Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 17.02.2010, Az.: 5 LA 342/08

Pflicht der Deutschen Telekom AG zur Reaktivierung eines nach langer Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzten Beamten; Annahme zwingender dienstlicher Gründe für die Ablehnung einer Reaktivierung aufgrund fehlender, geeigneter freier Stellen bei gleichzeitig 4500 freien Stellen für Auszubildende; Erforderliche grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage für die Zulässigkeit einer Berufung bei bereits ausgelaufenem Recht

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
17.02.2010
Aktenzeichen
5 LA 342/08
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 11968
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2010:0217.5LA342.08.0A

Entscheidungsgründe

1

I.

Der am 7. August 1947 geborene Kläger, der mit Ablauf des 30. September 2002 wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden war, beantragte unter dem 31. Juli 2005 (Bl. 1 der Beiakte - BA - A),

ihn aufgrund wiederhergestellter Dienstfähigkeit erneut in das Beamtenverhältnis zu berufen.

2

Laut gutachterlichen Stellungnahmen des Ärztlichen Dienstes der Deutschen Telekom AG vom 12. Oktober 2005 (Bl. 9 BA A) und vom 14. Januar 2010 (Bl. 125 der Gerichtsakte - GA -), stand aus arbeitsmedizinischerer Sicht seiner Reaktivierung nichts entgegen bzw. ist die Annahme seiner Dienstunfähigkeit aus medizinischer Sicht (weiterhin) nicht begründet. Gleichwohl wendet sich die Beklagte mit ihrem Zulassungsantrag dagegen, dass das Verwaltungsgericht sie unter Aufhebung des Bescheides des Vorstands der Deutschen Telekom AG vom 5. April 2006 (Bl. 15 f. GA) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2007 (Bl. 4 ff. GA) verpflichtet hat, den Kläger erneut in das Beamtenverhältnis zu berufen. Sie meint weiterhin, sich - wie schon in den ergangenen Bescheiden - darauf berufen zu können, dass angesichts der Personalsituation und -planung bei der Deutschen Telekom AG der Reaktivierung des Klägers zwingende dienstliche Gründe im Sinne des § 46 Abs. 5 BBG (§ 45 Abs. 2 BBG a.F.) entgegenstünden. Ihren Antrag auf Zulassung der Berufung stützt die Beklagte auf die Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der besonderen rechtlichen Schwierigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

3

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg, weil die Zulassungsgründe, auf die sich die Beklagte beruft, jedenfalls nicht (mehr) vorliegen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

4

Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn auf Grund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts gewichtige gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschl. v. 23. 6. 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458 [1459]). Die Richtigkeitszweifel müssen sich allerdings auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (Nds. OVG, Beschl. v. 27. 3. 1997 - 12 M 1731/97-, NVwZ 1997, 1225 [1228];Beschl. v. 23. 8. 2007 - 5 LA 123/06 -; BVerwG, Beschl. v. 10. 3. 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, 542 [543]). Bei der Aufstellung der insoweit erforderlichen Prognose ist eine dem angefochtenen Urteil nachfolgende Änderung der Sach- oder Rechtslage mit folgenden Maßgaben (vgl.BVerwG, Beschl. v. 15. 12. 2003 - BVerwG 7 AV 2.03 -, NVwZ 2004, 744 [745] und Seibert, in: Sodan/Ziekow, [Hrsg.], VwGO, 2. Aufl. 2006, § 124a Rn. 257) zu berücksichtigen (Nds. OVG, Beschl. v. 28. 9. 2009 - 5 LA 321/07 -): Zum einen setzt die Berücksichtigung voraus, dass es nach dem materiellen Recht auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder der gerichtlichen Entscheidung ankommt. Zum anderen muss die Änderung der Sach- oder Rechtslage entweder für die Beurteilung gerade derjenigen Richtigkeitszweifel erheblich sein, die der Zulassungsantragsteller innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt hat, oder aber Bedeutung im Rahmen einer Prüfung des Oberverwaltungsgerichts gewinnen, ob sich die angefochtene Entscheidung aus anderen als den ihr beigegebenen Gründen als richtig darstellt (zum gebotenen Umfang einer solchen Prüfung: BVerwG, Beschl. v. 10. 3. 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, a.a.O., und Nds. OVG, Beschl. v. 17. 6. 2009 - 5 LA 103/07 -). Im Übrigen bleibt eine Änderung der Sach- oder Rechtslage dagegen unberücksichtigt, weil ein Zulassungsantragsteller nicht mit Blick auf eine nach dem Ablauf der Darlegungsfrist eingetretene Rechtsänderung erstmals neue Zulassungsgründe geltend machen (BVerwG, Beschl. v. 15. 12. 2003 - BVerwG 7 AV 2.03 -, NVwZ 2004, 744 [745]) oder neue Rügen erheben kann (Seibert, in: Sodan/Ziekow, [Hrsg.], VwGO, 2. Aufl. 2006, § 124a Rn. 257). Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, muss sich der Zulassungsantragsteller substanziell mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen (Happ, in: Eyermann, VwGO, Kommentar, 12. Aufl. 2006, § 124a Rn. 63). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte seiner Darlegung zu stellen sind, hängt deshalb auch von der Intensität ab, mit der die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet worden ist (vgl. Happ, a.a.O., § 124a Rn. 64, m.w.N.). Ist das angegriffene Urteil auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, müssen hinsichtlich aller dieser Begründungen Zulassungsgründe hinreichend dargelegt werden und vorliegen, es sei denn, dass diese Begründungen von verschiedener Rechtskraftwirkung sind (Bader, in: Bader u.a., VwGO, 4. Aufl. 2007, § 124a Rn. 81, m.w.N.). Im Falle eines auf mehrere selbständig tragende Begründungen von verschiedener Rechtskraftwirkung gestützten Urteils ist die Berufung nämlich schon dann zuzulassen, wenn nur hinsichtlich einer in ihrer Rechtskraftwirkung weiter reichenden Begründung ein Zulassungsgrund besteht (Nds. OVG, Beschl. v. 20. 9. 2007 - 5 LA 105/06 -; BVerwG, Beschl. v. 11. 4. 2003 - BVerwG 7 B 141/02 -, NJW 2003, 2255 f. [2256] zum Revisionszulassungsrecht).

5

Das Verwaltungsgericht begründet seine Auffassung, dass bundesweit fehlende, geeignete freie Stellen einer Reaktivierung des Klägers nicht als zwingende dienstliche Gründe im Sinne des §§ 45 Abs. 2 BBG a.F. (i.V.m. § 2 Abs. 3 Satz 2 PostPersRG) entgegenstünden, zum einen damit, dass die Beklagte nicht habe verdeutlichen können, warum der Kläger keine der 4.500 Stellen besetzen könne, die nach ihrem Vortrag ausschließlich für die Übernahme von Auszubildenden vorgesehen seien. Zum anderen begründet es seine Auffassung damit, dass allein die Vielzahl der bis 2009 zu besetzenden Stellen (neben den 4.500 Stellen für Auszubildende gebe es noch weitere 4.000 Neueinstellungen, davon seien 2.700 für Nachwuchskräfte und 1.300 für sogenannte "Professionals" vorgesehen), insbesondere auch im mittleren Dienst, dafür spreche, dass für den Kläger eine amtsangemessene Beschäftigung vorhanden sei. "Die Beklagte" [gemeint ist hier allerdings nicht die Beklagte, sondern das sie vertretende Postnachfolgeunternehmen] sei wegen der anzuwendenden Vorschriften und Grundsätze aus dem Beamtenrecht gerade keine ganz "normale" Aktiengesellschaft, die völlig frei über ihre Neueinstellungen entscheiden könne.

6

Es kann dahinstehen, ob die Beklagte zu Recht ernstliche Richtigkeitszweifel gegenüber den Ausführungen der Vorinstanz geltend macht, die die 4.500 Ausbildungsstellen betreffen. Denn die weitere an die Vielzahl (anderer) Stellen anknüpfende Argumentation des Verwaltungsgerichts stellt eine selbständig tragende Begründung des angefochtenen Urteils dar, an deren Ergebnisrichtigkeit die Darlegungen des Zulassungsantrags keine ernstlichen Zweifel zu begründen vermögen, sodass der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht vorliegt.

7

Bei Klagen auf die Wiederberufung in das Beamtenverhältnis ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich (BVerwG, Urt. v. 25. 6. 2009 - BVerwG 2 C 68.08 -, NVwZ-RR 2009, 893). In einem Berufungsverfahren wäre die Verpflichtungsklage des Klägers deshalb auf der Grundlage der gegenwärtigen Sach- und Rechtslage und d.h. nach den §§ 2 Abs. 3 Satz 2 PostPersRG, 46 Abs. 5 BBG zu beurteilen. Zwingende dienstliche Gründe im Sinne des 46 Abs. 5 BBG, die einer erneuten Berufung des Kägers in das Beamtenverhältnis entgegenstehen, liegen jedoch eindeutig nicht vor. Solche Gründe könnten hier nämlich nur betriebswirtschaftliche Gründe sein, die sich aus den organisatorischen und personellen Strukturen des Postnachfolgeunternehmens Deutsche Telekom AG und deren beabsichtigter Weiterentwicklung ergeben. Der Gesetzgeber hat aber das Interesse des gesundeten Beamten an einer erneuten Berufung einerseits und das Interesse des Dienstherrn an Personalplanungs- sowie Personalkostensicherheit andererseits in einer Weise austariert, dass eine Ablehnung der Reaktivierung ausnahmsweise nur noch dann in Betracht kommt, wenn durch die Wiederernennung mit großer Wahrscheinlichkeit schwerwiegende, vernünftigerweise nicht hinnehmbare Beeinträchtigungen zu besorgen sind (BVerwG, Urt. v. 25. 6. 2009 - BVerwG 2 C 68.08 -, NVwZ-RR 2009, 893 [894 Rn. 18]). Das begründet für den Dienstherrn die Notwendigkeit, für den Fall eines Antrags auf Wiederberufung Vorsorge zu treffen, etwa durch das Ausweisen einer Leerstelle. Hat er dies versäumt, kann er auch zur Einrichtung einer entsprechenden Planstelle unter Zuweisung eines amtsangemessenen Aufgabenbereichs an den Beamten verpflichtet sein. Schwerwiegende Beeinträchtigungen, die den Grad zwingender dienstlicher Gründe im Sinne des § 46 Absatz 5 BBG erreichen, liegen deshalb nicht schon dann vor, wenn für einen zu reaktivierenden Ruhestandsbeamten nach den vorhandenen organisatorischen Strukturen kein amtsangemessener Arbeitsposten zur Verfügung steht. Vielmehr kommt es darauf an, ob es den Dienstherrn vor nicht mehr hinnehmbare Schwierigkeiten stellt, durch organisatorische Änderungen einen geeigneten Dienst- oder Arbeitsposten zu schaffen (BVerwG, Urt. v. 25. 6. 2009 - BVerwG 2 C 68.08 -, a.a.O., S. 894 f. Rn. 21). Dies wird in aller Regel nur bei Dienstherren mit einem geringen Personalbestand in Betracht kommen, sodass es als offenkundig (§ 291 ZPO i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO) betrachtet werden muss, dass es der Deutschen Telekom AG angesichts ihres Personalbestandes möglich ist, ohne unzumutbare Schwierigkeiten eine amtsangemessene Tätigkeit zu finden, die einem Dienstposten der Besoldungsruppe A 9 gleichwertig und damit für den Kläger geeignet ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 25. 6. 2009 - BVerwG 2 C 68.08 -, NVwZ-RR 2009, 893 [895 Rn. 22]). Dies hat bereits das Verwaltungsgericht mit seinem Hinweis auf die Vielzahl der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung noch zu besetzenden Stellen zutreffend erkannt.

8

Der Beklagten ist nicht zu folgen, soweit sie demgegenüber geltend macht, die Vorinstanz hätte das Prinzip der praktischen Konkordanz (oder damit verwandte Grundsätze) anwenden müssen, um bei der Auslegung des § 45 Abs. 2 BBG a.F. (und nunmehr des § 46 Abs. 5 BBG) eine Grundrechtskollision zwischen Rechten des Klägers einerseits und der Deutschen Telekom AG andererseits dahingehend aufzulösen, dass die Reaktivierung des Beamten ein entsprechendes betriebliches Interesse dieses Postnachfolgeunternehmens voraussetze und zwingende betriebliche Gründe des Unternehmens ihr nicht entgegenstehen dürften. Das Prinzip praktischer Konkordanz (oder ein damit verwandter Grundsatz) verlangt bei der Auslegung der §§ 45 Abs. 2 BBG a.F. und 46 Abs. 5 BBG nämlich keine Beachtung, weil die nach Art. 143b GG Abs. 3 Satz 2 GG hoheitlich für den Dienstherrn Bund auftretenden Postnachfolgeunternehmen im Verhältnis zu den bei ihnen beschäftigten Beamten nicht Grundrechtsträger sein können (BVerwG, Urt. v. 25. 6. 2009 - BVerwG 2 C 68.08 -, a.a.O., S. 893 Rn. 12). Die Deutsche Telekom AG ist vielmehr insoweit Teil des Staates, der sie beliehen hat, und kann die verfassungsrechtlich (Art. 33 Abs. 5 und 143b Abs. 3 Satz 1 GG) gewährleistete Rechtsstellung des Klägers gegenüber dem Bund nicht unter Berufung auf Grundrechte, wie etwa dieArt. 9 Abs. 1, 12 Abs. 1 oder 14 GG, schmälern.

9

Die Schlussfolgerungen, die die Beklagte aus § 143b Abs. 3 GG in einer Zusammenschau mit dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte verschiedener Vorschriften des Postpersonalrechtsgesetzes zieht, verdienen ebenfalls keine Zustimmung. Weder stand es der Anwendung des § 45 Abs. 2 BBG a.F. entgegen noch hindert es diejenige des § 46 Abs. 5 BBG (vgl. BVerwG, Urt. v. 25. 6. 2009 - BVerwG 2 C 68.08 -, a.a.O., S. 893 Rn. 10), dass der wieder dienstfähige Kläger während seiner letzten Dienstjahre vor dem Ruhestand bei der Deutschen Telekom AG und nicht in der Bundesverwaltung tätig war und dass gesetzgeberisch die Umwandlung der Deutschen Bundespost in drei unternehmerisch und wirtschaftlich handelnde Unternehmen erwünscht war. Denn der privatrechtlichen Struktur und privatwirtschaftlichen Zielsetzung dieser Unternehmen trägt § 3 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 PostPersRG lediglich insoweit Rechnung, als diesen Unternehmen keine Beamten mehr zugewiesen werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 25. 6. 2009 - BVerwG 2 C 68.08 -, NVwZ-RR 2009, 893 [894 Rn. 14]). Diese Einschränkung gilt jedoch ausdrücklich nicht für die erneute Berufung in das Beamtenverhältnis nach Wiederherstellung der Dienstfähigkeit. Insoweit enthält das Postpersonalrechtsgesetz keine speziellen Regelungen, die die Umstrukturierung der Postnachfolgeunternehmen erleichtern. Deshalb hatte und hat sich die Deutsche Telekom AG auf die Notwendigkeit, reaktivierte Beamte zu beschäftigen, einzustellen. Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass es bereits Schwierigkeiten verursache, die Personalüberhänge aufzulösen, die bei der Personalagentur Vivento zusammengefasst wurden, als man dieser in großem Umfang Beamte ohne Beschäftigung zuwies. Denn diese gleichsam hausgemachten Probleme sind die rechtlich unbeachtlichen Folgen einer Personalplanung, die den Bestand an Beamten und deren verfassungsrechtlich geschützten Rechtsstatus nicht hinreichend berücksichtigt hat (BVerwG, Urt. v. 25. 6. 2009 - BVerwG 2 C 68.08 -, a.a.O., 893 [895 Rn. 22]). Der Senat hat bereits mit Beschluss vom 27. September 2007 - 5 ME 224/07 - (veröffentlicht in der Rechtsprechungsdatenbank der niedersächsischen Verwaltungsgerichtsbarkeit und in [...]) ausgeführt, der Beklagten sei nicht darin zuzustimmen, dass es der Deutschen Telekom AG freistehe, ihre Organisation allein nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten auszurichten, soweit dies dazu führe, dass sie den Beamten, denen gegenüber sie gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 PostPersRG die Pflichten des Dienstherrn wahrnehme, ein Amt nicht mehr zeitnah zu übertragen vermöge. Gleiches gilt auch für den vorliegenden Zusammenhang, in dem § 1 Abs. 1 Satz 2 PostPersRG einschlägig ist.

10

Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt nicht (mehr) vor.

11

Der Gesetzgeber hat mit dem Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (negativ) an die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass eines Gerichtsbescheides (§ 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und die Übertragung auf den Einzelrichter (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO) angeknüpft. Hiernach weist eine Streitsache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf, wenn ihre Entscheidung voraussichtlich in tatsächlicher bzw. rechtlicher Hinsicht größere, d.h. überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursachen wird (Kopp, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 124 Rn. 9). Die Darlegung des Zulassungsgrundes erfordert deshalb grundsätzlich, dass in fallbezogener Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die geltend gemachten Schwierigkeiten als solche benannt werden und darüber hinaus aufgezeigt wird, dass und aus welchen Gründen sie sich qualitativ von denjenigen eines Verwaltungsrechtsstreits "durchschnittlicher" Schwierigkeit abheben (Nds. OVG, Beschl. v. 4. 2. 2010 - 5 LA 37/08 - veröffentlicht in der Rechtsprechungsdatenbank der nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit, m.w.N.). Selbst wenn ein Zulassungsantragsteller die "besonderen Schwierigkeiten" ausreichend dargelegt hat, kommt eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aber nicht mehr in Betracht, falls eine anderweitige Klärung der Problematik während des Zulassungsverfahrens erfolgt; denn die Zulassungsvoraussetzungen müssen noch im Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts über den Zulassungsantrag gegeben sein (Bader, in: Bader u.a., VwGO, 4. Aufl. 2007, § 124 Rn. 42). Dabei ist auch eine Änderung der Sach- und Rechtslage zu berücksichtigen, die nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung im erstinstanzlichen Verfahren eingetreten ist, wenn nach materiellem Recht auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen ist (Seibert, in: Sodan/Ziekow [Hrsg.], VwGO, 2. Aufl. 2006, § 124 Rn. 121).

12

Wie schon ausgeführt, hätte der Senat in einem Berufungsverfahren das Begehren des Klägers auf der Grundlage der gegenwärtigen Sach- und Rechtslage und d.h. nach den §§ 2 Abs. 3 Satz 2 PostPersRG, 46 Abs. 5 BBG zu beurteilen. Für die letztgenannte Vorschrift hat jedoch das Bundesverwaltungsgericht mit seinem bereits mehrfach zitierten Grundsatzurteil vom 25. Juni 2009 - BVerwG 2 C 68.08 - (NVwZ -RR 2009, 893 ff.) die von der Beklagten als rechtlich besonders schwierig dargelegten Probleme des Falles, insbesondere die Frage nach der Anwendbarkeit des Prinzips praktischer Konkordanz, geklärt. Die geltend gemachten Schwierigkeiten können daher zu einer Zulassung der Berufung nicht mehr führen. Vielmehr stellt sich die Rechtssache auf der Grundlage der nunmehrigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, als nicht besonders schwierig dar.

13

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat eine Rechtssache, wenn sie eine grundsätzliche, fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, die im allgemeinen Interesse der Klärung bedarf. Das ist nur dann zu bejahen, wenn die Klärung der Frage durch die im erstrebten Berufungsverfahren zu erwartende Entscheidung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder für eine bedeutsame Fortentwicklung des Rechts geboten erscheint (Nds. OVG, Beschl. v. 29. 2. 2008 - 5 LA 167/04 -, veröffentlicht in der Rechtsprechungsdatenbank der Nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit und in [...]). Daher ist die grundsätzliche Bedeutung einer zu ausgelaufenem Recht aufgeworfenen Rechtsfrage in der Regel zu verneinen; anderes gilt nur, wenn die Beantwortung der Frage für einen nicht überschaubaren Personenkreis auf nicht absehbare Zeit auch künftig noch Bedeutung hat (Bader, in: Bader u.a., VwGO, 4. Aufl. 2007, § 124 Rn. 44, m.w.N.) oder die außer Kraft getretene Vorschrift durch eine Bestimmung ersetzt worden ist, bei der sich die streitigen Fragen in gleicher Weise stellen (Seibert, in: Sodan/Ziekow [Hrsg.], VwGO, 2. Aufl. 2006, § 124 Rn. 146, m.w.N.). An der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage fehlt es, wenn sie sich unschwer aus dem Gesetz oder auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung beantworten lässt (Hess. VGH, Beschl. v. 22. 10. 2002 - 8 UZ 179/01 -, NVwZ 2003, 1525 [1526], m.w.N.). Einem Zulassungsantrag ist deshalb auch dann der Erfolg zu versagen, wenn die Klärung der als grundsätzlich aufgeworfenen Rechtsfrage während des Zulassungsverfahrens anderweitig erfolgt (Nds. OVG, Beschl. v. 24. 7. 2009 - 5 LA 160/07 -, veröffentlicht in der Rechtsprechungsdatenbank der nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit und in [...]; Bader, in: Bader u.a., VwGO, 4. Aufl. 2007, § 124 Rn. 50; Happ, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 124 Rn. 40; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 124 Rn. 10; jeweils m.w.N.). Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegen, hat der Zulassungsantragsteller die für fallübergreifend gehaltene Frage zu formulieren (Nds. OVG, Beschl. v. 29. 2. 2008 - 5 LA 167/04 -, a. a. O; Happ, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 124a Rn. 72) sowie näher zu begründen, weshalb sie eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und ein allgemeines Interesse an ihrer Klärung besteht. Darzustellen ist weiter, dass sie entscheidungserheblich ist und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten steht (Nds. OVG, Beschl. v. 29. 2. 2008 - 5 LA 167/04 -, a.a.O., m.w.N.).

14

Die von der Beklagten formulierte Rechtsfrage "inwieweit - insbesondere unter Betrachtung der Grundrechte der Deutschen Telekom AG sowie verfassungsrechtlicher Regelung[en] zur Postreform II - 'zwingende dienstliche Gründe' im Sinne des § 45 Abs. 2 BBG [a.F.] einer Reaktivierung von Beamten/innen, die bei den Postnachfolgeunternehmen beschäftigt sind, entgegenstehen", wäre in einem Berufungsverfahren nicht mehr entscheidungserheblich, weil die Vorschrift inzwischen durch § 46 Abs. 5 BBG ersetzt worden ist und dieser in einem Berufungsverfahren Anwendung finden müsste. Die Berufung kann auch nicht deshalb zugelassen werden, weil sich die streitige Frage bei Anwendung des § 46 Abs. 5 BBG in gleicher Weise stellt. Denn für diese Vorschrift ist sie durch das zwischenzeitlich ergangene, höchstrichterliche Grundsatzurteil vom 25. Juni 2009 - BVerwG 2 C 68.08 - (NVwZ-RR 2009, 893 ff.) geklärt.

15

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).