Sozialgericht Stade
Urt. v. 12.10.2009, Az.: S 21 VI 288/03
Anspruch eines an Diabetes Mellitus Erkrankten mit einem Schweregrad von fünfzig vom Hundert und dem Merkzeichen "H" auf Gewährung einer Ausgleichsrente für jugendliche Schwerbeschädigte; Begriff der Bedürftigkeit im Hinblick auf die wirtschaftliche Rechtfertigung der Gewährung einer Ausgleichsrente für einen sozialhilfebedürftigen jugendlichen Schwerbeschädigten
Bibliographie
- Gericht
- SG Stade
- Datum
- 12.10.2009
- Aktenzeichen
- S 21 VI 288/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 26975
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGSTADE:2009:1012.S21VI288.03.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Stade - AZ: S 21 VI 288/03
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs. 2 S. 1 BVG
- § 32 Abs. 1 BVG
- § 34 BVG
Tenor:
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom November 2002, der Klägerin zugegangen am 5. November 2002, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. März 2003 verpflichtet, der Klägerin für die Zeit des Sozialhilfebezugs vom 27. August 1998 bis 31. August 2003 Ausgleichsrente gemäß § 34 BVG in gesetzlicher Höhe zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Ausgleichsrente für jugendliche Schwerbe-schädigte gem § 34 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) von der Beklagten.
Bei der Klägerin, geboren am 14. Oktober 1992, wurde im Jahr 1995 ein insulinpflichtiger Diabetes Mellitus Typ 1 festgestellt. Diese Erkrankung ist im Ergebnis eines langjährigen Gerichtsverfahrens als Impfschaden anerkannt. Bei der Klägerin ist ein Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 50 v.H. sowie das Merkzeichen "H" anerkannt. Sie bezieht seit dem 1. August 1995 eine Grundrente sowie eine Pflegezulage.
Die Eltern der Klägerin leben seit 1997 in Scheidung. Die Mutter der Klägerin bezog vom 27. August 1998 bis zum 31. Dezember 2004 Sozialhilfeleistungen nach dem BSHG und ab Januar 2005 bis 31. März 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II (Hartz IV). Der Kindsvater der Klägerin erzielt ein Einkommen und zahlt der Klägerin daraus den Regelunterhalt gemäß der sogenannten Düsseldorfer Tabelle seit August 1998 fortlaufend. Die Klägerin selbst bezog vom 27. August 1998 bis zum 31. August 2003 ebenfalls Sozialhilfe nach den Vorschriften des BSHG. Dem Sozialhilfebezug lag dabei ein Gesamtbedarf der Klägerin in Höhe von 428,25 EUR zugrunde, der sich aus dem Regelbedarf in Höhe von 190,00 EUR abzüglich einer Energiepauschale in Höhe von 4,31 EUR, einem anerkannten Mehrbedarf für Ernährung in Höhe von 51,20 EUR, Kosten der Unterkunft der Klägerin in Höhe von 173,46 EUR sowie einem Heizkostenanteil in Höhe von 18,00 EUR zusammensetzte. Diesem Bedarf stand ein Einkommen der Klägerin in Höhe von 379,89 EUR, bestehend aus Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR sowie dem vom Vater gezahlten Unterhalt in Höhe von 225,89 EUR gegenüber. Zum 1. September 2003 entfiel die Sozialhilfebedürftigkeit der Klägerin aufgrund vorhandenen Vermögens.
Der Antrag der Klägerin, vertreten durch ihre Mutter, vom 10. August 1995 auf Anerkennung der festgestellten Diabetes-Erkrankung als Impfschaden beinhaltete auch einen Antrag auf Gewährung einer Ausgleichsrente für jugendliche Schwerbeschädigte gem§ 34 BVG. Nach Abschluss des langjährigen Gerichtsverfahrens über die Anerkennung der Erkrankung als Impfschaden und erst danach eingereichter Unterlagen hinsichtlich der Einkommens- und Vermögenssituation im August 2002 lehnte die Beklagte den Antrag auf Ausgleichsrente mit einem undatierten Bescheid vom November 2002, der bei dem Bevollmächtigten der Klägerin am 5. November 2002 einging, ab, weil der Unterhalt der Klägerin gesichert sei. Den am 14. November 2002 dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 2003 als unbegründet zurück, denn der notwendige Unterhalt der Klägerin in Höhe des sozialhilferechtlichen Regelbedarfsatzes von 190,00 EUR sei durch die Zahlungen des Kindsvaters gesichert. Am 24. April 2003 hat die Klägerin Klage erhoben.
Zur Begründung trägt die Klägerin vor, entgegen der Auffassung der Beklagten könne nicht davon ausgegangen werden, dass ihr Unterhalt gedeckt sei, denn sie habe doch laufend Sozialhilfe bezogen. Die Ausgleichsrente sei daher aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin und ihrer unterhaltspflichtigen Angehörigen gerechtfertigt im Sinne des § 34 Abs. 2 Satz 1 BVG.
Die Klägerin beantragt,
den undatierten Bescheid der Beklagten, eingegangen am 5. Novem-ber 2002, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2003 auf-zuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Ausgleichsrente gem § 34 BVG zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist im Wesentlichen auf ihre Ausführungen in den angegriffenen Bescheiden.
Zum Vorbringen der Beteiligten im Übrigen sowie zu weiteren Einzelheiten des Sachver-halts wird auf die Gerichtsakte und die vorliegenden Verwaltungsakten der Beklagten, die auch Gegenstand der mündlichen Verhandlungen am 9. März 2007 sowie am 12. Okto-ber 2009 waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat in dem im Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Die angegriffene Ablehnung der beantragten Ausgleichsrente durch die Beklagte erweist sich zumindest für die Zeit des Sozialhilfebezugs der Klägerin als rechtswidrig und beschwert insoweit die Klägerin, § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Klägerin hat für den Zeitraum des Sozialhilfebezugs vom 27. August 1998 bis 31. August 2003 Anspruch auf Gewährung der Ausgleichsrente gemäß § 34 BVG.
Gemäß § 32 Abs. 1 BVG erhalten Schwerbeschädigte eine Ausgleichsrente, wenn sie infolge ihres Gesundheitszustandes oder hohen Alters oder aus einem anderen von ihnen nicht zu vertretenden sonstigen Grunde eine ihm zumutbare Erwerbstätigkeit nicht oder nur im beschränkten Umfange oder nur mit überdurchschnittlichen Kräfteaufwand ausüben können. Gemäß § 34 Abs. 1 BVG beträgt die Ausgleichsrente für jugendliche Schwerbeschädigte vor Vollendung des 14. Lebensjahres bis zu 30 vH, vor Vollendung des 18. Lebensjahres bis zu 50 v.H. der Sätze des § 32 Abs. 2; sie ist auf den vollen Satz zu erhöhen, wenn der Schwerbeschädigte seinen Lebensunterhalt allein bestreiten muss. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 BVG ist die Ausgleichsrente nur insoweit zu gewähren, als dies nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschädigten und seiner unterhaltspflichtigen Angehörigen gerechtfertigt ist.
Nach diesen Maßgaben sind die Voraussetzungen bei der Klägerin für die Gewährung einer Ausgleichsrente für jugendliche Schwerbeschädigte gem § 34 BVG i.V.m. § 32 Abs. 2 BVG im Zeitraum 27. August 1998 bis 31. August 2003 erfüllt. Im Einzelnen:
1.
Die Klägerin ist aufgrund des erlittenen Impfschadens schwerbeschädigt. Bei ihr wurde ein GdS von 50 v.H. sowie das Merkzeichen "H" anerkannt. Zugleich konnte die Klägerin im hier zugesprochenen Zeitraum aufgrund ihres Alters wegen §§ 5 Abs. 1, 2 Abs. 1 des Jugendarbeitschutzgesetzes (JArbSchG) keine Erwerbstätigkeit ausüben.
2.
Im Zeitraum vom 27. August 1998 bis 31. August 2003, in dem die Klägerin Sozialhilfe bezog, ist die Gewährung der begehrten Ausgleichsrente nach den wirtschaftlichen Verhältnissen der Klägerin und ihrer unterhaltspflichtigen Angehörigen auch gerechtfertigt im Sinne des § 34 Abs. 2 Satz 1 BVG.
Zur Feststellung, ob die Gewährung einer Ausgleichsrente aus wirtschaftlicher Sicht gerechtfertigt ist oder nicht, ist auf die Bedürftigkeit der oder des jugendlichen Beschädigten nach den Maßstäben der geltenden sozialhilferechtlichen Vorgaben abzustellen. Dabei ist der Gesamtanspruch gemäß BSHG bzw. SGB II oder SGB XII zu berücksichtigen, nicht nur der Regelbedarf, denn auch eventuelle Mehrbedarfe und Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung sind im Rahmen der Existenzsicherung relevant. Die Bedürftigkeitsmaßstäbe des Grundsicherungsrechts bilden dabei nur die Mindestgrenze. Sofern sich im Einzelfall ein angemessener Bedarf ergibt, der tatsächlich über dem sozialhilfe-rechtlichen Bedarf liegt, kann die Bedürftigkeitsgrenze im Rahmen des § 34 Abs. 2 Satz 1 BVG auch zugunsten der oder des Beschädigten abweichend festgelegt werden.
Zwischen den Beteiligten war streitig, nach welchen Kriterien die Bedürftigkeit im Sinne des § 34 Abs. 2 Satz 1 BVG zu bestimmen ist. Die Frage war, bis zu welcher Grenze die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschädigten und seiner unterhaltspflichtigen Angehörigen die Gewährung der Ausgleichsrente noch rechtfertigen. Während die Beklagte zu-nächst allein auf den sozialhilferechtlichen Regelbedarf ohne Berücksichtigung von Mehrbedarfen und Kosten der Unterkunft abstellte, ging die Klägerin davon aus, dass gerade der Bezug von Sozialhilfe als Indiz für Bedürftigkeit anzusehen sei.
Das Bundesversorgungsgesetz selbst enthält keine Bestimmungen darüber, wie mit Blick auf die jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnisse im Einzelfall die materielle Bedürftigkeit im Sinne des § 34 Abs. 2 Satz 1 BVG zu definieren ist. Dem Wortlaut des § 34 Abs. 2 Satz 1 BVG nach ist dem jeweiligen Leistungsträger in Bezug auf die Feststellung, ob die Gewährung der Ausgleichsrente nach den wirtschaftlichen Verhältnissen im Einzelfall gerechtfertigt ist oder nicht, ein weiter Entscheidungsspielraum eingeräumt (vgl Förster in: Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 6. Aufl. 1987, § 34 BVG, Rn 2). Im Ergebnis muss ein angemessener Unterhalt bestritten werden können, insbesondere auch unter Berücksichtigung von durch die Schädigung verursachten Kosten. Wie diese unbestimmte Vorgabe im Einzelfall sachgerecht gelöst werden kann, ohne zu willkürlichen Ergebnissen zu kommen, wurde - soweit ersichtlich - von der Rechtsprechung bisher nicht näher geklärt. Das Bundessozialgericht hat bisher nur entschieden, dass § 34 BVG eine abschließende Sondervorschrift für jugendliche Schwerbeschädigte darstellt, auf die § 33 BVG nicht anzuwenden ist (vgl BSG, Urteil vom 25. Mai 1988 - B 9/9a RVi 1/87 -). In der Sache ging es um die Frage, inwieweit bei Jugendlichen die Pflegezulage bei Hilflosigkeit anzurechnen ist oder nicht. Bezüglich§ 34 BVG erwähnt das BSG lediglich, dass die Gewährung der Ausgleichsrente bei jugendlichen Schwerbeschädigten ausschließlich bedarfsbezogen sei (BSG, a.a.O., Rn 16).
Nach Überzeugung des erkennenden Gerichts ist geboten, den Begriff der Bedürftigkeit im Rahmen des § 34 BVG in Anlehnung an den Begriff der Hilfebedürftigkeit im Sinne der sozialhilferechtlichen Leistungsgesetze auszulegen. Dies muss zumindest im Sinne eines Mindestbedarfs gelten. Sollte sich im Einzelfall ergeben, dass der Unterhalt aufgrund z.B. speziell der bestehenden Schädigungsfolgen durch die Sicherstellung des sozialhilfe-rechtlichen Bedarfs in gesetzlicher Höhe noch nicht angemessen gewährleistet ist, ist eine abweichende Beurteilung zugunsten des Einzelnen im Rahmen des § 34 BVG nicht ausgeschlossen (vgl Förster in: Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 6. Aufl. 1987, § 34 BVG, Rn 2). Für diese Heranziehung des sozialhilferechtlichen Bedarfs als Mindestgrenze sprechen vor allem Sinn und Zweck der Ausgleichsrente, die - ebenso wie die grundsichernden Leistungen nach dem früheren BSHG und dem heutigen SGB II oder SGB XII - der Sicherung des Lebensunterhaltes dient und ihrer Art nach eine Bedürftigkeitsrente ist. Die Ausgleichsrente soll ebenfalls ausschließlich bedarfsbezogen sein (vgl Rohr/Strässer/Dahm, BVG Kommentar, Stand 85. EL Oktober 2007, § 34 Nr. 2). Insoweit besteht Zweckidentität. Demnach ist die Gewährung der Ausgleichsrente an jugendliche Schwerbeschädigte jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse der oder des Beschädigten und seiner unterhaltspflichtigen Angehörigen so desolat sind, dass noch nicht einmal der sozialhilferechtliche Mindestbedarf zur Deckung des allgemeinen Lebensunterhalts zur Verfügung steht.
Die Anknüpfung an den sozialhilferechtlichen Begriff der Hilfebedürftigkeit im Rahmen des § 34 Abs. 2 Satz 1 BVG stellt sich nach Überzeugung des erkennenden Gerichts auch als vorzugswürdig gegenüber den beiden denkbaren Alternativen dar.
a)
So war alternativ einerseits zu überlegen, ob eine Entscheidung über das wirtschaftliche Gerechtfertigtsein der Ausgleichsrente nicht korrekterweise auf eine rein einzelfallbezogene Betrachtung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschädigten und seiner Angehörigen gestützt werden müsste. Für eine solche individuelle Betrachtung spricht, dass es auf den angemessenen Unterhalt des Einzelnen ankommt, der naturgemäß von den Umständen des Einzelfalls abhängt und sich nicht nach gesetzlichen pauschalen Vorgaben richtet. Allerdings wohnt dieser Handhabung ein großes Maß an Unbestimmtheit und letztlich auch die Gefahr der Willkür inne, weil es keine Orientierungsgrößen gibt.
b)
Die zweite bedenkenswerte Alternative war eine Anknüpfung der Bedürftigkeit im Rahmen des § 34 Abs. 2 BVG allein an die unterhaltsrechtliche Situation gemäß den zivil-rechtlichen Vorgaben. Aufgrund des ausdrücklichen Bezugs in § 34 Abs. 2 Satz 1 BVG auf die wirtschaftliche Situation der unterhaltspflichtigen Angehörigen konnte überlegt werden, eine Bedürftigkeit des jugendlichen Schwerbeschädigten dann zu verneinen, wenn er den ihn nach den zivilrechtlichen Vorgaben zustehenden Unterhalt auch tatsächlich erhält.
Gerade der Fall der Klägerin zeigt allerdings schon, dass auch dies nicht zu sachgerechten Ergebnissen führt. Denn es hat sich ergeben, dass der nicht im Haushalt lebende Kindvater der Klägerin seinen unterhaltsrechtlichen Verpflichtungen nachgekommen ist bzw. nachkommt, während die Mutter der Klägerin ihre Verpflichtung durch die Pflege und Erziehung der Klägerin im gemeinsamen Haushalt im Sinne des Betreuungsunterhalts erfüllt, § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB. Zugleich wäre die Mutter während des eigenen Sozialhilfebezugs wegen § 1603 BGB wegen Gefährdung des eigenen Unterhalts nicht zur Zahlung von Barunterhalt an die Klägerin verpflichtet gewesen, wenn sie außerhalb der Haushaltsgemeinschaft gelebt hätte. Das bedeutet, dass die Klägerin sozialhilfebedürftig war, obwohl ihre unterhaltspflichtigen Angehörigen ihrer Unterhaltsverpflichtung in dem gesetzlich vorgesehenen Maße nachgekommen waren. Wenn davon ausgegangen wird, dass das Unterhaltsrecht grundsätzlich das Ziel hat, den Unterhalt des Betroffenen sicherzustellen, kommt eine Ausgleichspflicht des Staates über § 34 BVG nur in Betracht, wenn ein ausreichender Unterhaltsanspruch nicht besteht, wenn also die unterhaltspflichtigen Angehörigen nicht im vollen Umfang unterhaltspflichtig sind, z.B. mangels eigener wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, und auf diese Weise eine Lücke im Unterhaltsbedarf vorhanden ist (vgl Rohr/Strässer/Dahm, BVG Kommentar, Stand 85. EL Oktober 2007, § 34 Nr. 2). In erster Linie kommt es damit auf den Ausgleich des Nichtbestehens eines ausreichenden Unterhaltsanspruchs an, wie aus der ausdrücklichen erwähnen der wirtschaftlichen Verhältnisse auch der unterhaltspflichtigen Angehörigen in § 34 Abs. 2 BVG hervorgeht. Nach dem Verständnis des erkennenden Gerichts liegt eine Lücke im Unterhaltsbedarf nicht nur dann vor, wenn die vorhandenen gesetzlichen Unterhaltsansprüche im Einzelfall nicht vollständig von den Unterhaltsverpflichteten erfüllt werden, der jugendliche Beschädigte also nicht den vollständigen, ihm zustehenden Unterhalt erhält. Die Lücke im Unterhaltsbedarf besteht vielmehr dann, wenn der Unterhalt auch bei vollständiger Erfüllung durch den oder die Unterhaltsverpflichteten nicht ausreicht, um den sozialhilferechtlichen Mindeststandard des Jugendlichen zu sichern und eine Deckung des allgemeinen Lebensunterhalts zu gewährleisten. Denn das Unterhaltsrecht ist nicht darauf ausgelegt, dass der Jugendliche allein aufgrund seiner Unterhaltsansprüche in jedem Fall ohne ergänzende Sozialleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auskommt. Vielmehr ist die Leistungsfähigkeit der unterhaltspflichtigen Angehörigen maßgeblich, so dass auch bei Erfüllung aller unterhaltsrechtlichen Pflichten die dem Jugendlichen zur Verfügung stehenden Mittel nicht zwingend zur Deckung des Lebensunterhalts ausreichen. Wenn der sozialhilferechtliche Bedarf durch vorhandenes anzurechnendes Einkommen, z.B. aus Barunterhalt, und Vermögen gedeckt ist und keine Bedürftigkeit im Sinne des SGB II/ SGBXII oder ehemals BSHG besteht, besteht auch keine Versorgungslücke, die die Gewährung einer Ausgleichsrente rechtfertigen würde.
3.
Für die Zeiten seit August 1995, in denen die Klägerin keine Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehmen musste, weil entweder das vorhandene Einkommen und Vermögen der unterhaltspflichtigen Eltern zur Deckung ihres Bedarfs ausreichte - wie es vor August 1998 offenbar der Fall war - oder das eigene Einkommen und Vermögen der Klägerin bereits ausreichte - wie offenbar seit September 2003 -, besteht kein Anspruch auf die Gewährung der Ausgleichsrente gemäß § 34 BVG, weil die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin und ihrer unterhaltspflichtigen Angehörigen dies nicht gerechtfertigt erscheinen lassen. Obwohl auch nach Erörterung der Sach- und Rechtslage im Rahmen der mündlichen Verhandlung der Klageanspruch hinsichtlich des gesamten Zeitraums ab August 1995 bis fortlaufend aufrecht erhalten wurde, hat die Klägerin keine überzeugende Begründung dafür gegeben, inwieweit sie in den Zeiten, in denen sie keine Sozialhilfe bezog, dennoch hilfebedürftig gewesen sein könnte. Anhaltspunkte für eine über den sozialhilferechtlichen Mindeststandard hinausgehenden Bedarf, die die ja mögliche Anerkennung eines höheren Bedarfs im Rahmen des § 34 Abs. 2 Satz1 BVG begründen könnten, sind nicht er-sichtlich geworden. Auch die Klagebegründung knüpfte im Wesentlichen daran an, dass aufgrund des Bezugs von Sozialhilfe nicht vertreten werden könne, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse eine Ausgleichsrente nicht rechtfertigen würden. Diese Argumentation führt freilich für Zeiten ohne Sozialhilfebezug nicht weiter.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt im Groben das Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens der Beteiligten.