Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 13.04.2006, Az.: L 9 AS 131/06 ER
Angemessenheit; Arbeitslosengeld II; Kosten der Unterkunft; Wohngemeinschaft
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 13.04.2006
- Aktenzeichen
- L 9 AS 131/06 ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2006, 43859
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2006:0413.L9AS131.06ER.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Lüneburg - 14.02.2006 - AZ: S 30 AS 99/06 ER
Rechtsgrundlagen
- § 22 SGB II
Fundstelle
- info also 2007, 138
Amtlicher Leitsatz
Bei der Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung kann bei einer Wohngemeinschaft nicht von annähernd gleichen Lebens- und Wohnverhältnissen wie bei einer Bedarfsgemeinschaft ausgegangen werden; denn eine Bedarfsgemeinschaft wird grundsätzlich geprägt durch persönliche und auch räumliche Nähe innerhalb einer Wohnung, wo hingegen eine Wohngemeinschaft sich in der Regel dadurch auszeichnet, dass bestimmte Wohnbereiche allein einem bestimmten Mitglied der Wohngemeinschaft zur persönlichen und ausschließlichen Nutzung zugewiesen sind und lediglich Küche, Sanitärbereiche, Flur und ein weiteres gemeinsam genutztes Zimmer zur gemeinschaftlichen Nutzung den Mitgliedern der Wohngemeinschaft zugewiesen sind.
In dem Rechtsstreit
...
hat der 9. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen am 13. April 2006 in Celle durch seine Richter Hollo - Vorsitzender-, Hübschmann und Thommes
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichtes Lüneburg vom 14. Februar 2006 aufgehoben.
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung unter dem Vorbehalt der Rückforderung bei Unterliegen im Hauptsacheverfahren verpflichtet, dem Antragsteller mit Wirkung vom 01. Januar 2006 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens, längstens bis zum 30. Juni 2006, Leistungen für Unterkunft inklusive Nebenkosten zuzüglich der laufenden Abschlagszahlungen für Heizkosten abzüglich eines 18 %igen Anteils für die Warmwasserbereitung in Höhe von 254,50 € monatlich zu erbringen.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
GRÜNDE
I.
Der 1961 geborene Beschwerdeführer bewohnte bis zum 31. Dezember 2005 eine 38 m2 große Dachgeschosswohnung in der C. in D..
Zum 01. Januar 2006 bezog er eine neue Wohnung im Obergeschoss des gleichen Wohnhauses C. Diese Wohnung besteht aus 4 Zimmern, einer Küche, einer Diele, einem Bad, einem WC und einer Abstellkammer außerhalb der Wohnung (Heizung). Die Wohnfläche beträgt insgesamt 88 m2. Ausweislich des Mietvertrages vom 29. Dezember 2005 wurden dem Beschwerdeführer in dieser Wohnung zwei Zimmer mit einer Fläche von ca. 17 m2 vermietet. Ein weiteres Zimmer von 17 m2 wird von einem Mitbewohner bewohnt. Die gemeinsame Mitbenutzung von Gemeinschaftsbereichen (kleiner Wohnbereich), Küche und Bad der Wohnung von insgesamt 54 m2 (anteilig 27 m2, entspricht 50 % dieser Gesamtfläche) durch die beiden Mieter wurde vereinbart. Die anteilige monatliche Miete beträgt für den Beschwerdeführer 213,- € zuzüglich Vorauszahlung für Betriebskosten ohne Heizungskosten monatlich 41,50 €. Hinzu kommen Abschlagszahlungen für Heizkosten in Höhe von 37,50 € monatlich abzüglich Warmwasseranteil in Höhe von 18 % der Heizkosten in Höhe von 6,75 €, mithin zu berücksichtigende Heizkosten in Höhe von 30,75 €.
Mit Bescheid vom 05. Januar 2006 bewilligte der Beschwerdegegner dem Beschwerdeführer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes - Kosten der Unterkunft - in Höhe von monatlich 211,60 € - ohne Heizkosten -. Zur Begründung führte der Beschwerdegegner aus, dass die Wohnung für zwei Personen mit 88 m2 aus rechtlicher Sicht zu groß und zu teuer sei. Bei der Prüfung der Frage, ob die tatsächlich zu entrichtenden Unterkunftskosten den angemessenen Umfang nicht überschritten, gelte im Stadtgebiet D. grundsätzlich eine Miethöhe von 4,86 € pro m2 als angemessen und hinsichtlich der Wohngröße ist in der Regel für zwei Personen eine Obergrenze von 60 m2 und für jedes weitere Familienmitglied 10 m2 mehr angemessen. Er bilde mit seinem Mitbewohner, Herrn E., eine Wohngemeinschaft. Es werde eine Wohnfläche von 70 m2 (60 m2 + 10 m2) zugrunde gelegt. Da er den Wohnraum zur ideellen Hälfte nutze, betrage der Anteil für seine Bedarfsgemeinschaft somit 35 m2. Die Kaltmiete könne daher nur in Höhe von 170,10 € (35 m2 × 4,86 €) berücksichtigt werden.
Mit weiterem Bescheid vom 26. Januar 2006 gewährte der Beschwerdegegner Heizkosten in Höhe von 30,75 € (Heizkosten 37,50 € abzüglich Warmwasseranteil 6,75 €).
Gegen den Bescheid vom 05. Januar 2006 legte der Beschwerdeführer Widerspruch ein.
Am 30. Januar 2006 hat der Beschwerdeführer den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt und zur Begründung ausgeführt, ihm stünden die Unterkunftskosten in voller Höhe von 254,50 € Kaltmiete inklusive Nebenkosten zuzüglich der laufenden Abschlagszahlungen an die SVO Energie GmbH für Heizkosten von 30,75 € (Euro 37,50 € abzüglich 18 %) zu, so dass dementsprechend monatlich ein höherer Betrag an Kaltmiete und Nebenkosten in Höhe von 73,65 € zu gewähren sei. Für die Beurteilung der Angemessenheit der Wohnung seien die für einen Einpersonenhaushalt geltenden Sätze zugrunde zu legen.
Mit Beschluss vom 14. Februar 2006 hat das Sozialgericht (SG) Lüneburg, auf dessen Entscheidungsgründe verwiesen wird, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Gegen diesen ihm am 17. Februar 2006 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 09. März 2006 Beschwerde eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Er begehre nicht die hälftigen Unterkunftskosten, sondern die Gewährung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft, die sich aus dem Mietvertrag vom 29. Dezember 2005 ergeben. Er verfüge über einen eigenständigen Vertrag für die Nutzung zweier Zimmer von ca. 17 m2 und der gemeinschaftlichen Nutzung von Küche, Bad, eines kleinen Wohnbereichs usw.. Erteile sich die Wohnung mit einem Mitbewohner. Beide hätten für ihren Privatbereich und die gemeinsam genutzten Bereiche (Flur, Sanitär, Küche) einen eigenen Mietvertrag.
Gleichwohl behandele der Beschwerdegegner sie wie eine Bedarfsgemeinschaft bzw. wie Familienangehörige und gehe davon aus, dass er den gesamten Wohnraum zur ideellen Hälfte nutze. Beide Mitbewohner würden ihren eigenen Wohnbereich ausschließlich persönlich und lediglich Küche, Sanitärbereich und Flur gemeinschaftlich nutzen. In Bezug auf die gemeinschaftlich genutzten Räumlichkeiten könne man dieses Wohnverhältnis als "Wohngemeinschaft" bezeichnen, die sich ausschließlich auf eine gemeinschaftliche Teilnutzung einer Wohnung beschränke und eine weitergehende gemeinsame Haushaltsführung ausschließe. Wohngemeinschaften seien typischerweise dadurch geprägt, dass es eigengenutzte Hauptwohnbereiche innerhalb der Wohnung gebe und lediglich die Nebenbereiche gemeinschaftlich genutzt würden. Hieraus ergebe sich, dass der Raumbedarf von Mitgliedern einer reinen Wohngemeinschaft größer sei als bei einer Bedarfsgemeinschaft. In seinem Falle liege weder eine Bedarfsgemeinschaft noch eine Haushaltsgemeinschaft und auch keine Wirtschaftsgemeinschaft vor. Demzufolge müssten seine tatsächlichen Wohnverhältnisse bei der Prüfung der Angemessenheit der Wohnunterkunft zugrunde gelegt werden.
Der Beschwerdeführer beantragt,
- 1.
den Beschluss des Sozialgerichtes Lüneburg vom 14. Februar 2006 aufzuheben und
- 2.
den Beschwerdegegner zu verpflichten, dem Beschwerdeführer im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung bei Unterliegen im Hauptsacheverfahren zu verpflichten, über den Bescheid vom 05. Januar 2006 hinaus die Unterkunftskosten in voller Höhe von 254,50 € Kaltmiete inklusive Nebenkosten zuzüglich der laufenden Abschlagszahlungen an die SVO Energie GmbH für Heizkosten (30,75 € [37,50 € abzüglich 18 %]) zu gewähren und dementsprechend einen um 73,65 € höheren Betrag an Kaltmiete und Nebenkosten zu gewähren.
Der Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Prozessakten des ersten und zweiten Rechtszuges und auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beschwerdegegners Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Gründe
II.
Die gem. §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde ist begründet.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichtes ist der Beschwerdegegner verpflichtet, dem Beschwerdeführer Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen; denn diese Kosten sind angemessen (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGG II).
Gem. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (so genannte Regelungsanordnung). Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist daher stets, dass sowohl ein Anordnungsgrund, d.h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, und ein Anordnungsanspruch, d.h. die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs, glaubhaft gemacht werden, § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Dabei darf die einstweilige Anordnung des Gerichts wegen des nur vorläufigen Charakters des Eilverfahrens und der im Allgemeinen aus Zeitgründen nur möglichen summarischen Prüfung grundsätzlich nicht die endgültige Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen, weil sonst der auf einer umfassenden Sachaufklärung beruhenden Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorgegriffen und die dort für einen Klageerfolg zu erfüllenden Beweisanforderungen umgangen würden. Eine die Hauptsache vorwegnehmende Entscheidung, wie sie von dem Beschwerdeführer mit der begehrten Verpflichtung des Beschwerdegegners zur Zahlung von Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen begehrt wird, ist demnach nur dann zu treffen, wenn ohne sie schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine spätere Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 79, 69, 74 [BVerfG 25.10.1988 - 2 BvR 745/88] m.w.N.).
Der Beschwerdeführer hat in dem im Tenor ersichtlichen Umfang sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund dargelegt.
Ein Anspruch auf Leistungen in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen für den Wohnraum kann der Beschwerdeführer nach §§ 19 Abs. 1 Nr. 1 und 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II mit Erfolg geltend machen, weil die Kosten seiner Unterkunft angemessen sind, so dass dem Beschwerdeführer ein Anspruch auf Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten zusteht.
Die Kriterien zur Beurteilung der Angemessenheit der Unterkunftskosten im Leistungsrecht des SGB II sind umstritten (vgl. insbesondere Berlit in LPK-SGB II, § 22 Rdnr. 32). Zweifelhaft ist dabei insbesondere, ob die in eine Bewertung der Angemessenheit einfließenden Faktoren, zu denen insbesondere die Größe (Wohnfläche) der Wohnung und ihre relativen Kosten (Quadratmetermietzins) gehören, in die aber auch weitere wertbildende Faktoren wie der Ausstattungsstandard und Wohnlage mit einfließen, in Bezug auf ihr in gegenseitiger Beeinflussung zustande kommendes Ergebnis (Produkttheorie) zu bewerten sind oder ob die Angemessenheit der Wohnung zusätzlich von der Angemessenheit jedes einzelnen Faktors abhängt (Kombinationstheorie). Von der Beantwortung dieser Frage hängt ab, ob sich die Unangemessenheit der Wohnung lediglich aus ihren überhöhten absoluten Kosten oder auch aus einem besonders großzügigen Standard, einer in Bezug auf die Zahl der haushaltsangehörigen Personen unangemessenen Größe oder einem überhöhten Quadratmeterpreis ergeben kann. Hiervon wiederum ist abhängig, ob dem Leistungsempfänger Spielräume dafür verbleiben, im Rahmen angemessener Gesamtkosten seinen individuellen Wohnvorstellungen ein Stück weit zu genügen, etwa zugunsten des Ausstattungsstandards Abstriche bei der Wohnungsgröße zu machen oder umgekehrt.
Einer abschließenden Wertung der vorstehenden Meinungen bedarf es zur Entscheidung des vorliegenden Verfahrens indessen nicht. Der Beschwerdeführer bewohnt nämlich eine Wohnung, die mit einer Wohnfläche von 44 m2 den angemessenen, aus den Durchführungsregelungen des sozialen Wohnungsbaus ableitbaren Wert von 45 - 50 m2 für einen Einpersonenhaushalt nicht übersteigt. Auch die Kosten in Höhe von monatlich 213,- € netto zuzüglich Betriebskosten ohne Heizung in Höhe von 41,50 €, die der Beschwerdeführer für die Unterkunft aufwendet, sind nicht unangemessen.
Die angemessene Wohnfläche wurde nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ( BVerwG, Urteil vom 17. November 1994 - 5 C 11.93 in BVerwGE 97, 110 ff ) nach den Durchführungsverordnungen der Länder zum Gesetz zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen (Wohnungsbindungsgesetz, jetzt: Wohnraumförderungsgesetz) bestimmt. In Niedersachsen gilt nach Nr. 11.2 der Wohnraumförderungsbestimmungen (Runderlass des Sozialministers vom 27. März 2003 - Nds. MBI.S. 580) bei Mietwohnungen für Alleinstehende eine Wohnfläche bis zu 50 m2 als angemessen. Diese Flächenwerte sind Höchst-, keine Mindestwerte (LSG Niedersachsen-Bremen , Beschluss vom 20. März 2006 - L 9 AS 31/05 ER ). Danach übersteigt die von dem Beschwerdeführer als Alleinstehenden zurzeit bewohnte Wohnung von 44 m2 die angemessene Wohnfläche nicht und ist insoweit angemessen i.S.d. § 22 SGB II.
Die Aufwendungen für die Unterkunft des Beschwerdeführers (ohne Heizung) in Höhe von 213,- € netto Kaltmiete zuzüglich 41,50 € Nebenkosten sind ebenfalls angemessen; denn dieser Betrag liegt nicht über der für angemessene Wohnungsgröße maßgeblichen Wohnungsmiete. Dabei soll die Grenze, die als angemessen gilt, gewährleisten, dass der Hilfeempfänger jederzeit auf dem örtlichen Wohnungsmarkt eine unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles kostenangemessene Wohnung anmieten kann (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, L 9 AS 31/06 ER). Wenn - wie hier - verallgemeinerungsfähige und aussagekräftige Aussagen betreffend die Lage auf den Wohnungsmarkt - insbesondere Mietspiegel - nicht vorhanden sind, haben die Verwaltungsgerichte sich zunächst an der Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) orientiert ( OVG Lüneburg, Urteil vom 16. Juni 2004, 12 LC 67/04 - in FEVS 55, 501 ff). Dem schließt sich der Senat jedenfalls im einstweiligen Rechtsschutzverfahren an. Dem Träger der Grundsicherung steht jedoch der Nachweis offen, dass Unterkünfte zu günstigeren Konditionen erhältlich sind und im Gegenzug hat der Arbeitssuchende im Einzelfall die Möglichkeit nachzuweisen, dass ertrotz intensiver Bemühungen, die durch Bestätigungen in Frage kommender Vermieter, Besichtigungsscheine usw. dargelegt werden müssen, zu dem Tabellenwert keine geeignete Unterkunft finden kann. Danach ist für die Bestimmung der angemessenen Aufwendungen der Wohnunterkunft auf die Miethöchstgrenzen der Tabelle zu § 8 des WoGG zurückzugreifen. Hierbei ist regelmäßig der Tabellenwert der rechten Spalte ohne weitere Zuschläge zu berücksichtigen (LSG Niedersachsen-Bremen , Beschlüsse vom 28. November 2005 - L 8 AS 181/05 ER und vom 20. März 2006 - L 9 AS 31/06 ER ); denn die Bezugsfertigkeit des Wohnraumes ist für die Höhe der vereinbarten Miete ohne durchschlagende Aussagekraft; vielmehr sind Lage und Ausstattung der Wohnung und die Nachfrage nach dem jeweiligen Wohnraum auf dem Wohnungsmarkt bestimmend.
Unter Berücksichtigung der für D. geltenden Mietstufe 4 ausweislich der Liste der Mietenstufen der Gemeinden ab 01. Januar 2002 (§ 8 des WoGG) und eines Haushaltes für Alleinstehende ergibt sich ein Tabellenwert für den Höchstbetrag für Miete nach § 8 WoGG in Höhe von 325,- €. Ausweislich der Mietangebote in der örtlichen Presse (F. Zeitung) und der Internetangebote der örtlichen Wohnungsbaugenossenschaften (Städtische Wohnungsbau GmbH D.: www.wbg-G.....de; Südheide eG Wohnungsbaugenossenschaft: www.suedheide.de) ist in D. ein Mietzins um 5,- € je m2 marktüblich. Selbst wenn man die von dem Beschwerdegegner in dem angefochtenen Bescheid vom 05. Januar 2006 der Berechnung der Unterkunftskosten zugrunde gelegte Miethöhe von 4,86 € pro m2 als angemessen unterstellt, ist der von dem Beschwerdeführer gezahlte monatliche Mietzins in Höhe von 4,84 € pro m2 und somit die Aufwendungen für diese Unterkunft angemessen.
Entgegen der Auffassung von Sozialgericht und Beschwerdegegner ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer in einer Wohngemeinschaft lebt, keine andere rechtliche Beurteilung. Insbesondere kann nicht ohne weiteres die für einen Zweipersonenhaushalt (Bedarfsgemeinschaft) angemessene Wohnungsgröße von 60 m2 zuzüglich 10 m2 mehr für ein weiteres Familienmitglied, mithin 70 m2 der Berechnung zugrunde gelegt werden; denn der Beschwerdeführer lebt nicht in einer Bedarfsgemeinschaft, sondern lediglich in einer Wohngemeinschaft, bei der nicht von annähernd gleichen Lebens- und Wohnverhältnissen ausgegangen werden kann.
Zutreffend hat das Sozialgericht Osnabrück (Beschluss vom 01. August 2005 - S 22 AS 243/05 ER ) ausgeführt, dass es keinen sachlich gerechtfertigten Grund dafür gibt, die angemessenen Unterkunftskosten für die einzelnen Mitglieder einer Wohngemeinschaft anders zu bestimmen als in den Fällen, in denen ein Hilfsbedürftiger zunächst eine größere Wohnung mit unangemessen hohen Unterkunftskosten angemietet hat und er die Unterkunftskosten der Aufforderung des Leistungsträgers nach § 22 Abs. 2 SGB II folgend durch Untervermietung senkt, wobei in diesem Fall sich die angemessenen Unterkunftskosten auf der Grundlage der voraussichtlich entstehenden Aufwendungen für einen Einpersonenhaushalt ermitteln, was bedeutet, dass die Mietaufwendungen für eine bis 50 m2 große Wohnung einfachster Ausstattung der Ermittlung zugrunde zu legen sind. Darüber hinaus unterscheiden sich eine Wohngemeinschaft und eine Bedarfsgemeinschaft in erheblichem Umfang, was einen unterschiedlichen Wohnraumbedarf für diese unterschiedlichen Wohnformen bedingt. Eine Bedarfsgemeinschaft wird geprägt durch persönliche und auch räumliche Nähe innerhalb einer Wohnung, wohingegen eine Wohngemeinschaft sich dadurch auszeichnet, dass, wie im vorliegenden Fall ausweislich des Mietvertrages vom 29. Dezember 2005, bestimmte Wohnbereiche allein einem bestimmten Mitglied der Wohngemeinschaft zur persönlichen und ausschließlichen Nutzung zugewiesen worden sind und lediglich Küche, Sanitärbereiche, Flur und ein weiteres gemeinsam genutztes Zimmer zur gemeinschaftlichen Nutzung der Wohngemeinschaft zugewiesen sind. Der Wohnbereich des Beschwerdeführers besteht aus zwei Zimmern, die insgesamt eine Größe von 17 m2 umfassen. Der weitere Mitbewohner in dieser Wohngemeinschaft verfügt über ein einzelnes Zimmer ebenfalls in der Größe von 17 m2. Darüber hinaus stehen Küche und ein kleiner Wohnbereich von insgesamt 54 m2 zur gemeinsamen Nutzung den Mitgliedern dieser Wohngemeinschaft zur gemeinschaftlichen Nutzung zur Verfügung. Im Gegensatz zur Bedarfs- und Haushaltsgemeinschaft, bei denen typischerweise die gesamte Wohnung gemeinschaftlich genutzt wird, zeichnen sich Wohngemeinschaften, wie vorliegend, typischerweise dadurch aus, dass es eigengenutzte Hauptwohnbereiche innerhalb der Wohnung zur ausschließlichen und alleinigen Nutzung gibt und lediglich die Nebenbereiche wie Küche, Flur, Toilette und üblicherweise ein gemeinsamer Gemeinschaftsraum zur gemeinschaftlichen Nutzung gemeinschaftlich genutzt werden. Hieraus folgt wiederum, dass unter Berücksichtigung dieser Grundsätze der Raumbedarf von Wohngemeinschaften größer ist als dies bei einer Bedarfsgemeinschaft der Fall ist (vgl. hierzu auch Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen , Beschluss vom 23. März 2006 - L 6 AS 96/06 ER ).
Wegen des Streits um die Zahlung der Kosten für angemessenen Wohnraum in angemessener und für den Beschwerdeführer zahlbarer Höhe und mithin wegen des existenzsichernden Charakters der im Streit befindlichen Leistungen ist das Vorliegen eines Anordnungsgrundes ebenfalls zu bejahen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist für die Beteiligten unanfechtbar, § 177 SGG.