Sozialgericht Lüneburg
Beschl. v. 02.03.2009, Az.: S 12 SF 31/09 E

Angemessenheit; außergerichtliche Kosten; fiktive Terminsgebühr; Gebühr; Gebührenrahmen; Gerichtsbescheid; Gesamtvergütung; hypothetischer Termin; Höhe; Kosten; Prüfung der Untätigkeit; Rechtsanwaltsgebühr; reformatio in peius; Terminsgebühr; unterdurchschnittliches Verfahren; Untätigkeit; Untätigkeitsklage; Verfahren; Verfahrensgebühr; Verschlechterungsverbot

Bibliographie

Gericht
SG Lüneburg
Datum
02.03.2009
Aktenzeichen
S 12 SF 31/09 E
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2009, 50439
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Auf die Erinnerung des Erinnerungsführers vom 31. Dezember 2008 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 23. Dezember 2008 - S 31 AS 1760/07 - geändert.

Die aus der Staatskasse an den Erinnerungsführer zu erstattende Prozesskostenhilfevergütung wird endgültig auf einen Betrag in Höhe von 428,40 € festgesetzt.

Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.

Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anfechtbar.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem beigeordneten Rechtsanwalt der Klägerin aus der Staatskasse im Rahmen der Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) zu erstattenden Gebühren.

2

Im zugrunde liegenden Klageverfahren - S 31 AS 1760/07 - stritten die Beteiligten um die Verpflichtung des Beklagten auf Bescheidung eines Widerspruchs der Klägerin. Das Gericht hat den Beklagten nach einer Verfahrensdauer von etwa 11 Monaten mit Gerichtsbescheid vom 11. November 2008 verurteilt, über den Widerspruch der Klägerin vom 10. Juli 2007 gegen den Bescheid vom 14. Juni 2007 zu entscheiden. Gleichzeitig ist der Klägerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Erinnerungsführers gewährt worden.

3

Mit Schriftsatz vom 18. November 2008 beantragte der Erinnerungsführer die Festsetzung einer Rechtsanwaltsvergütung in Höhe eines Gesamtbetrages von 499,80 € aus Prozesskostenhilfemitteln. Dabei legte er eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV-RVG in Höhe von 200,00 €, eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG in Höhe von 200,00 € sowie eine Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 € und 19 % Umsatzsteuer in Höhe von 79,80 € zugrunde.

4

Dem Erinnerungsführer ist daraufhin aus der Staatskasse insgesamt eine Rechtsanwaltsvergütung in Höhe von 368,90 € unter Berücksichtigung einer Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV-RVG in Höhe von 150,00 € sowie einer Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG in Höhe von 140,00 € nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer erstattet worden.

5

Mit Schriftsatz vom 31. Dezember 2008 hat der Erinnerungsführer Erinnerung eingelegt und vertritt zur Begründung die Auffassung, dass die Verfahrensgebühr dem Gebührenrahmen der Nr. 3102 VV-RVG zu entnehmen sei. Im Übrigen sei die Terminsgebühr antragsgemäß in Höhe der Mittelgebühr festzusetzen gewesen, weil ein durchschnittlicher Termin zur mündlichen Verhandlung erforderlich gewesen wäre.

6

Der Erinnerungsgegner hat keine Stellungnahme abgegeben.

7

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die Erinnerung der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

II.

8

Die Erinnerung hat im tenorierten Umfang Erfolg, im Übrigen war sie zurückzuweisen.

9

Der beigeordnete Rechtsanwalt ist im Verfahren über die Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung aus Prozesskostenhilfemitteln (neben der Staatskasse) gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - (RVG)) allein erinnerungsbefugt (vgl. etwa Gerold-Schmidt - Müller-Rabe, RVG, § 56, Rdn. 6). Dementsprechend war das Aktivrubrum von Amts wegen zu berichtigen.

10

Die danach gemäß § 56 Abs. 1 RVG gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 23. Dezember 2008 - S 31 AS 1760/07 - erhobene Erinnerung des Erinnerungsführers ist zulässig und (teilweise) begründet.

11

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die Kosten des Rechtsstreits zu Unrecht lediglich auf insgesamt 368,90 € festgesetzt. Die Kammer hält vielmehr eine Rechtsanwaltsvergütung in Höhe eines Betrages von 428,40 € für angemessen. Dabei ist eine Verfahrensgebühr in Höhe von 200,00 € (dazu unter 1.) und eine (fiktive) Terminsgebühr in Höhe von 140,00 € (dazu unter 2.) in die Berechnung einzustellen. Die übrigen Gebührenpositionen standen zwischen den Beteiligten nicht im Streit (dazu unter 3.).

12

1. Zu Unrecht ist die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle bezüglich der Verfahrensgebühr von dem Gebührenrahmen der Nr. 3103 VV-RVG (Gebührenrahmen: 20,00 € bis 320,00 €, Mittelgebühr: 170,00 €) ausgegangen. Vielmehr ist von dem Anfall einer Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV-RVG (Gebührenrahmen: 40,00 € bis 460,00 €, Mittelgebühr: 250,00 €) auszugehen. Zwar war der Erinnerungsführer für die Klägerin auch im Rahmen des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid des Beklagten vom 14. Juni 2007 tätig. Dies allein kann indes die Anwendung des reduzierten Gebührentatbestandes der Nr. 3103 VV-RVG nicht rechtfertigen. Deren Anwendungsbereich mit der Folge der Absenkung des Gebührenrahmens setzt zwar eine Tätigkeit des Rechtsanwalts im Verwaltungsverfahren oder in einem weiteren, der Nachprüfung des Verwaltungsaktes dienenden Verwaltungsverfahren voraus. Die damit verbundene Absenkung des Gebührenrahmens rechtfertigt der Gesetzgeber letztlich mit Synergieeffekten. Er geht also davon aus, dass ein Rechtsanwalt aufgrund der durch die vorausgegangene Tätigkeit im Verwaltungsverfahren erworbenen Sach- und Rechtskenntnisse im nachfolgenden gerichtlichen Verfahren einen geringeren Aufwand hat (BT-Ds 15/1971, S. 212). Die Sonderregelung der Nr. 3103 VV-RVG soll also dann Anwendung finden, wenn Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ein Verwaltungsakt ist, der zuvor Gegenstand eines behördlichen Verfahrens (Verwaltungsverfahren bzw. Widerspruchsverfahren) war. Davon unterscheidet sich jedoch das vorliegend zu beurteilende Verfahren der Untätigkeitsklage. Gegenstand der Untätigkeitsklage ist nämlich nicht die Überprüfung eines erlassenen Bescheides, sondern ein als prozessuales Druckelement ausgestaltetes Recht überhaupt einen behördlichen Entscheidungsakt zu „erzwingen". Materiell-rechtliche Fragen stehen dabei nicht im Mittelpunkt der gerichtlichen Betrachtung. Denn der Erfolg der Untätigkeitsklage setzt neben dem Ablauf der in § 88 SGG gesetzten Frist nur die (einfache) Prüfung der Untätigkeit der Behörde voraus. Synergieeffekte, die bei Anwendung des Gebührentatbestandes der Nr. 3103 VV-RVG nach dem gesetzgeberischen Willen das Absenken des Gebührenrahmens bewirken, können sich daher nicht zu Lasten des Erinnerungsführers auswirken (vgl. ausführlich dazu: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05. Mai 2008, L 19 B 24/08 AS).

13

Wenn danach die Verfahrensgebühr dem Gebührenrahmen der Nr. 3102 VV-RVG zu entnehmen ist, wird diese mit einem Betrag in Höhe von 175,00 € - mithin in Höhe eines Betrages über der Hälfte der Mittelgebühr - dem Verfahren kostenrechtlich gerecht. Zwar ist grundsätzlich auch bei einer Untätigkeitsklage zunächst von der Mittelgebühr auszugehen. Es entspricht dabei allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass die Mittelgebühr ein angemessenes Äquivalent für die anwaltliche Tätigkeit in einem in jeder Hinsicht durchschnittlichen Streitverfahren darstellt. Davon ausgehend sind sodann Abschläge für unterdurchschnittliche und Zuschläge für überdurchschnittliche Klageverfahren vorzunehmen. Die Maßstäbe für diese Einordnung lassen sich der Regelung des § 14 RVG entnehmen. Bei der Bestimmung der konkreten Gebühr sind nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG alle Umstände des Einzelfalls, vor allem Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, Bedeutung der Angelegenheit und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers zu berücksichtigen. Bei den hier einschlägigen Betragsrahmengebühren ist außerdem das Haftungsrisiko des Rechtsanwalts zu berücksichtigen (§ 14 Abs. 1 S. 3 RVG).

14

Nach den vorgenannten Kriterien stellt sich das Verfahren als insgesamt unterdurchschnittlich dar. Dies ergibt sich insbesondere unter den Gesichtspunkten des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit. Dabei ist nämlich entscheidend zu berücksichtigen, dass die Untätigkeitsklage des § 88 SGG eine reine Bescheidungsklage ist. Gegenstand des Verfahrens ist also - darauf ist bereits hingewiesen worden - allein der Erlass des begehrten Verwaltungsakts. Auf die materielle Rechtslage kommt es folglich nicht an; sie muss vom Rechtsanwalt weder geprüft noch dargelegt werden. Der anwaltliche Arbeitsaufwand beschränkt sich daher regelmäßig auf die vorgerichtliche Überwachung der Frist des § 88 SGG und die Fertigung der Klageschrift, mit der lediglich die tatsächlichen Voraussetzungen der Zulässigkeit und Begründetheit der Untätigkeitsklage vorzutragen sind. Dabei handelt es sich um anwaltliche Tätigkeiten einfachster Art. Andererseits ist aber nicht zu verkennen, dass die Untätigkeitsklage dem betroffenen Bürger mittelbar zur Erreichung seines eigentlichen Ziels dient. Dazu ist der von der Beklagten begehrte Erlass des Verwaltungsakts ein notwendiger Zwischenschritt, da er zwingende Voraussetzung für die Klageerhebung oder Klageänderung in der Sache ist. Unnötige zeitliche Verzögerungen auf diesem Weg können daher auch ein Haftungsrisiko des Rechtsanwalts begründen. Dies berücksichtigend dürfte in einem Untätigkeitsklageverfahren, in dem - anders als hier - nach der Erhebung der Untätigkeitsklage der begehrte Verwaltungsakt ergeht und prozessbeendende Erklärungen abzugeben sind, davon auszugehen sein, dass die Verfahrensgebühr grundsätzlich mit der Hälfte der Mittelgebühr - mithin in Höhe eines Betrages von 125,00 € - angemessen erfasst ist. Weil indes der vorliegende Rechtsstreit die Besonderheit aufweist, dass eine Verurteilung zum Erlass des begehrten Verwaltungsakts erfolgen musste, ist es gerechtfertigt, den grundsätzlich angemessenen Betrag in Höhe von 125,00 € moderat zu erhöhen. Dabei hält die Kammer unter Berücksichtigung der unüblich langen Verfahrensdauer und der Erforderlichkeit der Fertigung mehrerer Schriftsätze, in denen indes lediglich die Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen des § 88 SGG objektiv erforderlich war, der durchschnittlichen Bedeutung, den unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers und dem durchschnittlichen Haftungsrisiko einen Betrag in Höhe von 175,00 € für angemessen. Weil dem beigeordneten Rechtsanwalt indes bei der Bemessung seines Gebührenanspruches ein gewisser Toleranzrahmen zuzubilligen ist, ist die Verfahrensgebühr antragsgemäß in Höhe eines Betrages von 200,00 € in die Berechnung einzustellen.

15

2. Demgegenüber ist - entgegen der Auffassung des Erinnerungsführers - die (fiktive) Terminsgebühr lediglich mit einem Betrag in Höhe von 140,00 € in die Berechnung einzustellen. Die angefallene Terminsgebühr ist dabei dem Rahmen der Nr. 3106 VV-RVG zu entnehmen. Dieser sieht eine Gebührenspanne von 20,00 € bis 380,00 € vor. Erweist sich das Betreiben eines Geschäfts einschließlich der Information nach den Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG als durchschnittliche Leistung, ist die Mittelgebühr von 200,00 € angemessen. Liegen Schwierigkeit, Wert und Bedeutung der Sache unter oder über diesem Mittelwert, bietet sich eine entsprechende Quotierung, mithin eine Über- oder Unterschreitung dieser Mittelgebühr an.

16

Der Rechtsstreit wurde durch eine Entscheidung mit Gerichtsbescheid beendet, so dass ein Termin tatsächlich nicht stattgefunden hat. Eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG ist dennoch entstanden.

17

Durch die Regelung der Nr. 3106 VV-RVG (Ziffern 1 bis 3) soll verhindert werden, dass gerichtliche Termine allein zur Wahrung des Gebührenanspruchs stattfinden müssen; sie bietet einen Anreiz für den Rechtsanwalt, auf die Durchführung des Termins zu verzichten. Die Anwendung der Grundsätze des § 14 RVG auf die „fiktive" Terminsgebühr nach Ziffer 3106 Nr. 1 bis 3 VV RVG ist mit dem Problem behaftet, dass ein Termin tatsächlich nicht stattgefunden hat und dessen Schwierigkeit und Aufwand für den Prozessbevollmächtigten damit nicht bewertet werden können. Die Kammer teilt die Auffassung des Sozialgerichts Hannover (vgl. u. a. Beschluss vom 20. Dezember 2005, - S 34 SF 119/05 ) und verschiedener Kammern des Sozialgerichts Lüneburg (vgl. etwa Beschluss vom 29. August 2006, - S 5 SF 79/06 und Beschluss vom 29. August 2006, - S 14 SF 42/06), wonach bei der Bemessung der Terminsgebühr auf den hypothetischen Aufwand abzustellen ist, der bei Durchführung eines Termins im konkreten Verfahrensstadium voraussichtlich entstanden wäre. Somit ist eine fiktive Vergleichsbetrachtung anzustellen, in welcher Höhe ein Gebührenanspruch voraussichtlich entstanden wäre, wenn ein Termin stattgefunden hätte.

18

Das Gesetz eröffnet in Ziffer 3106 VV-RVG daher erneut den Gebührenrahmen in vollem Umfang und knüpft nicht an die Höhe der Verhandlungsgebühr an. Gäbe es für die Festlegung der Terminsgebühr nicht die Möglichkeit einer eigenständigen Festsetzung unter Beachtung der in § 14 RVG festgelegten Kriterien, hätte es der Eröffnung eines Gebührenrahmens nicht bedurft. Dafür spricht auch die Tatsache, dass der Normgeber in denjenigen Fällen, in denen keine Betragsrahmengebühren entstehen einen festen Wert - nämlich nach Nr. 3104 VV-RVG einen solchen von 1,2 - festgeschrieben hat. Daher ist es auch nicht gerechtfertigt, etwa grundsätzlich nur die Mindestgebühr in Höhe von 20,00 € anzuerkennen. Anderenfalls hätte der Normgeber auch bei der fiktiven Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG einen bestimmten Betrag festgeschrieben wie er es beispielsweise bei den Angelegenheiten der Beratungshilfe nach Nr. 2600 ff. VV-RVG, in Strafsachen bei den Gebühren des gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalts nach den Nr. 4100 ff. VV-RVG oder den sonstigen Verfahren nach den Nr. 6100 ff. VV-RVG getan hat. Auch wenn in diesen Verfahren keine Betragsrahmengebühren nach § 3 RVG entstehen, war sich der Normgeber offensichtlich durchaus der Möglichkeit der Festschreibung von Gebührenbeträgen bewusst.

19

Wenn danach auch bei der fiktiven Terminsgebühr von einem Gebührenrahmen zwischen 20,00 € und 380,00 € auszugehen ist, ergibt eine auf einen hypothetischen Termin bezogene Abwägung der Kriterien des § 14 RVG, dass insoweit eine insgesamt unterdurchschnittliche Angelegenheit vorliegt. Dem Anwalt steht die Mittelgebühr hinsichtlich der Terminsgebühr für Termine mit durchschnittlicher Schwierigkeit, durchschnittlichem Aufwand und durchschnittlicher Bedeutung für den Mandanten zu. Entscheidend ist eine Gesamtabwägung. Es müssen sämtliche den Gebührenanspruch potentiell beeinträchtigenden Faktoren miteinander und gegeneinander im Einzelfall abgewogen werden.

20

Unter Beachtung aller Abwägungskriterien des § 14 RVG, die für die Verfahrensgebühr einen Betrag unterhalb der Mittelgebühr rechtfertigt, ist auch eine Terminsgebühr unterhalb der Mittelgebühr angemessen. Es ist nämlich - wie ausgeführt - auf den hypothetischen Aufwand abzustellen, der bei Durchführung eines Termins im konkreten Verfahrensstadium voraussichtlich entstanden wäre. Der Ablauf eines derartigen Termins hätte sich hier anders als in den Fällen der Nr. 3106 Ziffer 3 VV-RVG dargestellt, in dem lediglich die Annahme eines Anerkenntnisses hätte erklärt werden müssen. Bei dieser Konstellation ist es gerechtfertigt, von einem (fiktiven) unterdurchschnittlichen anwaltlichen Aufwand im (hypothetischen) Termin zur mündlichen Verhandlung auszugehen. Demgegenüber hätten in der diesem Erinnerungsverfahren zugrunde liegenden Fallgestaltung (hypothetisch) der Sachvortrag des Vorsitzenden, ergänzende Fragen an die Beteiligten, die Erörterung der Sach- und Rechtslage und schließlich das Stellen der Anträge erfolgen müssen. Allerdings wäre auch in einem entsprechenden Termin zur mündlichen Verhandlung lediglich das Vorliegen der Voraussetzungen des § 88 SGG erörterungsbedürftig gewesen. Dieser Umstand rechtfertigt es, davon auszugehen, dass nicht von einem Termin zur mündlichen Verhandlung ausgegangen werden kann, der für den Anwalt mit durchschnittlichem Aufwand verbunden wäre. Weil indes andererseits auch in einem Untätigkeitsklageverfahren, das aufgrund einer mündlichen Verhandlung durch Urteil beendet wird, die gesetzlichen Vorgaben des § 112 SGG über den Gang einer mündlichen Verhandlung im sozialgerichtlichen Verfahren zu beachten wären, wäre es insoweit gerade nicht ausreichend gewesen, etwa nur noch die Annahme eines abgegebenen Anerkenntnisses zu erklären. Nur für diese Konstellation entspricht es ständiger Rechtsprechung des Sozialgerichts Lüneburg, die fiktive Terminsgebühr in Höhe eines Betrages von 100,00 € zugrunde zu legen (vgl. etwa Beschlüsse des Sozialgerichts Lüneburg vom 19. April 2007 - S 15 SF 48/06, vom 20. April 2007 - S 15 SF 141/04 sowie vom 02. Mai 2007 - S 15 SF 51/06; vgl. ferner zu der Frage, in welchem Umfang eine (fiktive) Terminsgebühr im Falle einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG anfällt auch: Sozialgericht Lüneburg, Beschluss vom 30. Januar 2009 - S 25 SF 129/08).

21

Wägt man daher die unterdurchschnittlichen Anforderungen an die (hypothetische) anwaltliche Tätigkeit mit den unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen und der durchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin und das durchschnittliche Haftungsrisiko gegeneinander ab, ist das vorliegende Streitverfahren hinsichtlich der Festsetzung der Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG in Höhe von 140,00 € kostenrechtlich angemessen erfasst. Dies bedeutet zugleich, dass bei einem tatsächlich stattgefundenen Termin auch ein Betrag in Höhe dieses Betrages festzusetzen gewesen wäre. Die von dem beigeordneten Rechtsanwalt beantragte Gebühr in Höhe von 200,00 € ist - auch unter Berücksichtigung eines Toleranzrahmens - unbillig.

22

3. Da die übrigen Gebührenpositionen zwischen den Beteiligten nicht im Streit stehen, ergibt sich folgende Berechnung:

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Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3102 VV-RVG

200,00 €

Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV-RVG

140,00 €

Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV-RVG

20,00 €

Mehrwertsteuer gemäß Nr. 7008 VV-RVG

68,40 €

Gesamtsumme

428,40 €

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4. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 56 Abs. 2 S. 3 RVG; die Erinnerungsentscheidung ergeht gemäß § 56 Abs. 2 S. 2 RVG gerichtskostenfrei.

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5. Die Entscheidung ist gemäß § 56 Abs. 2 S. 1 RVG i. V. m. § 33 Abs. 3 S. 1 RVG endgültig, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 € nicht übersteigt. Anlass, die Beschwerde gemäß § 56 Abs. 2 S. 1 RVG i. V. m. § 33 Abs. 3 S. 2 RVG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zuzulassen, bestand nicht.