Sozialgericht Lüneburg
Beschl. v. 09.10.2009, Az.: S 12 SF 121/09 E
Angelegenheit; angemessene Gebühr; Angemessenheit; Anwalt; anwaltliche Tätigkeit; Bedeutung; Bemessung; Bemessungskriterium; Bestimmung; Betragsrahmengebühr; Erinnerungsverfahren; Gebühr; Gebührenposition; Gebührenrahmen; Gesamtvergütungsanspruch; Honorar; Höhe; Mittelgebühr; Prozesskostenhilfevergütung; Rahmengebühr; Rechtsanwalt; Rechtsanwaltsvergütung; reformatio in peius; Schwierigkeit; sozialgerichtliches Verfahren; Sozialrecht; sozialversicherungsrechtlicher Bezug; Verböserung; Verfahrensgebühr; Vergütung; Verschlechterungsverbot; überdurchschnittliche Schwierigkeit; Überdurchschnittlichkeit
Bibliographie
- Gericht
- SG Lüneburg
- Datum
- 09.10.2009
- Aktenzeichen
- S 12 SF 121/09 E
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 50532
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs 2 S 1 RVG
- § 14 Abs 1 S 1 RVG
- § 45 Abs 1 RVG
- Nr 3102 RVG-VV
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Zur Höhe der Verfahrensgebühr im Rahmen der Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Vertretung in einem sozialgerichtlichen Verfahren, in dem Betragsrahmengebühren entstehen; ferner zur (hier verneinten) Frage, ob Verfahren mit sozialversicherungsrechtlichem Bezug grundsätzlich überdurchschnittlich schwierig sind (entgegen Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 05. Mai 2009, - L 1 AL 55/08) und schließlich zur reformatio in peius im Erinnerungsverfahren.
Tenor:
Die Erinnerung des Erinnerungsführers vom 08. Mai 2009 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 06. Mai 2009 - S 40 AS 1892/08 - wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anfechtbar.
Gründe
Der Erinnerungsführer macht als beigeordneter Rechtsanwalt einen Anspruch auf Festsetzung einer (höheren) Vergütung aus Prozesskostenhilfemitteln der Staatskasse für Klageverfahren vor dem Sozialgericht Lüneburg geltend, in dem um die Gewährung höherer Kosten für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 01. Oktober 2008 bis zum 31. März 2009 nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) gestritten wurde und das sich durch die Abgabe übereinstimmender Erledigungserklärungen nach einem gerichtlichen Vergleichsvorschlag erledigte. Streitig ist im vorliegenden Erinnerungsverfahren, in welchem Umfang die Verfahrensgebühr zu erstatten ist.
Die Erinnerung bleibt erfolglos.
Der beigeordnete Rechtsanwalt ist im Verfahren über die Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung aus Prozesskostenhilfemitteln (neben der Staatskasse) gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - (RVG)) allein erinnerungsbefugt (vgl. etwa Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, § 56, Rdn. 6); das Rubrum war dementsprechend von Amts wegen zu berichtigen.
Die danach gemäß § 56 Abs. 1 RVG gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 06. Mai 2009 - S 40 AS 1892/08 - ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die aus der Staatskasse zu gewährende Prozesskostenhilfe jedenfalls nicht zu Lasten des Erinnerungsführers zu gering festgesetzt. Die Kammer hält zwar einen Gesamtvergütungsanspruch in Höhe eines Betrages von lediglich 423,05 € für angemessen, ist jedoch an die urkundsbeamtliche Festsetzung in Höhe eines Betrages von 470,65 € wegen des Verbots der reformatio in peius gebunden. Dem kostenrechtlich angemessenen Gesamtvergütungsanspruch liegt dabei eine Verfahrensgebühr in Höhe eines Betrages von 170,00 € (dazu unter 1.) sowie eine Erledigungsgebühr in Höhe eines Betrages von 150,00 € (dazu unter 2.) zugrunde; die übrigen Positionen sind antragsgemäß festsetzbar (dazu unter 3.).
Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch des Erinnerungsführers ist § 45 Abs. 1 RVG. Danach hat der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt in Verfahren vor Gerichten eines Landes Anspruch auf die gesetzliche Vergütung aus der Landeskasse. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - (RVG)) der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein gewisser Toleranzrahmen zusteht. Zwar gilt Satz 4 der Vorschrift nicht, wenn es sich - wie hier - um ein Verfahren handelt, in dem um die Höhe des Prozesskostenhilfevergütungsanspruches gestritten wird, weil die Staatskasse nicht Dritter, sondern Vergütungsschuldner ist. Dennoch findet zu ihren Gunsten eine Billigkeitskontrolle statt (Gerold/Schmidt - Müller-Rabe, RVG, § 55, Rdn. 29). Unbilligkeit liegt vor, wenn er die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12. September 2006, - L 1 B 320/05 SF SK, zitiert nach juris). Dabei ist für jede Rahmengebühr eine eigene Prüfung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG erforderlich. Die unterschiedliche Abgeltung der anwaltlichen Tätigkeit mit unterschiedlichen Gebühren verbietet es, die Bewertung bei einer Rahmengebühr automatisch auf eine andere Rahmengebühr zu übertragen. Dies gilt sowohl für die Verfahrens- und Terminsgebühr (vgl. Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12. September 2006, a. a. O. sowie Keller in jurisPR-SozR 10/2006, Anm. 6) als auch für die der Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr.
Was die Bestimmung der angemessenen Gebühr innerhalb des jeweiligen Gebührenrahmens angeht, entspricht es allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass die Mittelgebühr ein angemessenes Äquivalent für die anwaltliche Tätigkeit in einem in jeder Hinsicht durchschnittlichen Streitverfahren darstellt. Davon ausgehend sind sodann Abschläge für unterdurchschnittliche und Zuschläge für überdurchschnittliche Verfahren vorzunehmen. Dabei kann im Übrigen etwa die Überdurchschnittlichkeit eines Bewertungskriteriums durch die Unterdurchschnittlichkeit anderer Bewertungskriterien kompensiert werden.
1. Danach hat der Erinnerungsführer eine Verfahrensgebühr in Höhe eines Betrages von 170,00 € verdient. Die Verfahrensgebühr war dabei wegen der fehlenden Vorbefassung im Widerspruchsverfahren dem Rahmen der Nr. 3102 des Vergütungsverzeichnisses (VV-RVG) - Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG - zu entnehmen. Der entsprechende Rahmen der Nr. 3102 VV-RVG sieht eine Gebührenspanne von 40,00 € bis 460,00 € vor; die Mittelgebühr beträgt daher 250,00 €. Die Mittelgebühr ist dann kostenrechtlich angemessen, wenn sich die Leistung im Vergleich zur Gesamtheit der sozialgerichtlichen Verfahren in dem jeweils zugrunde liegenden Rechtsgebiet insgesamt als durchschnittlich erweist, sich mithin letztlich als „Normalfall“ abbildet. Die Kammer geht insoweit davon aus, dass - auch und gerade aus der Sicht eines Rechtsanwalts, der nicht Fachanwalt für Sozialrecht ist und daher nicht ausschließlich oder überwiegend sozialrechtliche Mandate bearbeitet - der typische „Normalfall“ im sozialgerichtlichen Verfahren der sozialversicherungs- bzw. sozialrechtliche Durchschnittsfall ist. Denn der jeweils fragliche Gebührenrahmen ist für das Sozialgerichtsverfahren (und nur für dieses!) vorgesehen. Vor diesem Hintergrund sind daher sämtliche Überlegungen und pauschale - von der konkreten Fallgestaltung losgelöste - Allgemeinplätze, wonach Verfahren mit sozialrechtlichem bzw. sozialversicherungsrechtlichem Bezug wegen des erforderlichen besonderen Fachwissens stets besonders schwierig seien, nicht überzeugend und damit unbeachtlich, zumal letztlich in jedem Rechtsgebiet in gewisser Weise ein besonderes Fachwissen oder eine gewisse Spezialisierung erforderlich ist, in die sich jeder Rechtsanwalt, der nicht ausschließlich auf seinem Spezialgebiet tätig ist, einarbeiten muss. Die Kammer wendet sich aus den genannten Gründen auch ausdrücklich gegen die insoweit gegenteilige Auffassung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (vgl. etwa Urteil vom 05. Mai 2009, - L 1 AL 55/08 - zitiert nach juris -, nunmehr bei dem Bundessozialgericht - B 11 AL 14/09 R anhängig).
Bei der Verfahrensgebühr handelt es sich um eine Tätigkeitsgebühr, mit der jede prozessuale Tätigkeit eines Rechtsanwaltes abgegolten wird, für die das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz keine sonstige Gebühr vorsieht. Sie entsteht für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information, und gilt ab u. a. die Prüfung der Schlüssigkeit der Klage oder des Rechtsmittels durch den Rechtsanwalt anhand von Rechtsprechung und Literatur, die im Zusammenhang mit dem gerichtlichen Verfahren notwendigen Besprechungen des Rechtanwalts mit dem Auftraggeber, Dritten, dem Gericht, Sachverständigen sowie Schriftwechsel mit dem Auftrageber, Dritten, Behörden und dem Gericht usw., der sich auf den Prozessstoff bezieht, ferner die Mitwirkung bei der Auswahl und Beschaffung von Beweismitteln, die Sammlung und den Vortrag des aus der Sicht des Rechtsanwalts rechtlich relevanten Stoffs sowie das Anbieten von Beweismitteln (BT-Drucksache 15/1971, S. 210).
Die Kammer teilt unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe zunächst die Einschätzung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, dass es vorliegend gerechtfertigt ist, die Mittelgebühr zu unterschreiten. Die Tätigkeit des Erinnerungsführers bewertet die Kammer mit Blick auf Anzahl und Umfang der eingereichten Schriftsätze und dem damit verbundenen Erörterungsbedarf mit der Klägerin als allenfalls durchschnittlich. Die objektiv erkennbare Tätigkeit des Erinnerungsführers bestand im Wesentlichen in der Erhebung der Klage nebst der Einreichung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und der dazugehörigen Anlagen, im Verfassen einer dreiseitigen Klageschrift sowie der Erklärung der Annahme des gerichtlichen Vergleichsvorschlags. Der Klageschriftsatz enthielt dabei im Wesentlichen die Wiedergabe des überschaubaren Sachverhaltes sowie knappe rechtliche Erwägungen zur Frage, in welcher Höhe die Kosten der Unterkunft und Heizung nach den Bestimmungen des SGB II übernahmefähig sind. Demgegenüber sind weitere - zeitintensivere - Tätigkeiten, wie etwa das Lesen und eingehende Auswerten von medizinischen Gutachten, das Verfassen von Schriftsätzen, die sich mit komplexen tatsächlichen oder rechtlichen Fragen auseinandersetzen, die Sichtung und Auswertung von Rechtsprechung, die den Rückschluss auf einen erheblichen Zeit- und Arbeitsaufwand zulassen, nicht angefallen bzw. nicht belegt. Gleiches gilt für etwa erforderlich gewordene umfangreiche Besprechungstermine mit dem Mandanten oder umfangreichen weiteren Schriftwechsel. Ferner ist auch zu berücksichtigen, dass die Verfahrensdauer allenfalls durchschnittlich war (von der Klageerhebung am 20. November 2008 bis zur Erledigung des Rechtsstreits am 21. April 2009 war das Verfahren noch nicht einmal sechs Monate anhängig) und eingehende Repliken nicht zu fertigen waren. Insoweit erscheint es - auch mit Blick auf den Aktenumfang - gerechtfertigt, von einer allenfalls durchschnittlich umfangreichen anwaltlichen Tätigkeit auszugehen. Die Schwierigkeit des Verfahrens im materiellen Recht erwies sich als durchschnittlich, weil jedenfalls komplexe rechtliche Fragestellungen nicht zu erörtern waren bzw. von dem Erinnerungsführer nicht erörtert worden sind.
Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse bewertet die Kammer als deutlich unterdurchschnittlich: Sie orientieren sich an dem Durchschnittseinkommen der Gesamtbevölkerung. Bessere wirtschaftliche Verhältnisse rechtfertigen demgemäß eine höhere Vergütung, eine schlechtere Einkommens- und Vermögenssituation des Auftraggebers bedingt eine geringere Vergütung. Für die gleiche Leistung hat deshalb ein wirtschaftlich besser ausgestatteter Mandant eine höhere Vergütung zu entrichten als ein wenig bemittelter Auftraggeber (vgl. etwa Gerold/Schmidt - Mayer, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, § 14, Rdn. 18). Daher liegt es - auch im Rahmen der Festsetzung des Gesamtvergütungsanspruches aus Prozesskostenhilfemitteln - auf der Hand und bedarf keiner näheren Ausführungen, dass sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der von dem Erinnerungsführer vertretenen Klägerin als Bezieherin von Leistungen nach den Bestimmungen des SGB II als deutlich unterdurchschnittlich darstellen.
Die Bedeutung der Angelegenheit für die Mandantin des Erinnerungsführers ist als unterdurchschnittlich zu bewerten. Bei der Beurteilung der Bedeutung der Angelegenheit ist auf das unmittelbare Ziel der anwaltlichen Tätigkeit, d. h. auf die Interessen des Auftraggebers, insbesondere die Auswirkungen der begehrten Entscheidung auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Auftraggebers abzustellen. Mittelbare Auswirkungen oder Fernwirkungen des anwaltlichen Handels sind nicht zu berücksichtigen. Einem Streit um die Frage, ob eine Klägerin geringfügig höhere Kosten der Unterkunft und Heizung für einen Sechs-Monats-Zeitraum, begehren kann, kommt im Vergleich zu Verfahren, in denen um die gänzliche Versagung existenzsichernder Leistungen für mehrere Monate oder Jahre oder um die Gewährung von Dauerrentenleistungen gestritten wird, eine nur unterdurchschnittliche Bedeutung zu, zumal die Existenz der Klägerin im hiesigen Streitzeitraum weitgehend sichergestellt war. Das Haftungsrisiko erweist sich dementsprechend als allenfalls durchschnittlich; jedenfalls ist für ein besonderes Haftungsrisiko nichts ersichtlich.
Damit rechtfertigen der allenfalls durchschnittliche Umfang und die durchschnittliche Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die unterdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit, die deutlich unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Mandantin des Erinnerungsführers und das allenfalls durchschnittliche Haftungsrisiko des Erinnerungsführers die Zuerkennung einer Verfahrensgebühr unterhalb der Mittelgebühr, wobei die Kammer - in Übereinstimmung mit der Auffassung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle - einen Betrag in Höhe von 170,00 € für angemessen hält. Der darüber hinausgehend geltend gemachte Betrag in Höhe von 250,00 € ist - auch unter Berücksichtigung eines gewissen Toleranzrahmens - erkennbar unbillig und ist daher nicht verbindlich.
2. Entgegen der Auffassung des Erinnerungsführers und des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ist die geltend gemachte Erledigungsgebühr nach Nr. 1005/1006 VV-RVG lediglich in Höhe eines Betrages von 150,00 € kostenrechtlich angemessen. Diese ergibt sich aus einem Betragsrahmen zwischen 30,00 € und 350,00 €; die Mittelgebühr beträgt insoweit 190,00 €. Die Mittelgebühr ist dann angemessen, wenn Umfang und Schwierigkeit der Einigung, die Bedeutung, das Haftungsrisiko und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse in jeder Hinsicht durchschnittlicher Natur sind, wobei auch insoweit Kompensationsmöglichkeiten bestehen. Nach Auffassung der Kammer erweisen sich Umfang und Schwierigkeit der Einigung als gerade noch durchschnittlich. Von einem überdurchschnittlichen Umfang und überdurchschnittlicher Schwierigkeit könnte nur bei einer weit überwiegend durch den Rechtsanwalt erbrachten Arbeitsleistung bezüglich des Vergleichstextes ausgegangen werden oder dann, wenn sich der Kontakt zum Mandanten oder die Einwirkung auf den Mandanten als besonders schwierig erweist. Hierfür gibt es indes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde der Inhalt des Vergleichs vom Gericht erarbeitet und den Beteiligten zur Verfügung gestellt. Von dem Vergleichsangebot des Gerichts abweichende Inhalte haben die Beteiligten schließlich nicht vereinbart. Im Übrigen beschränkte sich der Inhalt des Vergleiches im Wesentlichen auf die Gewährung eines geringfügig höheren Zahlbetrages für einen Sechs-Monats-Zeitraum, in dem die (übrigen) existenzsichernden Leistungen sichergestellt waren. Die relevante anwaltliche Tätigkeit (Einwirkung auf die Klägerin, das Angebot anzunehmen und den Rechtsstreit zu erledigen) entspricht damit insgesamt noch einem durchschnittlichen Aufwand bei der Erledigungsgebühr.
Ausgehend von durchschnittlichem Umfang und durchschnittlicher Schwierigkeit der Prüfung des gerichtlich vorgeschlagenen Vergleiches, der unterdurchschnittlichen Bedeutung, dem allenfalls durchschnittlichen Haftungsrisiko und den unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Klägerin ist ein Betrag zugrunde zu legen, der unterhalb der Mittelgebühr in Höhe eines Betrages von 150,00 € anzusetzen ist; der von dem Erinnerungsführer begehrte Betrag in Höhe der Mittelgebühr ist demgegenüber - auch unter Berücksichtigung eines gewissen Toleranzrahmens - unbillig und daher nicht verbindlich.
3. Da die Höhe der übrigen Gebührenpositionen zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht, berechnet sich die aus der Staatskasse zu gewährende Prozesskostenhilfevergütung wie folgt:
Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3102 VV-RVG
170,00 €
Einigungsgebühr gemäß Nr. 1005/1006 VV-RVG
150,00 €
Fotokopiekosten gemäß Nr. 7000 VV-RVG
15,50 €
Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV-RVG
20,00 €
19 % Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV-RVG
67,55 €
Summe
423,05 €
Weil dem Erinnerungsführer damit jedenfalls kein höherer Gesamtvergütungsanspruch zusteht, war seine Erinnerung zurückzuweisen.
4. Die Kammer sieht sich im Übrigen trotz des auch im Erinnerungsverfahren geltenden Verbots der reformatio in peius nicht daran gehindert, einzelne (bereits festgesetzte) Gebührenpositionen zu Lasten des Erinnerungsführers abzuändern, weil sich das Verschlechterungsverbot allein auf die Festsetzung des Gesamtvergütungsanspruches bezieht und eine Begrenzung des Streitgegenstandes auf einzelne Gebührenpositionen damit unzulässig ist.
5. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 56 Abs. 2 S. 3 RVG; die Erinnerungsentscheidung ergeht gemäß § 56 Abs. 2 S. 2 RVG gerichtskostenfrei.
6. Die Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anfechtbar, weil das Normengefüge der §§ 172 ff. SGG den Normen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes vorgeht (vgl. hierzu: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 06. März 2009, - L 8 SF 1/09 B sowie zur fehlenden Beschwerdemöglichkeit bei Entscheidungen über die Prozesskostenhilfevergütung: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28. Dezember 2006, - L 8 B 4/06 SO SF, Beschluss vom 17. Oktober 2008, - L 13 B 4/08 SF sowie Beschluss vom 09. Juni 2009, - L 13 B 1/08 SF mit zahlreichen weiteren Nachweisen).