Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 01.04.2016, Az.: 8 LA 70/15

Hinterbliebenenversorgung; Ledigenzuschlag; Rechtsanwaltsversorgung; Verzicht

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
01.04.2016
Aktenzeichen
8 LA 70/15
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43532
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 06.02.2015 - AZ: 5 A 9956/14

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

In der Rechtsanwaltsversorgung Niedersachsen ist der Verzicht auf das Recht der Hinterbliebenenversorgung nicht zulässig.

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 5. Kammer (Einzelrichterin) - vom 6. Februar 2015 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes des Berufungszulassungsverfahrens wird auf 3.602,12 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der im Jahr 19.. geborene Kläger ist als Rechtsanwalt tätig und seit 1984 Mitglied des Beklagten. Nachdem der Kläger unter dem 10. April 2014 eine Erklärung seiner im Februar 1992 geborenen Tochter B. A. über deren Verzicht auf alle gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche gegen den Beklagten vom 8. März 2014 eingereicht hatte, beantragte er mit Schreiben vom 25. April 2014 die Gewährung einer Altersrente ab dem 1. Mai 2014 nebst einem sog. Ledigenzuschlag gemäß § 12 der Satzung der Beklagten. Der Beklagte gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 8. Mai 2014 ab dem 1. Mai 2014 eine monatliche Altersrente in Höhe von 1.000,59 EUR, lehnte jedoch den Antrag auf Gewährung eines Ledigenzuschlags ab. Der Kläger hat Klage erhoben und beantragt, den Bescheid vom 8. Mai 2014 teilweise aufzuheben und einen Zuschlag in Höhe von 10 % auf die Altersrente nebst Prozesszinsen zu zahlen.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 6. Februar 2015 die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine höhere Altersrente. Die Voraussetzungen für einen Ledigenzuschlag nach § 12 Abs. 7 der Satzung des Beklagten erfülle der Kläger nicht, weil mit dessen Tochter eine rentenbezugsberechtigte Person vorhanden sei. Dabei sei nicht maßgeblich, ob diese Person beabsichtige, Ansprüche geltend zu machen oder eine Verzichtserklärung abgegeben habe. Die Verzichtserklärung der Tochter des Klägers sei als nicht wirksam anzusehen. Es könne auch nicht aus dem Fehlen einer ausdrücklichen Satzungsregelung über einen Verzicht gefolgert werden, dass ein solcher zulässig wäre. Im öffentlichen Recht könne nur auf solche Rechtspositionen verzichtet werden, die ausschließlich im Interesse des Berechtigten begründet worden seien und deshalb zu seiner Verfügung stünden. Dies sei bei Versorgungsansprüchen gegen den Beklagten nicht der Fall. Vielmehr bestehe ein gesetzlicher Versorgungsauftrag der Beklagten auch im öffentlichen Interesse. Auf die vom Kläger angesprochene zivilrechtliche Unterscheidung zwischen einer einseitigen Verzichtserklärung und einem Erlassvertrag komme es nicht an. Die betreffende Satzungsbestimmung sei auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Gegen dieses Urteil richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.

Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (1.), der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtsache (2.) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (3.) sind teilweise schon nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt und liegen im Übrigen nicht vor.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 -, BVerfGE 125, 104, 140). Die geltend gemachten Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils müssen sich dabei auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird. Eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung dieses Zulassungsgrundes erfordert, dass im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausgeführt wird, dass und warum Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des erkennenden Verwaltungsgerichts bestehen sollen. Hierzu bedarf es regelmäßig qualifizierter, ins Einzelne gehender, fallbezogener und aus sich heraus verständlicher Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 3.4.2013 - 13 LA 34/13 -, juris Rn. 2; Beschl. v. 24.3.2009 - 10 LA 377/08 -, juris Rn. 2; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 124a Rn. 100 (Stand: Oktober 2015)).

Der Kläger wendet gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils ein, dass es entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts kein kategorisches Verbot eines Verzichts auf eine hypothetische Waisenrente gebe. Aus der Natur der Versorgungsrechte der „Ersten Säule“ ergebe sich ein solches Verbot nicht. Eine entsprechende Anwendung der Verbotsbestimmung des § 3 Abs. 3 BeamtVG sei ausgeschlossen. Vielmehr erlaube § 46 SGB I für den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung, dem die Rechtsanwaltsversorgung näher stehe, einen Verzicht auf Rentenleistungen. Der Einwand, dass nach dieser Bestimmung auf das „Stammrecht“ nicht verzichtet werden könne, berücksichtige nicht hinreichend, dass dem Verzicht das Recht auf Widerruf (§ 46 Abs. 1 Satz 2 SGB I) gegenüberstehe. Fehle es - wie in den Satzungsbestimmungen der Beklagten - an einem solchen Widerrufsrecht, so bleibe es bei der Möglichkeit, auf das betreffende Recht insgesamt zu verzichten. Der Verzicht seiner Tochter sei auch nicht nach § 46 Abs. 2 SGB I unwirksam. Dies wäre nur dann der Fall, wenn er rechtsmissbräuchlich erklärt worden wäre. Da seine Tochter aber ausreichend abgesichert sei, lägen keine Tatsachen für einen missbräuchlichen Verzicht vor; bezogen auf seine Tochter liege vielmehr eine „altruistische“ Handlung vor.

Mit diesem Vorbringen legt der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht dar. Mit dem Gesetz über das Rechtsanwaltsversorgungswerk Niedersachsen (RVNG) vom 14. März 1982 (Nds. GVBl. S. 65) wurde eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung mit Pflichtmitgliedschaft der Rechtsanwälte geschaffen und damit neben der gesetzlichen Rentenversicherung, der Alterssicherung der Landwirte und der Alterssicherung anderer berufsständischer Versorgungswerke Teil der gesetzlichen Alter- und Hinterbliebenenversorgung (sog. 1. Säule des Systems der Alterssicherung; vgl. auch LT-Drs. 9/2821, S. 6). Allein deshalb können sich die Mitglieder des Beklagten gemäß § 6 Abs. 1 SGB VI von einer gesetzlichen Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung befreien lassen.

In der Rechtsprechung des Senats ist für § 15 Abs. 7 Alterssicherung der Ärzte geklärt, dass auf die Berechtigung zum späteren Bezug einer Hinterbliebenenrente nicht wirksam verzichtet werden kann (Senatsbeschl. v. 4.5.2009 - 8 LA 63/09 -, juris Rn. 4). Maßgeblich hat der Senat darauf abgestellt, dass die Satzung über die berufsständische Versorgung der Ärzte einen Verzicht nicht kennt. Die Zulässigkeit eines Verzichts versteht sich ohne ausdrückliche Regelung auch nicht von selbst. Da die berufsständische Versorgung der gesetzlichen Rentenversicherung in ihren Strukturen vergleichbar ist (BVerfG, Beschl. v. 18.2.1998 - 1 BvR 1318, 1484/86, BVerfGE 271, 296), aber in der Regel für die auf landesrechtlicher Ermächtigung beruhenden Versorgungswerke keine dem Sozialgesetzbuch vergleichbar ausdifferenzierten Normen bestehen, sprechen bereits die Regelungen in § 3 Abs. 3 BeamtVG und § 46 SGB I für die beiden wichtigsten Alterssicherungssysteme der sog. Ersten Säule gegen die Zulässigkeit des Verzichts auf eine spätere Hinterbliebenenversorgung auch gegenüber einem berufsständischen Versorgungswerk (Senatsbeschl. v. 4.5.2009, a.a.O.; ebenso: VG Göttingen, Urt. v. 5.6.2012 - 1 A 95/12 -, juris Rn. 23 (Rechtsanwaltsversorgung); VG Schleswig, Urt. v. 15.5.2012 - 7 A 15/11 -, juris Rn. 28 (Apothekerversorgung); VG Freiburg, Urt. v. 19.5.2010 - 1 K 2003/09 -, juris Rn. 15 f. (Rechtsanwaltsversorgung)). Diese Rechtsprechung ist auf die berufsständische Versorgung der Rechtsanwälte in Niedersachsen übertragbar, weil die Satzung des Beklagten vom 4. September 1996 (Nds. Rpfl. 1997, S. 241) in der hier maßgeblichen Fassung der Änderungssatzung vom 15. Januar 2014 (Nds. Rpfl. 2014, S. 15) ebenfalls keine Regelungen über einen Verzicht auf Leistungen nach § 11 der Satzung des Beklagten, insbesondere auf die Hinterbliebenenversorgung enthält.

Entgegen der Annahme des Klägers kann aus § 46 Abs. 1 SGB I nicht abgeleitet werden, dass der Verzicht auf das Recht der Hinterbliebenenversorgung rechtlich zulässig wäre. In der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist geklärt, dass § 46 Abs. 1 Satz 1 SGB I lediglich die Möglichkeit des Verzichts auf künftig fällig werdende Leistungsansprüche aus dem Stammrecht eröffnet, und zwar bis zum Widerruf gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 SGB I. Nicht hingegen erfasst diese Verzichtsmöglichkeit das Stammrecht, auf dessen Grundlage die (verzichtbaren) Leistungsansprüche beruhen (BSG, Urt. v. 24.7.2003 - B 4 RA 13/03 R -, juris Rn. 16; Urt. v. 8.11.1989 - 1 RA 23/86 -, juris Rn. 18; ebenso: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, 2. Aufl. 2011, § 46 Rn. 10; Knieckrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 4. Aufl. 2015, § 46 SGB I Rn. 2; Lilge, SGB I, § 46 Rn. 15; Krahmer, SGB I, 2. Aufl., § 46 Rn. 8). Die Unverzichtbarkeit des Stammrechts ergibt sich letztlich schon aus der Möglichkeit des Widerrufs nach § 46 Abs. 1 Satz 2 SGB I, der das Bestehenbleiben des Stammrechts trotz des Verzichts voraussetzt (vgl. BSG, Urt. v. 8.11.1989, a.a.O. Rn. 18; Schlegel/Voelzke, a.a.O., Rn. 10). Der Widerruf hat nicht zur Folge, dass der Verzicht mit Wirkung für die Vergangenheit unwirksam wird. Es widerspräche auch dem gesetzlichen Auftrag in §§ 1 Abs. 2 Satz 1, 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RVNG in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 22. Januar 2014 (Nds. GVBl. S. 65) auch den Hinterbliebenen eines Mitglieds der Beklagten eine Versorgung zu gewährleisten. Diese gesetzliche Vorgabe verschließt dem Satzungsgeber aber nicht jede Konkretisierungsmöglichkeit. Der vom Kläger für zulässig erachtete, dann nach § 12 Abs. 7 Satz 3 der Satzung des Beklagten jedoch nur endgültig mögliche Verzicht auf eine zukünftige Hinterbliebenenrente wäre im Allgemeinen mit dem Risiko verbunden, dass Hinterbliebene später tatsächlich unversorgt blieben. Dies zu verhindern ist aber gerade die gesetzliche Aufgabe des Beklagten. Auf die individuellen Versorgungsverhältnisse im Einzelfall kommt es insoweit nicht an (vgl. Senatsbeschl. v. 4.5.2009, a.a.O., Rn. 5).

Dass in der Satzung des Beklagten eine § 46 Abs. 1 Satz 2 SGB I entsprechende Regelung über den Widerruf eines Verzichts fehlt, hat entgegen der Auffassung des Klägers nicht zur Folge, dass das (Stamm-)Recht auf Hinterbliebenenversorgung insgesamt verzichtbar ist. Denn die Satzung des Beklagten kennt schon nicht den Verzicht auf die in § 11 der Satzung normierten Leistungsrechte, so dass eine Regelung über den Widerruf eines Verzichts widersprüchlich wäre. Wollte man - wie der Kläger - als rechtliche Grundlage für einen Verzicht auf § 46 Abs. 1 Satz 1 SGB I abstellen, so kann diese Vorschrift nicht losgelöst von den weiteren Regelungen in § 46 SGB I (Widerruf eines Verzichts gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 SGB I und Unwirksamkeit eines Verzichts gemäß § 46 Abs. 2 SGB I) ausgelegt und angewendet werden.

Unabhängig davon wäre der Verzicht auf die vom Beklagten sicherzustellende Hinterbliebenenversorgung nach § 46 Abs. 2 SGB I unwirksam. Nach dieser Vorschrift ist ein nach § 46 Abs. 1 Satz 1 SGB I erklärter Verzicht unwirksam, soweit durch diesen andere Personen oder Leistungsträger belastet werden. Ein darüber hinausgehendes rechtsmissbräuchliches Handeln verlangt § 46 Abs. 2 SGB I nicht. Belasteter Leistungsträger im Sinne dieser Vorschrift kann auch derselbe Leistungsträger sein, auf dessen Leistung verzichtet werden soll (vgl. Senatsbeschl. v. 4.5.2009, a.a.O., Rn. 5; BSG, Urt. v. 9.11.1983 - 7 RAr 6/83 -, juris Rn. 23; Schlegel/Voelzke, a.a.O., Rn. 30; a.A. Lilge, a.a.O. Rn. 31, wonach dann aber eine Unwirksamkeit wg. Umgehung von Rechtsvorschriften in Betracht kommt). So ist eine solche Belastung des Leistungsträgers darin zu sehen, dass auf eine Leistung für eine kürzere Zeit verzichtet werden soll, um eine länger laufende Leistung nicht ganz zu verlieren (vgl. BSG, Urt. v. 3.5.2005 - B 7a/7 AL 40/04 R -, juris Rn. 17). Nach Maßgabe dessen ist eine Belastung des Beklagten darin zu sehen, dass er im Falle der Wirksamkeit eines Verzichts der Tochter des Klägers auf das im Regelfall zeitlich begrenzte Recht einer (Halb-)Waisenrente dem Kläger dauerhaft eine um 10 % höhere Altersrente zu leisten hätte. Deshalb stellt sich die Verzichtserklärung der Tochter des Klägers nicht als altruistisch dar, sondern sie ist mit der Erwartung gewichtigerer Vorteile in Bezug auf die Altersrente des Klägers verbunden. Da der Beklagte die Versorgung sowohl des Mitglieds als auch dessen Angehörigen sichern soll (vgl. §§ 1 Abs. 2 Satz 1, 7 Abs. 1 Satz 1 RVNG; § 11 Abs. 1 Satz 1 Satzung der Beklagten), verbietet sich in diesem Zusammenhang eine getrennte Betrachtung des Klägers und seiner Tochter (vgl. Senatsbeschl. v. 4.5.2009, a.a.O., Rn. 5 im Falle von Eheleuten).

Weiter wendet der Kläger ein, dass das Verhalten des Beklagten gegen den Grundsatz „venire contra factum proprium“ verstoße, wenn er einerseits durch sein Schweigen konkludent seine Zustimmung gegenüber der Verzichtenden erkläre, andererseits aber die Konsequenzen aus seiner Unterlassung nicht tragen wolle. Es hätte dann auch gegenüber der Verzichtenden die Obliegenheit bestanden, auf das weitere Bestehen der hypothetischen Ansprüche auf Waisenrente hinzuweisen, statt zu hoffen, dass im Falle der Verwirklichung des Anspruchs die Verzichtende keine Ansprüche geltend machen und der Beklagte von allen Ansprüchen frei werde. Es reiche nicht aus, dass der Beklagte allein ihn - den Kläger - unterrichtet habe.

Auch dieser Einwand vermag ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht zu begründen. Selbst wenn der Beklagte die Tochter des Klägers nicht davon in Kenntnis gesetzt haben sollte, dass er die Verzichtserklärung als unwirksam ansieht, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids über die Gewährung von Altersrente. Entgegen der Ansicht des Klägers kann der Senat darin eine unzulässige Rechtsausübung des Beklagten nicht erkennen, zumal selbst im Falle der vom Kläger angenommenen Anwendbarkeit des § 46 Abs. 1 Satz 1 SGB I eine Verzichtserklärung seiner Tochter in Bezug auf künftige Ansprüche auf Waisenrente das zugrunde liegende Stammrecht auf Hinterbliebenenversorgung unberührt ließe. Das Bestehen dieses Stammrechts im Zeitpunkt des Bezugs von Altersrente steht der Gewährung des vom Kläger geltend gemachten Zuschlags entgegen.

Weiter wendet der Kläger ein, das Urteil des Verwaltungsgerichts stehe nicht im Einklang mit Art. 6 GG. Dieses Grundrecht sei verletzt, wenn sich Eltern nicht mehr darauf verlassen könnten, dass Gerichte bei ihren Entscheidungen die herausragende Bedeutung der Kindererziehung für die Existenzsicherung der Gesellschaft und ihrer sozialen Grundlagen nicht oder nicht ausreichend berücksichtigen würden. Darum müsse ein Kind die Möglichkeit haben, auf ein hypothetisches Recht auf Waisenrente, das nur für einen kurzen Zeitraum bestünde, verzichten zu können. Darüber hinaus sei es dem Beklagten untersagt, einem kinderlosen Ledigen den Zuschlag zu gewähren und gleichzeitig den Verzicht des letzten unterhaltsberechtigten Kindes auf einen hypothetischen Anspruch auf Waisenrente für wenige Monate nicht zu akzeptieren. Für diese Ungleichbehandlung und Bevorzugung des kinderlosen Ledigen, der keinerlei Beitrag zur Sicherung der Alterssicherungssysteme für die nächste Generation geleistet habe, gebe es keine grundrechtskonforme Rechtfertigung. Es sei nicht nachvollziehbar, wenn kinderlose Ledige bei Zahlung der Höchstbeiträge zzgl. eines freiwilligen Beitragszuschlags von 30 % einen Zuschlag zur Altersrente in Höhe von 400 EUR erhielten, während ihm ein Zuschlag von 100 EUR versagt werde. Zusammenfassend erscheine die Entscheidung angesichts seiner erheblichen Aufwendungen für die Erziehung von vier Kindern äußerst ungerecht, zumal der Anspruch seiner Tochter auf Waisenrente nur hypothetisch und auf wenige Monate begrenzt sei.

Auch diese Einwände greifen nicht durch. Das Verfassungsrecht zwingt zu keiner anderen Auslegung. Bei der gesetzlichen Rentenversicherung und dem berufsständischen Versorgungsrecht handelt es sich um selbständig nebeneinander stehende Rechtsmaterien, so dass berufsständische Versorgungswerke nicht verpflichtet sind, Leistungen zu erbringen, die in allen Punkten denen der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.10.2012 - BVerwG 8 B 34.12 -, juris Rn. 13; Beschl. v. 3.7.1998 - BVerwG 1 B 54.98 -, juris Rn. 6; Beschl. v. 5.6.1997 - BVerwG 1 B 104.97 -, juris Rn. 7). Aus Art. 6 Abs. 1 GG folgt schon keine Pflicht für das berufsständische Versorgungswerk, einem Hinterbliebenen einen Anspruch auf Versorgung einzuräumen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 1.3.2010 - 1 BvR 2584/06 -, juris Rn. 18; BVerwG, Urt. v. 27.5.2009 - BVerwG 8 CN 1.09 -, BVerwGE 134, 99, 107). Aus diesem Grundrecht kann ferner nicht abgeleitet werden, dass Mitgliedern eines nach dem Kapitaldeckungsverfahren arbeitenden berufsständischen Versorgungswerkes, die ihren Ehegatten und/oder ihre Kinder versorgt haben oder noch versorgen, trotz erheblich geringerer Beitragsleistungen gleichhohe Versorgungsleistungen zu gewähren sind, die Mitglieder ohne Angehörige von dem Beklagten aufgrund ihrer höheren Beitragszahlungen erhalten. Denn es ist mit Art. 6 Abs. 1 GG vereinbar, innerhalb der Mitglieder eines berufsständischen Versorgungswerkes zu differenzieren und die Beiträge und Leistungen an dem Ziel zu orientieren, die Mittel für die Hinterbliebenenversorgung nicht der Gesamtheit der versicherten Mitglieder, sondern gezielt denen aufzuerlegen, deren Angehörige die potenziellen Nutznießer sind (vgl. Senatsurt. v. 12.6.2014 - 8 LC 130/12 -, juris Rn. 44 m.w.N.). So beruht der vom Kläger geltend gemachte Zuschlag nicht auf einer eigenen - erhöhten - Beitragsleistung, sondern ergibt sich aus der unterschiedlichen Berücksichtigung von Versicherungsrisiken (vgl. Senatsbeschl. v. 13.1.2011 - 8 PA 241/10 -, juris Rn. 12). Dementsprechend rechtfertigen die geringeren Rentenaufwendungen bei fehlenden Anwartschaften von Hinterbliebenen eine leistungsmäßige Besserstellung der Gruppe der Mitglieder, bei denen rentenbezugsberechtigte Personen (Hinterbliebene) nicht vorhanden sind. So sieht § 12 Abs. 7 Satz 3 der Satzung des Beklagten vor, dass nach dem Beginn der Altersrentenbezüge noch hinzutretende spätere Ehegatten oder Kinder eines Mitglieds keine Ansprüche auf Hinterbliebenenversorgung gegenüber dem Beklagten begründen können. Hierin liegt der die Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigende Unterschied zwischen Mitgliedern, deren Angehörige über eine bestehende Anwartschaft und Hinterbliebenenversorgung (weiterhin abgesichert) sind, und den Mitgliedern, denen der Ledigenzuschlag gewährt wird (vgl. Senatsbeschl. v. 4.5.2009, a.a.O., Rn. 6).

Soweit der Kläger geltend macht, dass seine Tochter lediglich einen hypothetischen Anspruch auf (Halb-)Waisenrente für wenige Monate habe, ist er darauf zu verweisen, dass der Beklagte für in Schul- oder Berufsausbildung befindliche Kinder eines Mitglieds eine Waisen- bzw. Halbwaisenrente bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres gewährt (§ 18 Abs. 1 Satz 1 der Satzung des Beklagten). Sollte das Kind infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen außerstande sein, sich selbst zu unterhalten, wird die Waisen- bzw. Halbwaisenrente auch über das 27. Lebensjahr des Kindes hinaus gewährt, soweit keine anderen Leistungsträger eintreten. Im Zeitpunkt der Abgabe der Verzichtserklärung im März 2014 hatte die Tochter des Klägers ihr 22. Lebensjahr vollendet, so dass sie die Hinterbliebenenversorgung des Beklagten im Bedarfsfall noch über einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen kann. In diesem Zusammenhang kann aber nicht entscheidungserheblich sein, mit welcher Wahrscheinlichkeit dieser Fall eintreten wird.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Solche Schwierigkeiten sind nur dann anzunehmen, wenn die Beantwortung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage oder die Klärung einer entscheidungserheblichen Tatsache in qualitativer Hinsicht mit überdurchschnittlichen Schwierigkeiten verbunden ist (vgl. Senatsbeschl. v. 26.1.2011 - 8 LA 103/10 -, juris Rn. 44). Daher erfordert die ordnungsgemäße Darlegung dieses Zulassungsgrundes eine konkrete Bezeichnung der Rechts- oder Tatsachenfragen, in Bezug auf die sich solche Schwierigkeiten stellen, und Erläuterungen dazu, worin diese besonderen Schwierigkeiten bestehen (vgl. Senatsbeschl. v. 11.10.2010 - 8 LA 65/10 -, juris Rn. 17; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 124a Rn. 53).

Hieran gemessen hat der Kläger den Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten schon nicht hinreichend dargelegt. Er hat weder eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert noch dargelegt, mit welchen besonderen, also überdurchschnittlichen Schwierigkeiten die Beantwortung einer solchen Frage verbunden gewesen sein könnte. Solche Schwierigkeiten weist diese Rechtssache auch nicht auf. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass in berufsständischen Versorgungswerken nur dann ein Verzicht auf Leistungsrechte zulässig sein kann, wenn diese Möglichkeit ausdrücklich durch gesetzliche oder satzungsrechtliche Bestimmungen geregelt ist (Senatsbeschl. v. 4.5.2009, a.a.O.).

3. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Eine solche grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine höchstrichterlich noch nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine obergerichtlich bislang ungeklärte Tatsachenfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich im Rechtsmittelverfahren stellen würde und im Interesse der Einheit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung durch das Berufungsgericht bedarf (vgl. Senatsbeschl. v. 11.7.2013 - 8 LA 148/12 -, juris Rn. 30; Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., § 124 Rn. 30 f.). Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegen, hat der Zulassungsantragsteller die für fallübergreifend gehaltene Frage zu formulieren sowie näher zu begründen, weshalb sie eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und ein allgemeines Interesse an ihrer Klärung besteht. Darzustellen ist weiter, dass sie entscheidungserheblich ist und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten steht (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 17.2.2010 - 5 LA 342/08 -, juris Rn. 12; Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., § 124a Rn. 103 f.).

Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen des Klägers nicht. Er hat schon eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage, der eine grundsätzliche Bedeutung zukommen soll, nicht formuliert.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.