Sozialgericht Lüneburg
Beschl. v. 22.08.2009, Az.: S 75 AS 1225/09 ER

Bibliographie

Gericht
SG Lüneburg
Datum
22.08.2009
Aktenzeichen
S 75 AS 1225/09 ER
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2009, 50495
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Umwelt- bzw. "Abwrackprämie" ist als zweckbestimmte Einnahme iSv § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II nicht dem Einkommen eines Hilfebedürftigen iSv § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II zurechenbar.

Tenor:

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 7. und vom 13. August 2009 wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung den ihr gesetzlich zustehenden SGB II-Bedarf unter Außerachtlassung einmaliger zweckbestimmter Einnahmen - der Umweltprämie von 2.500,- € - bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu gewähren.

Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Antragstellerin wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt C. Z., Uelzen, bewilligt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Anrechnung einer ihr gewährten Umweltprämie (sog. "Abwrackprämie") als Einkommen und beansprucht die Bewilligung der ihr bei Außerachtlassung dieser Prämie zustehenden SGB II-Leistungen.

2

Auf ihren Antrag vom 5. März 2009 wurden ihr durch Bescheid vom 13. März 2009 für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Januar 2009 SGB II-Leistungen in Höhe von 256,18 € bewilligt, für Februar 2009 - wegen Zuflusses von Einkommen aus einer DRK-Tätigkeit - erfolgte eine Einstellung der Zahlung und für die Zeit vom 1. April bis 31. August 2009 wurden unter Berücksichtigung von Erwerbseinkommen, Kindergeld und Renteneinkünften die SGB II-Leistungen auf 0,00 € festgesetzt. Im Juli 2009 beantragte sie die Weiterbewilligung von SGB II-Leistungen (Arbeitslosengeld II), die - nach Vorlage des Zuwendungsbescheides des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle vom 2. Juni 2009 über den Betrag von 2.500,- € und nach dem Anhörungsschreiben vom 6. August 2009 - durch Bescheid vom 7. August 2009 mit der Begründung abgelehnt wurde, es fehle bei einer Verteilung der gen. Prämie als mtl. Einkommen an einer Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin. Die Antragsgegnerin bewerte die Abwrackprämie als einmaliges Einkommen und verrechne diese nach Einkommensbereinigung für den Zeitraum vom Juni 2009 bis April 2010 in Höhe von (überwiegend) mtl. 244,37 €.

3

Über den dagegen erhobenen Widerspruch vom 14. August 2009 ist noch nicht entschieden.

4

Durch Bescheid der Antragsgegnerin vom 13. August 2009 wurde daneben der Bewilligungsbescheid vom 17. März 2009 (für die Zeit vom 1. Juni bis 31. August 2009) aufgehoben und die Antragstellerin zu einer Erstattung gem. § 50 SGB X in Höhe von 38,55 € verpflichtet.

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Zur Begründung des am 17. August 2009 gestellten Antrages auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes trägt die Antragstellerin vor, nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall auf dem Wege zu ihrer früheren (befristeten) Arbeitsstelle habe sie ein neues Fahrzeug erworben und hierbei ihren Anspruch auf die Umweltprämie in Höhe von 2.500,- € an die Fiatbank abgetreten. Zu Unrecht sei ihr diese Prämie als Einkommen zugerechnet worden. Denn es handele sich bei der Prämie um eine zweckgebundene Zuwendung, die ihr nicht als Einkommen angerechnet werden könne. Sie werde durch die Verfahrensweise der Antragsgegnerin Anfang September 2009 ihre Miete nicht mehr zahlen können. Sie beantragt,

6

die Antragsgegnerin im Rahmen der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie unter dem Vorbehalt der Rückforderung unter Außerachtlassung sonstigen Einkommens in Höhe von 244,37 € mtl. neu zu bescheiden.

7

Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

9

Sie ist der Meinung, die gen. Prämie sei ab Juni 2009 - verteilt auf 11 Monate - als Einkommen anzurechnen, so wie das vom LSG Nordrhein-Westfalen bestätigt worden sei. Die Prämie falle nicht unter § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II, da die Empfänger dieser Prämie in der Verwendung der Umweltprämie frei seien. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Prämie (auch) zur Erfüllung grundlegender Bedarfe und damit demselben Zweck diene, wie die SGB II-Leistungen. Die Antragstellerin habe erhebliche Geldmittel für ein Verbrauchsgut erhalten und damit für ihren privaten Konsum.

10

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

11

Der Antrag hat Erfolg.

12

1. Die Antragstellerin müsste ihr Begehren auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) mangels vorhergehendem bewilligenden Leistungsbescheid (vgl. Bescheid vom 13.3.2009, der den Gesamtbetrag auf 0,00 € festsetzt) in der Hauptsache mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) verfolgen (vgl. Bescheide vom 7. und vom 13. August 2009). Insoweit ist bereits mit Schreiben vom 14. August 2009 - eingegangen am 17. August 2009 - Widerspruch eingelegt worden, der nach dem Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin auf den Bescheid vom 13. August 2009 erstreckt werden kann (Art. 19 Abs. 4 GG). Im Rahmen des gerichtlichen einstweiligen Rechtsschutzes ist das Begehren der Antragstellerin daher neben der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs zwecks Suspendierung der ergangenen Bescheide auch - hinsichtlich der erstrebten Gewährung von Leistungen - auf den Erlass einer Regelungsanordnung im Sinne des § 86b Abs. 2 S. 2 SGG gerichtet.

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2. Der so verstandene Antrag ist zulässig und auch begründet.

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2.1 Zunächst unterliegen die mit dem Widerspruch angegriffenen Bescheide erheblichen rechtlichen Zweifeln, so dass die aufschiebende Wirkung anzuordnen war (§ 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG iVm § 39 Nr. 1 SGB II). Diese Zweifel rühren daher, dass die Umwelt- bzw. "Abwrackprämie", die bei Verschrottung eines alten Kraftfahrzeugs und Anschaffung eines schadstoffarmen Neu- oder Jahreswagens nach der geltenden Rechtslage nicht etwa ein berücksichtigungsfähiges Einkommen iSv .§ 11 Abs. 1 S. 1 SGB II darstellt, von der Antragsgegnerin als ein solches Einkommen behandelt worden ist, obgleich in Absatz 3 Nr. 1 a des § 11 SGB II ausdrücklich "zweckbestimmte Einnahmen" kraft Gesetzes nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind. Da die Umweltprämie nicht zur Sicherung des Lebensunterhaltes verwendet werden kann, ihre Berücksichtigung durch § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a SGB II vielmehr ausgeschlossen ist (vgl. dazu C. Labrenz in NJW 2009, S. 2245-2249), sind die ergangenen Bescheide fehlerhaft bzw. zumindest rechtlich mit erheblichen Zweifeln behaftet.

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2.2 Die Voraussetzungen für den Erlass einer Regelungsverfügung nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG liegen vor. Gemäß § 86b Abs. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs - die Rechtsposition, deren Durchsetzung im Hauptsacheverfahren beabsichtigt ist - sowie des Anordnungsgrunds - die Eilbedürftigkeit der begehrten vorläufigen Regelung - sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 S. 4 SGG, § 920 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO)). Steht dem Antragsteller ein von ihm geltend gemachter Anspruch voraussichtlich zu und ist ihm nicht zuzumuten, den Ausgang des Verfahrens abzuwarten, hat er Anspruch auf die beantragte Leistung im Wege vorläufigen Rechtsschutzes. Zwar sind im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung grundsätzlich die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu prüfen. Ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage jedoch nicht möglich, so ist eine Entscheidung auf der Grundlage einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers einerseits und der öffentlichen Belange des Antragsgegners andererseits vorzunehmen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/06, NVwZ 2005, S. 927 ff [BVerfG 12.05.2005 - 1 BvR 569/05]).

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Hier liegt es so, dass ein Anordnungsanspruch der Antragstellerin ersichtlich gegeben ist: Denn nach der erkennbaren Bestimmung der Umwelt- bzw. "Abwrackprämie", die nicht etwa ausdrücklich gesetzlich benannt sein muss, sondern für die eindeutige Anhaltspunkte - u.a. in Gesetzesmaterialien - ausreichen, dient die Prämie einem eng begrenzten Zweck. Vor allem ist sie nicht - wie die Antragsgegnerin zu Unrecht meint - für denselben Zweck wie SGB II-Leistungen verwendbar. Vgl. SG Magdeburg, NJOZ 2009, 2468:

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"Das heißt, dass es sich bei der Abwrackprämie bereits per definitionem nicht um eine Leistung handeln kann, die im Sinne des SGB II „zur Bestreitung des Lebensunterhalts“ dienen soll, sondern um eine vom SGB II unabhängige Prämie und einer Prämie zur Ankurbelung der Konjunktur und Unterstützung der Automobilindustrie in der derzeitigen Wirtschaftskrise."

18

Nach dem Willen der Bundesregierung (vgl. dazu die Förderrichtlinien) diente und dient die Umwelt- bzw. "Abwrackprämie" vielmehr ausschließlich der Anschaffung eines (bestimmten) Neufahrzeugs bei gleichzeitiger Verschrottung eines (bestimmten) Altfahrzeugs. Damit kommt hier zu Gunsten der Antragstellerin die Ausnahmevorschrift des § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II zum Zuge. Vgl. BSG v. 30.9.2008, NJW 2009, 2330 = LSK 2009, 320085:

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"Nach § 11I 1 SGB II sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen zu berücksichtigen. Eine Ausnahme hiervon regelt § 11III Nr. 1 lit. a SGB II. Danach sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen zweckbestimmte Einnahmen, die die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht mehr gerechtfertigt wären. § 11III Nr. 1 lit. a SGB II soll einerseits bewirken, dass die besondere Zweckbestimmung einer Leistung durch ihre Berücksichtigung im Rahmen des SGB II nicht verfehlt wird. Andererseits soll die Vorschrift ihre Erbringung für einen identischen Zweck, also eine Doppelleistung verhindern (vgl. BVerwGE 45, 157 [160]; BSGE 90, 172 [175] = SozR 3-5910 § 76 Nr. 4, S. 12 m.w. Nachw.). Es kommt demnach darauf an, ob die in Frage stehende Leistung ebenso wie die Leistungen nach dem SGB II der Existenzsicherung des Begünstigten dient."

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Hierbei sei betont, dass im Rahmen von § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II"jedweder Rechtsgrund" für die Einnahme ausreicht (Hohm/Klaus, GK-SGB II, Losebls. / Std.: Okt. 2008, § 11 Rdn. 361). Die erkennbare Zweckbestimmung der Umweltprämie aber würde im Falle ihrer Anrechnung als existenzsicherndes Einkommen vereitelt (BSGE 66, 134 [BSG 11.01.1990 - 7 RAr 128/88]), es käme zu einer Zweckverfehlung der Prämie. Dieser Gesichtspunkt der (engen) Zweckbestimmung der Prämie kann nicht - wie das LSG Nordrhein-Westf. meint - einfach offen gelassen werden. Vgl. Beschl. dieses LSG v. 3.7.2009 - L 20 B 66/09AS - :

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"Dabei lässt der Senat offen, ob die Umweltprämie i.S.d. Vorschrift einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dient. Mit der Richtlinie zur Förderung des Absatzes von Personenkraftwagen hat die Bundesregierung neben umweltpolitischen Zwecken die Absicht verbunden, durch Erleichterung der Anschaffung eines Neu- oder Jahreswagens, welcher eine strenge Abgasnorm ("Euro 4") erfüllt (unter gleichzeitiger Verschrottung eines Altfahrzeuges), die Konjunktur in diesem Wirtschaftsbereich zu beleben."

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Diese Kernfrage ist vielmehr im Sinne einer zweckbestimmten Einnahme und damit im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II zu beantworten (so auch Labrenz in NJW 2009, S. 2245-2249), zumal der Leistende - das gen. Bundesamt - hier ein umfängliches Kontrollrecht und weitreichenden Einfluss auf die Verwendung der Umweltprämie hat (Hohm/Klaus, a.a.O. Rdn. 363 und BSG 66, 134). Der Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen überzeugt daher nicht:

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"Selbst wenn es sich jedoch um eine nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II zweckbestimmte Einnahme handeln sollte, würde bei summarischer Prüfung die Gewährung der Umweltprämie jedoch die Lage ihres Empfängers im Sinne der Vorschrift so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären. Denn mit ihr würden dem Leistungsbezieher erhebliche Geldmittel in mehrfacher Höhe einer monatlichen Regelleistung letztlich für ein (wenn auch längerlebiges und höherwertiges) Verbrauchsgut und damit für den privaten Konsum zur Verfügung gestellt; letzteren hat er jedoch aus den Grundsicherungsleistungen zu bestreiten."

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- LSG Nordrhein-Westf. v. 3.7.2009 - L 20 B 66/09AS -

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Davon, dass die Umweltprämie die Lage des Empfängers insgesamt "so günstig" beeinflusst, dass neben ihr unter dem Gesichtspunkt der Existenzsicherung keine SGB II-Leistungen mehr gerechtfertigt sind, kann gar keine Rede sein. Vgl. dazu Labrenz, NJW 2009, 2245 / 2249:

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"Ein derart „günstiger Einfluss auf die Lage des Empfängers“ ist von vornherein nur dort gegeben, wo entweder die zugewandten Mittel selbst dem Hilfebedürftigen zum Unterhalt zur Verfügung stehen oder die zugewandten Mittel zumindest die Einsparung sonstiger Mittel zur Folge haben, die dem Hilfebedürftigen ihrerseits zum Unterhalt zur Verfügung stehen; nichts davon trifft hier zu: Die Umweltprämie wird insbesondere erst dann ausgezahlt, wenn der Hilfebedürftige eine (Schon-)Vermögensumschichtung vorgenommen hat.

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Unter Wahrung des Art. 3I GG ändern ließe sich die geltende Rechtslage demzufolge nur dahin, dass neben Zuwendungen wie der Umweltprämie künftig auch herkömmliche zweckgebundene Zuwendungen als Einkommen zu berücksichtigen sind - eine solche Änderung des Fürsorgerechts verstieße nun allerdings wieder gegen die staatliche Existenzsicherungspflicht aus Art. 1I i.V. mit Art. 20I GG: Ein Verstoß läge deshalb vor, weil es hiermit zum Prinzip gemacht würde, Einnahmen zu berücksichtigen, die der Hilfebedürftigen infolge ihrer Zweckbestimmung rechtlich nicht zu seiner Unterhaltung einsetzen darf, sondern anderweitig verwenden muss. Verfassungsrechtlich geboten ist indessen, die Hilfebedürftigkeit als „faktisches Merkmal“ auszugestalten."

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Bezüglich der maßgeblichen (engen) Zweckbestimmung der Umweltprämie ist in der einschlägigen "Richtlinie zur Förderung des Absatzes von Personenkraftwagen vom 20. Februar 2009 mit Änderung der Richtlinie vom 17. März 2009 und vom 26. Juni 2009 " (unter www.bafa.de abrufbar) denn auch eindeutig festgelegt, dass Gegenstand der Förderung (vgl. Pkt. 2 der Richtlinie) nur ganz bestimmte Kraftfahrzeuge mit einer festgelegten Schadstoffklasse sein können (2.1 der Förderrichtlinie) und außerdem die Antragsberechtigung beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) im Einzelnen nachzuweisen ist. Die Voraussetzungen einer Förderung sind bezüglich des Alt- wie auch des Neufahrzeugs unter den Pkt. 4.2 und 4.3 der gen. Richtlinie im Einzelnen beschrieben und eingegrenzt. Vgl. dazu die Förderrichtlinien:

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4.2 Voraussetzungen bezüglich des Altfahrzeugs

30

- Bei dem Altfahrzeug muss es sich um einen Personenkraftwagen handeln.

31

- Das Fahrzeug muss nach den Anforderungen der Altfahrzeug-Verordnung einer ordnungsgemäßen Verwertung sowie die Restkarosse einer ordnungsgemäßen weiteren Behandlung in einer Schredderanlage zugeführt werden.

32

- Als Zeitpunkt der Verschrottung gilt das im Verwertungsnachweis für die Überlassung des Fahrzeugs an den Demontagebetrieb aufgeführte Datum.

33

- Die Verschrottung des Fahrzeugs muss zwischen dem 14. Januar 2009 und dem 30.

34

Juni 2010 erfolgen.

35

- Die Erstzulassung muss mindestens neun Jahre vor dem Zeitpunkt der Verschrottung erfolgt sein - spätestens aber neun Jahre vor dem 31. Dezember 2009.

36

- Das Fahrzeug muss - zurückgerechnet vom Zeitpunkt der Verschrottung, spätestens aber zum 31. Dezember 2009 - für die Dauer von mindestens einem Jahr durchgehend auf den Namen des Antragstellers/der Antragstellerin gemäß Nummer 2.2 in Deutschland zugelassen sein.

37

4.3 Voraussetzungen bezüglich des Neufahrzeuges

38

- Bei dem Fahrzeug muss es sich um einen Pkw handeln.

39

- Das Fahrzeug muss hinsichtlich seiner Schadstoffemissionen mindestens die Anforderungen der Emissionsvorschrift Euro 4 gemäß Richtlinie 98/69/EG - Stufe B - oder eine der nachfolgenden Richtlinien erfüllen.

40

- Das Fahrzeug muss im Inland auf den Antragsteller/die Antragstellerin zugelassen sein. Dies gilt auch für Leasingfahrzeuge.

41

- Der Erwerb des Fahrzeugs muss zwischen dem 14. Januar 2009 und dem 31. Dezember 2009 erfolgt sein. Die Zulassung des Fahrzeugs muss zwischen dem 14. Januar 2009 und dem 30. Juni 2010 erfolgt sein.

42

- Das Fahrzeug

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- muss zum ersten Mal zugelassen sein oder

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- darf - zurückgerechnet vom Zeitpunkt der Zulassung auf den Antragsteller/die Antragstellerin - längstens 14 Monate einmalig auf einen Kfz-Hersteller, dessen Vertriebsorganisationen oder dessen Werksangehörigen, einen Kfz-Händler, eine herstellereigene Autobank, ein Automobilvermietungsunternehmen oder eine Automobilleasinggesellschaft zugelassen gewesen sein (Jahreswagen).

45

Werden diese Voraussetzungen nicht erfüllt, so wird die beantragte Umweltprämie, auf die kein Rechtsanspruch besteht, vom gen. Bundesamt, welches die Voraussetzungen prüft, erst gar nicht (nachträglich) ausbezahlt.

46

Um einen Missbrauch - Verwendung der Umweltprämie für andere Zwecke - bei der Beantragung und Gewährung der Umweltprämie auszuschließen, hat der Haushaltsausschuss des Bundestages die Bundesregierung sogar aufgefordert, die Fahrzeugzulassungsverordnung und Altfahrzeugverordnung abzuändern. Vgl. dazu BT-Drs. 16/11825 vom 12. Februar 2009, S. 6:

47

"Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages fordert die Bundesregierung zur Vermeidung von Missbrauch bei der Umweltprämie auf, unverzüglich die Initiative zur Novellierung der Fahrzeugzulassungsverordnung und der Altfahrzeugverordnung zu ergreifen und dabei nachstehende Änderungen zu berücksichtigen, die rückwirkend zum Inkrafttreten der Richtlinie zur Umweltprämie gelten sollen.

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1. Fahrzeugzulassungsverordnung

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In § 15 Absatz 1 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung vom 25. April 2006 (BGBl. I S. 988), die zuletzt durch Artikel … des Gesetzes zur Neuregelung der Kraftfahrzeugsteuer und Änderung anderer Gesetze vom … Februar 2009 (BGBl. I S. …) geändert worden ist, wird nach Satz 2 folgender Satz 3 eingefügt:

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„Wird der Verwertungsnachweis zur Vorlage beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) im Rahmen eines Antrages nach der Richtlinie zur Förderung des Absatzes von Personenkraftwagen vom … Februar 2009 (BAnz…..) benötigt, ist darüber hinaus ein Stempelaufdruck „Verwertungsnachweis lag vor“ auf der Zulassungsbescheinigung Teil II anzubringen und die Zulassungsbescheinigung Teil II durch Abschneiden der unteren linken Ecke zu entwerten.“

51

2. Altfahrzeugverordnung

52

§ 3 Abs. 4 Nr. 5 der AltfahrzeugV in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Juni 2002 (BGBl. I S. 2214), zuletzt geändert durch Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) erhält folgenden Wortlaut:

53

„eine Kopie des Fahrzeugbriefes oder eines vergleichbaren Zulassungsdokumentes nach der Richtlinie 1999/37/EG (ABl. EG Nr. L 138 S. 57) nicht übergeben wird.“

54

Diese Änderungen sind mit der 2. Verordnung zur Änderung der Altfahrzeug-Verordnung zwecks Vermeidung von Missbrauch bei der Umweltprämie auch umgesetzt worden (vgl. BT-Drs. 16/12106 vom 4.3.2009). Danach muss das Original des Fahrzeugbriefes (oder eines vergleichbaren Zulassungsdokumentes) beim gen. Bundesamt abgeliefert werden, um eine anderweitige Verwendung der Prämie sicher auszuschließen.

55

Angesichts solcher Erfordernisse und Voraussetzungen bei der Gewährung der Umwelt- bzw. "Abwrackprämie" kann diese nur als eine zweckbestimmte Einnahme iSv § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II verstanden werden, neben der existenzsichernde SGB II-Leistungen möglich und mit Blick auf Art. 1 Abs. 1 GG auch geboten sind.

56

Unter solchen Voraussetzungen liegt es neben der Sache, wenn die Antragsgegnerin darlegt, der Empfänger der Prämie sei in der Verwendung der Umweltprämie frei (Schr. v. 20.8.2009). Das ist er nicht und sollte er nach dem Sinn und Zweck der aufgezeigten Regelungen auch nicht sein. Das wird hier besonders deutlich, weil die Antragstellerin die Prämie gar nicht ausbezahlt bekommen hat, sondern den Prämienanspruch an die FGA-Bank Germany GmbH - F. Bank - abgetreten hat, die ihrerseits den Anspruch erst beim gen. Bundesamt dann geltend gemacht hat. Die Erfüllung grundlegender anderer Bedarfe iSv des SGB II war und ist somit ausgeschlossen, so dass § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II uneingeschränkt zum Zuge kommt (so zu Recht SG Magdeburg v. 19.4.2009 - S 16 AS 907/09 ER - , NJOZ 2009, 2468 und Labrenz in NJW 2009, S. 2245-2249).

57

3. Ein Anordnungsgrund ist schon deshalb gegeben, weil die Antragstellerin ihre Existenz in der Zeit vom Juni 2009 bis April 2010 - innerhalb des von der Antragsgegnerin aufgrund der Prämie angesetzten Anrechnungszeitraums - ohne SGB II-Leistungen nicht sichern kann. So kann sie ihre bereits Anfang September 2009 fällige Miete ohne SGB II-Leistungen nicht bezahlen (s. Antrag v. 14.8.2009, S. 2).

58

Angesichts der aus Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG iVm Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG abzuleitenden Verantwortung und Pflicht des Staates als einer Solidargemeinschaft, die materiellen Bedingungen einer (tatsächlich) menschenwürdigen Existenz zu sichern (Bachof, VVDStRL 12, 37/42; Dürig, AöR 81, 117/131 ff., Maihofer, Rechtsstaat und menschliche Würde, S. 17 ff.; Neumann, NVwZ 1995, 426. ff.; vgl. Sächs. LSG, Beschluss v. 22.4.2008 - L 2 B 111/08 AS-ER -, NZS 2009, S. 458/459 zu 1 b), ist es im grundrechtlichen Spannungsfeld zu Art. 1 Abs. 1 GG nicht hinnehmbar, wenn einem Hilfebedürftigen das soziokulturelle Minimum vorenthalten wird. Den insoweit angemeldeten Bedenken gegen das SGB II (vgl. Däubler, NZS 2005, 225; Bieback, NZS 2005, 337; Rothkegel, ZFSH/SGB 2005, 391; Brünner in LPK-SGB II, § 20 Rdn. 19 ff.) muss hier nicht nachgegangen werden, da es auf der Hand liegt, dass die Antragstellerin ohne SGB II-Leistungen in den nächsten Monaten nicht in menschlicher Würde so leben kann, wie der Gesetzgeber sich das vorstellt (Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie, Bedarfe des täglichen Lebens, Beziehungen zur Umwelt, Teilnahme am kulturellen Leben, vgl. dazu § 20 Abs. 1 SGB II).

59

Somit ist hier ein Anordnungsgrund gegeben. Vgl. dazu auch LSB Nds-Bremen, Beschl. v. 23.06.2009 - L 7 AS 456/09 B ER - :

60

"Vielmehr ist beim Streit um Arbeitslosengeld II in aller Regel ohne Weiteres ein Anordnungsgrund zu bejahen, weil gerade diese Leistung dazu bestimmt ist, den Lebensunterhalt und ein menschenwürdiges Wohnen zu gewährleisten (ständige Rechtsprechung des Senates)."

61

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog. Der Antragstellerin ist Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Verfahrens zu bewilligen, weil das Verfahren hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 73a SGG in Verbindung mit §§ 114ff. ZPO).