Sozialgericht Lüneburg
Beschl. v. 20.10.2009, Az.: S 12 SF 132/09 E
Angemessenheit; Dauer der mündlichen Verhandlung; Grundsicherung für Arbeitsuchende; Prozesskostenhilfe; Rechtsanwaltsgebühr; Terminsgebühr; Verfahrensgebühr; Verhandlungsdauer; Vorbefassung; Vorbefassung im Widerspruchsverfahren; Widerspruchsverfahren
Bibliographie
- Gericht
- SG Lüneburg
- Datum
- 20.10.2009
- Aktenzeichen
- S 12 SF 132/09 E
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 50546
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 14 Abs 1 RVG
- § 45 Abs 1 RVG
- Nr 3103 RVG-VV
- Nr 3106 RVG-VV
Tenor:
Auf die Erinnerung des Erinnerungsführers vom 18. Juni 2009 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 15. Juni 2009 - S 32 SO 144/06 - wird die aus der Staatskasse an den Erinnerungsführer zu gewährende Prozesskostenhilfevergütung endgültig auf einen Betrag in Höhe von 321,30 € festgesetzt.
Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anfechtbar.
Gründe
Der Erinnerungsführer macht als beigeordneter Rechtsanwalt einen Anspruch auf Festsetzung einer (höheren) Vergütung aus Prozesskostenhilfemitteln der Staatskasse für ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht Lüneburg geltend, in dem um die Gewährung einer höheren Rechtsanwaltsvergütung für die Vertretung in einem Widerspruchsverfahren gestritten wurde und das - nach etwa dreijähriger Verfahrensdauer - durch den Erlass eines Urteils nach Durchführung eines Termins zur mündlichen Verhandlung, der insgesamt 29 Minuten andauerte, beendet wurde. Der Erinnerungsführer wendet sich gegen die Herabsetzung der Verfahrens- und der Terminsgebühr unterhalb der von ihm jeweils zur Festsetzung beantragten Mittelgebühr.
Die Erinnerung hat im tenorierten Umfang Erfolg, im Übrigen war sie zurückzuweisen.
Der beigeordnete Rechtsanwalt ist im Verfahren über die Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung aus Prozesskostenhilfemitteln (neben der Staatskasse) gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - (RVG)) erinnerungsbefugt (vgl. etwa Gerold/Schmidt - Müller-Rabe, RVG, § 56, Rdn. 6); das Rubrum war dementsprechend von Amts wegen zu berichtigen.
Die gemäß § 56 Abs. 1 RVG gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 15. Juni 2009 - S 32 SO 144/06 - erhobene Erinnerung ist zulässig und teilweise begründet.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die aus der Staatskasse zu gewährende Prozesskostenhilfe zu Unrecht lediglich auf einen Gesamtbetrag in Höhe von 255,85 € festgesetzt. Die Kammer hält demgegenüber einen Gesamtvergütungsanspruch in Höhe eines Betrages von 321,30 € für angemessen. Dem kostenrechtlich angemessenen Gesamtvergütungsanspruch liegt dabei eine Verfahrensgebühr in Höhe eines Betrages von 120,00 € (dazu unter 1.) sowie eine Terminsgebühr in Höhe eines Betrages von 130,00 € (dazu unter 2.) zugrunde; die übrigen Positionen sind antragsgemäß festsetzbar (dazu unter 3.).
Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch des Erinnerungsführers ist § 45 Abs. 1 RVG. Danach hat der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt in Verfahren vor Gerichten eines Landes Anspruch auf die gesetzliche Vergütung aus der Landeskasse. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein gewisser Toleranzrahmen zusteht. Zwar gilt Satz 4 der Vorschrift nicht, wenn es sich - wie hier - um ein Verfahren handelt, in dem um die Höhe des Prozesskostenhilfevergütungsanspruches gestritten wird, weil die Staatskasse nicht Dritter, sondern Vergütungsschuldner ist. Dennoch findet zu ihren Gunsten eine Billigkeitskontrolle statt (Gerold/Schmidt - Müller-Rabe, RVG, § 55, Rdn. 29). Unbilligkeit liegt vor, wenn er die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12. September 2006, - L 1 B 320/05 SF SK, zitiert nach juris). Die Aufzählung der Bemessungskriterien in § 14 Abs. 1 S. 1 RVG ist nach dem Wortlaut der Vorschrift („vor allem") nicht abschließend, so dass weitere, unbenannte Kriterien mit einbezogen werden können. Sämtliche heranzuziehende Kriterien stehen selbstständig und gleichwertig nebeneinander (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 01. Juli 2009, - B 4 AS 21/09 R, zitiert nach juris). Für jede Rahmengebühr ist dabei eine eigene Prüfung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG erforderlich. Die unterschiedliche Abgeltung der anwaltlichen Tätigkeit mit unterschiedlichen Gebühren verbietet es, die Bewertung bei einer Rahmengebühr automatisch auf eine andere Rahmengebühr zu übertragen. Dies gilt sowohl für die Verfahrens- und Terminsgebühr (vgl. Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12. September 2006, a. a. O. sowie Keller in jurisPR-SozR 10/2006, Anm. 6) als auch für die der Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr.
Was die Bestimmung der angemessenen Gebühr innerhalb des jeweiligen Gebührenrahmens angeht, entspricht es allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass die Mittelgebühr ein angemessenes Äquivalent für die anwaltliche Tätigkeit in einem in jeder Hinsicht durchschnittlichen Streitverfahren darstellt. Davon ausgehend sind sodann Abschläge für unterdurchschnittliche und Zuschläge für überdurchschnittliche Verfahren vorzunehmen. Dabei kann im Übrigen etwa die Überdurchschnittlichkeit eines Bewertungskriteriums durch die Unterdurchschnittlichkeit anderer Bewertungskriterien kompensiert werden.
1. Danach hält die Kammer zunächst eine Verfahrensgebühr in Höhe eines Betrages von 120,00 € für angemessen. Die Verfahrensgebühr war dabei zunächst wegen der Vorbefassung im Widerspruchsverfahren dem Rahmen der Nr. 3103 des Vergütungsverzeichnisses (VV-RVG) - Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG - zu entnehmen. Der entsprechende Rahmen der Nr. 3103 VV-RVG sieht eine Gebührenspanne von 20,00 € bis 320,00 € vor; die Mittelgebühr beträgt daher 170,00 €.
Bei der Verfahrensgebühr handelt es sich um eine Tätigkeitsgebühr, mit der jede prozessuale Tätigkeit eines Rechtsanwaltes abgegolten wird, für die das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz keine sonstige Gebühr vorsieht. Sie entsteht für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information, und gilt ab u. a. die Prüfung der Schlüssigkeit der Klage oder des Rechtsmittels durch den Rechtsanwalt anhand von Rechtsprechung und Literatur, die im Zusammenhang mit dem gerichtlichen Verfahren notwendigen Besprechungen des Rechtanwalts mit dem Auftraggeber, Dritten, dem Gericht, Sachverständigen sowie Schriftwechsel mit dem Auftrageber, Dritten, Behörden und dem Gericht, der sich auf den Prozessstoff bezieht, ferner die Mitwirkung bei der Auswahl und Beschaffung von Beweismitteln, die Sammlung und den Vortrag des aus der Sicht des Rechtsanwalts rechtlich relevanten Stoffs sowie das Anbieten von Beweismitteln (BT-Drucksache 15/1971, S. 210). Der durchschnittliche Umfang der anwaltlichen Tätigkeit hat sich dabei am Leitbild der zugehörigen Verfahrensordnung am Ablauf eines Verfahrens, hier des sozialgerichtlichen Verfahrens, zu orientieren. Wird ein mit der Sache bislang noch nicht befasster Rechtsanwalt mit der Durchführung des sozialrechtlichen Gerichtsverfahrens beauftragt, kommt es mangels anderweitiger Anhaltspunkte zunächst für den Umfang seiner Tätigkeit auf die Zahl der gefertigten Schriftsätze an. Von Bedeutung ist darüber hinaus allerdings auch, welchen Einsatz der Rechtsanwalt im Einzelnen zur Erstellung dieser Ausführungen notwendigerweise erbringen muss. Zu berücksichtigen sind dabei z. B. das Lesen der Verwaltungsentscheidung, die Beratung des Mandanten, das Aktenstudium, das Anfertigung von Notizen, mithin bei Geltendmachung eines Anspruchs die Darlegung, wie sich dieser rechnerisch ermittelt, und zwar unter Eingehung auf die streitigen Rechtsvorschriften sowie der Heranziehung von Kommentarliteratur und, soweit vorhanden, einschlägiger Rechtsprechung (so ausdrücklich: Bundessozialgericht, Urteil vom 01. Juli 2009, - B 4 AS 21/09 R, zitiert nach juris).
Den Umfang der Tätigkeit des Erinnerungsführers bewertet die Kammer ausgehend von diesen Erwägungen und mit Blick auf Anzahl und Umfang der eingereichten Schriftsätze, dem damit aus Sicht der Kammer verbundenen objektiv erforderlichen Erörterungsbedarf mit dem Kläger und den übrigen zur Fertigung der eingereichten Schriftsätze erforderlichen Tätigkeiten als durchschnittlich. Hierbei ist insbesondere der zeitliche Aufwand zu berücksichtigen, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieben hat und den er davon objektiv auch auf die Sache verwenden musste. Bezugspunkt der anwaltlichen Tätigkeit ist das in der jeweiligen Gebührenziffer umschriebene Tätigkeitsfeld. Das durchschnittliche sozialgerichtliche Verfahren ist regelmäßig dadurch gekennzeichnet, dass der Prozessbevollmächtigte für seine Mandantschaft eine Klageschrift einreicht, die Klage nach erfolgter Akteneinsicht unter Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts und unter Nennung und Subsumtion unter die einschlägigen Rechtsgrundlagen begründet wird und sich dann ein Schriftwechsel zwischen den Beteiligten entwickelt. Sehr häufig erfolgen gerichtliche Ermittlungen, zu denen die Beteiligten Stellung zu beziehen haben. Diese Arbeit ist für den Erinnerungsführer in durchschnittlicher Art und Weise angefallen, wovon auch die Beteiligten zu Recht übereinstimmend ausgehen, so dass es weiterer Erwägungen des Gerichts hierzu nicht bedarf.
Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit erweist sich vorliegend als durchschnittlich. Die vom Umfang zu unterscheidende Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit meint die Intensität der Arbeit. Ausgehend von einem objektiven Maßstab ist auf einen Rechtsanwalt abzustellen, der sich bei der Wahrnehmung des Mandats darauf beschränken kann und darf, den Fall mit den einschlägigen Rechtsvorschriften, gegebenenfalls unter Heranziehung von Rechtsprechung und Kommentarliteratur, zu bearbeiten. Dies beinhaltet aber auch, dass hierfür spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten in eingeschränktem Umfang erforderlich sein können. Damit ist auf der einen Seite unerheblich, ob der Rechtsanwalt wegen geringer Berufserfahrung Schwierigkeiten bei der Bewältigung der Aufgabe hat. Andererseits spielt es keine Rolle, dass der Anwalt z. B. auf Grund vertiefter Fachkenntnisse oder Erfahrung das Mandat leichter als andere Rechtsanwälte bewältigen kann. Überdurchschnittlich schwierig ist die Tätigkeit etwa dann, wenn erhebliche, sich üblicherweise nicht stellende Probleme auftreten; diese können sowohl im tatsächlichen als auch im juristischen Bereich liegen. Beispielhaft lassen sich für überdurchschnittliche tatsächliche Schwierigkeiten nennen: der Umgang mit einem problematischen Mandanten, sprachliche oder akustische Verständigungsprobleme, die eingehende Auseinandersetzung mit medizinischen oder anderen Fachgutachten oder eine umfangreiche Beweiswürdigung. Eine über dem Durchschnitt liegende tatsächliche Schwierigkeit kann sich auch daraus ergeben, dass der Rechtsanwalt nicht nur die Verhältnisse des Mandanten, sondern - wie typischerweise im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende - auch diejenigen weiterer Personen zu berücksichtigen hat (vgl. etwa § 9 Abs. 2 SGB II), dieser Umstand aber nicht die Voraussetzungen der Nr. 1008 VV-RVG erfüllt. Hinsichtlich der Einordnung, ob die rechtliche Schwierigkeit durchschnittlich, über- oder unterdurchschnittlich ist, ist es im Übrigen nicht angebracht, nach einzelnen Rechtsgebieten zu differenzieren. Ohne Aussagekraft ist daher auch, ob hierfür ein Fachanwaltstitel erworben werden kann. Von einer lediglich durchschnittlich schwierigen anwaltlichen Tätigkeit ist dann nicht mehr auszugehen, wenn der zu bearbeitende Fall unter Berücksichtigung des aufgezeigten Maßstabs von einem Normal- bzw. Routinefall abweicht; und zwar bezogen auf jedes Rechtsgebiet (z. B. Sozialrecht), nicht aber jedes Teilrechtsgebiet (z. B. Sozialhilferecht). Damit ist gewährleistet, dass in Rechtsgebieten, die gemeinhin nur deshalb als schwierig empfunden werden, weil kein Fall dem anderen gleicht, überwiegend eine überdurchschnittliche Schwierigkeit angenommen werden kann. Der Routinefall auf dem Gebiet des Sozialrechts ist danach etwa die Darlegung eines Anspruchs auf Leistungen mittels Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Rechtsvorschriften, aber ohne umfangreichere Beweiswürdigung und eingehende Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Literatur. In einer Anfechtungssituation wäre dies die vergleichbare Begründung, warum die Voraussetzungen der Rechtsgrundlage, auf die sich der Leistungsträger stützt, nicht vorliegen. Dass eine Teilrechtsmaterie einer sehr dynamischen Entwicklung unterliegt, besagt dann für sich aber noch nicht, dass die rechtliche Schwierigkeit überdurchschnittlich ist. Auch das Tätigwerden in einem „neuen Teilrechtsgebiet", mithin die Anwendung von Normen kurz nach ihrem Inkrafttreten, genügt für sich allein nicht, eine mehr als durchschnittliche rechtliche Schwierigkeit anzunehmen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 01. Juli 2009, - B 4 AS 21/09 R, zitiert nach juris). Die Kammer geht insoweit davon aus, dass - auch und gerade aus der Sicht eines Rechtsanwalts, der nicht Fachanwalt für Sozialrecht ist und daher nicht ausschließlich oder überwiegend sozialrechtliche Mandate bearbeitet - der typische „Normalfall“ im sozialgerichtlichen Verfahren der sozialversicherungs- bzw. sozialrechtliche Durchschnittsfall ist. Denn der jeweils fragliche Gebührenrahmen ist für das Sozialgerichtsverfahren (und nur für dieses!) vorgesehen. Vor diesem Hintergrund sind daher sämtliche Überlegungen und pauschale - von der konkreten Fallgestaltung losgelöste - Allgemeinplätze, wonach Verfahren mit sozialrechtlichem bzw. sozialversicherungsrechtlichem Bezug wegen des erforderlichen besonderen Fachwissens stets besonders schwierig seien, nicht überzeugend und damit unbeachtlich, zumal letztlich in jedem Rechtsgebiet in gewisser Weise ein besonderes Fachwissen oder eine gewisse Spezialisierung erforderlich ist, in die sich jeder Rechtsanwalt, der nicht ausschließlich auf seinem Spezialgebiet tätig ist, einarbeiten muss. Die Kammer wendet sich aus den genannten Gründen auch ausdrücklich gegen die insoweit gegenteilige Auffassung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (vgl. etwa Urteil vom 05. Mai 2009, - L 1 AL 55/08 - zitiert nach juris -, nunmehr bei dem Bundessozialgericht - B 11 AL 14/09 R anhängig).
Nach alledem ist die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit vorliegend dem durchschnittlichen Bereich zuzuordnen, weil für die Kammer keine der oben näher dargestellten Umstände ersichtlich sind, die sich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht als schwierig erwiesen haben. Auch der Erinnerungsführer hat nicht konkret vorgetragen, warum es sich um ein Verfahren handelte, das sich in tatsächlicher oder materiell-rechtlicher Hinsicht über das Maß dessen hinaus, was die Kammer bei der Gebührenbestimmung berücksichtigt hat, als überdurchschnittlich schwierig darstellte. Andererseits vermochte die Kammer auch keine Anhaltspunkte festzustellen, die die anwaltliche Tätigkeit als unterdurchschnittlich schwierig erscheinen ließen.
Die Bedeutung der Angelegenheit für den Mandanten des Erinnerungsführers ist als deutlich unterdurchschnittlich zu bewerten. Bei der Beurteilung der Bedeutung der Angelegenheit ist auf das unmittelbare Ziel der anwaltlichen Tätigkeit, d. h. auf die Interessen des Auftraggebers, insbesondere die Auswirkungen der begehrten Entscheidung auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Auftraggebers abzustellen. Mittelbare Auswirkungen oder Fernwirkungen des anwaltlichen Handels sind dabei jedoch nicht zu berücksichtigen. Mit der Klage begehrte der Kläger - worauf auch der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle in dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss bereits zutreffend hingewiesen hat - lediglich einen einmaligen (höheren) Betrag für die Vertretung seines Prozessbevollmächtigten (dem Erinnerungsführer) in einem Widerspruchsverfahren. Weil es sich hierbei darüber hinaus gerade nicht um ein Begehren handelte, dass das soziokulturelle Existenzminimum sichert, bringt die deutlich unterdurchschnittliche wirtschaftliche Bedeutung für den Mandanten des Erinnerungsführers - auch und gerade im Vergleich zu Verfahren, in denen um die Leistungsversagung existenzsichernder Ansprüche oder um Dauerrentenleistungen gestritten wird - hinreichend deutlich zum Ausdruck.
Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse bewertet die Kammer als deutlich unterdurchschnittlich: Sie orientieren sich an dem Durchschnittseinkommen der Gesamtbevölkerung. Bessere wirtschaftliche Verhältnisse rechtfertigen demgemäß eine höhere Vergütung, eine schlechtere Einkommens- und Vermögenssituation des Auftraggebers bedingt eine geringere Vergütung. Für die gleiche Leistung hat deshalb ein wirtschaftlich besser ausgestatteter Mandant eine höhere Vergütung zu entrichten als ein wenig bemittelter Auftraggeber (vgl. etwa Gerold/Schmidt - Mayer, RVG, § 14, Rdn. 18). Daher liegt es - auch im Rahmen der Festsetzung des Gesamtvergütungsanspruches aus Prozesskostenhilfemitteln - auf der Hand und bedarf keiner näheren Ausführungen, dass sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des von dem Erinnerungsführer vertretenen Klägers als Bezieher von Leistungen nach den Bestimmungen des SGB XII als deutlich unterdurchschnittlich darstellen.
Schließlich vermag die Kammer ein besonderes Haftungsrisiko, das allenfalls die Gebühr erhöhen könnte, und sonstige unbenannte Kriterien, die geeignet wären, zu einer Herauf- oder Herabbemessung zu führen, nicht zu erkennen.
Damit rechtfertigen der durchschnittliche Umfang und die durchschnittliche Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die deutlich unterdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit, die deutlich unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Mandanten des Erinnerungsführers und das allenfalls durchschnittliche Haftungsrisiko des Erinnerungsführers die Zuerkennung einer Verfahrensgebühr in Höhe eines Betrages von 120,00 €, mithin in Höhe eines Betrages unterhalb der Mittelgebühr. Der darüber hinaus geltend gemachte Betrag in Höhe der Mittelgebühr ist demgegenüber - auch unter Berücksichtigung eines gewissen Toleranzrahmens - kostenrechtlich unangemessen und daher unbillig.
2. Ferner ist die Terminsgebühr nach Auffassung der Kammer in Höhe eines Betrages von 130,00 € entstanden. Diese Gebührenposition ist dabei dem Rahmen der Nr. 3106 VV-RVG zu entnehmen; er beträgt 20,00 € bis 380,00 €, die Mittelgebühr beträgt demnach 200,00 €. Ausgehend davon, dass die Festsetzung der Mittelgebühr für Termine zur mündlichen Verhandlung oder für Termine zur Erörterung der Sach- und Rechtslage, die sich nach Maßgabe der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG in jeder Hinsicht als durchschnittlich erweisen, gerechtfertigt ist, geht die Kammer von einem in gebührenrechtlicher Hinsicht deutlich unterdurchschnittlichen Termin aus, was es rechtfertigt, die Mittelgebühr deutlich zu unterschreiten. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit im Termin stellt sich zunächst als unterdurchschnittlich dar: Die Kammer geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass im Hinblick auf die gerichtsbekannte Terminierungspraxis durchschnittlich umfangreiche sozialgerichtliche Termine etwa 45 Minuten andauern. Ausweislich der Sitzungsniederschrift der 32. Kammer ist das diesem Erinnerungsverfahren zugrunde liegende Klageverfahren im Rahmen eines Termins zur mündlichen Verhandlung, der insgesamt 29 Minuten andauerte, verhandelt worden. Dieser Umstand rechtfertigt es, insoweit von einem unterdurchschnittlich umfangreichen Termin auszugehen. Dementsprechend erweist sich auch der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit als deutlich unterdurchschnittlich. Weil darüber hinaus die Dauer eines Termins auch Indizwirkung für die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit im Termin hat, bewertet die Kammer diese - mangels anderer objektiver Anhaltspunkte in der Sitzungsniederschrift - als unterdurchschnittlich bis allenfalls durchschnittlich. Hinsichtlich der sonstigen Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG ergeben sich im Übrigen keine Abweichungen zu den bereits dargestellten Aspekten bezüglich der Verfahrensgebühr.
Wägt man daher den unterdurchschnittlichen Umfang und die unterdurchschnittliche bis allenfalls durchschnittliche Schwierigkeit mit der deutlich unterdurchschnittlichen Bedeutung, dem durchschnittlichen Haftungsrisiko und den deutlich unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensvermögensverhältnisses des Mandanten des Erinnerungsführers ab, ergibt sich ein insgesamt unterdurchschnittlicher Termin, der die Festsetzung unterhalb der Mittelgebühr rechtfertigt; die Kammer hält insoweit einen Betrag in Höhe von 130,00 € für angemessen. Der darüber hinaus geltend gemachte Betrag in Höhe der Mittelgebühr ist demgegenüber - auch unter Berücksichtigung eines gewissen Toleranzrahmens - kostenrechtlich unangemessen und daher unbillig.
3. Da die Höhe der übrigen Gebührenpositionen zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht, berechnet sich die aus der Staatskasse zu gewährende Prozesskostenhilfevergütung wie folgt:
Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3103 VV-RVG
120,00 €
Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV-RVG
130,00 €
Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV-RVG
20,00 €
19 % Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV-RVG
51,30 €
Summe
321,30 €
Weil dem Erinnerungsführer damit nicht der begehrte Gesamtvergütungsanspruch zusteht, war die Erinnerung im Übrigen zurückzuweisen.
4. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 56 Abs. 2 S. 3 RVG; die Erinnerungsentscheidung ergeht gemäß § 56 Abs. 2 S. 2 RVG gerichtskostenfrei.
5. Die Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anfechtbar, weil das Normengefüge der §§ 172 ff. SGG den Normen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes vorgeht (vgl. hierzu: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28. Dezember 2006, - L 8 B 4/06 SO SF; Beschluss vom 21. Februar 2007, - L 7 B 1/07 AL SF; Beschluss vom 01. März 2007, - L 4 B 66/05 KR; Beschluss vom 14. Juni 2007, - L 13 B 4/06 AS SF; Beschluss vom 26. Oktober 2007, - L 14 B 1/06 SF; Beschluss vom 17. Oktober 2008, - L 13 B 4/08 SF; Beschluss vom 30. Oktober 2008, - L 1 B 2/08 R SF; Beschluss vom 09. Juni 2009, - L 13 B 1/08 SF; Beschluss vom 06. Juli 2009, - L 6 SF 44/09 B sowie Beschluss vom 29. September 2009, - L 6 SF 124/09 B (AS)).