Sozialgericht Lüneburg
Beschl. v. 24.07.2009, Az.: S 12 SF 72/09 E
Angemessenheit; angenommenes Anerkenntnis; fiktive Terminsgebühr; Höhe der Vergütung; Rechtsanwaltsgebühr; Schwerbehindertenrecht; Terminsgebühr; Verfahrensgebühr
Bibliographie
- Gericht
- SG Lüneburg
- Datum
- 24.07.2009
- Aktenzeichen
- S 12 SF 72/09 E
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 50524
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 14 Abs 1 RVG
- Nr 3102 RVG-VV
- Nr 3106 RVG-VV
Tenor:
Die Erinnerung der Klägerin vom 27. Februar 2009 sowie die Erinnerung des Beklagten vom 12. März 2009 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 25. Februar 2009 - S 6 SB 40/08 - werden zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Diese Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anfechtbar.
Gründe
Die Beteiligten streiten im Erinnerungsverfahren noch um die Höhe der der Klägerin durch den Beklagten zu erstattenden notwendigen außergerichtlichen Kosten eines schwerbehindertenrechtlichen Klageverfahrens. In diesem Verfahren stritten die Beteiligten um das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft nach den Vorschriften des Neunten Buches Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX). Das Verfahren endete nach einer Verfahrensdauer von etwa 6 Monaten durch die - außerhalb eines Termins zur mündlichen Verhandlung - erklärte Annahme eines von dem Beklagten abgegebenen vollständigen Anerkenntnisses.
Die gemäß § 197 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) als Erinnerung auszulegende „Beschwerde“ der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 25. Februar 2009 - S 6 SB 40/08 - ist zulässig, jedoch unbegründet. Gleiches gilt für die Erinnerung des Beklagten. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die von dem Beklagten an die Klägerin zu erstattenden notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits im Ergebnis zutreffend auf einen Gesamtbetrag in Höhe von 434,53 € festgesetzt.
Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - (RVG)) der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein gewisser Toleranzrahmen zusteht. Unbilligkeit liegt vor, wenn er die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12. September 2006, - L 1 B 320/05 SF SK, zitiert nach juris). Dabei ist für jede Rahmengebühr eine eigene Prüfung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG erforderlich. Die unterschiedliche Abgeltung der anwaltlichen Tätigkeit mit unterschiedlichen Gebühren verbietet es, die Bewertung bei einer Rahmengebühr automatisch auf eine andere Rahmengebühr zu übertragen. Dies gilt sowohl für die Verfahrens- und Terminsgebühr (vgl. Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12. September 2006, a. a. O. sowie Keller in jurisPR-SozR 10/2006, Anm. 6) als auch für die der Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr.
Was die Bestimmung der angemessenen Gebühr innerhalb des jeweiligen Gebührenrahmens angeht, entspricht es allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass die Mittelgebühr ein angemessenes Äquivalent für die anwaltliche Tätigkeit in einem in jeder Hinsicht durchschnittlichen Streitverfahren darstellt. Davon ausgehend sind sodann Abschläge für unterdurchschnittliche und Zuschläge für überdurchschnittliche Verfahren vorzunehmen. Dabei kann im Übrigen etwa die Überdurchschnittlichkeit eines Bewertungskriteriums durch die Unterdurchschnittlichkeit anderer Bewertungskriterien kompensiert werden.
Danach ist in die Berechnung eine Verfahrensgebühr in Höhe eines Betrages von 220,00 € (dazu unter 1.) und eine (fiktive) Terminsgebühr (dazu unter 2.) in Höhe eines Betrages von 100,00 € in die Berechnung einzustellen; die übrigen Gebührenpositionen standen zwischen den Beteiligten nicht im Streit.
1. Die Verfahrensgebühr war wegen der fehlenden Vorbefassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Widerspruchsverfahren dem Rahmen der Nr. 3102 des Vergütungsverzeichnisses (VV-RVG) - Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG - zu entnehmen. Dieser Rahmen sieht eine Gebührenspanne von 40,00 € bis 460,00 € vor. Erweist sich das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information nach den Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG als durchschnittliche Leistung, ist die Mittelgebühr von 250,00 € angemessen.
Die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Klägerin bewertet die Kammer mit Blick auf Anzahl und Umfang der eingereichten Schriftsätze, der eingeholten Befundberichte und Arztbriefe und dem damit verbundenen Erörterungsbedarf mit der Klägerin als leicht unterdurchschnittlich. Besonders zeitintensive Tätigkeiten, wie etwa das Lesen und eingehende Auswerten von medizinischen Sachverständigengutachten, das Verfassen von Schriftsätzen, die sich mit komplexen tatsächlichen oder rechtlichen Fragen auseinandersetzen, die Sichtung und Auswertung von Rechtsprechung, die den Rückschluss auf einen erheblichen Zeit- und Arbeitsaufwand zulassen, nicht angefallen bzw. nicht belegt, so dass von einer überdurchschnittlich umfangreichen anwaltlichen Tätigkeit nicht auszugehen ist. Vielmehr erscheint der anwaltliche Tätigkeitsumfang für einen seine Mandantin im Klageverfahren gewissenhaft vertretenen Anwalt obligatorisch zu sein und demjenigen Aufwand zu entsprechen, der erforderlich ist, um die Mandanteninteressen ordnungsgemäß und unter Beachtung seiner aus §§ 43, 43a der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) folgenden Berufspflichten zu wahren. Ferner ist jedoch entscheidend - gebührenmindernd - zu berücksichtigen, dass die Verfahrensdauer unterdurchschnittlich lang war (von der Klageerhebung am 25. März 2008 bis zur Erledigung des Rechtsstreits am 07. Oktober 2008 war das Verfahren gerade etwas mehr als sechs Monate anhängig) und nur wenige Repliken, die sich auch mit medizinischen Fragestellungen auseinanderzusetzen hatten, zu fertigen waren bzw. gefertigt wurden. Insoweit erscheint es - auch mit Blick auf den Aktenumfang - gerechtfertigt, von einer leicht unterdurchschnittlich umfangreichen anwaltlichen Tätigkeit auszugehen. Die Schwierigkeit des Verfahrens im materiellen Recht erwies sich als durchschnittlich, weil jedenfalls komplexe rechtliche Fragestellungen nicht zu erörtern waren. Auch handelt es sich bei der Bewertung der dauernden Funktionsbeeinträchtigungen nach den Bestimmungen des SGB IX lediglich um die Feststellung des Ist-Zustandes; die Erörterungen von komplexen Zusammenhangsfragen, die etwa im Bereich des Unfallversicherungs- oder des Entschädigungsrechts alltäglich sind und sich regelmäßig als überdurchschnittlich schwierig erweisen, sind vorliegend jedoch nicht erforderlich gewesen und auch nicht erfolgt. Darüber hinaus lassen sich auch eingehende anwaltliche Auseinandersetzungen des Erinnerungsführers mit den in Schwerbehindertensachen bis zum 31. Dezember 2008 maßgebenden „Anhaltspunkten für die ärztliche gutachterliche Tätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)“ nicht feststellen. Insgesamt betrachtet war die anwaltliche Tätigkeit damit leicht unterdurchschnittlich umfangreich und durchschnittlich schwierig.
Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse erweisen sich - mangels anderer Anhaltspunkte - als durchschnittlich.
Die Bedeutung der Angelegenheit für den Mandanten des Erinnerungsführers ist als leicht unterdurchschnittlich zu bewerten. Bei der Beurteilung der Bedeutung der Angelegenheit ist auf das unmittelbare Ziel der anwaltlichen Tätigkeit, d. h. auf die Interessen des Auftraggebers, insbesondere die Auswirkungen der begehrten Entscheidung auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Auftraggebers abzustellen. Mittelbare Auswirkungen oder Fernwirkungen des anwaltlichen Handels sind nicht zu berücksichtigen. Bei einem Streit, in dem es um die Schwerbehinderteneigenschaft geht, stehen regelmäßig lediglich steuerliche Vorteile, die sich allenfalls auf die Höhe des nach § 33b des Einkommensteuergesetzes (EStG) einzuräumenden Pauschbetrags für Behinderte und damit auf die Höhe des zu versteuernden Einkommens auswirken, im Raum und sind daher nicht von einschneidender wirtschaftlicher Bedeutung. Wenn unmittelbar hiervon eine Rente abhängig gemacht werden kann, wird diese Bedeutung indes erhöht. Hierfür hat die Klägerin, die dafür darlegungsbelastet ist, jedoch nichts vorgetragen. Im Vergleich etwa zu Verfahren, in denen um die Gewährung einer existenzsichernden Rente aus der Renten- oder Unfallversicherung oder um die vollständige Versagung existenzsichernder Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) oder dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII) gestritten wird, kommt dem vorliegenden Verfahren daher nur untergeordnete wirtschaftliche Bedeutung zu. Deshalb geht die Kammer eher von einer unterdurchschnittlichen Bedeutung des Verfahrens aus. Dementsprechend erweist sich auch das Haftungsrisiko als allenfalls durchschnittlich; jedenfalls ist für ein besonderes Haftungsrisiko nichts erkennbar.
Damit rechtfertigen der leicht unterdurchschnittliche Umfang und die durchschnittliche Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die leicht unterdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit, die durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin und das allenfalls durchschnittliche Haftungsrisiko des Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Zuerkennung einer Verfahrensgebühr etwas unterhalb der Mittelgebühr in Höhe eines Betrages von 220,00 €. Der darüber hinausgehend geltend gemachte Betrag in Höhe eines Betrages von 300,00 € ist unbillig, weil der dem Rechtsanwalt bei der Bestimmung der Gebühr zu seinen Gunsten zuzugestehender Toleranzrahmen erkennbar überschritten wird (vgl. zur Frage der Einräumung eines Toleranzrahmens: Bundesgerichtshof, Urteil vom 31. Oktober 2006, - VI ZR 261/05, zitiert nach juris).
2. Darüber hinaus ist eine (fiktive) Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG entstanden, die sich aus einem Betragsrahmen zwischen 20,00 € und 380,00 € ergibt; die Mittelgebühr beträgt insoweit 200,00 €. Der Rechtsstreit wurde durch die Annahme eines Anerkenntnisses beendet, so dass ein Termin tatsächlich nicht stattgefunden hat. Eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG ist dennoch entstanden. Durch die Regelung der Nr. 3106 VV-RVG (Ziffern 1 bis 3) soll verhindert werden, dass gerichtliche Termine allein zur Wahrung des Gebührenanspruchs stattfinden müssen; sie bietet einen Anreiz für den Rechtsanwalt, auf die Durchführung des Termins zu verzichten. Die Anwendung der Grundsätze des § 14 RVG auf die „fiktive" Terminsgebühr nach Nr. 3106 - Ziffer 1 bis Ziffer 3 - VV RVG ist mit dem Problem behaftet, dass ein Termin tatsächlich nicht stattgefunden hat und dessen Schwierigkeit und Aufwand für den Prozessbevollmächtigten damit nicht bewertet werden können. Die Kammer vertritt in nunmehr ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass bei der Bemessung der Terminsgebühr auf den hypothetischen Aufwand abzustellen ist, der bei Durchführung eines Termins im konkreten Verfahrensstadium voraussichtlich entstanden wäre. Daher ist eine fiktive Vergleichsbetrachtung anzustellen, in welcher Höhe ein Gebührenanspruch voraussichtlich entstanden wäre, wenn ein Termin stattgefunden.
Das Gesetz eröffnet in Ziffer 3106 VV-RVG daher erneut den Gebührenrahmen in vollem Umfang und knüpft nicht an die Höhe der Verhandlungsgebühr an. Gäbe es für die Festlegung der Terminsgebühr nicht die Möglichkeit einer eigenständigen Festsetzung unter Beachtung aller der in § 14 RVG festgelegten Kriterien, hätte es der Eröffnung eines Gebührenrahmens nicht bedurft. Dafür spricht auch die Tatsache, dass der Normgeber in denjenigen Fällen, in denen keine Betragsrahmengebühren entstehen, einen festen Wert - nämlich nach Nr. 3104 VV-RVG einen solchen von 1,2 - festgeschrieben hat. Daher wäre es auch nicht gerechtfertigt, in diesen Fallkonstellationen grundsätzlich nur die Mindestgebühr in Höhe von 20,00 € anzuerkennen. Dabei wird nämlich verkannt, dass auch bei der Bemessung der fiktiven Terminsgebühr alle Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG in die Abwägung einzustellen sind. Anderenfalls hätte der Normgeber auch bei der fiktiven Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG einen bestimmten Betrag festgeschrieben wie er es beispielsweise bei den Angelegenheiten der Beratungshilfe nach Nr. 2500 ff. VV-RVG, in Strafsachen nach den Nr. 4100 ff. VV-RVG oder den sonstigen Verfahren nach den Nr. 6100 ff. VV-RVG geregelt hat. Auch wenn in diesen Verfahren selbstredend keine Betragsrahmengebühren nach § 3 RVG entstehen, war sich der Normgeber offensichtlich durchaus der Möglichkeit der Festschreibung von Gebührenbeträgen bewusst.
Wenn danach auch bei der fiktiven Terminsgebühr von einem Gebührenrahmen zwischen 20,00 € und 380,00 € auszugehen ist, ergibt eine auf einen hypothetischen Termin bezogene Abwägung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG, dass insoweit eine insgesamt weit unterdurchschnittliche Angelegenheit vorliegt. Dem Anwalt steht die Mittelgebühr hinsichtlich der Terminsgebühr für Termine mit durchschnittlicher Schwierigkeit, durchschnittlichem Aufwand und durchschnittlicher Bedeutung für den Mandanten zu. Entscheidend ist eine Gesamtabwägung. Es müssen sämtliche den Gebührenanspruch potentiell beeinträchtigenden Faktoren miteinander und gegeneinander im Einzelfall abgewogen werden.
Unter Beachtung aller Abwägungskriterien erscheint mit Blick auf die Bemessungskriterien, die bei der Festsetzung der Verfahrensgebühr einen Betrag unterhalb der dortigen Mittelgebühr auszulösen vermochten, eine Terminsgebühr in Höhe der Hälfte der Mittelgebühr angemessen.
Dabei ist der anwaltliche Aufwand für den nicht stattgefundenen - entbehrlichen - Termin als weit unterdurchschnittlich zu werten. Bei der fiktiven Terminsgebühr nach Nr. 3106 Nr. 3 VV-RVG - also bei Erledigung durch angenommenes Anerkenntnis - besteht die Besonderheit, dass ein Anerkenntnis vorliegt, das im (hypothetischen) Termin lediglich noch der Annahme bedurft hätte, ein solcher Termin insoweit mit keinem besonderen Aufwand verbunden gewesen wäre. Sinn und Zweck des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ist in erster Linie die sachgerechte Vergütung (des Aufwands) für den Bevollmächtigten. Diese ist aber erfahrensgemäß sehr unterschiedlich, je nachdem, ob er an einer mündlichen Verhandlung teilnehmen muss oder nicht. Nimmt der Mandant ein Anerkenntnis der Gegenseite an, führt dies auch beim Bevollmächtigten zu einer erheblichen Reduzierung seines Aufwands in diesem Verfahren. Die Annahme des Anerkenntnisses kann er dem Gericht in einem kurzen Schriftsatz mitteilen. Der im Vergleich zur notwendigen Teilnahme einer mündlichen Verhandlung also deutlich verminderte Aufwand kann gebührenrechtlich nicht außer Betracht bleiben. Unberücksichtigt bleiben darf dabei auch nicht, dass eine mündliche Verhandlung, welche regelmäßig eine zusätzliche Vorbesprechung, Vorbereitung und Terminswahrnehmung erfordert, nicht stattgefunden hat. In der Zusammenschau sieht das Gericht deshalb den Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit insoweit als weit unterdurchschnittlich an.
Da bei der Bemessung auch der Terminsgebühr gemäß § 14 RVG jedoch - wie ausgeführt - alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind, kann andererseits auch nicht allein auf den zu erwartenden geringen Aufwand allein abgestellt werden.
Wägt man die dargestellten unterdurchschnittlichen Anforderungen an die hypothetische anwaltliche Tätigkeit mit den durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen und der leicht unterdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin und das durchschnittliche Haftungsrisiko gegeneinander ab, ist das vorliegende Streitverfahren hinsichtlich der Festsetzung der Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG in Höhe von 100,00 € - mithin in Höhe der Hälfte der Mittelgebühr - kostenrechtlich angemessen erfasst. Dies bedeutet zugleich, dass bei einem tatsächlich stattgefundenen Termin, in dem lediglich die Annahme des Anerkenntnisses erklärt worden wäre, auch ein Betrag in Höhe dieses Betrages festzusetzen gewesen wäre.
Die Kammer vermag im Übrigen die im Lichte des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gelegentlich gerügte Ungleichbehandlung zu sonstigen Gerichtszweigen nicht zu erkennen, weil sich der Gesetzgeber - wie oben bereits ausgeführt - bewusst für die Differenzierung zwischen Verfahren, in denen Wertgebühren entstehen und Verfahren, in denen Betragsrahmengebühren entstehen, entschieden hat. Eine der Nr. 3104 VV-RVG entsprechende Regelung - Entstehen einer 1,2-Gebühr in allen dort genannten Fällen - auch in den Fällen, in denen Betragsrahmengebühren entstehen, enthält die Spezialvorschrift der Nr. 3106 VV-RVG ausdrücklich nicht. Daraus darf aber nicht der Schluss gezogen werden, dass insoweit eine Gesetzeslücke besteht, die im Wege der Rechtsprechung geschlossen werden könnte. Zur Ausfüllung von Regelungslücken sind die Richter nur berufen, wenn das Gesetz mit Absicht schweigt, weil es der Rechtsprechung überlassen wollte, das Recht zu finden, oder das Schweigen des Gesetzes auf einem Versehen oder darauf beruht, dass sich der nicht geregelte Tatbestand erst nach Erlass des Gesetzes durch eine Veränderung der Lebensverhältnisse ergeben hat (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 10. Mai 1995 - 1 RK 20/94 = BSGE 76, 109 ff.). Weder liegt hier ein absichtliches oder ein versehentliches Schweigen des Gesetzes vor, noch ist nach Inkrafttreten des RVG eine Gesetzeslücke durch eine Änderung tatsächlicher Umstände eingetreten. Der Gesetzgeber hat vielmehr ausdrücklich in Nr. 3104 VV- RVG auf die Spezialvorschrift der Nr. 3106 VV-RVG verwiesen, sofern es sich um ein sozialgerichtliches Verfahren handelt, in dem Betragsrahmengebühren entstehen und für diese Fälle einen Gebührenrahmen vorgesehen. Hätte er eine der Nr. 3104 VV-RVG entsprechende Vorschrift auch für diese sozialgerichtlichen Verfahren treffen wollen, hätte er - wie er das hinsichtlich Nr. 3104 VV-RVG geregelt hat - eine entsprechende Regelung in der Nr. 3106 VV-RVG treffen können (ständige Rechtsprechung der Kostenkammer des Sozialgerichts Lüneburg - vgl. hierzu etwa: Beschlüsse vom 04. März 2009, - S 12 SF 53/09 E, vom 16. März 2009 - S 12 SF 59/09 E, - S 12 SF 64/09 E, vom 25. März 2009, - S 12 SF 43/09 E, vom 27. April 2009, - S 12 SF 39/09 E, vom 12. Mai 2009, - S 12 SF 56/09 E, vom 26. Juni 2009, - S 12 SF 116/09 E sowie vom 26. Juni 2009, - S 12 SF 67/09 E, jeweils zitiert nach juris).
3. Weil andere Gebührenpositionen zwischen den Beteiligten nicht im Streit stehen, ergibt sich folgende Berechnung:
Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3102 VV-RVG
220,00 €
Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV-RVG
100,00 €
Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV-RVG
20,00 €
Fotokopiekosten gemäß Nr. 7000 VV-RVG
25,15 €
19 % Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV-RVG
69,38 €
Summe
434,53 €
Weil dieser Betrag dem bereits von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle festgesetzten Betrag entspricht, bleiben die Erinnerungen der Klägerin und des Beklagten erfolglos.
4. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus einer analogen Anwendung des § 56 Abs. 2 S. 3 RVG und des § 66 Abs. 8 S. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG; vgl. zur Kostengrundentscheidung im Erinnerungsverfahren auch: Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 197, Rdn. 10, der eine solche sogar gänzlich für entbehrlich hält).
5. Die Erinnerungsentscheidung ergeht nach entsprechender Anwendung des § 56 Abs. 2 S. 2 RVG und des § 66 Abs. 8 S. 1 GKG gerichtskostenfrei.
6. Die Entscheidung ist gemäß § 197 Abs. 2 SGG endgültig.