Sozialgericht Stade
Beschl. v. 03.08.2009, Az.: S 34 SF 78/08
Anforderungen an die Billigkeit einer gem. § 14 Abs. 1 S. 4 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) bestimmten Gebühr
Bibliographie
- Gericht
- SG Stade
- Datum
- 03.08.2009
- Aktenzeichen
- S 34 SF 78/08
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 19116
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGSTADE:2009:0803.S34SF78.08.0A
Rechtsgrundlagen
- § 3 RVG
- § 14 RVG
Tenor:
Die Erinnerung des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts Stade vom 15. Februar 2008 wird zurückgewiesen.
Gründe
Streitig ist die Höhe erstattungsfähiger Rechtsanwaltsgebühren. Nachdem die Beklagte bereits Gebühren und Auslagen iHv 863,33 EUR erstattet hat, streiten die Beteiligten nun noch um die Höhe der Verfahrensgebühr nach Nr. 2400 VV RVG sowie über die Höhe der Erledigungsgebühren nach Nr. 1006 VV RVG. Während der Kläger eine Verfahrensgebühr nach Nr. 2400 VV RVG in Höhe von 416,00 EUR geltend macht, hat die Beklagte insoweit 280,00 EUR anerkannt und erstattet. Während der Kläger - nachdem zunächst 416,00 EUR geltend gemacht wurden - nunmehr eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG in Höhe von 280,00 EUR geltend macht, hat die Beklagte insoweit 253,33 EUR anerkannt und erstattet.
Die Entscheidung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ist nicht zu beanstanden, die Festsetzung weitergehender Gebühren kommt nicht in Betracht.
Eine Verfahrensgebühr nach Nr. 2400 VVRVG, die über die bereits bewilligten 280,00 EUR hinausgeht, ist nicht gerechtfertigt.
Nach §§ 3, 14 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Rahmengebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und der Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Das Haftungsrisiko ist zu berücksichtigen, § 14 Abs. 1 Satz 3 RVG. Wenn die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen ist, so ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nach § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
Ausgangspunkt bei der Bemessung der Gebühr ist die sogenannte Mittelgebühr, das heißt die Mitte des gesetzlichen Gebührenrahmens, die anzusetzen ist bei Verfahren durchschnittlicher Bedeutung, durchschnittlichen Schwierigkeitsgrades und wenn die vom Rechtsanwalt/Beistand geforderte und tatsächlich entwickelte Tätigkeit ebenfalls von durchschnittlichem Umfang war. Denn nur so wird eine einigermaßen gleichmäßige Berechnungspraxis gewährleistet. Abweichungen nach unten oder oben ergeben sich, wenn nur ein Tatbestandsmerkmal des § 14 RVG fallbezogen unter- oder überdurchschnittlich zu bewerten ist, wobei das geringere Gewicht eines Bemessungsmerkmals das überwiegende Gewicht eines anderen Merkmals kompensieren kann (Gerold/Schmidt-Mayer, RVG, 18. Auflage 2008, § 14 Rn 11).
Die Verfahrensgebühr nach Nr. 2400 VV RVG liegt zwischen 40,00 und 520,00 EUR, die Mittelgebühr beträgt 280,00 EUR. Eine Gebühr von mehr als 240,00 EUR kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war.
Vorliegend ist die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger als überdurchschnittlich einzustufen. Jedoch ist für das Gericht nicht erkennbar, dass die anwaltliche Tätigkeit im Widerspruchsverfahren überdurchschnittlich umfangreich oder schwierig gewesen ist. Es wurde lediglich die Widerspruchsbegründung vom 8. Juli 2005 erstellt. Demzufolge kommt eine Verfahrensgebühr, die über 280,00 EUR hinausgeht, nicht in Betracht. Die vom Rechtsanwalt getroffene Bestimmung der Gebühren ist insoweit unbillig i.S. von § 14 RVG.
Auch eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 VVRVG, die über die von der Beklagten bereits anerkannte und ausgezahlte Gebühr von 253,33 EUR hinausgeht, ist nicht gerechtfertigt. Unter Berücksichtigung der oben genannten Kriterien hält das Gericht vorliegend eine um 20% erhöhte Mittelgebühr aufgrund der überdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger und unter Berücksichtigung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit für gerechtfertigt. Festzusetzen wäre insoweit eine Erledigungsgebühr in Höhe von 228,00 EUR. Die Beklagte hat aber bereits 253,33 EUR anerkannt und erstattet. Die vom Kläger dagegen geltend gemachte Erledigungsgebühr in Höhe von 280,00 EUR weicht um 22% von der vom Gericht für angemessenen gehaltenen Erledigungsgebühr ab und ist daher unbillig i.S. von § 14 RVG.
Nach alledem bleibt es bei der Entscheidung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle. Weitergehende Gebühren sind von der Beklagten nicht zu erstatten.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 197 Abs. 2 SGG.