Sozialgericht Stade
Beschl. v. 02.06.2009, Az.: S 34 SF 73/08
Anforderungen an die Billigkeit einer gem. § 14 Abs. 1 S. 4 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) bestimmten Gebühr
Bibliographie
- Gericht
- SG Stade
- Datum
- 02.06.2009
- Aktenzeichen
- S 34 SF 73/08
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 19077
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGSTADE:2009:0602.S34SF73.08.0A
Rechtsgrundlagen
- § 3 RVG
- § 14 RVG
Tenor:
Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 07. März 2008 wird zurückgewiesen.
Gründe
Streitig ist die Höhe erstattungsfähiger Rechtsanwaltsgebühren. Am 16. Januar 2008 beantragte der Erinnerungsführer die Festsetzung der Gebühren und Auslagen für die Tätigkeit in dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren S 17 AS 565/07 ER. Im Einzelnen brachte er die folgenden Gebühren und Auslagen in Ansatz:
Verfahrensgebühr Nr. 3103 Vergütungsverzeichnis (VV) Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) 170,00 EUR Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Zwischensumme 190,00 EUR hierauf 19% Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 36,10 EUR Gesamtbetrag 226,10 EUR davon 1/2 113,05 EUR
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 07. März 2008 setzt die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren auf 87,76 Euro fest. Sie erkannte dabei die geltend gemachte Verfahrensgebühr bezogen auf die vom Erinnerungsführer geltend gemachte Mittelgebühr in Höhe von 3/4 an.
Hiergegen richtet sich die am 17. März 2008 beim Sozialgericht Stade eingegangene Erinnerung des Erinnerungsführers.
II.
Die zulässige Erinnerung ist unbegründet. Der Ansatz der Verfahrensgebühr in Höhe von 127,50 Euro ist nicht zu beanstanden.
Nach §§ 3, 14 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Rahmengebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und der Vermögensverhältnisse des Auftragsgebers nach billigem Ermessen. Das Haftungsrisiko ist zu berücksichtigen, § 14 Abs. 1 S 3 RVG. Wenn die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen ist, so ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nach § 14 Abs. 1 S 4 RVG nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
Ausgangspunkt bei der Bemessung der Gebühr ist die sogenannte Mittelgebühr, das heißt die Mitte des gesetzlichen Gebührenrahmens, die anzusetzen ist bei Verfahren durchschnittlicher Bedeutung, durchschnittlichen Schwierigkeitsgrades und wenn die vom Rechtsanwalt/Beistand geforderte und tatsächlich entwickelte Tätigkeit ebenfalls von durchschnittlichem Umfang war. Denn nur so wird eine einigermaßen gleichmäßige Berechnungspraxis gewährleistet. Abweichungen nach unten oder oben ergeben sich, wenn nur ein Tatbestandsmerkmal des § 14 RVG fallbezogen unter- oder überdurchschnittlich zu bewerten ist, wobei das geringere Gewicht eines Bemessungsmerkmals das überwiegende Gewicht eines anderen Merkmals kompensieren kann (Gerold/Schmidt-Mayer, RVG, 18. Auflage 2008, § 14 Rn 11).
Vorliegend ist die Urkundsbeamtin der Gebührenbemessung des Rechtsanwalts richtigerweise nicht gefolgt, da nach den Kriterien des § 14 RVG eine Qualifikation der Angelegenheit als durchschnittlich nicht zu rechtfertigen ist. Die vom Rechtsanwalt getroffene Bestimmung der Gebühren ist unbillig iSv § 14 RVG.
Die Bedeutung des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens für den Antragsteller wird von der Kammer als durchschnittlich eingestuft, da es für den Antragsteller um die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II und damit um die Gewährung von existenzsichernden Leistungen ging. Allerdings kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass das Verfahren lediglich die Gewährung von Leistungen für einen Zeitraum von wenigen Wochen betraf. Als deutlich unterdurchschnittlich ist allerdings der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit zu bewerten. Bis zur Erledigung des Rechtsstreits beschränkten sich die Ausführungen des Erinnerungsführers bzw. seines Prozessbevollmächtigten in der Sache auf wenige Sätze. Hinsichtlich der Schwierigkeit der Sache ist nicht ersichtlich, dass diese als überdurchschnittlich angesehen werden könnte. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Erinnerungsführers sind unterdurchschnittlich.
Bei einer Gesamtbetrachtung aller Kriterien des § 14 RVG ist dem zufolge die Entscheidung der Urkundsbeamtin, dass lediglich der Ansatz der 3/4-Gebühr als Verfahrensgebühr gerechtfertigt ist, nicht zu beanstanden. Da die Gebührenbestimmung des Rechtsanwalts um mehr als 20% von der vom Gericht für angemessen gehaltenen Gebühr abweicht, ist von einer unbilligen und damit nicht verbindlichen Gebührenbestimmung auszugehen (Gerold/Schmidt-Mayer, a.a.O. Rn 12).
Im Übrigen nimmt das Gericht Bezug auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss vom 07. März 2008.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 197 Abs. 2 SGG.