Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 01.04.2011, Az.: 8 LA 104/10
Vereinbarkeit der schon vor dem Beitritt des Mitgliedstaates zur Europäischen Union abgeschlossenen, anzuerkennenden Berufsqualifikation mit der Anerkennung einer außerhalb des Bundesgebiets in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union erworbenen Berufsqualifikation nach § 2 Abs. 3 Masseur- und Physiotherapeutengesetz (MPhG)
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 01.04.2011
- Aktenzeichen
- 8 LA 104/10
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 13362
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2011:0401.8LA104.10.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Lüneburg - 24.03.2010 - AZ: 5 A 142/08
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs. 1 Nr. 2 MPhG
- § 2 MPhG
- Art. 3 Abs. 1 Buchst. c RL 2005/36/EG
- Art. 12 Abs. 2 RL 2005/36/EG
- Art. 23 RL 2005/36/EG
Amtlicher Leitsatz
§ 2 Abs. 3 Masseur- und Physiotherapeutengesetz; Richtlinie 2005/36/EG
Der Anerkennung einer außerhalb des Bundesgebiets in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union erworbenen Berufsqualifikation nach§ 2 Abs. 3 Masseur- und Physiotherapeutengesetz (und den zugrunde liegenden Bestimmungen in Titel III Kapitel I Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen) steht nicht entgegen, dass die anzuerkennende Berufsqualifikation schon vor dem Beitritt des Mitgliedstaates zur Europäischen Union abgeschlossen worden ist.
Aus dem Entscheidungstext
Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts, mit dem dieses ihn verpflichtet hat, über den Antrag der Klägerin auf Erteilung der Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung "Physiotherapeutin" unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, hat keinen Erfolg.
Der Beklagte hat seinen Antrag auf die Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (2.) gestützt. Diese Zulassungsgründe sind nicht hinreichend dargelegt worden und liegen im Übrigen nicht vor.
1.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn aufgrund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts gewichtige, gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten (vgl. Senatsbeschl. v. 11.2.2011 - 8 LA 259/10 -, [...] Rn. 3). Die Richtigkeitszweifel müssen sich dabei auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, 542, 543). Hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf mehrere selbstständig tragende Gründe gestützt, kann ein Berufungszulassungsantrag daher nur dann Erfolg haben, wenn für jedes der die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts selbstständig tragenden Begründungselemente ein Zulassungsgrund dargelegt worden ist und vorliegt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 1.2.1990 - 7 OB 19.90 -, Buchholz 310 § 153 VwGO Nr. 22).
Hier hat der Beklagte gegen die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung zum einen vorgebracht, es fehle an der Bestätigung der zuständigen lettischen Behörde, dass die von der Klägerin erworbene Qualifikation gleichwertig im Sinne des Masseur- und Physiotherapeutengesetzes sei. Die lettische Berufsausbildung zur Physiotherapeutin sei als besonders strukturierter Ausbildungsgang im Anhang II der europäischen Berufsqualifikationsrichtlinie aufgeführt. Voraussetzung für die Feststellung der Gleichwertigkeit sei daher, dass das zuständige lettische Ministerium oder die von dort beauftragte zuständige Behörde eine Konformitätsbescheinigung darüber ausstellt, dass der Klägerin aufgrund der von ihr absolvierten Studiengänge in Sportpädagogik und Bewegungsrehabilitation die gleichen Rechte wie einer lettischen Physiotherapeutin verliehen worden seien. Um eine solche Konformitätsbescheinigung habe sich die Klägerin bisher vergeblich bemüht; sie liege nicht vor. Diese Konformitätsbescheinigung könne entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht durch eine Bescheinigung der lettischen Ärzteorganisation ersetzt werden. Denn diese Organisation sei nicht berechtigt, eine Konformitätsbescheinigung für den Gebrauch innerhalb der EU auszustellen.
Zum anderen sei die Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht mit der Berufsqualifikationsrichtlinie vereinbar, denn eine Anerkennung der Berufsqualifikation sei nur für solche Ausbildungen möglich, die nach dem Beitritt Lettlands zur EU am 1. Mai 2004 absolviert worden seien. Die Klägerin habe ihr Sportstudium aber noch in der früheren Sowjetunion absolviert. Die weitere Qualifikation im Bereich der Bewegungsrehabilitation habe sie zwar in Lettland erworben. Diese Qualifikation allein entspreche aber nicht der lettischen Ausbildung zur Physiotherapeutin. Der Beklagte habe daher zu Recht eine Kenntnisprüfung verlangt, die die Klägerin bisher verweigert habe.
Dieses Vorbringen des Beklagten begründet nach dem eingangs dargestellten Maßstab keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Gesetz über die Berufe in der Physiotherapie - Masseur- und Physiotherapeutengesetz (MPhG) - vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1084), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. September 2009 (BGBl. I S. 3158), bedarf derjenige, der, wie hier die Klägerin, die Berufsbezeichnung "Physiotherapeutin" führen will, der Erlaubnis. Diese Erlaubnis ist nach § 2 Abs. 1 MPhG auf Antrag zu erteilen, wenn der Antragsteller die vorgeschriebene Ausbildung abgeleistet und die staatliche Prüfung bestanden hat (Nr. 1), sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich die Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs ergibt (Nr. 2), nicht in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Berufs ungeeignet ist (Nr. 3) und über die für die Ausübung der Berufstätigkeit erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt (4.).
Die hier zwischen den Beteiligten allein streitige Voraussetzung der Nr. 1 des § 2 Abs. 1 MPhG kann auch durch eine außerhalb des Bundesgebiets abgeschlossene Ausbildung erfüllt werden, und zwar nach Anerkennung des Ausbildungsstandes als gleichwertig gemäß § 2 Abs. 2 MPhG oder durch Vorlage eines der in § 2 Abs. 3 MPhG genannten Ausbildungsnachweise.
Nach dem vom Verwaltungsgericht angewendeten § 2 Abs. 3 MPhG gilt für Antragsteller, die eine Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 MPhG zur Führung der Berufsbezeichnung "Physiotherapeutin" anstreben, die hier streitige Voraussetzung des § 2 Abs. 1 Nr. 1 MPhG ohne Weiteres als erfüllt, wenn aus einem in einem anderen Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes erworbenen Diplom hervorgeht, dass der Inhaber eine Ausbildung erworben hat, die in diesem Staat für den unmittelbaren Zugang zu einem dem Beruf des Physiotherapeuten entsprechenden Beruf erforderlich ist.
Ein Diplom im Sinne dieser Bestimmung kann in den drei in den Sätzen 2 bis 4 des § 2 Abs. 3 MPhG genannten Fällen vorliegen: Erstens nach § 2 Abs. 3 Satz 2 MPhG als ein Ausbildungsnachweis gemäß Art. 3 Abs. 1 Buchst. c Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. EU Nr. L 255 S. 22) in der jeweils geltenden, hier zuletzt durch Verordnung (EG) Nr. 279/2009 der Kommission vom 6. April 2009 (ABl EU Nr. 1 93 S. 11) geänderten Fassung, der dem in Art. 11 Buchst. c oder d Richtlinie genannten Niveau entspricht. Zweitens nach§ 2 Abs. 3 Satz 3 MPhG als ein Ausbildungsnachweis oder eine Gesamtheit von Ausbildungsnachweisen, die von einer zuständigen Behörde in einem Mitgliedstaat ausgestellt wurden, sofern sie eine in der Gemeinschaft erworbene abgeschlossene Ausbildung bescheinigen, von diesem Mitgliedstaat als gleichwertig anerkannt wurden und in Bezug auf die Aufnahme oder Ausübung des Berufs des Physiotherapeuten dieselben Rechte verleihen oder auf die Ausübung des Berufs des Physiotherapeuten vorbereiten. Oder drittens nach § 2 Abs. 3 Satz 4 MPhG als eine Berufsqualifikation, die zwar nicht den Erfordernissen der Rechts- oder Verwaltungsvorschriften des Herkunftsmitgliedstaats für die Aufnahme oder Ausübung des Berufs des Physiotherapeuten entspricht, ihrem Inhaber jedoch nach dem Recht des Herkunftsmitgliedstaats erworbene Rechte nach den dort maßgeblichen Vorschriften verleiht.
Ein Diplom im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 2 MPhG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Buchst. c Richtlinie 2005/36/EG ist nur ein Ausbildungsnachweis, der - im Falle eines reglementierten Berufs, wie dem des Physiotherapeuten in Deutschland bzw. dem des Fizioterapeits in Lettland (vgl. Europäische Kommission, Database of regulated professions in the EU Member States, EEA countries and Switzerland, http://ec.europa.eu/internal_market/qualifications/ regprof/index.cfm?fuseaction=directive.show&dId=14, Stand: 31.3.2011, dort ID Nrn. 954 (Deutschland) und 12365 (Lettland)) - den Abschluss eines dem Ausbildungsniveau gemäß Art. 11 Buchst. c. i. Richtlinie 2005/36/EG entsprechenden, besonders strukturierten, in Anhang II Richtlinie 2005/36/EG enthaltenen Ausbildungsgangs, der eine vergleichbare Berufsbefähigung vermittelt und auf eine vergleichbare berufliche Funktion und Verantwortung vorbereitet, bescheinigt. Über ein solches Diplom verfügt die Klägerin nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht.
Ob die Klägerin über einen von einer zuständigen Behörde in einem Mitgliedstaat ausgestellten Ausbildungsnachweis nach§ 2 Abs. 3 Satz 3 MPhG verfügt, der eine in der Gemeinschaft erworbene abgeschlossene Ausbildung bescheinigt, von diesem Mitgliedstaat als gleichwertig anerkannt wurde und in Bezug auf die Aufnahme oder Ausübung des Berufs des Physiotherapeuten dieselben Rechte verleiht oder auf die Ausübung des Berufs des Physiotherapeuten vorbereitet, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Klägerin selbst für den Fall, dass ihr Ausbildungsnachweis nicht den Erfordernissen der Rechts- oder Verwaltungsvorschriften des Herkunftsmitgliedstaats für die Aufnahme oder Ausübung des Berufs des Physiotherapeuten entspricht, nach § 2 Abs. 3 Satz 4 MPhG über eine Berufsqualifikation verfügt, die ihr nach dem Recht des Herkunftsmitgliedstaats erworbene Rechte nach den dort maßgeblichen Vorschriften verleiht. Die Klägerin hat nachgewiesen, seit 1997 als zertifizierte Physiotherapeutin in der Abteilung für Physiotherapie und Rehabilitation des Zentralklinikums der Stadt Liepaja gearbeitet zu haben (Bl. 41 f. und 74 f. Beiakte A). Sie hat ein Zertifikat vorgelegt, in dem die Berufsgenossenschaft der Heil- und Gesundheitsberufe in Lettland bestätigt hat, dass die Klägerin zuletzt am 11. Februar 2005 die in Fünf-Jahres-Abständen zu wiederholende Zertifizierungsprüfung des Physiotherapeutenverbandes bestanden hat und berechtigt ist, in Lettland als Physiotherapeutin zu praktizieren (Bl. 14 f. Beiakte A). Darüber hinaus wird in der Urkunde des Ministeriums für Gesundheit der Republik Lettland - Staatliche Agentur für Gesundheitsstatistik und medizinische Technologien - vom 10. Juli 2007 bestätigt, dass die Klägerin berechtigt ist, im Beruf als Physiotherapeutin zu praktizieren (Bl. 77 f. Beiakte A). Hiermit hat die Klägerin hinreichend nachgewiesen, dass sie über eine Berufsqualifikation verfügt, die ihr nach dem Recht des Herkunftsmitgliedstaats erworbene Rechte nach den dort maßgeblichen Vorschriften verleiht und damit die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 Satz 4 MPhG vorliegen.
Der hiergegen vom Beklagten erhobene Einwand, die Klägerin habe eine erforderliche Gleichwertigkeits- und Konformitätsbescheinigung der lettischen Behörden nicht beigebracht, greift nicht durch. Denn eine solche Bescheinigung ist in den Fällen der Anerkennung nach § 2 Abs. 3 Satz 4 MPhG gesetzlich nicht vorgesehen. Ein solches Erfordernis ergibt sich auch nicht aus den zugrunde liegenden Bestimmungen in Art. 12 Abs. 2 und 3 Abs. 3 Richtlinie 2005/36 EG (vgl. den von der Koordinatorengruppe gebilligten Verhaltenskodex zu nationalen Verwaltungspraktiken, die unter die Richtlinie 2005/36/EG fallen, dort Nr. II.3. unter http://ec.europa.eu/internal_market/qualifications/docs/future/ cocon_de.pdf, Stand: 31.3.2011). In diesen Fällen wird vielmehr die funktionale Gleichwertigkeit der erworbenen Berufsqualifikationen unterstellt. Etwaigen im Einzelfall festgestellten wesentlichen Unterschieden in Ausbildungsqualität und -inhalten kann dann nur noch durch die in § 2 Abs. 3 Satz 5 MPhG bzw. Art. 14 Richtlinie 2005/36/EG vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen begegnet werden (vgl. Jaekel, Status Quo bei der Umsetzung der EU-Berufsanerkennungsrichtlinie, in: VBlBW 2010, 419, 420). Liegt damit schon ein Fall des § 2 Abs. 3 Satz 4 MPhG vor, kommt es auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs. 3 Satz 3 MPhG und insbesondere die dort genannte Gleichwertigkeitsbescheinigung entscheidungserheblich nicht mehr an.
Die vom Verwaltungsgericht darüber hinaus verneinte Erforderlichkeit von Ausgleichsmaßnahmen nach § 2 Abs. 3 Satz 5 MPhG hat der Beklagte mit seinem Zulassungsvorbringen nicht angegriffen und sich insbesondere mit der detaillierten und überzeugenden Begründung des Verwaltungsgerichts zum Nichtvorliegen der Voraussetzungen nach § 2 Abs. 3 Satz 5 Nrn. 1 bis 3 MPhG (vgl. Urteilsumdruck, S. 10 bis 14) in keiner Weise auseinandergesetzt.
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die verwaltungsgerichtliche Entscheidung schließlich nicht deshalb ernstlichen Richtigkeitszweifeln ausgesetzt, weil die Klägerin ihre Ausbildung bereits vor dem Beitritt Lettlands zur Europäischen Union am 1. Mai 2004 abgeschlossen hat und aus diesem Grund eine Anwendung des § 2 Abs. 3 MPhG bzw. der zugrunde liegenden Bestimmungen der Richtlinie 2005/36/EG ausgeschlossen ist.
Dem Wortlaut des Masseur- und Physiotherapeutengesetzes und der Richtlinie 2005/36/EG kann nicht entnommen werden, dass stets nur solche im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen anerkannt werden sollen, die erst nach dem Beitritt des Mitgliedstaats, in dem die Ausbildung absolviert wurde, zur Europäischen Union abgeschlossen worden sind. Vielmehr unterscheidet das durch die Richtlinie 2005/36/EG geschaffene System der Anerkennung von Berufsqualifikationen zwischen den durch frühere sektorale Richtlinien einerseits (vgl. für Ärzte: Richtlinie 75/362/EWG des Rates vom 16. Juni 1975 und Richtlinie 93/16/EWG des Rates vom 5. April 1993; für Zahnärzte: Richtlinie 78/686/EWG des Rates vom 25. Juli 1978; für Tierärzte: Richtlinie 78/1026/EWG des Rates vom 18. Dezember 1978; für Apotheker: Richtlinie 85/433/EWG des Rates vom 16. September 1985; für Architekten: Richtlinie 85/384/EWG des Rates vom 10. Juni 1985; für Krankenschwestern und Krankenpfleger: Richtlinie 77/452/EWG des Rates vom 27. Juni 1977; und für Hebammen: Richtlinie 80/154/EWG des Rates vom 21. Januar 1980) und allgemeine Richtlinien andererseits (vgl. Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen; Richtlinie 92/51/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG; und Richtlinie 1999/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juni 1999 über ein Verfahren zur Anerkennung der Befähigungsnachweise für die unter die Liberalisierungs- und Übergangsrichtlinien fallenden Berufstätigkeiten in Ergänzung der allgemeinen Regelung zur Anerkennung der Befähigungsnachweise) geregelten Bereichen. Für die sektoralen Berufe finden sich durchaus stichtagsbezogene Regelungen. So setzt beispielsweise die automatische Anerkennung von Ausbildungen für die Aufnahme der beruflichen Tätigkeiten des Arztes mit Grundausbildung und des Facharztes, der Krankenschwester und des Krankenpflegers für allgemeine Pflege, des Zahnarztes und Fachzahnarztes nach Art. 21 Abs. 1 Richtlinie 2005/36/EG voraus, dass die Ausbildung nach den in Anhang V genannten, bei "neueren" Mitgliedstaaten an den Beitritt des Landes zur Europäischen Union anknüpfenden Stichtagen abgeschlossen worden ist. Ist die Ausbildung vor diesen Stichtagen abgeschlossen, formuliert beispielsweise Art. 23 Richtlinie 2005/36/EG besondere Erfordernisse für die Anerkennung einer Ausbildung, die die Aufnahme des Berufes des Arztes mit Grundausbildung und des Facharztes, der Krankenschwester und des Krankenpflegers, die für die allgemeine Pflege verantwortlich sind, des Zahnarztes und des Fachzahnarztes, des Tierarztes, der Hebamme und des Apothekers gestatten (vgl. Art. 23 Abs. 1 i.V.m. Anhang V Nrn. 5.1.1., 5.1.2., 5.2.2., 5.3.2., 5.3.3., 5.4.2., 5.5.2. bzw. 5.6.2. Richtlinie 2005/36/EG). Für andere als diese sektoralen Berufe fehlen aber Stichtagsregelungen. Die nur für die sektoralen Berufe getroffenen speziellen Bestimmungen zeigen, dass der europäische Richtliniengeber und daran anknüpfend der deutsche Gesetzgeber nicht allgemein davon ausgegangen sind, dass stets nur solche Berufsqualifikationen, die nach dem Beitritt des jeweiligen Mitgliedstaates erworben wurden, nach dem durch die Richtlinie 2005/36/EG und dem deutschen Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG geschaffenen System anzuerkennen sind.
Dieses Auslegungsergebnis wird auch vom Sinn und Zweck der Regelungen zur Anerkennung von Berufsqualifikationen in der Richtlinie 2005/36/EG und deren Umsetzung im Masseur- und Physiotherapeutengesetz getragen, insbesondere wenn man den dort bestimmten Schutz erworbener Rechte berücksichtigt (vgl. § 2 Abs. 3 Satz 4 MPhG und Art. 12 Abs. 2 Richtlinie 2005/36/EG). Denn dieser ist offensichtlich auf berufliche Qualifikationen bezogen, die allein nach dem Recht des Mitgliedstaates und ohne Bezug zum Recht der Europäischen Union erworben worden sind. Dem entsprechend steht nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH 3. Kammer, Urt. v. 10.12.2009 - C-345/08 -, NJW 2010, 137 f. (Pesla ./. Justizministerium Mecklenburg-Vorpommern) m.w.N.) und anderer Gerichte (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 14.4.2010 - 13 E 1612/09 -, [...] Rn. 12; VG Düsseldorf, Urt. v. 18.5.2009 - 15 K 4084/08 -, [...] Rn. 30) außerhalb des Bereichs der genannten sektoralen Berufe der Anwendbarkeit der Richtlinie 2005/36/EG und der diese umsetzenden nationalen Gesetze regelmäßig nicht entgegen, dass die anzuerkennende berufliche Qualifikation bereits vor dem Beitritt des Mitgliedstaats zur Europäischen Union erworben worden ist.
2.
Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine höchstrichterlich oder obergerichtlich noch nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine obergerichtlich bislang ungeklärte Tatsachenfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich im Rechtsmittelverfahren stellen würde und im Interesse der Einheit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung durch das Berufungsgericht bedarf (vgl. Senatsbeschl. v. 28.4.2010 - 8 LA 41/10 -; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Mai 2010, § 124 Rn. 30 ff. m.w.N.). Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegen, hat der Zulassungsantragsteller die für fallübergreifend gehaltene Frage zu formulieren sowie näher zu begründen, weshalb sie eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und ein allgemeines Interesse an ihrer Klärung besteht. Darzustellen ist weiter, dass sie entscheidungserheblich ist und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten steht (vgl.Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 17.2.2010 - 5 LA 342/08 -, [...] Rn. 12; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O., § 124a Rn. 103 f.).
Hieran gemessen hat der Beklagte eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache schon nicht hinreichend dargelegt. Denn er hat keine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert, die der fallübergreifenden Klärung durch das Berufungsgericht bedarf, sondern nur allgemein auf die grundsätzliche Bedeutung einer richtlinienkonformen Anwendung des nationalen Rechts, die Folgen des verwaltungsgerichtlichen Urteils für die Qualität des Gesundheitswesens und die staatliche Verantwortung für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung hingewiesen.