Sozialgericht Stade
Beschl. v. 04.08.2009, Az.: S 34 SF 4/09 E
Bibliographie
- Gericht
- SG Stade
- Datum
- 04.08.2009
- Aktenzeichen
- S 34 SF 4/09 E
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 43661
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGSTADE:2009:0804.S34SF4.09E.0A
Tenor:
Der Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts Stade vom 14. Januar 2008 wird geändert.
Die dem beigeordneten Rechtsanwalt A. im Rahmen der Prozesskostenhilfe aus der Landeskasse zu gewährenden Gebühren und Auslagen werden auf 1.200,27 EUR festgesetzt.
Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.
Gründe
Streitig ist die Höhe der aus der Landeskasse als Prozesskostenhilfe zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren.
Die zulässige Erinnerung ist teilweise begründet.
Dem Erinnerungsführer steht eine höhere als die vom Urkundsbeamten der Geschäfts-stelle festgesetzte Verfahrensgebühr nach Nrn 3204, 1008 VV RVG in Höhe von 302,25 EUR nicht zu.
Nach §§ 3, 14 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Rahmengebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der an-waltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und der Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Das Haftungsrisiko ist zu berücksichtigen, § 14 Abs 1 Satz 3 RVG. Wenn die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen ist, so ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nach § 14 Abs 1 Satz 4 RVG nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
Ausgangspunkt bei der Bemessung der Gebühr ist die sogenannte Mittelgebühr, das heißt die Mitte des gesetzlichen Gebührenrahmens, die anzusetzen ist bei Verfahren durchschnittlicher Bedeutung, durchschnittlichen Schwierigkeitsgrades und wenn die vom Rechtsanwalt/Beistand geforderte und tatsächlich entwickelte Tätigkeit ebenfalls von durchschnittlichem Umfang war. Denn nur so wird eine einigermaßen gleichmäßige Be-rechnungspraxis gewährleistet. Abweichungen nach unten oder oben ergeben sich, wenn nur ein Tatbestandsmerkmal des § 14 RVG fallbezogen unter- oder überdurchschnittlich zu bewerten ist, wobei das geringere Gewicht eines Bemessungsmerkmals das überwie-gende Gewicht eines anderen Merkmals kompensieren kann (Gerold/Schmidt-Mayer, RVG, 18. Auflage 2008, § 14 Rn 11).
Die Bedeutung der Angelegenheit für die Antragsteller wird vom Gericht als überdurch-schnittlich angesehen, da es um die Gewährung von existenzsichernden Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch 2. Buch (SGB II) ging. Allerdings stellt sich der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit als erheblich unterdurchschnittlich dar. Der Erinnerungsführer ist im Beschwerdeverfahren bis zum Termin vor dem Landessozialgericht (LSG) Nieder-sachsen-Bremen soweit ersichtlich nicht tätig geworden. Die Beschwerde wurde vom Antragsteller selbst eingelegt, auch weitere Stellungnahmen erfolgten durch diesen. Der Erinnerungsführer hat bis zum Termin vor dem LSG lediglich Akteneinsicht beantragt und genommen. Dass der Erinnerungsführer dann an einem umfangreichen Erörterungster-min vor dem LSG teilgenommen hat, kann nicht dazu führen, dass die Verfahrensgebühr entsprechend höher festzusetzen ist. Dieser Tatsache wird bereits durch die Höhe der Terminsgebühr ausreichend Rechnung getragen. Die Schwierigkeit der Angelegenheit ist als durchschnittlich anzusehen, die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der An-tragsteller als erheblich unterdurchschnittlich.
Nach alledem kann allenfalls eine Verfahrensgebühr in Höhe der 3/4-Mittelgebühr als gerechtfertig angesehen werden. Zutreffend hat der Urkundsbeamte festgestellt, dass die Mittelgebühr vorliegend 403,- EUR betragen würde , sodass die 3/4-Mittelgebühr 302,25 EUR beträgt.
Da die Gebührenbestimmung der Erinnerungsführers um mehr als 20 % von der vom Gericht für angemessen gehaltenen Gebühr abweicht ist von einer unbilligen und damit nicht verbindlichen Gebührenbestimmung auszugehen (Gerord/Schmidt-Mayer, aaO, § 14 Rn 12).
Die Dokumentenpauschale nach Nr 7000 VV RVG ist auf 32,35 EUR festzusetzen. Die Kosten für Ablichtungen sind nach dieser Regelung erstattungsfähig, soweit sie zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten sind. Bei der Beurteilung, was zur Bearbeitung der Sache sachgemäß ist, ist auf die Sicht abzustellen, die ein verständiger und durchschnittlich erfahrener Rechtsanwalt haben kann, wenn er sich mit der betref-fenden Leistungsakte beschäftigt und alle Eventualitäten bedenkt, die bei der dann noch erforderlichen eigenen Bearbeitung der Sache auftreten können. Dem Rechtsanwalt ist ein gewisser Ermessensspielraum zu überlassen (Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, aaO, VV 7000 Rdn 22). Nach der ständigen Rechtsprechung der niedersächsischen Sozialgerich-te (ua SG Osnabrück , Beschluss vom 13. Juni 2007 - S 1 SF 56/06; SG Hildesheim, Be-schluss vom 20. Oktober 2008 - S 12 SF 28/08; SG Stade , Beschluss vom 8. Juni 2009 - S 34 SF 72/08) kann allerdings derjenige, der sich nicht der Mühe unterziehen will den Umfang der Ablichtungen bei Erhalt der Akten konkret und sachbezogen zu bestimmen, die Kosten für überflüssige Schreibauslagen nicht der Staatskasse bzw dem Leistungs-träger aufbürden. Zum Teil wird in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass unter derartigen Umständen die Fotokopierkosten insgesamt nicht berücksichtigungsfä-hig sind (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Oktober 2006 - 7 E 1339/05). Das Gericht hält es in solchen Fällen zumindest für zulässig, unsubstantiiert geltend ge-machte Kopierauslagen pauschal zu kürzen, wenn auch auf Nachfrage die Notwendigkeit der einzelnen Kopien nicht belegt wird. In solchen Situationen ist es - insbesondere wenn wie hier die Notwendigkeit von 994 Fotokopien im Streit steht - nicht Aufgabe des Ge-richts, die notwendigen Fotokopien zu ermitteln und von den insgesamt geltend gemach-ten Fotokopien abzuziehen (OVG Nordrhein-Westfalen, aaO).
Der Erinnerungsführer hat mehrfach darauf hingewiesen, dass die gesamten Leistungs-akten vollständig kopiert worden seien. Die Vorlage der gefertigten Kopien lehnte er trotz mehrfacher Aufforderung durch das Gericht ab. Die Notwendigkeit der gefertigten Kopien wurde vom Erinnerungsführer insoweit nicht substantiiert dargelegt. Das Gericht hält es unter diesen Umständen für gerechtfertigt, pauschal 10 % der geltend gemachten Foto-kopien als notwendig zu berücksichtigen.
Eine Rechtsgrundlage für die Erstattung der geltend gemachten Paketgebühren für die Rückgabe der Akten nach erfolgter Akteneinsicht ist nicht ersichtlich.
Nach alledem berechnen sich die erstattungsfähigen Gebühren und Auslagen wie folgt:
Verfahrensgebühr Nr 3204, 1008 VV RVG 302,25 EUR Terminsgebühr Nr 3205 VV RVG 350,- EUR Einigungsgebühr Nr 1007 VV RVG 250,- EUR Auslagenpauschale Nr 7002 VV RVG 20,- EUR Abwesenheitsgeld Nr 7005 VV RVG 35,- EUR Reisekosten Nr 7003 VV RVG 15,- EUR Dokumentenpauschale Nr 7000 VV RVG 32,35 EUR Summe 1.004,60 EUR Umsatzsteuer Nr 7008 VV RVG 190,87 EUR Parkgebühren 4,80 EUR Gesamtsumme 1.200,27 EUR
Die Entscheidung ist unanfechtbar, § 178 SGG.