Sozialgericht Stade
Beschl. v. 03.08.2009, Az.: S 34 SF 9/09 E
Bibliographie
- Gericht
- SG Stade
- Datum
- 03.08.2009
- Aktenzeichen
- S 34 SF 9/09 E
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 43660
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGSTADE:2009:0803.S34SF9.09E.0A
Tenor:
Auf die Erinnerung der Erinnerungsführerin wird der Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts Stade vom 6. Februar 2009 geändert. Die der beigeordneten Rechtsanwältin A. im Rahmen der Prozesskostenhilfe aus der Landeskasse zu gewährenden Gebühren und Auslagen werden auf 410,55 EUR festgesetzt.
Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.
Gründe
Streitig ist die Höhe der aus der Landeskasse als Prozesskostenhilfe zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren.
Zu Unrecht hat der Urkundsbeamte die Festsetzung einer Einigungsgebühr nach Nr 1006 VV RVG (beantragt war: Nr 1005 VV RVG) abgelehnt. Der Rechtsstreit endete durch die vom Kläger erklärte Annahme eines Teilanerkenntnisses der Beklagten bei Erledigungserklärung der Sache im Übrigen am 4. Februar 2009. Im Falle der Annahme eines Teilanerkenntnisses zur Erledigung des Rechtsstreits ist regelmäßig die Festsetzung einer Einigungsgebühr gerechtfertigt. Entgegen der Rechtsauffassung der Erinnerungsführerin ist vorliegend jedoch eine Einigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG entstanden, nicht nach Nr 1005 VV RVG. Denn vorliegend war über den Gegenstand ein gerichtliches Verfahren anhängig, so dass Nr 1006 VV RVG zugrunde zu legen ist. Offensichtlich wollte die Erinnerungsführerin - allerdings fehlerhaft Bezug nehmend auf Nr 1005 VV RVG -insoweit die Mittelgebühr geltend machen. Dies hält auch das Gericht für zutreffend, allerdings ist unter Berücksichtigung des Gebührenrahmens von 30,00 - 350,00 EUR von einer Mittelgebühr in Höhe von 190,00 EUR auszugehen. Die von der Erinnerungsführerin angesetzte Einigungsgebühr in Höhe von 280,00 EUR erweist sich im Übrigen als unbillig iS der Kriterien des § 14 RVG. Denn die Sache ist in jeder Hinsicht als durchschnittlich zu betrachten, so dass allenfalls die Mittelgebühr gerechtfertigt ist.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat zu Recht die Festsetzung einer Terminsgebühr abgelehnt. Dass vorliegend eine Terminsgebühr nicht entstanden ist, resultiert aus den folgenden Erwägungen:
Der Anspruch auf eine Terminsgebühr ergibt sich aus Nr 3106 VV RVG. Danach beträgt die Terminsgebühr 20,00 EUR bis 380,00 EUR. Gemäß Vorbemerkung 3 Abs 3 zu Teil 3 VV RVG entsteht eine Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts, wobei dies allerdings für Besprechungen (nur) mit dem Auftraggeber nicht gilt. Solche Tätigkeiten, dh die Vertretung in einem gerichtlichen Termin oder die Teilnahme an auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen, hat der Erinnerungsführer bereits nach seinem Vorbringen nicht entfaltet. Die Voraussetzungen der Anmerkungen 1 bis 3 der Nr 3106 VV-RVG liegen nicht vor, unter denen "auch" eine Terminsgebühr entsteht. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der Anmerkung 3, die sich auf ein Verfahrensende nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung bezieht. Ein Anerkenntnis im Sinn der genannten Vorschrift liegt nicht vor. Denn das Klageverfahren ist am 2. August 2007 durch die Annahme eines Teilanerkenntnisses beendet worden. Dieses ist prozessual indessen wie ein Vergleich zu werten (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen , Beschluss vom 27. November 2006 - L 10 B 8/06 R SF; Landessozialgericht Schleswig-Holstein , Beschluss vom 8. März 2006 - L 1 B 88/06 R SF SK).
Dabei ist auch berücksichtigt, dass das Sozialgerichtsgesetz (SGG) nach seinem ausdrücklichen Wortlaut nur drei Arten unstreitiger Verfahrenserledigungen kennt: den gerichtlichen Vergleich, § 101 Abs 1 SGG, das angenommene Anerkenntnis, § 101 Abs 2 SGG, und die Rücknahme, § 102 Satz 2 SGG. Nach diesen Vorschriften ist ein außergerichtlicher Vergleich nicht geeignet den Rechtsstreit zu erledigen. Typischerweise bringen die Beteiligten des Rechtsstreites in einem (nicht nur Teil)Vergleich aber übereinstimmend zum Ausdruck, dass der Rechtsstreit mit der außergerichtlichen Einigung in vollem Umfang zum Abschluss gebracht werden soll. Ein derartiger außergerichtlicher Vergleich kann in prozessualer Hinsicht als angenommenes Teilanerkenntnis und Rücknahme der weitergehenden Klage gewertet werden.
Eine andere Auslegung der Nr 3106 VV RVG ist auch nicht zur Vermeidung verfassungsrechtlich bedenklicher Ungleichbehandlungen von Erledigungen durch Vergleich einerseits und aufgrund Anerkenntnisses andererseits erforderlich. Denn es ist nicht so, dass der Anwalt in den von § 3 RVG erfassten Verfahren bei außerterminlicher Erledigung aufgrund Anerkenntnisses drei, bei außerterminlicher Erledigung durch Vergleich aber nur zwei Gebühren erhielte. Neben der in beiden Fällen entstehenden Verfahrensgebühr (Nr 3100 iVm Nr 3102 oder 3103 VV RVG) steht dem Anwalt bei vergleichsweiser Verfahrensbeendigung die Einigungsgebühr (Nr 1000 iVm Nrn 1005, 1006 VV RVG) zu. Diese Gebühr ist jedoch wegen Anmerkung 1 Satz 1, 2. Halbsatz zu Nr 1000 VV RVG bei einer Erledigung des Rechtsstreites aufgrund eines Anerkenntnisses ausgeschlossen (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen , Beschluss vom 27. November 2006 - L 10 B 8/06 R SF).
Unstreitig ist die Festsetzung der Verfahrensgebühr nach Nr 3103 VV RVG in Höhe von 170,00 EUR.
Zu Recht hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle darüber hinaus den Betrag von 35,00 EUR auf die Gebühren für das gerichtliche Verfahren angerechnet. Denn die Erinnerungsführerin hat Gebühren für die Beratungshilfe in Höhe von 70,00 EUR erhalten. Nach Nr 2503 VV RVG Abs 2 ist die Beratungshilfegebühr für ein anschließendes gerichtliches oder behördliches Verfahren zur Hälfte anzurechnen.
Nach alledem berechnen sich die erstattungsfähigen Gebühren und Auslagen wie folgt:
Verfahrensgebühr Nr 3103 VV RVG 170,00 EUR Einigungsgebühr Nr 1006 VV RVG 190,00 EUR Auslagenpauschale Nr 7002 VV RVG 20,00 EUR abzüglich 1/2 Beratungshilfegebühr Nr 2503 VV RVG - 35.00 EUR Umsatzsteuer Nr 7008 VV RVG 65,55 EUR
Summe: 410,55 EUR.
Die Entscheidung ist unanfechtbar, § 178 SGG.