Sozialgericht Stade
Urt. v. 25.05.2009, Az.: S 28 AS 245/05

Berücksichtigung von Aufwendungen für eine Lebensversicherung als Kosten der Unterkunft

Bibliographie

Gericht
SG Stade
Datum
25.05.2009
Aktenzeichen
S 28 AS 245/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 48709
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGSTADE:2009:0525.S28AS245.05.0A

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Die Kläger begehren die Berücksichtigung ihrer Aufwendungen für eine Lebensversicherung als Kosten der Unterkunft.

Die Kläger bewohnen ein Eigenheim mit einer Gesamtgröße von 94 m2, wovon nach Angaben der Kläger ein Wohnflächenanteil von 60 m2 besteht. Das Haus ist bezugsfertig seit 1979. Nach Mitteilung des Kreditinstitutes vom 1. Januar 2005 belief sich der Darlehensstand zum 31. Dezember 2004 auf 56.242,11 EUR. Im Kreditvertrag vom 15. Oktober 1991 sind zur Absicherung des ursprünglichen Kreditbetrages von 110.000,00 DM als Sicherheiten eingetragen eine Bürgschaft, eine Grundschuld sowie die angezeigte und bestätigte Abtretung der Lebensversicherung der Klägerin über 58.000,00 DM. Die Beiträge zur Lebensversicherung werden seit 2005 nach Angaben der Klägerin von Verwandten getragen. Mit im Haus wohnt der Sohn der Kläger, der für den hier streitigen Zeitraum eine eigene Bedarfsgemeinschaft bildet (vgl Klageverfahren - S 28 AS 253/05 -).

Im August 2004 beantragten die Kläger beim Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ab 1. Januar 2005. Im Antrag gaben sie an, monatlich 374,95 EUR an Schuldzinsen für auf ihrem Eigenheim lastende Kredite zu entrichten und wiesen die weiteren Nebenkosten nach. Mit Bescheid vom 23. Dezember 2004 in der Fassung eines Änderungsbescheids vom 15. Februar 2005 bewilligte der Beklagte den Klägern die begehrten Leistungen. Bei der Leistungsberechnung berücksichtigte er im Rahmen der Kosten der Unterkunft die Schuldzinsen sowie die nachgewiesenen Kosten der Unterkunft in der sich ergebenen vollen Höhe von 437,66 EUR zzgl Heizkosten. Die Kläger legten gegen den Bewilligungsbescheid vom 23. Dezember 2004 aufgrund verschiedener einzelner Punkte Widerspruch ein, unter anderem wegen der Nichtberücksichtigung der Aufwendungen für eine Lebensversicherung, die der Finanzierung des Eigenheimes diene.

Mit Bescheid vom 30. März 2005 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 7. Juni 2005 und 9. Juni 2005 bewilligte der Beklagte die Leistungen fort, diesmal für den Zeitraum April 2005 bis September 2005. Auch gegen diese Bewilligung legten die Kläger aus den gleichen Gründen wie zuvor Widerspruch in jedem einzelnen Punkt ein.

Der Beklagte wies alle Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2005 als unbegründet zurück und teilte bezüglich der Aufwendungen für die Lebensversicherung darin mit, dass Aufwendungen für die Tilgung unberücksichtigt bleiben müssten, da es anderenfalls zu einer ungerechtfertigten Vermögensbildung aus öffentlichen Mitteln käme. Die Beiträge zur Lebensversicherung könnten daher nicht bedarfserhöhend bezüglich der Kosten für die Unterkunft berücksichtigt werden. Am 24. August 2005 haben die Kläger Klage erhoben.

Zur Begründung weisen sie darauf hin, dass die Lebensversicherung der Tilgung des Darlehens beim Kreditinstitut zum Zwecke der Eigenheimfinanzierung diene. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 18. Juni 2008 - B 14/11b AS 67/06 R - seien diese Aufwendungen daher zu berücksichtigen.

Die Kläger beantragen,

die Bescheide des Beklagten vom 23. Dezember 2004, 15. Februar 2005, 30. März 2005, 7. Juni 2005 und 9. Juni 2005 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 26. Juli 2005 aufzuheben und die Leistungen unter Berücksichtigung der laufenden Zahlungen für die Lebensversicherung der Klägerin als Kosten der Unterkunft neu zu berechnen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist im Wesentlichen auf seine bisherigen Ausführungen.

Zum Vorbringen der Beteiligten im Übrigen und zu weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die vorliegende Verwaltungsakte des Beklagten, die auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung am 25. Mai 2009 waren, verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

Die angegriffene Entscheidung des Beklagten hinsichtlich der Nichtberücksichtigung der Aufwendungen der Klägerin für ihre Lebensversicherung erweist sich als rechtmäßig und beschwert die Kläger daher nicht, § 54 Abs 2 SGG. Die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung auch der Aufwendungen der Lebensversicherung als Kosten der Unterkunft sind nicht erfüllt.

Gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II werden im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem SGB II die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung übernommen, soweit diese angemessen sind. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 18. Juni 2008 - B 14/11b AS 67/06 R - sind Tilgungsleistungen als Bestandteil der Finanzierungskosten einer vom Hilfebedürftigen selbst genutzten Eigentumswohnung vom Grundsicherungsträger bis zur Höhe der angemessenen Kosten einer Mietwohnung als Kosten der Unterkunft zu übernehmen, wenn der Hilfebedürftige anderenfalls gezwungen wäre seine Wohnung aufzugeben.

Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist auf Eigenheimbesitzer in gleicher Weise anwendbar. Die Voraussetzungen, die das Bundessozialgericht für eine ausnahmsweise Übernahme auch von Tilgungsleistungen aufstellt, sind im Fall der Lebensversicherung der Klägerin nicht erfüllt.

Das Gericht konnte nicht mit ausreichender Überzeugung feststellen, dass die Lebensversicherung der Klägerin mit der Finanzierung des Eigenheims der Kläger unmittelbar verbunden ist. Der Nachweis eines untrennbaren Zusammenhangs wurde nicht erbracht. Aus dem Kreditvertrag vom Oktober 1991 lässt sich zwar entnehmen, dass die Lebensversicherung der Klägerin zur Sicherheit der Darlehensforderung der Bank an diese abgetreten wurde. Daraus ergibt sich jedoch noch nicht, da die Lebensversicherung als solche für die Finanzierung bzw Rückzahlung des Kredites vorgesehen ist. Die Abtretung als Sicherheit alleine reicht nicht aus, um den notwendigen Zusammenhang herzustellen. Denn eine Sicherheit kommt üblicherweise nur dann zum Tragen, wenn der durch sie abgesicherte Kredit notleidend wird. Solange der Kredit jedoch ordnungsgemäß bedient wird, bestehen weder Möglichkeit noch Notwendigkeit eines Rückgriffs des Kreditinstitutes auf die vereinbarten Sicherheiten. Das Gericht kann auch nicht erkennen, dass die Lebensversicherung der Klägerin nach Fälligkeit zwingend in die Kredittilgung fließt. Die Klägerin konnte auch selbst keine entsprechenden Nachweise erbringen. Der Lebensversicherungsvertrag selbst wurde nicht vorgelegt. Das Gericht muss daher davon ausgehen, dass die Lebensversicherung zwar als Sicherheit in einem Zusammenhang mit der Eigenheimfinanzierung steht, jedoch nicht fester Bestandteil der Abzahlung des aufgenommenen Kredits ist.

Davon abgesehen sind auch die weiteren Voraussetzungen, die das Bundessozialgericht für eine ausnahmsweise Übernahme auch von Tilgungsleistungen aufstellt, nicht erfüllt. So ist nicht ersichtlich, dass die Übernahme dieser Aufwendungen für den Hilfebedürftigen bzw hier für die Kläger tatsächlich unvermeidbar ist und sie ansonsten mit dem Verlust ihres Eigenheimes bedroht sein könnten. Zwar ist glaubhaft, dass die Bank den Klägern mitgeteilt hat, sie müssten die Lebensversicherung auf jeden Fall weiter bedienen, denn aus Sicht der Bank handelte es sich um eine ihrer Sicherheiten. Es besteht jedoch kein Anhaltspunkt für die Annahme, dass die Beendigung der Aufwendungen für die Lebensversicherung unmittelbar zu einer Kündigung des Darlehensvertrages führen würde und damit eine relevante Gefährdung des Eigentums entstände. Solange der Kreditvertrag weiter - wie derzeit nach Angaben der Kläger mit Hilfe von Verwandten - ordnungsgemäß bedient wird, hat die Bank keinen Anlass, auf die Sicherheit zuzugreifen. Daneben besteht auch noch eine weitere Sicherheit in Gestalt einer Grundschuld auf dem finanzierten Grundstück.

Darüber hinaus käme eine wesentliche Erhöhung der anerkannten Kosten der Unterkunft bei Übernahme der Lebensversicherung auch deshalb nicht in Betracht, weil das Bundessozialgericht eine Übernahme maximal bis zur Höhe der abstrakt angemessenen Kosten einer Mietwohnung für denkbar hält. Die abstrakte Grenze der Angemessenheit der Kosten wird durch die bereits anerkannten Kosten fast erreicht. Der Beklagte hat bisher Kosten in Höhe von 437,66 EUR (ohne Heizkosten) anerkannt und bei der Leistungsberechnung berücksichtigt. Unter Berücksichtigung des damaligen Standes der Rechtsprechung, die zur Feststellung der Angemessenheit von Kosten einen Rückgriff auf die rechte Spalte der Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) zzgl eines Aufschlags von 10 % für korrekt erachtete, liegt die Angemessenheitsgrenze hier bei einem Dreipersonenhaushalt - der mit im Haus wohnende Sohn der Kläger ist insoweit zu berücksichtigen - im Bereich der Mietstufe II bei 410,00 EUR (Fassung der Wohngeldtabelle von 2005). Mit dem Aufschlag von 10 % ergibt sich damit eine obere Grenze von 451,00 EUR. Vor diesem Hintergrund käme selbst bei nachweislichem Zusammenhang der Aufwendungen für Lebensversicherung mit der Kreditfinanzierung und damit einer möglichen Anerkennung als Kosten der Unterkunft eine Übernahme von maximal 13,34 EUR als weitere Kosten der Unterkunft in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.