigt wird. Wie der Kläger ausführt, erfolgte die Schenkung im Wege des vorweggenommenen Erbausgleichs. Durch die Rückübertragung sollte sichergestellt werden, dass das Grundstück zu Lebzeiten der Eltern der Ehefrau nicht aus dem Familienvermögen herausgenommen wird. Der Beklagte hat in dem angefochtenen Bescheid über die Modalitäten des Darlehens und somit auch über den Zeitpunkt der Fälligkeit des Darlehens und damit der Notwendigkeit, von der Grundschuld Gebrauch zu machen, keinerlei Entscheidungen getroffen. In dem Bescheid findet sich nur die grundsätzliche Entscheidung, dass eine Darlehensgewährung nur gegen Sicherheit erfolgen soll. Die Modalitäten des Darlehensvertrags hat der Beklagte ausdrücklich weiteren Verhandlungen überlassen. Insbesondere hat er auch nicht ausgeschlossen, dass es sogar erst dann zu einer Rückforderung der Darlehensschuld kommt, wenn sogar die Ehefrau des Klägers verstorben ist. Insofern beinhaltet der angefochtene Bescheid noch keinerlei Festlegung, die über die Tatsache der Grundschulbestellung hinaus die Interessen der Eltern aus dem Schenkungsvertrag berühren würde. Es besteht also durchaus die Möglichkeit, dass in dem noch zwischen den Beteiligten zu schließenden Darlehensvertrag auf die Belange der Eltern ausreichend Rücksicht genommen wird und sogar möglicherweise auf eine Verwertung des Grundpfandrechts zu Lebzeiten der Eltern verzichtet wird. Mit einer solchen Vereinbarung im Darlehensvertrag wäre dem Interesse der Eltern, wie es im Schenkungsvertrag zum Ausdruck kommt, in ausreichendem Maße Rechnung getragen. Die Äußerung in der eidesstattlichen Versicherung der Eltern vom 24. Februar 2006, in der es allgemein heißt, die Eltern seien nicht bereit, einer Belastung zu Gunsten der Kreisverwaltung J. zuzustimmen, verstößt in dieser Allgemeinheit aus den von dem Beklagten zutreffend dargelegten Gründen gegen die herrschende Rechts- und Sozialmoral, weil sie nur der Verhinderung der Sicherung der Darlehensforderung dient, ohne dass dies mit eigenen Interessen sachlich begründet werden könnte.
Es obliegt den Beteiligten, eine interessengerechte Vereinbarung über die Modalitäten des Darlehens abzuschließen. Die bisherige Behandlung des Falles durch den Beklagten lässt erwarten, dass die Interessen des Klägers in ausreichendem Maße berücksichtigt werden. Sollte eine einvernehmliche Regelung der Darlehensmodalitäten im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages nicht möglich sein, hätte der Beklagte grundsätzlich die Möglichkeit, die Darlehenskonditionen durch Verwaltungsakt festzusetzen. In diesem Falle unterlägen die Konditionen der vollen gerichtlichen Nachprüfung. Hierzu bedarf es aber in diesem Rechtsstreit, in dem es nur um die Frage der Möglichkeit der dinglichen Sicherung an sich geht, keiner weiteren Ausführungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Bei ihr war zu berücksichtigen, dass das Klagebegehren erfolglos blieb.