Sozialgericht Lüneburg
Beschl. v. 03.03.2009, Az.: S 3 U 161/08 ER

Anordnungsgrund; einstweilige Anordnung; einstweiliger Rechtsschutz; Glaubhaftmachung; Hauptsacheverfahren; Höhe; Notlage; Pflegebedürftigkeit; Pflegegeld; Selbsthilfe

Bibliographie

Gericht
SG Lüneburg
Datum
03.03.2009
Aktenzeichen
S 3 U 161/08 ER
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2009, 50437
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vom 17. November 2008 wird abgelehnt.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Gründe

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Der am 19. November 2008 bei dem Sozialgericht Lüneburg eingegangene (sinngemäße) Antrag,

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die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin vorläufig höheres Pflegegeld nach den Bestimmungen des Siebenten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) zu gewähren,

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hat keinen Erfolg.

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1. Weil der Antrag in der Sache keinen Erfolg hat, kann offen bleiben, ob sich die Antragstellerin im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens überhaupt durch Herrn E., der als Bevollmächtigter auftritt, vertreten lassen kann. Denn gemäß § 73 Abs. 2 S. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann eine Prozessvertretung im sozialgerichtlichen Verfahren nur durch Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule erfolgen, wenn - wie hier - nicht ersichtlich ist, dass der Bevollmächtigte zu dem Personenkreis des § 73 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 bis 9 SGG gehört. Die Kammer sah sich indes im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht veranlasst, dieser Frage weiter nachzugehen, weil dem Verfahren auch in der Sache der Erfolg versagt bleiben muss. Im Rahmen des Hauptsacheverfahrens - S 3 U 31/08 - wird der Bevollmächtigte allerdings damit zu rechnen haben, dass er gemäß § 73 Abs. 3 S. 1 SGG wegen seiner fehlenden Vertretungsbefugnis durch unanfechtbaren Beschluss zurückgewiesen werden wird.

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2. Der gemäß § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG auf den Erlass einer Regelungsanordnung gerichtete Antrag ist zulässig, jedoch unbegründet.

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Nach der genannten Vorschrift ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf das streitige Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Anordnungsanspruch, d. h. die Rechtsposition, deren Durchsetzung im Hauptsacheverfahren beabsichtigt ist, sowie der Anordnungsgrund, d. h. die Eilbedürftigkeit der begehrten vorläufigen Regelung, sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG, § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

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Die Antragstellerin hat nämlich - ohne dass es darauf ankäme, ob sie die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Anordnungsanspruches glaubhaft machen konnte - das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht glaubhaft darlegen können. Die Antragstellerin hat insbesondere nicht glaubhaft gemacht, dass bei Nichtgewährung der erstrebten höheren Pflegegeldleistungen gemäß § 44 SGB VII eine schier unerträgliche existenzielle Notlage eintritt oder fortwirkt, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu rechtfertigen vermag (sog. Anordnungsgrund). Vielmehr hat die Antragstellerin selbst eingeräumt, dass sie sich einen „Versorgungspool“ eingerichtet habe, der reibungslos und harmonisch funktioniere. Bei dieser Sachlage kann die Kammer nicht erkennen, worin die für die Bejahung des Anordnungsgrundes erforderliche Eilbedürftigkeit der erstrebten Gewährung höherer Pflegegeldleistungen durch die Antragsgegnerin zu sehen sein soll, zumal die Antragstellerin auf die entsprechende Nachfrage durch das Gericht ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht offen zu legen bereit war. Die Antragstellerin ist insoweit darauf zu verweisen, dass sie im Hinblick auf ihren eigenen Vortrag über zumutbare Möglichkeiten der Selbsthilfe verfügt. Daher geht die Kammer davon aus, dass der pflegerische Bedarf der Antragstellerin derzeit - unabhängig von der Höhe der durch die Antragsgegnerin gewährten Pflegegeldleistungen - in ausreichendem Maße sichergestellt ist.

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Im Übrigen verkennt die Antragstellerin, dass eine einstweilige Anordnung nicht dazu dient, zu Lasten anderer Beteiligter der Hauptsacheverfahren eine schnellere Entscheidung zu erlangen. Sie ist vielmehr nur dann zu treffen, wenn ohne sie schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine spätere Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005, Breithaupt 2005, S. 803 ff.). Dies ist - wie ausgeführt - hier weder substantiiert vorgetragen, noch sonst ersichtlich. Daher ist es der Antragstellerin zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens - S 3 U 31/08 - abzuwarten. Ob der Antragstellerin ein Anspruch auf höhere Pflegegeldleistungen zusteht, mag den Ermittlungen des Gerichts im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

9

Die Kammer verkennt schließlich nicht, dass sich die Antragstellerin aufgrund ihrer schwerwiegenden Krebserkrankung in einer lebensbedrohenden Notlage befindet. Allerdings sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Antragsgegnerin für diese - unfallunabhängige - Erkrankung haftbar gemacht werden könnte.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 und Abs. 4 SGG; sie entspricht dem Ergebnis der Hauptsache.

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4. Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben.