Sozialgericht Stade
Urt. v. 28.07.2009, Az.: S 6 AL 196/06
Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) i.R.d. Ausbildung zum Koch bei der Deutsch-Portugiesischen Industrie- und Handelskammer in Portugal; Auslegung einer Auslandsausbildung als besonders dienlich i.S.d. § 62 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)
Bibliographie
- Gericht
- SG Stade
- Datum
- 28.07.2009
- Aktenzeichen
- S 6 AL 196/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 24755
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGSTADE:2009:0728.S6AL196.06.0A
Rechtsgrundlagen
- § 59 SGB III
- § 62 Abs. 2 SGB III
Fundstelle
- info also 2010, 167-169
Tenor:
Der Bescheid der Beklagten vom 2. August 2006 und der Widerspruchsbescheid vom 11. September 2006 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Berufsausbildungsbeihilfe ab 1. April 2006 nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.
Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB).
Der 1983 geborene Kläger nahm im Herbst 2001 eine Ausbildung zum Koch auf, die er im Frühjahr 2002 abbrach. Am 1. März 2003 begann er eine Ausbildung zum Bäcker, die er nach etwa einem Jahr abbrach. Am 20. Februar 2006 beantragte er bei der Beklagten die Gewährung von BAB für die von ihm angestrebte Ausbildung zum Koch bei der Deutsch-Portugiesischen Industrie- und Handelskammer in Portugal. Vorgesehene Ausbildungsdauer war vom 1. April 2006 bis 30. September 2008. Die theoretische Ausbildung sollte im Berufsbildungszentrum der Deutsch-Portugiesischen Industrie- und Handelskammer an der Algarve, die praktische Ausbildung im Hotel Reid's Palace auf Madeira stattfinden. In den Antragsformularen gab der Kläger an, dass Unterkunft und Verpflegung während der Ausbildung zur Verfügung gestellt würden. Laut 6. Klausel des Ausbildungsvertrages hatte der Kläger einen monatlichen Betrag von 195,- EUR während der gesamten Laufzeit der Ausbildung zu zahlen. Darüber hinaus fiel eine Einschreibegebühr von 525,- EUR sowie eine Prüfungsgebühr von 280,- EUR an.
Mit Bescheid vom 2. August 2006 lehnte die Beklagte die beantragten Leistungen ab mit der Begründung, die Voraussetzungen für eine Förderung im Ausland nach § 62 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) seien nicht erfüllt. Es sei auszuschließen, dass die Ausbildung zum Koch in Portugal für das Erreichen des Bildungsziels besonders dienlich sei. Den dagegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger u.a. damit, er könne die Begründung der Beklagten nicht nachvollziehen, da z.B. eine Kollegin aus Buxtehude von der Beklagten BAB bekomme. Die Ausbildung zum Koch in Verden habe er abgebrochen, weil er keine Fahrmöglichkeit gehabt habe. Der letzte Zug nach Langwedel sei um 23.05 Uhr gefahren, seine Arbeitszeit habe bis 23.00 Uhr gedauert, so dass er den Zug häufig nicht erreicht hätte. Er habe von seiner Mutter oft abgeholt werden müssen. Einen Führerschein habe er nicht besessen. Die Ausbildung zum Bäcker habe er abgebrochen, da er gemerkt habe, dass seine Leidenschaft dem Kochen gehöre. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. September 2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und führte aus, es sei nicht erkennbar, dass die Ausbildung des Klägers in Portugal für das Erreichen des Ausbildungsziels besonders dienlich sei. Ausbildungsziel sei der erfolgreiche Abschluss der Berufsausbildung zum Koch. Auch in Deutschland gebe es genügend geeignete Ausbildungsstellen. Die Berufsausbildung in Portugal sei gegenüber einer Berufsausbildung in Deutschland zur Erreichung des Berufsabschlusses nicht dienlich. Es bestehe in keinerlei Hinsicht ein Vorteil der Berufsausbildung im Gastgewerbe in Portugal gegenüber der Berufsausbildung in Deutschland. Die Tatsache, dass der Kläger im Ausbildungsbetrieb untergebracht sei, rechtfertige eine Förderung ebenfalls nicht. Der Kläger habe keine Gründe dafür nennen können, weshalb in seinem Falle die Ausbildung im Ausland besonders dienlich für das Erreichen des Berufsabschlusses sein könnte. Der Hinweis auf andere Personen, die nach seiner Kenntnis BAB erhalten würden, könne keinen Einfluss auf die Entscheidung in seiner Leistungsangelegenheit haben.
Der Kläger hat am 10. Oktober 2006 Klage erhoben und trägt vor, er habe sein Ziel den Beruf des Kochs zu erlernen, nie aus den Augen verloren. Anfang 2006 habe er auf seine Nachfrage von einem Mitarbeiter der Beklagten die Broschüre "Europa Service" erhalten, verbunden mit dem Hinweis, dass eine Ausbildung auch im Ausland denkbar sei. Die Beklagte habe ihm Reisekosten für die Teilnahme an einer entsprechenden Informationsveranstaltung in Hamburg erstattet. In dem von ihm gewählten Ausbildungsberuf ist eine Ausbildung im Ausland für das Erreichen des Bildungsziels und für die Beschäftigungsfähigkeit besonders dienlich. Es könne keinem Zweifel unterliegen, dass gerade in dem Ausbildungsberuf Koch eine Ausbildung in einem renommierten ausländischen Hotel wie demjenigen, in dem er nunmehr ausgebildet werde, für seinen künftigen beruflichen Werdegang ausgesprochen hilfreich sei. Nur ergänzend sei zu erwähnen, dass er auf diese Weise Fremdsprachenkenntnisse in Englisch und Portugiesisch erhalten würde. Die Beklagte werbe sowohl durch Broschüren als auch im Internet ausdrücklich damit, die Ausbildung im Ausland, insbesondere auch in Portugal zu absolvieren. Die Ausbildung im Ausland sei auch unter dem Gesichtspunkt für das Erreichen des Berufsziels durchaus dienlich gewesen, da er dadurch die Möglichkeit gehabt habe, aus seinem bisherigen Wirkungsbereich (Milieu) herauszukommen, um "schlechten Einflüssen" aus dem Wege zu gehen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 2. August 2006 und den Widerspruchsbescheid vom 11. September 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger BAB ab 1. April 2006 bis 30. September 2008 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie weist darauf hin, dass der Spracherwerb sicher nicht ausreichend sei, eine besondere Dienlichkeit i.S.d. SGB III zu begründen. Das Bildungsziel sei das Bestehen der Abschlussprüfung. Dass hierfür eine vollständige Ausbildung im Ausland besonders dienlich sei, kann nach wie vor nicht gesehen werden. Insbesondere habe der Kläger selbst nicht dargelegt, aus welchen Gründen die Ausbildung im Ausland für das Erreichen des Bildungsziels und die Beschäftigungsfähigkeit in seinem Fall besonders dienlich sein soll. Mit allgemeinen Floskeln wie z.B. Spracherwerb oder dergleichen könne eine besondere Dienlichkeit nicht begründet werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch auf Gewährung von BAB ab 1. April 2006.
Nach den §§ 59 ff SGB III haben Auszubildende einen Anspruch auf BAB während einer beruflichen Ausbildung oder einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme, wenn 1. die berufliche Ausbildung oder die berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme förderungsfähig ist, 2. sie zum förderungsfähigen Personenkreis gehören und die sonstigen persönlichen Voraussetzungen für eine Förderung erfüllt sind und 3. ihnen die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt, die Fahrkosten, die sonstigen Aufwendungen und die Lehrgangskosten (Gesamtbedarf) nicht anderweitig zur Verfügung stehen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Im Einzelnen:
1.
Die vom Kläger durchlaufene Ausbildung zum Koch bei der Deutsch-Portugiesischen Industrie- und Handelskammer ist grundsätzlich förderungsfähig in diesem Sinne. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
2.
Der Kläger gehört auch zum förderungsfähigen Personenkreis iSv §§ 59, 63 ff SGB III. Der Förderung steht insbesondere nicht entgegen, dass der Kläger zuvor bereits zwei Ausbildungen angefangen und abgebrochen hat. Nach § 60 Abs. 2 SGB III in der bis 29. August 2008 geltenden Fassung ist förderungsfähig grundsätzlich die erstmalige Ausbildung; nach der vorzeitigen Lösung eines Ausbildungsverhältnisses darf erneut gefördert werden, wenn für die Lösung ein berechtigter Grund bestand. Der Kläger hat dargelegt, aus welchen Gründen er die beiden Ausbildungen abgebrochen und dass stets sein Ziel gewesen sei, den Beruf des Kochs zu erlernen. Auch die Beklagte vertritt soweit ersichtlich nicht den Standpunkt, dass die Förderungsfähigkeit der Ausbildung zum Koch in Portugal daran scheitert, dass der Kläger bereits zwei Ausbildungen abgebrochen hat.
Vielmehr stützt sich die Beklagte bei der Ablehnung der begehrten Förderung ausschließlich darauf, dass die Förderung der Ausbildung im Ausland nach § 62 SGB III nicht in Betracht komme. Nach § 62 Abs. 2 Nr. 2 SGB III ist eine betriebliche Ausbildung, die vollständig im angrenzenden Ausland oder in den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union durchgeführt wird, förderungsfähig, wenn die Ausbildung im Ausland für das Erreichen des Bildungsziels und die Beschäftigungsfähigkeit besonders dienlich ist.
Nach der bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung dieser Regelung setzte die Förderungsfähigkeit einer Auslandsausbildung voraus, dass eine entsprechende Ausbildung im Inland für den Auszubildenden nicht möglich oder nicht zumutbar war. Seit dem 1. Januar 2002 ist eine Förderung auch im Falle der Zumutbarkeit einer Inlandsausbildung möglich.
Bei der Frage, ob eine Auslandsausbildung besonders dienlich i.S.d. § 62 Abs. 2 Nr. 2 SGB III ist, ist der Agentur für Arbeit kein Beurteilungsspielraum eingeräumt; sie ist im gerichtlichen Verfahren vielmehr voll überprüfbar (Wagner, in: Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe (Hrsg), SGB III, § 63 Rdn 18). Die Vorschrift ist nach ihrem Sinn und Zweck und nach dem gesetzgeberischen Willen nicht restriktiv auszulegen. Die gesetzgeberische Absicht kommt vor allem in der zum 1. Januar 2002 geänderten Fassung der Norm eindeutig zum Ausdruck. Der Wortlaut der Norm spricht nicht für eine besonders enge Auslegung. Nach der Gesetzesbegründung ist eine besondere Dienlichkeit regelmäßig zu bejahen, wenn der Erwerb bzw. die Vertiefung von Sprachkenntnissen und spezifischen Auslandserfahrungen zu einer Kompetenzerweiterung führen (vgl BT-Drucksache 14/6944 Seite 33; Stratmann, in: Niesel, SGB III, 4. Aufl. 2007, § 62 Rdn 5; Buser, in: Eicher/Schlegel, SGB III, § 62 Rdn 44). Aus der Gesetzesbegründung lassen sich insoweit Rückschlüsse auf die Auslegung des Begriffs der besonderen Dienlichkeit für das Bildungsziel und die Beschäftigungsfähigkeit ziehen; das Erlernen oder Perfektionieren einer Sprache oder der Erfahrungsgewinn durch eine im Ausland absolvierte Ausbildung rechtfertigen im Regelfall den Auslandsaufenthalt, wobei Ziel der Förderung einer Ausbildung im Ausland nach wie vor der erfolgreiche Ausbildungsabschluss und nicht der Spracherwerb als solcher sein muss (Fuchsloch in: Gagel, SGB III, § 62 Rdn 23). Nach alledem kann von einer besonderen Dienlichkeit im Sinne der neuen Vorschrift im Allgemeinen zumindest dann ausgegangen werden, wenn in dem entsprechenden Berufszweig Auslandserfahrungen Vorbedingungen für eine Einstellung oder zumindest erhebliche Wettbewerbsvorteile bei der Einstellung oder beim beruflichen Fortkommen verschaffen (Wagner in: Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe (Hrsg), SGB III, § 63 Rdn 17).
Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass die vom Kläger angestrebte und inzwischen durchgeführte Ausbildung zum Koch in Portugal für das Erreichen des Bildungsziels bzw. der Beschäftigungsfähigkeit besonders dienlich in diesem Sinne gewesen ist. Es kann hier offen bleiben, ob die aus den Gesetzesmaterialien und den Kommentaren zu § 62 SGB III hervorgehende weitgehende Auslegung des gesetzlichen Merkmals "besonders dienlich" so zu verstehen ist, dass regelmäßig - insbesondere, wenn der Auszubildende die erforderlichen Grundkenntnisse wie z.B. Sprachgrundkenntnisse mitbringt - eine besondere Dienlichkeit im Sinne des Gesetzes zu bejahen ist. Für die Kammer steht jedoch außer Zweifel, dass im Bereich Gastronomie und Hotelgewerbe sowohl eine Ausbildung in einem renommierten ausländischen Hotel als auch ein späterer Auslandsaufenthalt regelmäßig ganz erheblich förderlich für die weitere berufliche Karriere des Betroffenen ist. Für diese Branche ist allgemein anerkannt, dass berufliche Auslandsaufenthalte und damit auch eine im Ausland absolvierte Ausbildung sehr gern gesehen werden und die Einstellungschancen bei zukünftigen Bewerbungen ebenso verbessern wie die Karrierechancen insgesamt. Dies gilt dann erst recht, wenn der Auslandsaufenthalt bzw. die Ausbildung in einem international bekannten, traditionsreichen Hotel stattfindet. Es kann vorliegend davon ausgegangen werden, dass die Ausbildung des Klägers im Hotel Reid's Palace auf Madeira sowie an der Algarve nicht nur die Sprachkenntnisse des Klägers verbessert hat, sondern ganz erheblich zu einem Erfahrungs- und Kenntnisgewinn des Klägers beigetragen hat, der seine beruflichen Chancen dauerhaft erheblich verbessert.
Die äußerst knappe Begründung der Beklagten im ablehnenden Bescheid vom 2. August 2006, die Ausbildung zum Koch in Portugal sei für das Erreichen des Bildungsziels nicht besonders dienlich, ist in keiner Weise nachvollziehbar oder verständlich. Der von der Beklagten vertretene Standpunkt ist deutlich zu restriktiv und trägt insbesondere dem Willen des Gesetzgebers in keiner Weise Rechnung. Die Beklagte verkennt, dass der Gesetzgeber durch die Änderung des § 62 SGB III zum 1. Januar 2002 gerade und eindeutig beabsichtigt hat, dass die Förderungsmöglichkeit einer Ausbildung im Ausland erleichtert wird. Entgegen der auch in diesem Verfahren von der Beklagten vorgetragenen Argumentation kommt es eben nicht (mehr) darauf an, ob eine gleichwertige Ausbildung im Inland auch möglich gewesen wäre. Die Beklagte legt insoweit ersichtlich dieselben Maßstäbe bei der Entscheidungsfindung an wie zur Geltung der Rechtslage bis 2001. Auch setzt sich die Beklagte in keiner Weise mit der Frage auseinander, ob branchenspezifische Besonderheiten dafür sprechen könnten, dass eine Ausbildung im Ausland besonders dienlich ist.
Die Beklagte kann zudem die Bejahung der besonderen Dienlichkeit nicht davon abhängig machen, dass vom Auszubildenden dezidierte Ausführungen verlangt werden zu etwaigen über die Ausbildung im Ausland hinausgehenden Zukunftsplänen und zu der Frage, wann und in welcher Form sich die besondre Dienlichkeit der Ausbildung im Ausland nach Einschätzung des Auszubildenden niederschlagen wird. Solche Anforderungen würden nahezu jeden Auszubildenden zum Zeitpunkt vor Beginn der Ausbildung überfordern. Die Beklagte hat vielmehr in erster Linie unter Berücksichtigung objektiver Kriterien zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 Nr. 2 SGB III, insbesondere das Merkmal der besonderen Dienlichkeit, erfüllt sind. Wenn die Agentur für Arbeit zum Ergebnis gelangt, dass eine bestimmte Ausbildung im Ausland - hier die Ausbildung zum Koch in Portugal bei der Deutsch-Portugiesischen Industrie- und Handelskammer - besonders dienlich für die Beschäftigungsfähigkeit ist, so kann diese Feststellung nicht in jedem Einzelfall dem Grunde nach völlig neu hinterfragt und überprüft werden, sondern muss dann zunächst grundsätzlich gelten. Dies schließt allerdings nicht aus, dass in einem zweiten Schritt die Besonderheiten des Einzelfalls dazu führen können, dass dennoch eine besondere Dienlichkeit i.S.d. Vorschrift abzulehnen ist, wenn der betroffene Auszubildende in seiner Person liegende Besonderheiten aufweist, die in seinem Fall eine besondere Dienlichkeit ausnahmsweise nicht begründen. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn eine Ausbildung im Ausland zwar grundsätzlich besonders dienlich für die Beschäftigungsfähigkeit ist, diese allerdings bestimmte Grundkenntnisse einer Fremdsprache erfordert, über die nicht jeder Auszubildende gleichermaßen verfügt.
Wenig nachvollziehbar ist auch, dass die Beklagte einerseits durch Broschüren und auf ihrer Homepage nachdrücklich über eine mögliche Ausbildung z.B. zum Koch in Portugal bei der Deutsch-Portugiesischen Industrie- und Handelskammer informiert, dann jedoch, wenn ein Auszubildender diese Möglichkeit für sich auswählt und in Angriff nimmt, eine Förderungsfähigkeit ohne plausible Begründung ablehnt. Das Gericht verkennt insoweit nicht, dass die Beklagte im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten nicht nur zur Förderung von Arbeitslosen und Auszubildenden verpflichtet ist, sondern auch zur Informationen über Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Daraus folgt sicher noch nicht eine grundsätzliche Verpflichtung der Beklagten, eine entsprechende Förderung vorzunehmen, wenn der Einzelne sich für diese Ausbildung entscheidet. Jedoch erfordert es nach Auffassung des Gerichts in Fällen, in denen die Beklagte ausdrücklich Auszubildende auf eine bestehende Möglichkeit der Ausbildung hinweist, einen erhöhten und nachvollziehbaren Begründungsaufwand, wenn dann eine besondere Dienlichkeit dieser Ausbildung iSv § 62 SGB III abgelehnt werden soll. Daran lassen es die angefochtenen Bescheide in jeder Hinsicht vermissen. Insbesondere hat sich die Beklagte - wie dargelegt - in keiner Weise damit auseinandergesetzt, ob eine Ausbildung im Bereich Hotel und Gastronomie im Hinblick auf die Frage der besonderen Dienlichkeit anders zu beurteilen ist als andere Ausbildungen. Die ablehnende Begründung der Beklagten geht vielmehr in die Richtung, dass immer dann, wenn eine entsprechende Ausbildung auch in Deutschland absolviert werden könnte, eine Förderung der Ausbildung im Ausland nicht in Betracht kommt. Diese Sichtweise verkennt jedoch sowohl den Wortlaut des Gesetzes als auch den gesetzgeberischen Willen eindeutig.
3.
Dem Kläger standen für den Zeitraum der Ausbildung ab 1. April 2006 auch die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt, die Fahrkosten, die sonstigen Aufwendungen und die Lehrgangskosten zumindest nicht vollständig anderweitig zur Verfügung iSv §§ 59 Nr. 3 SGB III. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die fiktive Berechnung der Beklagten vom März 2008 nicht zugrunde gelegt werden kann. In dieser Berechnung ist die Beklagte fehlerhaft davon ausgegangen, dass die Eltern des Klägers weiterhin verheiratet sind und auch nicht getrennt leben. Unter Berücksichtigung der zutreffenden Freibeträge iSv § 25 BAföG sowie unter Berücksichtigung der nach § 65 Abs. 2 SGB III im Falle der Unterbringung des Auszubildenden bei voller Verpflegung und Unterkunft zugrunde zu legenden Werte der Sachbezugsverordnung für Verpflegung und Unterkunft besteht ein Anspruch des Klägers auf BAB ab 1. April 2006. Dabei ist das Einkommen insbesondere des Vaters des Klägers im Rahmen der Berechnung grundsätzlich anzurechnen. Der Kläger kann nicht - wie zeitweise schriftsätzlich erfolgt - argumentieren, dass die Eltern ihm gegenüber zum Zeitpunkt des Ausbildungsbeginns nicht mehr unterhaltspflichtig gewesen seien. Insbesondere kann er sich insoweit nicht darauf stützen, dass der Abbruch der zunächst begonnenen Ausbildungen sowie die zwischenzeitliche Arbeitslosigkeit dazu führen würden, dass die Eltern nicht mehr unterhaltspflichtig seien. Wenn man diese Sichtweise weiter verfolgte und insbesondere davon ausginge, dass der Abbruch der ersten Ausbildung ohne Grund erfolgt sei, käme man konsequenterweise zu der Fragestellung, ob die Ausbildung ab 1. April 2006 überhaupt dem Grunde nach förderungsfähig ist iSv § 60 Abs. 2 SGB III. Die Beklagte wird daher unter Zugrundelegung der vorliegenden Unterlagen und ggf. unter Anforderung weitergehender Unterlagen vom Kläger die Höhe des Anspruchs ab 1. April 2006 zu berechnen und festzustellen haben.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.