Sozialgericht Stade
v. 16.07.2009, Az.: S 4 R 100/05
Gewährung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen aufgrund orthopädischer Leiden und einer undifferenzierten Somatisierungsstörung sowie des Verdachts auf einer Persönlichkeitsstörung; Einstufung einer ungelernten Arbeitskraft als Facharbeiterin aufgrund ihrer tatsächlich ausgeübten Tätigkeit als Bürokauffrau i.R.e Anspruchs auf Gewährung einer Altersrente
Bibliographie
- Gericht
- SG Stade
- Datum
- 16.07.2009
- Aktenzeichen
- S 4 R 100/05
- Entscheidungsform
- Gerichtsbescheid
- Referenz
- WKRS 2009, 19909
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGSTADE:2009:0716.S4R100.05.0A
Rechtsgrundlagen
- § 43 Abs. 1 SGB VI
- § 43 Abs. 2 SGB VI
- § 236a Abs. 1 Nr. 2 SGB VI
- § 240 Abs. 2 S. 1 SGB VI
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen von der Beklagten.
Die Klägerin, geboren am 26. Mai 1944, ist ungelernt. Sie brach eine Lehre zur Bürokauffrau nach eigenen Angaben ohne Abschluss aus gesundheitlichen Gründen ab und war von 1966 bis Ende 1972 zunächst als Kontoristin beschäftigt. Sie arbeitete später ab 1. März 1973 als kaufmännische Angestellte in Teilzeit beim Unternehmen D. in E ... Als Gehalt wurden seinerzeit 750,00 DM und nach Ablauf der Probezeit 800,00 DM vereinbart. Mit Wirkung ab 1. Januar 1974 wurde ihr Gehalt auf maximal 765,00 DM gemäß Tariflohn nach Gruppe K 3 sowie eine außertarifliche Zulage iHv 115,00 DM, insgesamt 880,00 DM brutto, bei 22,5 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit angehoben. Der Tarifgrundlohn für Bürokaufleute in der Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen betrug ab November 1974 ausweislich des Tarifregisters 6a bei 40 Std/Woche 1.148 DM brutto in der Gruppe K 3 (Mindestalter 21 Jahre). Die Klägerin gab die Tätigkeit bei D. Ende September 1974 wieder auf. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Aufgabe der Tätigkeit krankheitsbedingt erfolgte. Ausweislich eines ärztlichen Attestes vom 6. Mai 1974 war die Klägerin Anfang Mai 1974 wegen Bursitis im Bereich der Kniegelenke beidseits sowie Schwellung und Schmerzen einige Tage arbeitsunfähig. Die Klägerin machte sich später nach eigenen Angaben als Inhaberin einer F. -Agentur selbständig und begann nach deren Aufgabe und Arbeitslosigkeit Anfang der 80er Jahre eine Umschulung zur Friseurin, die sie ebenfalls nicht abschloss. Die Klägerin arbeitete zuletzt als ungelernte Kraft im Friseurbetrieb ihres zweiten Ehemannes. Seit Juni 2007 bezieht sie von der Beklagten eine Altersrente für langjährig Versicherte.
Am 13. April 2004 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung der Klägerin auf orthopädischem Gebiet durch den Facharzt Dr. G. sowie eine Begutachtung auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet durch den Facharzt Dr. H ... Beide Gutachten lagen Ende Juni 2004 vor und kamen zur übereinstimmenden Einschätzung, dass die Klägerin bei bestehenden orthopädischen Leiden und einer undifferenzierten Somatisierungsstörung sowie des Verdachts auf eine Persönlichkeitsstörung und Neurasthenie noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig verrichten könne. Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 22. Juli 2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag daraufhin ab. Auf den Widerspruch der Klägerin hin veranlasste die Beklagte weitere Begutachtungen auf orthopädischem Gebiet durch den Facharzt Dr. I. und auf internistischem Gebiet durch den Facharzt Dr. J ... Beide Gutachten lagen im Februar 2005 vor, ohne zu einem für die Klägerin günstigeren Ergebnis zu kommen. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. April 2005 daraufhin als unbegründet zurück. Am 4. Mai 2005 hat der Klägerin Klage erhoben.
Zur Begründung der Klage trägt sie vor, der medizinische Sachverhalt sei von der Beklagten nicht ausreichend aufgeklärt worden. Außerdem sei sie als Facharbeiterin einzustufen, da sie tatsächlich als Bürokauffrau gearbeitet habe und bezahlt worden sei und sich krankheitsbedingt von dieser Tätigkeit gelöst habe.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 27. Juli 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. April 2005 zu verurteilen, der Klägerin Altersrente ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist im Wesentlichen auf ihr bisheriges Vorbringen.
Zum Vorbringen der Beteiligten im Übrigen und zu weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, die auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung am 10. Oktober 2007 waren, Bezug genommen.
Das Gericht hat zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG ein Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet bei dem Facharzt Prof. Dr. Dipl-Psych. K. eingeholt. Im Gutachten vom 4. Juli 2007 diagnostizierte dieser bei der Klägerin Dysthemie, Neurasthenie und Spannungskopfschmerzen. Nach seiner Einschätzung kann die Klägerin nicht mehr als Bürokauffrau arbeiten. Für leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe jedoch ein ausreichendes Leistungsvermögen, wobei keine besonderen Anforderungen an die Konzentration, das Arbeitstempo und die Verantwortung gestellt werden könne. Zu den Einzelheiten des Beweisergebnisses wird auf die diesbezüglichen Ausführungen in den Entscheidungsgründen verwiesen.
Das Gericht hat die Beteiligten zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine zweite mündliche Verhandlung erschien nicht erforderlich.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte ohne weitere mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 SGG entscheiden, da der Sachverhalt geklärt war und die Sache keine Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art mehr aufwies.
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die angefochtene Entscheidung der Beklagten erweist sich als rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht, § 54 Abs. 2 SGG. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen gemäß § 236a SGB VI oder Rente Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI bzw. §§ 43 Abs. 1, 240 SGB VI.
Gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung einen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie bestimmte versicherungsrechtliche Voraussetzungen erfüllen und wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Lässt das gesundheitliche Leistungsvermögen des Versicherten noch eine Erwerbstätigkeit im Umfang von drei bis unter sechs Stunden zu, besteht gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen ein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Erwerbsgemindert ist dagegen nicht, wer zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Als Übergangsregelung bestimmt ferner § 240 SGB VI, dass Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren wurden, einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auch haben, wenn sie berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Maßgeblich ist dabei nicht, ob der Versicherte sein Leistungsvermögen noch in irgendeiner leidensgerechten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in mehr als geringfügigem Umfang einbringen kann, sondern allein, ob ihm dies noch in einer für ihn auch sozial zumutbaren Tätigkeit möglich ist.
Gemäß § 236a SGB VI haben Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie (1.) das 60. Lebensjahr vollendet haben, (2.) bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 SGB IX) anerkannt, berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und (3.) die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Gemäß § 43 SGB VI in der am 31. Dezember 2000 geltenden Fassung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie (1.) berufsunfähig sind, (2.) in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und (3.) vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.§ 38 Satz 2 ist anzuwenden. Gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Gemäß § 44 Abs. 1 SGB VI in der am 31. Dezember 2000 geltenden Fassung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wenn sie (1.) erwerbsunfähig sind, (2.) in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und (3.) vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. § 38 Satz 2 ist anzuwenden. Gemäß Abs. 2 sind Versicherte erwerbsunfähig, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das monatlich 630 Deutsche Mark übersteigt; erwerbsunfähig sind auch Versicherte nach § 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können. Erwerbsunfähig ist nicht, wer (1.) eine selbständige Tätigkeit ausübt oder (2.) eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
I.
Soweit zwischen den Beteiligten streitig ist, ob die Klägerin ursprünglich eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen gemäß § 236a SGB VI bei der Beklagten beantragt hat oder eine Rente wegen Erwerbsminderung, kann eine Entscheidung dahinstehen. Denn streitig ist das von beiden Rentenarten gemeinsam vorausgesetzte Tatbestandsmerkmal der Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit (§ 236a Abs. 1 Nr. 2 SGB VI) bzw. voller Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 43, 240 SGB VI) voraus. Da im Ergebnis weder volle Erwerbsminderung oder Erwerbsunfähigkeit noch Berufsunfähigkeit festgestellt werden können, liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für beide Rentenarten nicht vor.
II.
Die Klägerin ist nicht voll erwerbsgemindert oder erwerbsunfähig. Nach Maßgabe der dargestellten gesetzlich normierten Voraussetzungen für eine Berentung sind die Bedingungen für die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. Erwerbsunfähigkeit nicht erfüllt. Die Klägerin ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht gemindert erwerbsfähig. Aus den festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen vor allem auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet, wie sie vom Sachverständigen Prof. Dr. K. im Gutachten vom 20. Juni 2007 festgestellt wurden, resultieren keine im rentenrechtlichen Sinne relevanten objektiven Funktionseinschränkungen.
III.
Mit dem festgestellten Leistungsvermögen hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI, denn sie genießt keinen Berufsschutz. Nach Überzeugung des Gerichts kann die Klägerin auf jede gesundheitlich zumutbare Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden. Zur Bestimmung des zuletzt ausgeübten Hauptberufs kann nicht auf die Tätigkeit einer Bürokauffrau abgestellt werden, da sich die Klägerin von diesem Beruf aus nichtgesundheitlichen Gründen gelöst hat. Danach übte sie ungelernte Tätigkeiten aus. Im Einzelnen:
Unter Zugrundelegung der vorhandenen Unterlagen aus der damaligen Zeit und insbesondere unter Berücksichtigung der Bezahlung der Klägerin sprechen die Indizien mit einigem Gewicht dafür, dass die Klägerin, obwohl ohne Berufsabschluss als Bürokauffrau, tatsächlich als solche gearbeitet hat. Sie erhielt für ihre Teilzeitbeschäftigung (22,5 Stunden in der Woche) nach Ablauf der Probezeit einen Grundlohn iHv 765,00 DM brutto. Der Tarifgrundlohn für Bürokaufleute in der Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen betrug ab November 1974 ausweislich des Tarifregisters 6a bei 40 Std/Woche 1.148 DM brutto in der Gruppe K 3 bei 40 Stunden. Die Entlohnung der Klägerin entsprach damit offenbar der Entlohnung gelernter Bürokaufleute. Inwieweit auch die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit den Arbeiten gelernter Bürokaufleute entsprach, kann mangels ausreichender überprüfbarer Angaben nicht abschließend entschieden werden. Ausweislich des Arbeitszeugnisses der Fa. D. vom 30. September 1974 führte sie als Alleinkraft alle anfallenden Bürotätigkeiten aus, z.B. Bearbeitung der erteilten Auftrage, Führung des Lagerbuches, Schreiben der Korrespondenz oder auch die Registratur. Eine Arbeitgeberauskunft konnte jedoch nicht mehr eingeholt werden.
Letztlich konnte auch eine Entscheidung über die Frage der Einstufung der Klägerin als Facharbeiterin oder Angelernte dahinstehen, denn die Klägerin konnte nicht in ausreichender Weise glaubhaft machen, dass die Aufgabe der Tätigkeit bei der Fa. D. krankheitsbedingt erfolgte. Verlässliche ärztliche Unterlagen aus der damaligen Zeit sind kaum vorhanden. Das von der Klägerin eingereichte Attest vom Mai 1974 ist zur Situation im Herbst 1974 nur begrenzt aussagekräftig. Die im Attest benannten Erkrankungen, d.h. die Bursitis (Schleimbeutelentzündung) im Bereich der Kniegelenke beidseits sowie Schwellung und Schmerzen, lassen außerdem auch keinen Rückschluss auf ein aufgehobenes oder relevant gemindertes Leistungsvermögen zu. Dies gilt umso mehr, als dass die Klägerin nach Aufgabe der Tätigkeit bei Krups mit ihrer zeitweiligen Selbständigkeit und der späteren Tätigkeit als Friseurhelferin Arbeiten ausführen konnte, deren gesundheitliche Belastungen nicht geringer gewesen sein dürften als die vorherige Tätigkeit als Bürokauffrau. Die vorhandenen Sachverständigengutachten geben ebenfalls keine überzeugenden Hinweise auf die Situation im Jahr 1974. Selbst aus der Eigenanamnese der Klägerin im Rahmen des Gutachtens des Prof. Dr. K. vom Juli 2007 ergeben sich keine Hinweise auf relevante Einschränkungen vor 1981.
Die fehlende Möglichkeit, den tatsächlichen Leidenszustand der Klägerin in der zweiten Hälfte des Jahre 1974 sowie dessen Auswirkungen auf das berufliche Leistungsvermögen insbesondere in Bezug auf die damalige Tätigkeit als Bürokraft weiter zu ermitteln, wirkt sich nach den Regeln der allgemeinen Beweislastverteilung zu Ungunsten der Klägerin aus. Grundsätzlich muss derjenige die Nichterweislichkeit bestimmter Tatsachen hinnehmen, der sich auf sie beruft. Für das Gericht ist nicht in ausreichend überzeugender Weise erkennbar, dass die Klägerin sich tatsächlich im Jahr 1974 krankheitsbedingt von der bis dahin ausgeübten Tätigkeit als Bürokraft gelöst hat. Die behauptete Tatsache kann daher nicht als zutreffend unterstellt werden. Soweit die Klägerin vorträgt, es sei nach Aufgabe der Quelle-Agentur eine Arbeitsaufnahme wieder als Bürokraft beabsichtigt gewesen, aber aus gesundheitlichen Gründen gescheitert, steht dies nachweislos im Raum. Es wurde weder untermauert, dass die Klägerin tatsächlich in den Beruf einer Bürokraft zurückkehren wollte, noch, dass dieses aus gesundheitlichen Gründen gescheitert sein könnte. Ein von der Klägerin eingereichtes ärztliches Attest vom 17. Mai 1982 des Dr. L. bestätigt lediglich, dass zumindest im Mai 1982 orthopädische Leiden sowie Kopfschmerzen, Schwindelgefühl und Übelkeit bestanden haben, die "zur Zeit sehr stark" seien. Wenn der Arzt mitteilt, die Klägerin könne aus diesen Gründen den Friseurberuf nicht ausüben, bleibt unklar, ob Erwerbsunfähigkeit oder lediglich vorübergehende Arbeitsunfähigkeit vorgelegen hat.
Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass sie wegen der gesundheitlichen Einschränkungen einen Arbeitsplatz nicht erreichen könnte. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG SozR 3-2200, § 1247 Nr. 10) ist derjenige Versicherte erwerbsunfähig, der nicht täglich viermal eine Wegstrecke von mehr als 500 Meter innerhalb von höchstens 20 Minuten zu Fuß zurücklegen kann. Anhaltspunkte für eine im Rentenrecht in erheblichem Umfang eingeschränkte Wegefähigkeit der Klägerin finden sich in keiner der vorliegenden ärztlichen Unterlagen.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.