Sozialgericht Stade
Beschl. v. 03.08.2009, Az.: S 34 SF 101/08
Honorargruppen M1 bis M3 der Anlage zu § 9 Abs. 1 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) als auf die Schwierigkeit des Begutachtungsgegenstandes abstellend
Bibliographie
- Gericht
- SG Stade
- Datum
- 03.08.2009
- Aktenzeichen
- S 34 SF 101/08
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 19134
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGSTADE:2009:0803.S34SF101.08.0A
Rechtsgrundlagen
- § 4 Abs. 1 Nr. 1 JVEG
- § 9 Abs. 1 JVEG
Tenor:
Die Vergütung der Antragstellerin für ihr Sachverständigengutachten vom 02. Oktober 2008 wird auf 1.259,75 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin erstattete in dem unter dem Aktenzeichen S 9 R 38/05 geführten Klageverfahren auf die Beweisanordnung des Sozialgerichts vom 07. Mai 2008 in Verbindung mit dem Schreiben des Gerichts vom 27. Mai 2008 das angeforderte klinisch-psychologische Zusatzgutachten nach ambulanter Untersuchung des Klägers vom 02. Oktober 2008.
Mit Liquidation vom 23. Oktober 2008 verlangte die Antragstellerin eine Gesamtvergütung in Höhe von 1.763,80 EUR. Geltend gemacht wurden insoweit als notwendiger Zeitaufwand 20 Arbeitsstunden unter Zugrundelegung der Honorargruppe M3 (85,- EUR).
Die Kostenbeamtin des Sozialgerichts setzte den Erstattungsbetrag am 28. Oktober 2008 auf 1.350,95 EUR fest. Dabei legte sie insgesamt 21,5 Stunden sowie die Honorargruppe M2 (60,- EUR) zu Grunde.
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2008 die richterliche Festsetzung ihrer Vergütung beantragt.
Die Bezirksrevisorin hält die von der Kostenbeamtin zu Grunde gelegte Honorargruppe M2 für zutreffend. Sie liegt allerdings wie von der Antragstellerin beantragt lediglich 20 Arbeitsstunden zu Grunde und hält daher insgesamt einen Erstattungsbetrag in Höhe von 1.259,75 EUR für gerechtfertigt.
II.
Der Antrag ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 JVEG zulässig. Die Vergütung war auf 1.259,75 EUR festzusetzen. Dieser Betrag errechnet sich wie folgt:
- 1.
Vergütung für Zeitaufwand 20 Stunden á 60,- EUR 1.200,- EUR
- 2.
Schreibauslagen Original des Gutachtens 42.000 Anschläge 31,50 EUR Durchschriften für 48 Seiten Gutachten, 9 Kopien 26,05 EUR
- 3.
Portoauslagen 2,20 EUR
Gesamt 1.259,75 EUR
Streitig ist nach dem Schreiben der Antragstellerin vom 13. Februar 2009 ausschließlich, nach welcher Honorargruppe iSv § 9 JVEG sich die Vergütung vorliegend richtet. Die Zuordnung zu einer Honorargruppe bestimmt sich nach Anlage zu § 9 Abs. 1 JVEG. Die Antragstellerin hat das Gutachten auf psychologischem Fachgebiet erstellt. Anlage 1 unterscheidet für medizinische Gutachten drei Honorargruppen. Während nach der Honorargruppe M1 einfache gutachterliche Beurteilungen zu vergüten sind, beinhaltet die Honorargruppe M2 beschreibende (Ist-Zustands-) Begutachtungen nach standardisiertem Schema ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge mit einfacher medizinischer Verlaufsprognose und mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad. In der Honorargruppe M3 sind Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad (Begutachtung spezieller Kausalzusammenhänge und/ oder differentialdiagnostischer Probleme und/oder Beurteilung der Prognose und/oder Beurteilung strittiger Kausalitätsfragen) erfasst. Die Anlage 1 beinhaltet eine Liste mit Regelbeispielen für Fallgestaltungen, die die Voraussetzungen für jeweilige Honorargruppe erfüllen.
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze richtet sich die Vergütung der Antragstellerin - wie die Kostenbeamtin zutreffend angenommen hat - nach der Honorargruppe M2. Als Regelbeispiel beinhaltet die Liste zu der Honorargruppe M2 in der Anlage 1 Gutachten zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zur Invalidität. Um ein solches Gut-achten handelt es sich im zu Grunde liegenden Fall. Das Gutachten diente der Feststellung der Erwerbsminderung; zu beurteilen war, ob der Kläger noch in der Lage ist regelmäßig unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Die Antragstellerin hat den Kläger entsprechend untersucht, darüber hinaus wurde eine testpsychologische Untersuchung vorgenommen. Weiterhin hat die Antragstellerin die testpsychologischen Untersuchungen im Einzelnen erläutert und die Ergebnisse dargestellt. Schließlich erfolgte eine Kurzdarstellung des Krankheitsverlaufs sowie eine Auswertung und Interpretation der erhobenen Testergebnisse. Die Darstellung der testpsychologischen Untersuchungsmethode, der Ergebnisse sowie die Auswertung und Interpretation derselben im Hinblick auf die Erwerbsfähigkeit des Klägers gehört zum im Rahmen einer Begutachtung vorauszusetzenden Fachwissen einer klinisch-psychologischen bzw. psychotherapeutischen Sachverständigen. Besondere Kausalitätsfragen waren im Rahmen der Begutachtung nicht zu klären bzw. zu erörtern. Anhaltspunkte dafür, dass es sich um ein Gutachten mit besonders hohem Schwierigkeitsgrad handelte, sind ebenfalls nicht erkennbar. Darüber hinaus kann die Antragstellerin nicht geltend machen, dass vorliegend eine längere Vorgeschichte einzubeziehen sowie mehrere Vorbegutachtungen zu würdigen gewesen seien. Diese Gesichtspunkte sind bereits durch den zeitlichen Aufwand z.B. für das Aktenstudium bzw. die Ausarbeitung des Gut-achtens zu berücksichtigen. Die Tatsache, dass konträre Gutachtermeinungen zu würdigen und entsprechend zu interpretieren gewesen sind, führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Regelmäßig muss der gerichtliche Sachverständige in einem Rentenverfahren sich mit zuvor erstellten Gutachten, die zum Teil zu anderen bzw. abweichenden Ergebnissen gekommen sind, kritisch auseinandersetzen. Allein dieser Umstand begründet keine besondere Schwierigkeit der Begutachtung, so dass deshalb die Honorargruppe M3 gerechtfertigt seien könnte. Letztlich stellen die Honorargruppen M1 bis M3 auf die (konkrete) Schwierigkeit des Begutachtungsgegenstandes ab (LSG Niedersachsen-Bremen , Beschluss vom 26. Januar 2005 - L 10 SF 1/05). In dem zugrunde liegenden Rechtsstreit wies das Gutachtenverfahren - im Vergleich zu anderen die Frage der Erwerbsfähigkeit im Rentenversicherungsrecht betreffenden Klageverfahren - keine besonderen Schwierigkeiten auf. Es ist damit dem Regelbeispiel "Gutachten zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zur Invalidität" der Honorargruppe M2 zuzuordnen.
Die Entscheidung ergeht kosten- und gebührenfrei, § 4 Abs. 8 JVEG.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss ist Beschwerde gemäß § 4 Abs. 3 JVEG zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt.
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