Sozialgericht Lüneburg
Beschl. v. 28.08.2009, Az.: S 12 SF 120/09 E
Bibliographie
- Gericht
- SG Lüneburg
- Datum
- 28.08.2009
- Aktenzeichen
- S 12 SF 120/09 E
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 50514
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tenor:
Die Erinnerung der Erinnerungsführer und Antragsteller vom 04. Juni 2009 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 03. Juni 2009 - S 28 AS 935/07 ER - wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Diese Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anfechtbar.
Gründe
Die Beteiligten streiten im Erinnerungsverfahren noch um die Höhe der den Erinnerungsführern und Antragstellern (im Folgenden nur: Erinnerungsführer) durch die Erinnerungsgegnerin und Antragsgegnerin (im Folgenden nur: Erinnerungsgegnerin) zu erstattenden notwendigen außergerichtlichen Kosten eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens, in dem erst- und zweitinstanzlich um das Vorliegen der aufschiebenden Wirkung der Berufung gegen ein Urteil des Sozialgerichts Lüneburg gestritten worden war. Das Verfahren endete durch Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 31. März 2009 - L 7 B 216/07 AS -, das die Beschwerde der Erinnerungsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Lüneburg vom 10. August 2007 - S 28 AS 935/07 ER - zurückwies. Im Streit des vorliegenden Erinnerungsverfahrens steht nach dem Vorbringen der Beteiligten die Höhe der Verfahrensgebühr im Ausgangs- und im Beschwerdeverfahren.
Die Erinnerung bleibt erfolglos; sie war daher zurückzuweisen.
Die gemäß § 197 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 03. Juni 2009 - S 28 AS 935/07 ER - ist zulässig, jedoch unbegründet. Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss hält der beantragten gerichtlichen Überprüfung stand. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat den Gesamtvergütungsanspruch zu Recht auf einen Betrag in Höhe von 445,95 € festgesetzt.
Zur Begründung seiner Entscheidung nimmt das Gericht gemäß § 142 Abs. 2 S. 3 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle in dem angefochtenen Beschluss Bezug und macht sich diese zur Vermeidung nicht gebotener Wiederholungen zu Eigen. Die Urkundsbeamtin hat den gebührenrechtlichen Sachverhalt vollständig und rechtsfehlerfrei gewürdigt und zu Recht eine erstinstanzliche Verfahrensgebühr in Höhe eines Betrages von 221,00 € sowie für die Beschwerdeinstanz in Höhe eines Betrages von 113,75 € in die Berechnung eingestellt.
Nur im Hinblick auf das Vorbringen der Erinnerungsführer im Kostenfestsetzungs- und im Erinnerungsverfahren weist die Kammer zur Höhe der Verfahrensgebühr für die Beschwerdeinstanz noch ergänzend auf Folgendes hin:
Entgegen der Auffassung der Erinnerungsführer ist für die Vertretung in der Beschwerdeinstanz die Verfahrensgebühr nach Nr. 3501 des Vergütungsverzeichnisses (VV-RVG) - Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG - zu vergüten, die sich aus einem Betragsrahmen zwischen 15,00 € und 160,00 € ergibt; die Mittelgebühr beträgt daher grundsätzlich 87,50 €.
Denn es ist eine Gebühr streitig, die in einem Beschwerdeverfahren vor den Sozialgerichten angefallen ist, so dass der Wortlaut der Nr. 3501 VV-RVG erfüllt ist. Für einen Rückgriff auf die Nr. 3204 VV-RVG besteht daher kein Raum. Die Nr. 3204 VV-RVG regelt die Verfahrensgebühr für Verfahren vor den Landessozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren entstehen. Sie findet sich in Abschnitt 2 VV-RVG, der mit der Überschrift „Berufung, Revision, bestimmte Beschwerden und Verfahren vor dem Finanzgericht" versehen ist. Eine Anwendung der Nr. 3204 VV-RVG käme daher allenfalls dann in Betracht, wenn es vorliegend um eine „bestimmte Beschwerde" im Sinne der oben genannten Überschrift ginge. Der Begriff der „bestimmten Beschwerde" wird in den Vorbemerkungen 3.2.1 und 3.2.2 näher konkretisiert, ohne dass die hier streitbefangene Beschwerde gegen den Erlass einer einstweiligen Anordnung bzw. die Auferlegung von Kosten anlässlich eines solchen Verfahrens durch Beschluss des Sozialgerichts Erwähnung fände. Vom Anwendungsbereich der Nr. 3501 VV-RVG sollten nach der Vorbemerkung 3.5 nur diejenigen Beschwerdeverfahren ausgenommen werden, die in der Vorbemerkung 3.1 Abs. 2 und 3.2.1 genannt werden. Hierzu gehören Beschwerden der vorliegenden Art jedoch eindeutig nicht. Es spricht daher nichts dafür, dass der Gesetzgeber eine Anwendung der Nr. 3204 VV-RVG auf Fälle der vorliegenden Art beabsichtigte. Zudem stellt die Nr. 3501 VV-RVG eine Spezialregelung dar, die nach ihrem Wortlaut unproblematisch einschlägig ist. Auch dies steht einem Rückgriff auf die Nr. 3204 VV-RVG entgegen.
Vor diesem Hintergrund kommt im Übrigen auch eine analoge Anwendung der Nr. 3204 VV-RVG nicht in Betracht. Denn hierfür wäre die Feststellung einer planwidrigen Regelungslücke erforderlich. Es besteht aber schon keine Regelungslücke, weil mit der Nr. 3501 VV-RVG eine Regelung vorhanden ist, die für Verfahren der vorliegenden Art eine bestimmte Gebühr vorsieht. Zudem zeigt die Vorbemerkung 3.5, dass die Möglichkeit der Herausnahme bestimmter Beschwerdeverfahren aus dem Anwendungsbereich der Nr. 3501 VV-RVG durchaus gesehen wurde. Finden dabei aber Beschwerden gegen den Erlass einer einstweiligen Anordnung bzw. gegen Beschlüsse, die anlässlich solcher Verfahren eine Kostengrundentscheidung treffen, keine Erwähnung, spricht dies gegen die Möglichkeit einer analogen Anwendung. Demgegenüber kann die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke nicht mit der Überlegung begründet werden, der Gesetzgeber habe die maßgebliche Gebühr zu niedrig festgesetzt, weil sie niedriger liegen könne als die Gebühr für das Eilverfahren in der ersten Instanz. Denn die diesbezügliche Entscheidung des Gesetzgebers ist zu akzeptieren und kann nicht dadurch umgangen werden, dass ohne jeglichen Anhaltspunkt hierfür eine planwidrige Regelungslücke angenommen wird. Zudem spricht gegen eine planwidrige Regelungslücke auch, dass der Gesetzgeber im Abschnitt 5 mit der Nr. 3511 VV-RVG einen höheren Gebührenrahmen für bestimmte Beschwerdeverfahren vor den Landessozialgerichten geschaffen hat (Nichtzulassungsbeschwerden). Hätte der Gesetzgeber dies beabsichtigt, hätte hier auch ein erhöhter Gebührenrahmen für weitere Beschwerden geregelt werden können.
Soweit die Erinnerungsgegnerin zur Untermauerung ihrer Auffassung auf einen Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 22. November 2006 - S 30 AS 771/06 ER - verweist, ist dieser aus den oben genannten Gründen nicht überzeugend; aus ihr können die Erinnerungsführer im Übrigen auch nichts herleiten.
Wenn die Verfahrensgebühr für die Vertretung in der Beschwerdeinstanz nach alledem daher der Nr. 3501 VV-RVG zu entnehmen ist, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Gebührenposition zu Recht in Höhe eines Betrages von 113,75 € festgesetzt. Wegen der Vertretung von einem weiteren Auftraggeber verschiebt sich der oben genannte Gebührenrahmen der Nr. 3501 VV-RVG nach Nr. 1008 VV-RVG insoweit, als dass die angemessene Gebühr nunmehr aus einem Gebührenrahmen von 19,50 € und 208,00 € zu bestimmen ist; die Mittelgebühr beträgt daher 113,75 €. Dieser Betrag ist auch nach Auffassung der Kammer angemessen; auch insoweit wird auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug genommen (§ 142 Abs. 2 S. 3 SGG).
Nach alledem konnte die Erinnerung keinen Erfolg haben.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus einer analogen Anwendung des § 33 Abs. 9 S. 2 RVG, des § 56 Abs. 2 S. 3 RVG und des § 66 Abs. 8 S. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG; vgl. zur Kostengrundentscheidung im Erinnerungsverfahren auch Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 197, Rdn. 10, der eine solche sogar gänzlich für entbehrlich hält).
Die Erinnerungsentscheidung ergeht nach entsprechender Anwendung des § 33 Abs. 9 S. 1 RVG, des § 56 Abs. 2 S. 2 RVG und des § 66 Abs. 8 S. 1 GKG gerichtskostenfrei.
Die Entscheidung ist gemäß § 197 Abs. 2 SGG endgültig.