Sozialgericht Lüneburg
Beschl. v. 19.05.2009, Az.: S 79 AS 703/09 ER

Energiekosten; Rückstand; Schulden; einstweilige Anordnung; einstweiliger Rechtsschutz; Liefersperre; Wohnungslosigkeit; drohende Wohnungslosigkeit; Energiesperre; Heizkostennachzahlung; Stromkosten; Nachforderung; Notlage; Stromschulden; Darlehen; Ermessen; atypischer Fall; Folgenabwägung

Bibliographie

Gericht
SG Lüneburg
Datum
19.05.2009
Aktenzeichen
S 79 AS 703/09 ER
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2009, 50464
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der Antragsgegner wird verpflichtet, über den durch Anerkenntnis übernommenen Betrag von 285,36 € hinaus den Antragstellern umgehend ein Darlehen in Höhe von 1.578,91 € zur sofortigen Tilgung der bei der S Energie GmbH entstandenen Energiekostenrückstände (Kundennummer…) zwecks Abwendung einer Energiesperre zu gewähren, und zwar durch sofortige Überweisung unmittelbar an den genannten Energieversorger.

Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller.

Gründe

1

Die Antragsteller erstreben vorläufigen Rechtsschutz hinsichtlich einer - seitens der S Energie GmbH mehrfach angekündigten - Liefersperre wegen Zahlungsrückständen.

2

Sie bewohnen zusammen mit ihrer 1996 geborenen Tochter L ein Haus in y mit einer Größe von 120 qm (tatsächliche Kosten: 587,36 €) und erhalten derzeit unter Berücksichtigung eines Einkommens- und Kindergeldüberhanges Leistungen zum Lebensunterhalt (für die Zeit vom 1.5.2009 bis 30.6.2009) in Höhe von 470,64 € (vgl. Bescheid vom 3. April 2009). Mit der Jahresabrechnung vom 4. Februar 2009 war den Antragstellern von der S Energie GmbH ein Gesamtrückstand von 1.296,89 € in Rechnung gestellt worden, der bis zum 20. Februar 2009 auszugleichen war. Am 9. und 11. März 2009 beantragten sie beim Antragsgegner hierfür die Gewährung eines Darlehens. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner durch seine Bescheide vom 9. und vom 11. März 2009 mit der Begründung ab, es drohe zwar eine der Wohnungslosigkeit vergleichbare Notlage, jedoch sei die Wohnung unangemessen groß, so dass die Übernahme von Gas-, Wasser- und Abwasserrückständen nicht gerechtfertigt sei.

3

Dagegen erhoben die Antragsteller mit der Begründung Widerspruch, sie könnten allenfalls Raten in Höhe von 50,- € mtl. zahlen, nicht aber - wie vom Energieversorgungsunternehmen mit Schreiben vom 26. Februar 2009 gefordert und festgelegt - solche in einer Höhe von 304,- €, die zur Tilgung der gesamten Forderung binnen 6 Monate führten.

4

Im März beantragten die Antragsteller sodann die Übernahme von Umzugskosten gem. § 22 Abs. 3 SGB II für eine neue Wohnung in B, die zum 1. Juli 2009 beziehbar ist. Durch Bescheid des Antragsgegners vom 3. April 2009 wurde diesem Antrag unter Hinweis auf die Angemessenheit der dortigen Wohnung stattgegeben.

5

Am 15. April 2009 mahnte das gen. Versorgungsunternehmen die Zahlung der Rückstände unter Androhung einer Liefersperre an. Auf einen Stundungsantrag gewährte das Energieversorgungsunternehmen unter Einrechnung der festgesetzten, aber noch ausstehenden Raten (Gesamtbetrag somit 1.961,78 €) eine Fristverlängerung zunächst bis zum 8. Mai 2009, danach - wegen dieses Verfahrens - nochmals bis zum 22. Mai 2009.

6

Mitte Mai 2009 haben die Antragsteller beim Amtsgericht x unter Verweis auf die Unverhältnismäßigkeit einer Energiesperre Prozesskostenhilfe für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und hierbei auf Schriftverkehr verwiesen, auf den Bezug genommen wird.

7

Die Antragsteller haben am 7. Mai 2009 bei der Kammer um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht, u. zw. mit der Begründung, die Bedarfsgemeinschaft sei nicht in der Lage, die aufgelaufenen Rückstände zu bezahlen - vor allem nicht in Raten von 304,- € mtl, so wie das vom Energieversorgungsunternehmen verlangt werde. Es liege eine der Wohnungslosigkeit vergleichbare Notlage vor, bei der u.a. auch das Kind der Antragsteller zu berücksichtigen sei. Eine Sperrung würde zu gravierenden Nachteilen führen, die es zu vermeiden gelte. Somit lägen Anordnungsgrund und -anspruch vor.

8

Der Antragsgegner tritt dem Antrag unter Hinweis darauf entgegen, dass die Antragsteller eine unangemessen große Wohnung bewohnten, da ihnen nur eine solche von 75 qm (ab 1.8.2008) zuzubilligen sei. Die angemessenen Heizkosten für das Abrechnungsjahr 2008 beliefen sich aber nur auf 908,02 € abzüglich geleisteter Abschläge, so dass nur eine Nachzahlung von 285,36 € in Rede stehe. Zudem stehe hier ohnehin ein Umzug in eine neue Unterkunft in B für Ende Juni 2009 an. Es sei nicht gerechtfertigt, unter solchen Umständen noch die zu große und zu teuere Wohnung aus Steuermitteln zu finanzieren. Somit bestünde auch kein Anspruch auf Übernahme der Energieschulden gem. § 22 Abs. 5 SGB II. Zudem seien Energieversorger unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht berechtigt, ein Zurückbehaltungsrecht auszuüben und eine Energiesperre zu verhängen.

9

Der Antrag hat Erfolg.

10

Der Antrag hat auch insoweit Erfolg, als es - nach dem angenommenen Anerkenntnis des Antragsgegners bezüglich einer Heizkostennachzahlung von 285,36 € - noch um den Differenzbetrag von 1.578,91 € geht.

11

Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis einstweilige Anordnungen erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile "nötig" erscheint. Das ist hier angesichts von Art. 19 Abs. 4 GG der Fall.

12

Steht dem Antragsteller ein geltend gemachter Anspruch zu und ist ihm nicht zuzumuten, den Ausgang eines Hauptsacheverfahrens noch abzuwarten, so hat der Antragsteller Anspruch auf die begehrte Leistung im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes - bei Unüberschaubarkeit der Sach- und Rechtslage aufgrund einer Folgenabwägung (LSG Nds.-Bremen, Beschl. v. 2.10.2008 - L 7 AS 463/08 ER - ; BVerfG NVwZ 2005, 927 f. [BVerfG 12.05.2005 - 1 BvR 569/05]). Im Rahmen solcher Folgenabwägung ist unter Berücksichtigung der Grundrechte (Art. 1 GG, Menschenwürde) und sämtlicher Belange des Rechtsschutzsuchenden zu entscheiden. Jedenfalls eine Versagung und Abweisung des gerichtlich erstrebten vorläufigen Rechtsschutzes hätte sich stets auf eine eingehende Aufklärung der Sach- und Rechtslage zu stützen. Vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.2.2009 - 1 BvR 120/09 - :

13

"Art. 19 Abs. 4 GG verlangt auch bei Vornahmesachen jedenfalls dann vorläufigen Rechtsschutz, wenn ohne ihn schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfGE 79, 69 [BVerfG 25.10.1988 - 2 BvR 745/88] <74>; 94, 166 <216>). Die Gerichte sind, wenn sie ihre Entscheidung nicht an einer Abwägung der widerstreitenden Interessen, sondern an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientieren, in solchen Fällen gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gehalten, die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes auf eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage zu stützen. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen. Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern (vgl. BVerfGK 5, 237 <242 f.>)."

14

Ein Anordnungsanspruch ergibt sich hier unter Berücksichtigung von Art. 19 Abs. 4 GG aus Art. 1 GG iVm § 22 Abs. 5 SGB II. Er ist glaubhaft gemacht, wenn das Gericht aufgrund einer vorläufigen, summarischen Prüfung, für die der Sachverhalt unter Berücksichtigung der Eilbedürftigkeit des Rechtsschutzbegehrens von Amts wegen zu klären ist, zu der Überzeugung gelangt, dass eine Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass den Antragstellern ein Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung zusteht und sie deshalb in einem Hauptsacheverfahren mit dem gleichen Begehren - soweit überschaubar - voraussichtlich Erfolg haben würden. Hierfür spricht Einiges in dem Sinne, dass ein solcher Erfolg jedenfalls möglich erscheint.

15

Davon abgesehen hat jedoch vor allem und ganz besonders Gewicht, dass eine die Würde des Menschen (Art. 1 GG) beeinträchtigende, der Wohnungslosigkeit gleichkommende Notlage, die hier offenbar auch der Antragsgegner vorbehaltlos anerkennt, nach der gen. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht einmal "zeitweilig" hingenommen werden kann und zu akzeptieren ist. Denn es geht um unveräußerliche Grund- und Menschenrechte. Somit kann auch eine 4- bis 6-wöchige Notlage, wie sie hier in Rede steht, nicht einfach nur auf sich beruhen.

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Nach § 22 Abs. 5 SGB II können im Lichte des Art. 1 GG, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, Energiekostenrückstände übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen gem. § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II regelmäßig übernommen werden, wenn das gerechtfertigt und notwendig ist und andernfalls eine - in einem Sozialstaat nicht hinnehmbare - Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Hierunter fällt auch die Übernahme von Energiekostenrückständen (vgl. Berlit in LPK - SGB II, Rdnr. 116 zu § 22). Vgl. dazu LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 12.12.2008 - L 7 B 384/08 AS - :

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"Die Antragsteller haben bezüglich der Stromkostennachforderung einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Ein Anspruch der Antragsteller auf Gewährung eines Darlehns bezüglich der Stromkostennachforderung der S AG vom 10.06.2008 in Höhe von 878,32 Euro für den Zeitraum vom 25.05.2007 bis 27.05.2008 ergibt sich aus § 22 Abs. 5 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Danach können, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden. Mit der in § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II genannten Behebung einer vergleichbaren Notlage sind solche Konstellationen angesprochen, die mit der Gefährdung der Sicherung der Unterkunft vergleichbar sind. Insbesondere in Form von Energiekostenrückständen kommt eine Behebung einer der drohenden Wohnungslosigkeit vergleichbaren Notlage in Betracht. Weiterhin können auch Kosten, die in der Regelleistung enthalten sind, insbesondere Stromschulden, eine vergleichbare Notlage auslösen. Dies gilt vor allem dann, wenn eine andere Entscheidung dazu führen würde, dass die Wohnung unbewohnbar würde (vgl. Lang/Link in Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, 2. Auflage 2008, § 22 Rn. 105/106)."

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Die bei der Ermessensentscheidung im Rahmen einer umfassenden Gesamtschau der Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigenden Umstände, wie Höhe der Rückstände, ihre Ursachen, die Zusammensetzung des von der eventuellen Energiesperre bedrohten Personenkreises und die Möglichkeiten sowie die Zumutbarkeit einer anderweitigen Energieversorgung (ggf. Wechsel des Energielieferanten), das in der Vergangenheit gezeigte Verhalten, insbesondere Bemühungen, das Verbrauchsverhalten einzuschränken bzw. angemessen anzupassen und ein Selbsthilfewillen (vgl. hierzu Berlit LPK - SGB II Rdnr. 118 zu § 22 SGB II) können im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes noch nicht derart umfassend wie in einem Verfahren der Hauptsache geprüft und geklärt werden. Auch die Frage der Angemessenheit der Wohnung und der Heizkosten ist in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zurückzustellen.

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Ein sozialwidriges, unwirtschaftliches und die Möglichkeiten der Selbsthilfe ignorierendes Verhalten, welches das Ermessen der Antragsgegnerin prägen könnte, kommt hier nicht in Betracht (vgl. SG Hannover v. 19.12.2005 - S 51 SO 741/05 ER). Vielmehr ist es so, dass die Antragsteller die offenbar einseitig - ohne einvernehmliche Vereinbarung mit den Antragstellern - festgelegten Abschläge des Energieversorgungsunternehmens nicht haben zahlen können, sie sich aber dort doch um eine für sie tragbare Ratenzahlung bemüht haben. Außerdem haben sie sich erfolgreich um eine neue, angemessene Wohnung in B bemüht, um ihre Kosten für die Zukunft abzusenken und so dem Entstehen erneuter Rückstände vorzubeugen und ihnen zu entgehen. Ein sozialwidriges, unwirtschaftliches Verhalten der Antragsteller hat hier somit außer Betracht zu bleiben - zumal es vom Träger der Leistung nachzuweisen wäre (LSG Nds.-Bremen, Beschl. v. 2.10.2008 - L 7 AS 463/08 ER - ). Derartige Fragen sind letztlich aber auch dem Verfahren der Hauptsache vorzubehalten. Vgl. dazu LSG Nordrhein-Westf. v. 12.12.2008 - L 7 B 384/08 AS - :

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"Ob das Auflaufen der Stromschulden und der damit verbundenen drohenden Stromsperrung, wie die Antragsgegnerin im Schreiben vom 26.09.2008 ausgeführt hat, dadurch verursacht worden ist, dass die Antragsteller trotz wiederholter und eindeutiger Hinweise einer Begleichung ihrer eigenen Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen sind und sich die Antragsteller ein sozialwidriges Verhalten vorhalten müssen, so dass eine Übernahme der Schulden als Darlehn nicht gerechtfertigt ist, muss unter Berücksichtigung der existentiellen Bedeutung des Wohnraums dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Dort ist auch abzuklären, ob die Antragsteller ihre Selbsthilfemöglichkeiten nicht ausschöpfen."

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Soweit der Antragsgegner auf die Unverhältnismäßigkeit eines Zurückbehaltungsrechtes der S Energie GmbH und die Unrechtmäßigkeit einer Energiesperre verweist (Schr. v. 13.5.2009) und als milderes Mittel hier den Einbau eines Münzzählers für geboten hält, so dass es zu einer Wohnungslosigkeit der Antragsteller nicht komme, ist für das vorliegende Verfahren jedenfalls davon auszugehen, dass das von den Antragstellern angerufene Amtsgericht x den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach Auskunft der Antragsteller nicht für geboten hält und dort offenbar allenfalls der Einbau eines Münzzählers gegen Vorkasse der Antragsteller in Betracht gezogen worden ist (Auskunft der Antragsteller v. 19.5.2009). Derartiges ist den Antragstellern jedoch angesichts ihrer gesamten wirtschaftlichen Lage nicht zuzumuten, da ihnen die Mittel für eine Vorkassenleistung fehlen. Im Übrigen sind Energieversorgungsunternehmen nach der zivilrechtlichen Praxis und Rechtsprechung berechtigt, die Versorgung aufgrund älterer Zahlungsrückstände in jedem Falle einzustellen - u.zw. unabhängig vom Einbau eines Münzzählers, der nicht etwa zuvor als "milderes Mittel" zum Einsatz gekommen sein muss (vgl. AG Oldenburg, Urteil v. 22.4.2008, Az. 22 C 930/07; AG Erkelenz, Urteil v. 11.5.2006 - Az. 8 C 136/06; LG Aachen, Urteil v. 13.4.1988 - Az. 7 S 25/88; AG Wuppertal, Urteil v. 1.12.2005 - Az. 30 C 458/05). Die Auffassung des Antragsgegners steht somit im Widerspruch zur zivilrechtlichen Rechtsprechung.

22

Im vorliegenden Fall ist das Ermessen des Antragsgegners daher auf die Gewährung des im Tenor genannten Darlehens reduziert: Denn das Ermessen des Leistungsträgers nach § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II ist - jedenfalls soweit Wohnungslosigkeit bzw. eine der Wohnungslosigkeit doch sehr nahe kommende Notlage durch Verlust der Energieversorgung droht - unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Wertungen dahingehend sehr stark eingeschränkt, dass der Leistungsträger in der Regel auch entsprechende Energiekostenrückstände zu übernehmen hat und lediglich noch in atypischen Fällen nach seinem Ermessen hiervon abweichen kann (vgl. Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 11.12.2007 - L 28 B 2169/07 AS ER - vgl. JURIS). Eine Differenzierung zwischen einmaligen und laufenden Leistungen erfolgt jedenfalls nicht, auch Nachzahlungen für abgelaufene Heizperioden - wie hier - werden erfasst. Eine erhebliche Einschränkung des behördlichen Ermessens ergibt sich hier zusätzlich daraus, dass zur Bedarfsgemeinschaft ein minderjähriges Mitglied (die Tochter der Antragsteller) zählt, das besonders schutzbedürftig sind (Art. 6 GG, vgl. den o.g. Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 11.12.2007). Weitere Anhaltspunkte für einen etwa zu Lasten der Antragsteller anzunehmenden atypischen Fall liegen nicht vor und sind nicht ersichtlich.

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Somit ist der Antragsgegner unter Beachtung des Gebotes eines effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) sowie des Folgenabwägungsgebotes noch insoweit zur Gewährung und Zahlung eines Darlehens zu verpflichten, wie er den Anspruch der Antragsteller nicht anerkannt hat, also in Höhe des derzeit noch offenen Differenzbetrages von 1.578,91 €. Dieser Betrag ist daher über das abgegebene Anerkenntnis hinaus vom Antragsgegner darlehensweise zu übernehmen und unmittelbar an die S Energie GmbH zu zahlen. Denn es geht derzeit - unter Beachtung des verfassungsrechtlichen Gebotes eines effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) - zunächst einmal darum, die nachhaltig angekündigte und nur mit Rücksicht auf das vorliegende Verfahren aufgeschobene Liefersperre durch Zahlung der in Rechnung gestellten Zahlungsrückstände umgehend zu unterbinden.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.