Sozialgericht Stade
Urt. v. 22.06.2009, Az.: S 26 KG 4/08
Bibliographie
- Gericht
- SG Stade
- Datum
- 22.06.2009
- Aktenzeichen
- S 26 KG 4/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 43664
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGSTADE:2009:0622.S26KG4.08.0A
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des der Klägerin zustehenden Zuschlags gemäß § 6a Bundeskindergeldgesetz (BKGG).
Die Klägerin, geboren im Jahre 1960, ist verheiratet und hat vier Kinder, von denen drei mit im gemeinsamen Haushalt leben. Für diese drei Kinder beantragte die Klägerin im Herbst 2006 erstmals Kinderzuschlag gemäß § 6a BKGG. Dieser wurde ihr von der Beklagten auch bewilligt, und zwar ab Ja-nuar 2007 in Höhe von 280,00 EUR monatlich. Auf den Widerspruch der Klägerin erging durch die Beklagte ein Abhilfebescheid, mit dem ab Januar 2007 der Kinderzuschlag auf monatlich 546,00 EUR festgesetzt wurde. Mit Änderungsbescheid vom 23. März 2007 wurde die Leistungsbewilligung wiederum auf 280,00 EUR herabgesetzt. Auch hieran schloss sich ein Widerspruchsverfahren an. Mit Bescheid vom 9. Mai 2007 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab April 2007 Kinder-zuschlag in Höhe von 301,00 EUR. Der Widerspruch wurde im Übrigen durch Wider-spruchsbescheid vom 9. Mai 2007 zurückgewiesen.
Mit Bescheid vom 27. Juli 2007 hob die Beklagte die Bewilligung ab Juli 2007 unter Be-zugnahme auf Veränderungen im Einkommen auf, da das Einkommen nunmehr die Min-destgrenze des § 6a Abs 1 BKGG nicht mehr erreiche. Auf den Widerspruch der Klägerin hin erging ab 18. September 2007 ein Abhilfebescheid, der eine Bewilligung von Kinder-zuschlag in Höhe von 416,00 EUR ab Juli 2007 vorsah. Auf ihren Antrag hin wurde mit Bescheid vom 8. Januar 2008 der Kinderzuschlag in glei-cher Höhe für die Monate Januar 2008 bis einschließlich Juni 2008 fortbewilligt.
Seit dem 31. Januar 2008 ist der Ehemann selbständig tätig in der Vertriebsbranche und erhielt eines Existenzgründungszuschuss von der zuständigen Agentur für Arbeit iHv 1.259,10 EUR monatlich. Am 31. März 2008 legte die Klägerin erstmals der Beklagten eine Gewinn- und Verlustrechnung vor, wonach sich im bisherigen Zeitraum aus der bis-herigen Tätigkeit unter Einbeziehung des Existenzgründungszuschusses ein Überschuss von durchschnittlich 1.142,75 EUR im Monat ergab. Diese änderte mit Bescheid vom 15. Mai 2008 daraufhin die Bewilligungslage und ge-währte der Klägerin Kinderzuschlag für die Monate Mai 2008 bis September 2008 in Hö-he von 109,00 EUR monatlich. Die Klägerin wandte sich wiederum mit einem Wider-spruch gegen diese Leistungsbewilligung der Höhe nach und reichte eine Neuaufstellung der Einkommens- und Vermögenslage sowie eine neue Gewinn- und Verlustrechnung zu den Akten, diesmal betreffend den Zeitraum 1. Februar 2008 bis 30. April 2008. Hieraus ergab sich unter Einbeziehung des Existenzgründungszuschusses ein monatliches Ein-kommen iHv 1.220,53 EUR.
Mit dem hier gegenständlichen Bescheid vom 18. Mai 2008 hob die Beklagte die Leis-tungsbewilligung ab Mai 2008 wegen übersteigenden Einkommens zunächst auf. Auf den Widerspruch der Klägerin hin gewährte die Beklagte durch Teilabhilfebescheid vom 5. Juni 2008 Kinderzuschlagsleistungen in Höhe von 184,00 EUR monatlich ab Mai 2008. Im Übrigen wurde der Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2008 zu-rückgewiesen. Am 30. Juni 2008 hat die Klägerin Klage erhoben.
Die Klägerin trägt zur Begründung der Klage vor, der Existenzgründungszuschuss, den ihr Ehemann für seine selbständige Tätigkeit erhalte, sei nicht als Einkommen zu berück-sichtigen. Es sei ungerecht, dass gemäß § 6a Abs 4 Satz 7 BKGG sogenanntes anderes Einkommen sowie Vermögen den Kinderzuschlag in voller Höhe mindere, während bei Erwerbseinkünften gemäß Satz 6 pro 10,00 EUR der Zuschlag nur um 7,00 EUR monat-lich gemindert werde.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 18. Mai 2008 in Gestalt des Teilabhilfebescheids vom 5. Juni 2008 und des Widerspruchsbescheids vom 5. Juni 2008 zu verpflichten, ihr höhere Kinderzuschlagsleistungen gemäß § 6a BKGG zu erbringen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre bisherigen Ausführungen im Widerspruchsbescheid sowie darauf, dass nach einer Neuberechnung im Rahmen des Klageverfahrens sich ein Anspruch auf Kinderzuschlag nur in Höhe 176,00 EUR errechne.
Zum Vorbringen der Beteiligten im Übrigen und der weiteren Einzelheiten des Sachver-halts wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, die auch Gegens-tand der mündlichen Verhandlung am 22. Juni 2009 waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Klage hat keinen Erfolg.
Die angegriffene Entscheidung der Beklagten über die Leistungsbewilligung erweist sich nach den Neuberechnungen der Beklagten als zu Gunsten der Klägerin fehlerhaft, so dass diese durch die tatsächlich gewährte Höhe nicht beschwert ist, § 54 Abs 2 SGG. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höhere Kinderzuschlagsleistungen ab Mai 2008.
Gemäß § 6a Abs 1 BKGG erhalten Personen für in ihrem Haushalt lebende Kinder, die noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben, einen Kinderzuschlag, wenn sie für diese Kinder nach diesem Gesetz Anspruch auf Kindergeld haben, sie mit Ausnahme des Wohngeldes über Einkommen im Sinne des § 11 SGB II mindestens in Höhe des nach Abs 4 Satz 1 für sie maßgebenden Betrages und höchstens in Höhe der Summe aus diesem Betrag und dem Gesamtkinderzuschlag nach Abs. 2 verfügen (§ 6 a Abs 1 Nr 2 BKGG) und durch den Kinderzuschlag Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II vermieden wird (§ 6 a Abs 1 Nr 3 BKGG). Der Kinderzuschlag beträgt für jedes zu berücksichtigende Kind jeweils bis zu 140,- EUR (§ 6 a Abs 2 BKGG) und wird in voller Höhe gezahlt, wenn das elterliche Einkommen einen Betrag in Höhe des ohne Berücksichtigung von Kindern maßgeblichen Arbeitslo-sengeldes II nach § 19 Satz 1 Nr 1 SGB II entspricht (§ 6 a Abs 4 Satz 1 BKGG). Dabei sind die Kosten für Unterkunft und Heizung in dem Verhältnis aufzuteilen, das sich aus dem letzten Existenzminimumsbericht der Bundesregierung ergibt. Gemäß § 6a Abs 4 Satz 3 BKGG wird der Kinderzuschlag außer in den in Absatz 3 ge-nannten Fällen auch dann stufenweise gemindert, wenn das nach den §§ 11 und 12 SGB II mit Ausnahme des Wohngeldes zu berücksichtigende elterliche Einkommen oder Ver-mögen den in Satz 1 genannten jeweils maßgebenden Betrag übersteigt. In Satz 6 ist geregelt, dass für je 10 EUR, um die die monatlichen Erwerbseinkünfte den maßgeben-den Betrag übersteigen der Kinderzuschlag um 7 EUR monatlich gemindert wird. Nach Satz 7 mindert anderes Einkommen sowie Vermögen den Kinderzuschlag in voller Höhe.
Die Berechnungen der Beklagten sind nach diesen Maßgaben unter Zugrundelegung der bekannten Zahlen nicht zu beanstanden. Zutreffend hat die Beklagte den Existenzgrün-dungszuschuss, den der Ehemann der Klägerin von der zuständigen Agentur für Arbeit erhielt, als sonstiges Einkommen angerechnet.
Es ist mittlerweile höchstrichterlich geklärt, dass der Existenzgründungszuschuss gemäß § 421 l SGB III als Einkommen im Sinne des § 11 Abs 1 SGB II anzusehen ist (vgl BSG, Urteil vom 6. Dezember 2007 - B 14/7b AS 16/06 R -; BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 - B 14/7b AS 32/06 R -). Der Existenzgründungszuschuss des Ehemannes der Klägerin konnte daher bei der Leistungsberechnung nicht völlig außer Betracht bleiben.
In § 6a Abs 4 BKGG wird hinsichtlich der Minderung des Zuschlags durch Einkommen zwischen Erwerbseinkommen und anderem Einkommen unterschieden. Durch diese Regelung wird im Sinne eines Anreizes die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gefördert, denn diese führt trotz Einkommensanrechnung zumindest in einem gewissen Maße zu einer Erhöhung der zur Deckung des Lebensunterhalts zur Verfügung stehen-den Mittel bei Bezug von Kinderzuschlag (vgl Kühl in: Hambüchen, BEEG-EStG-BKGG, § 6a BKGG Rn 24). Anderes Einkommen ist insoweit nicht privilegiert, weil diesbezüglich kein Erwerbsanreiz geschaffen werden kann. Verfassungsrechtliche Bedenken, insbe-sondere mit Blick auf das Gebot der Gleichbehandlung des Art 3 Grundgesetz (GG) be-stehen nicht, denn die unterschiedliche Behandlung beruht auf sachlichen Erwägungen und knüpft an unterschiedliche Tatbestände, dh hier die unterschiedlichen Herkunftsarten des Einkommens, an. Es wird insoweit nicht wesentlich Gleiches ungleich behandelt.
Aus diesem Grunde ist rechtlich zutreffend, dass die Beklagte bei der Berechnung des Leistungsanspruchs ein anzurechnendes anderes Einkommen in Höhe von 1.229,10 EUR in die Berechnung eingestellt hat. Die Beklagte hat rechnerisch korrekt festgestellt, dass die Mindesteinkommensgrenze von 984,94 EUR durch dieses Einkommen erreicht wird und zugleich die Höchsteinkommensgrenze in Höhe von 1.404,94 EUR nicht über-schritten wird. In gesetzeskonformer Anwendung des § 6a Abs 4 Satz 7 BKGG hat die Beklagte den Einkommensbetrag, soweit er die Mindesteinkommensgrenze übersteigt, als Einkommen in voller Höhe vom zu errechnenden Gesamtkinderzuschlag in Höhe von 420,00 EUR abgezogen, das Ergebnis leicht aufgerundet auf 176,00 EUR. Durch diesen Zuschlag wird Hilfebedürftigkeit nach Grundlage der Berechnungen vom 22. Dezember 2008 auch vermieden. Da es sich bei dem Existenzgründungszuschuss um anderes Ein-kommen im Sinne des § 6a Abs 4 Satz 7 BKGG handelt, kam eine verminderte Anrech-nung wie im Falle von Erwerbseinkommen gemäß Satz 6 nicht in Betracht.
Der Klägerin wurde tatsächlich Kinderzuschlag in Höhe von 184,00 EUR ab Mai 2008 gewährt, so dass eine Beschwer der Klägerin nicht erkennbar ist. Der Klägerin stände eigentlich rechnerisch ein Zuschlag nur in Höhe von 176,00 EUR monatlich zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.