Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 03.02.2010, Az.: 11 LA 412/09

Anspruch auf Aufhebung einer verstrichenen Ausreisefrist von einer Woche und auf Setzung einer neuen Ausreisefrist bei Ablehnung eines Asylantrages als offensichtlich unbegründet

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
03.02.2010
Aktenzeichen
11 LA 412/09
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 12001
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2010:0203.11LA412.09.0A

Amtlicher Leitsatz

Zu den Fragen, ob ein Ausländer, dessen Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist, bei einem nachträglichen Verzicht auf die Durchführung des Asylverfahrens gemäß § 14a Abs. 3 AsylVfG einen Anspruch auf Aufhebung der verstrichenen Ausreisefrist von einer Woche nach§ 36 AsylVfG und auf Setzung einer neuen Ausreisefrist nach § 38 Abs. 1 oder 2 AsylVfG hat.

Entscheidungsgründe

1

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

2

Die Beklagte hat nicht hinreichend dargelegt, dass dem Rechtsstreit unter dem von ihr bezeichneten Gesichtspunkt die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) zukommt. Die Beklagte wirft dazu die Frage auf, "ob bei einem Verzicht nach § 14a Abs. 3 AsylVfG die Wochenfrist aus § 38 Abs. 2 AsylVfG oder die Monatsfrist aus § 38 Abs. 1 AsylVfG Anwendung findet." Es fehlt jedoch an der nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG notwendigen Darlegung, dass diese Frage auch entscheidungserheblich ist. Vielmehr dürfte es nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten auf diese Frage gar nicht ankommen. Die Klage hätte danach schon aus anderen Gründen erfolglos bleiben müssen.

3

So hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 14. April 2009 selbst darauf hingewiesen, dass die Klage unter den hier gegebenen Voraussetzungen bereits mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig sei (vgl. ergänzend BVerwG, Urt. v. 3.4.2001 - 9 C 22/00 -, BVerwGE 114, 122 ff.; VGH München, Beschl. v. 3.7.2008 - 2 ZB 08.30237 -, [...]). Der Kläger habe grundsätzlich keinen Vorteil, wenn ihm heute antragsgemäß eine Ausreisefrist nach § 38 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG gesetzt werde, die wegen des spätestens am 1. April 2009 erfolgten Abschlusses des Asylverfahrens i.S.d. § 38 Abs. 1 AsylVfG ohnehin bereits seit Mai 2009 abgelaufen sei.

4

Außerdem hatte die Beklagte dem Kläger gestützt auf § 3 6 Abs. 1 Alt. 2 AsylVfG mit Bescheid vom 10. Februar 2009 ursprünglich eine Ausreisefrist von einer Woche gesetzt. Erst danach hat der Kläger gemäß § 14a Abs. 3 AsylVfG auf die Durchführung des Asylverfahrens verzichtet. Die Beklagte hat deshalb mit weiterem Bescheid vom 26. März 2009 das Asylverfahren gemäß § 32 Satz 1 AsylVfG eingestellt und ihren Bescheid vom 10. Februar 2009 insoweit aufgehoben, im Übrigen aber an dem Bescheid vom 10. Februar 2009 festgehalten. Im Bescheid vom 26. März 2009 ist also eine neue Entscheidung zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 - 5, 7 AufenthG bewusst (vgl. Ziffer 3 der Dienstanweisung "Familieneinheit (§ 14a AsylVfG)", Stand 2/08) ebenso unterblieben wie der Erlass einer neuen Abschiebungsandrohung nach § 34 AsylVfG mit einer neuen Ausreisefrist.

5

Insoweit wirft die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts also vorrangig die Fragen auf, ob für die Aufhebung der Ausreisefrist unter den hier gegebenen Voraussetzungen das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis besteht und - bejahendenfalls - ob es in den Fällen des Verzichts gemäß § 14a Abs. 3 AsylVfG nach einer Sachentscheidung des Bundesamtes über den Asylantrag (gemäß § 36 AsylVfG) der Setzung einer neuen Ausreisefrist überhaupt bedarf. Diese Fragen stellt die Beklagte im Zulassungsverfahren aber nicht. Ihrem Zulassungsbegehren kann deshalb nicht entsprochen werden.