Sozialgericht Stade
Beschl. v. 04.05.2009, Az.: S 34 SF 71/08

Anfall einer fiktiven Terminsgebühr im Verfahren einer Untätigkeitsklage; Anfall einer Erledigungsgebühr im Verfahren einer Untätigkeitsklage

Bibliographie

Gericht
SG Stade
Datum
04.05.2009
Aktenzeichen
S 34 SF 71/08
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2009, 19078
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGSTADE:2009:0504.S34SF71.08.0A

Redaktioneller Leitsatz

Die Entstehung einer fiktiven Terminsgebühr nach der Nr. 3106 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz kommt nicht in Betracht, soweit das gerichtliche Verfahren einer Untätigkeitsklage durch Erlass des begehrten Bescheids und der Abgabe einer Erledigungserklärung des Klägers endet. Eine Beendigung des Verfahrens durch Annahme eines abgegebenen Anerkenntnisses im Sinne von § 101 Abs. 2 SGG ist damit ausgeschlossen.

Tenor:

Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18. März 2008 wird zurückgewiesen.

Gründe

1

I

Streitig ist die Höhe erstattungsfähiger Rechtsanwaltsgebühren.

2

Im zugrundeliegenden Klagverfahren erhob die Klägerin eine Untätigkeitsklage gemäß § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Nach Erlass des begehrten Widerspruchsbescheids erklärte sie mit Schriftsatz vom 8. Mai 2007 das Verfahren für erledigt.

3

Mit Beschluss vom 18. März 2008 setzte der zuständige Urkundsbeamte die dafür von der Beklagten zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 172,55 EUR fest. Er erkannte dabei eine Verfahrensgebühr (hälftige Mittelgebühr) sowie eine Auslagenpauschale zzgl Umsatzsteuer an. Den Ansatz einer Termins- bzw. einer Erledigungsgebühr lehnte er ab.

4

Hiergegen richtet sich die Erinnerung der Klägerin. Sie ist der Auffassung, dass die Beklagte eine Terminsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren schriftlich anerkannt habe und eine solche vom zuständigen Urkundsbeamten hätte festgesetzt werden müssen. Auch eine Erledigungsgebühr sei dem Grunde nach entstanden, wie sich aus der Rechtsprechung der Sozialgerichte Aachen und Mannheim ergebe.

5

Der Urkundsbeamte hat der Erinnerung nicht abgeholfen.

6

II

Die zulässige Erinnerung ist unbegründet. Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18. März 2008 ist nicht zu beanstanden.

7

1.

Im zurückliegenden Klagverfahren ist keine fiktive Terminsgebühr angefallen.

8

Nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) entsteht nach der Nr. 3106 eine solche Gebühr u.a. dann, wenn das Verfahren nach einem angenommenen Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. So endet nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut in § 88 Abs. 1 Satz 3 SGG das gerichtliche Verfahren einer Untätigkeitsklage durch Erlass des begehrten Bescheids und der Abgabe einer Erledigungserklärung des Klägers. Damit ist prozessrechtlich eine Beendigung des Verfahrens durch Annahme eines abgegebenen Anerkenntnisses i.S. von § 101 Abs. 2 SGG ausgeschlossen (so im Ergebnis ebenfalls LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. Mai 2008 - 19 B 24/08 AS - m.w.N.). Entsprechend ist die Klägerin auch vorgegangen: Sie hat mit Schriftsatz vom 8. Mai 2007 gegenüber dem Gericht erklärt, dass die Beklagte zwischenzeitlich einen Leistungsbescheid erlassen habe und entsprechend die Untätigkeitsklage erledigt sei. Die Annahme eines von der Beklagten prozessual nicht erklärten Anerkenntnisses kann hierin nicht erblickt werden (vgl zur Auslegung einer Erledigungserklärung BSG, Urteil vom 20. Dezember 1995 - 6 RKa 18/95).

9

Weiter hat die Beklagte hier die Festsetzung einer fiktiven Terminsgebühr auch nicht dem Grunde nach anerkannt. Mit Schriftsatz vom 23. Mai 2007 hat sie vielmehr ausdrücklich erklärt, die der Klägerin entstandenen Rechtsanwaltskosten allenfalls in Höhe der später festgesetzten 172,55 EUR zu erstatten; im Übrigen hat sie auf die Möglichkeit der Kostenfestsetzung durch das Sozialgericht verwiesen. Nach Wortlaut und Sinnzusammenhang kann diese Erklärung nur als abschließend hinsichtlich des von der Klägerin geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs verstanden werden.

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2.

Auch eine Erledigungsgebühr nach der Nr. 1005 VV RVG ist nicht angefallen.

11

Eine solche Gebühr entsteht bei einer Einigung oder Erledigung sozialrechtlicher Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen. Nach der Rechtsprechung des BSG setzt die Gebühr dabei eine qualifizierte anwaltliche Mitwirkung bei der Erledigung der Rechtssache voraus (vgl hierzu BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 1 KR 13/06 R) Gemeint ist damit, dass der Rechtsanwalt in einer Weise tätig wird, die über die allgemeine Wahrnehmung verfahrensmäßiger bzw. rechtlicher Interessen für seinen Mandanten hinausgeht und damit erst eine Entstehung neben den in anderen Teilen bestimmten Gebühren rechtfertigt. Vorliegend hat der Rechtsanwalt der Klägerin aber nach Einreichung der Untätigkeitsklage lediglich noch im Schriftsatz vom 8. Mai 2007 mitgeteilt, dass die Beklagte zwischenzeitlich einen Leistungsbescheid erlassen habe und die Untätigkeitsklage damit erledigt sei. Eine gesonderte qualifizierte anwaltliche Mitwirkung an der Erledigung dieses Verfahrens, die über die Klagerhebung hinausgeht, ist damit weder ersichtlich noch vorgetragen.

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Nach allem hat der zuständige Urkundsbeamte die der Klägerin zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren zu Recht in Höhe von 172,55 EUR festgesetzt.

13

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 197 Abs. 2 SGG).