Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 25.02.2010, Az.: 2 NB 115/09
Zulässigkeit einer Kapazitätsberechnung im Hinblick auf nichtberücksichtigungsfähige Dienstleistungsexporte und einen zu großzügig bemessenen Krankenversorgungsabzug für einzelne Lehrdeputate; Umfang der Dienstleistungen für die stationäre, poliklinische und ambulante Krankenversorgung sowie für diagnostische Untersuchungen; Zulassung zum Studium der Tiermedizin zum Wintersemesters 2008/09
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 25.02.2010
- Aktenzeichen
- 2 NB 115/09
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 11979
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2010:0225.2NB115.09.0A
Rechtsgrundlagen
- § 9 Abs. 4 KapVO
- § 11 KapVO
- Art. 7 Abs. 3 StV
- Art. 7 Abs. 4 StV
- Art. 7 Abs. 5 StV
- Art. 7 Abs. 6 StV
- Art. 7 Abs. 7 StV
- Art. 15 StV
- Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG
- Art. 43 Abs. 1 S. 2 NV
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Der Krankenversorgungsabzug in Höhe von 30 v. H. nach § 9 Abs. 4 KapVO ist rechtlich nicht zu beanstanden.
- 2.
Weder dem Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen vom 22. Juni 2006 noch der KapVO lässt sich entnehmen, dass auch die einzelnen Curricularwerte für die Studiengänge, an die Dienstleistungen erbracht werden sollen, durch Rechtsnorm festgesetzt werden müssen.
- 3.
Die Festsetzung der Curricularnormwerte über die Verordnungsermächtigungen nach Art. 7 Abs. 3 S. 3 bis 7 und Art. 15 StV ist statthaft und hat nicht durch den Gesetzgeber selbst zu erfolgen.
- 4.
Von den in die Schwundberechnung eingegangenen Bestandszahlen für das 5. Semester in Studiengang Tiermedizin muss nicht die Zahl derjenigen Studierenden abgezogen werden, die die tierärztliche Vorprüfung noch nicht bestanden haben und Angebote der klinischen Ausbildung noch nicht nachfragen dürfen. Maßgeblich für die Ermittelung der Bestandszahlen ist allein das jeweilige Fachsemester des Studierenden und damit die formelle Studiendauer, nicht dagegen der materielle Ausbildungsstand.
Entscheidungsgründe
Durch gemeinsam begründete Beschlüsse vom 7. April 2009, auf die wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und der Begründung Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die Anträge von insgesamt 48 im streitigen Verfahren verbliebenen Antragstellerinnen und Antragstellern, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2008/09 vorläufig zum Studium der Tiermedizin zuzulassen, abgelehnt. Gegen diese Entscheidung der Vorinstanz wenden sich die Antragteller mit ihren Beschwerden, zu deren Begründung sie im Wesentlichen ausführen, dass der Kapazitätsberechnung im Hinblick auf nichtberücksichtigungsfähige Dienstleistungsexporte und einen zu großzügig bemessenen Krankenversorgungsabzug für die einzelnen Lehrdeputate ein größeres Lehrangebot wie auch eine andere Schwundermittelung als vom Verwaltungsgericht angenommen zugrunde zu legen sei.
Den Beschwerden ist der Erfolg zu versagen, weil die Antragsteller mit ihren Kapazitätsrügen, die den Prüfungsumfang des Senats nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO bestimmen, nicht durchdringen. Diese Feststellung rechtfertigt sich zunächst für die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass bei der Berechnung des Lehrangebots die Zahl der Stellen des wissenschaftlichen Personals der wissenschaftlichen Einrichtungen, die Dienstleistungen für die unmittelbare Krankenversorgung und für diagnostische Untersuchungen einschließlich der Untersuchungen für das öffentliche Gesundheitswesen erbringen, wegen des Personalbedarfs für die medizinische Versorgung um 30 v. H. zu vermindern ist. Entgegen der Annahme der Antragsteller bestehen keine rechtlichen Bedenken gegen den insoweit von der Vorinstanz gemäß § 9 Abs. 4 der Kapazitätsverordnung - KapVO - vom 23. Juni 2003 (Nds. GVBl. 2003, 222) berücksichtigten Krankenversorgungsabzug in Höhe von 30 v. H.. Die Rechtmäßigkeit dieser in der KapVO geregelten Pauschalierung, die auf früheren empirischen Untersuchungen an tierärztlichen Fakultäten beruht, hat der Senat unter Hinweis auf die Rechtsprechung des vormals mit Hochschulzulassungsverfahren befassten 10. Senats des Gerichts bestätigt (vgl. Senatsbeschl. v. 5.11.2007 - 2 NB 404/07 -; Beschl. des 10. Senats v. 12.7.2000 - 10 N 1392/00 u.a. -). Der Senat hat dabei betont, dass der Umfang der Dienstleistungen für die stationäre, poliklinische und ambulante Krankenversorgung sowie für diagnostische Untersuchungen nach den vorliegenden Berichten und Erfahrungen sogar mehr als 40 v. H. der Jahresarbeitszeit des wissenschaftlichen Lehrpersonals ausmacht, so dass der Pauschalwert von 30 v. H. einen erheblichen Puffer enthält, durch den Ungenauigkeiten oder mangelnde Aktualität des Berichts vom 18. Juni 1986 aufgefangen werden.
Für die von den Antragstellern geforderte Absenkung des Pauschalwerts liegen daher selbst angesichts der inzwischen nicht mehr gegebenen Aktualität des Berichts vom 18. Juni 1986 keine durchgreifenden Anhaltspunkte vor. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus der Annahme der Antragsteller, dass sich seit der letztmaligen gutachterlichen Überprüfung des Krankenversorgungsabzugs im Studiengang Tiermedizin angeblich zwischenzeitlich viel geändert habe. Soweit sich die Antragsteller in diesem Zusammenhang darauf berufen, dass bei der Normierung des Krankenversorgungsabzugs auf der Grundlage der gutachterlichen Stellungnahmen noch nicht das Privatliquidationsrecht der Klinikdirektoren im Studiengang Tiermedizin berücksichtigt worden sei, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Wie der Übergangsregelung des § 14 Abs. 2 der Hochschulnebentätigkeitsverordnung vom 23. Februar 1997 (Nds. GVBl. 1997, 55) zu entnehmen ist, war das tierärztliche Privatliquidationsrecht verbunden mit einer Abrechnungspflicht für Nutzungsentgelte auch der Rechtslage vor Inkrafttreten der Hochschulnebentätigkeitsverordnung am 27. Februar 1997 nicht fremd. Danach könnten sich begründete Einwendungen gegen die Höhe des Krankenversorgungsabzugs allenfalls dann ergeben, wenn sich herausstellen würde, dass bei den seiner Festlegung zugrunde gelegten empirischen Untersuchungen unzulässigerweise auch solche behandlungsbezogenen Dienstleistungen berücksichtigt worden sind, die von dem leitenden Lehrpersonal der Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Nebentätigkeit und damit außerhalb ihrer dienstlichen Tätigkeit und ihres Lehrdeputats erbracht worden sind. Für derartige Fehler bei der damaligen Ermittlung der regulären Arbeitsbelastung des wissenschaftlichen Personals sind aber auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Antragsteller Anhaltspunkte nicht ersichtlich (vgl. ebenso Bay. VGH, Beschl. v. 14.5.2009 - 7 CE 09.10087 -, [...], Rn. 12 ff.; Sächs. OVG, Beschl. v. 17.8.2009 - NC 2 B 421/08 -, SächsVBl. 2009, 269; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 20.11.2009 - 5 NC 72.09 -, [...], Rn. 22). Da es in diesem Zusammenhang allein um die Richtigkeit des verordnungsrechtlich festgesetzten Pauschalabzugs geht, ist der von den Antragstellern weiter aufgeworfenen Frage, wie sich bei der Antragsgegnerin das Privatliquidationsrecht ihres leitenden Lehrpersonals derzeit gestaltet, nicht weiter nachzugehen.
Rechtlich nicht zu beanstanden ist weiterhin, dass das Verwaltungsgericht das mit 987,7494 LVS berechnete Lehrangebot der Antragsgegnerin um den Dienstleistungsaufwand reduziert hat, den die Lehreinheit Tiermedizin in Höhe von insgesamt 18,9596 LVS für die nicht zugeordneten Studiengänge Biologie-Bachelor (13,7522), Biologie 2 Fach-Bachelor (3,9788), Biologie-Master LG (0,6490) und Biomedizintechnik Master (0,5796) zu erbringen hat. Ohne Erfolg rügen die Antragsteller insoweit, dass es für die Studiengänge, in die die Lehreinheit Tiermedizin Dienstleistungen exportiere, an einer normativen Festsetzung der Curricularnormwerte fehle. Es ist insoweit vielmehr zu unterscheiden zwischen dem Curricularnormwert für den Studiengang, dessen Kapazität ermittelt werden soll, und den Curricularnormwerten der Exportdienstleistungen nachfragenden Studiengänge. Weder dem Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen vom 22. Juni 2006 - StV - (Nds. GVBl. 2007, 200) noch der KapVO lässt sich entnehmen, dass auch die einzelnen Curricularwerte für die Studiengänge, an die Dienstleistungen erbracht werden sollen, durch Rechtsnorm festgesetzt werden müssen (ebenso OVG NRW, Beschl. v. 8.7.2009 - 13 C 93/09 -, [...], Rn. 36 ff.; Hess. VGH, Urt. v. 24.9.2009 - 10 B 1142/09.MM.W 8 -, [...], Rn. 67; Bay. VGH, Beschl. v. 22.10.2009 - 7 CE 09.10572 -, [...], Rn. 20 f.). Zwar sind nach Art. 7 Abs.3 Satz 6 und Art. 15 Abs. 1 Nr. 9 StV die für den Ausbildungsaufwand maßgeblichen studiengangspezifischen Normwerte durch Rechtsverordnung festzusetzen. Diese Vorgabe gilt aber - wie für die der Lehreinheit Tiermedizin zugeordneten Studiengänge noch auszuführen sein wird - allein für die in das zentrale Vergabeverfahren der ZVS eingezogenen Studiengänge. Maßgebliches für die Berechnung von Dienstleistungen für nicht zugeordnete Studiengänge ist § 11 KapVO zu entnehmen. Dort ist lediglich geregelt, dass Dienstleistungen die Lehrveranstaltungsstunden sind, die die Lehreinheit für nicht zugeordnete Studiengänge zu erbringen hat (Abs. 1) und dass zur Berechnung des Bedarfs an Dienstleistungen die bisherigen Studienanfängerzahlen oder die voraussichtlichen Zulassungszahlen für die nicht zugeordneten Studiengänge heranzuziehen sind. Dabei lässt der Hinweis auf die Berücksichtigungsfähigkeit der bisherigen Studienanfängerzahlen darauf schließen, dass ein Dienstleistungsexport auch dann in Ansatz gebracht werden darf, wenn es sich bei den nachfragenden Studiengang nicht um einen zulassungsbeschränkten handelt, was wiederum zur Folge hat, dass für diesen Studiengang ein Curricularnormwert auch nicht festgesetzt werde muss. Vielmehr genügt es, wenn - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - aufgrund einer plausiblen und nachvollziehbaren Auflistung der einzelnen Curricularwerte des nachfragenden Studiengangs der für die Berechnung des Dienstleistungsexportes erforderliche Curricularanteilwert ermittelt werden kann.
Ohne Erfolg wenden sich die Antragsteller auch gegen die Verteilung des Lehrangebots auf die der Lehreinheit Tiermedizin zugeordneten Studiengänge Aufbaustudiengang (Ph.D.) und "Animal Biology and Biomedical Sciences". Soweit sie insoweit unter Hinweis auf Art. 7 Abs. 3 Satz 6 StV die fehlende Festsetzung der Curricularnormwerte beider zugeordneten Studiengänge durch eine Rechtsverordnung bemängeln, müssen sie sich entgegenhalten lassen, dass der für den Aufbaustudiengang Philosophical Doctor-Ph.D. anzunehmende Curricularnormwert unter A. III. der Anlage 3 zur KapVO auf 6.4 festgesetzt worden ist.
Darüber hinaus begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass der Curricularnormwert für den Studiengang Animal Biology und Biomedical Sciences im Wege der Zielvereinbarung zwischen dem Fachministerium, dem Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur, und der Antragsgegnerin auf 2,56 festgesetzt worden ist. Soweit das Verwaltungsgericht den rechtlichen Ansatzpunkt für diese Verfahrensweise in § 13 Abs. 3 Satz 1 KapVO gesehen hat, entspricht dies auch der rechtlichen Würdigung des Senats. In seinem Beschlüssen vom 2. Juli 2009 - 2 NB 353/08 u.a. - und 25. November 2009 - 2 NB 648/08 u.a. - hat der Senat ausgeführt, dass die Festlegung von Curricularnormwerten in Zielvereinbarungen den Anforderungen des § 13 Abs. 3 Satz 1 KapVO gerecht wird, wonach das Fachministerium im Benehmen mit der Hochschule den Curricularnormwert festlegen kann, wenn - wie auch hier - für einen Studiengang ein solcher in der Anlage 3 zur KapVO noch nicht aufgeführt worden ist. Weder aus dem Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen noch aus dem Niedersächsischen Hochschulzulassungsrecht folge die Verpflichtung, den Curricularnormwert für zugeordnete Studiengänge durch eine Rechtsverordnung festzusetzen. Abweichendes ergebe sich entgegen der Auffassung der Studienbewerber auch nicht aus Art. 7 Abs. 3 Satz 6 StV, da sich die dort angesprochene Verpflichtung nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 StV nur auf die Vergabe von Studienplätzen in Studiengängen beziehe, die in das zentrale Vergabeverfahren einbezogen worden seien (ebenso Bay.VGH, Beschl. v. 20.10.2009 - 7 CE 09.10565 -, [...], Rn. 10). Hierzu gehört der Studiengang Animal Biology and Biomedical Sciences nicht. Dieser Würdigung lässt sich auch nicht mit dem Hinweis begegnen, durch eine solche Auslegung des Staatsvertrages laufe das verfassungsrechtliche Gebot, wonach die Normwerte eine gleichmäßige und erschöpfende Auslastung der Hochschulen zu gewährleisten hätten, leer; dies schon deshalb nicht, weil das Kapazitätserschöpfungsgebot auch für nicht in das zentrale Vergabeverfahren einbezogene Studiengänge gilt. Für die auch vorliegend maßgebliche Frage der Form der Festsetzung von Curricularnormwerten für derartige Studiengänge findet sich im Staatsvertrag keine verbindliche Vorgabe.
Weiter hat der Senat in dem Beschluss vom 25. November 2009 ausgeführt:
"Der Staatsvertrag überlässt die Wahl der Rechtsform hinsichtlich der nicht in das zentrale Vergabeverfahren einbezogenen Studiengänge den Ländern. Nach der für das Land Niedersachsen maßgeblichen Vorschrift des § 9 Satz 1 Nr. 3 NHZG wird das Fachministerium ermächtigt, durch Verordnung die Feststellung der Aufnahmekapazität und die Festsetzung der Normwerte entsprechend dem Staatsvertrag für in das zentrale Vergabeverfahren einbezogene und in das zentrale Vergabeverfahren nicht einbezogene Studiengänge zu regeln. Hiernach ist das Verfahren der Festsetzung in einer Verordnung zu regeln. Eine Verpflichtung, die Curricularnormwerte selbst hinsichtlich der zuletzt genannten Studiengänge gerade in einer Rechtsverordnung festzulegen, fehlt indes. Entgegen der Ansicht der Antragsteller zwingt nicht bereits der Begriff des "Curricularnormwertes" dazu, diesen durch eine Norm, insbesondere eine Rechtsverordnung festzusetzen. Dieser Begriff lässt sich definieren als die Summe der für die Ausbildung eines Studierenden nach Studien- oder Prüfungsordnung insgesamt erforderlichen Lehraufwand (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 1 KapVO; Bahro/Berlin, a.a.O., § 13 KapVO, Rn. 1); über die Qualität des Aktes seiner Festsetzung selbst sagt er nichts aus. Der an die Stelle der früheren kapazitätsrechtlichen Bezeichnung "Richtwert" getretene Terminus "Normwert" begründet - obwohl meistens normiert - keine Normierungsverpflichtung, sondern soll lediglich die Wertungsabhängigkeit und Verbindlichkeit der festgesetzten Werte verdeutlichen (Bay. VGH, Beschl. v. 20.1.2009 - 7 CE 09.10565 u.a. -, [...], Langtext Rn. 11 m.w.N.). Auch aus §§ 1 und 2 NHZG folgt nichts anderes. In § 2 NHZG wird der Staatsvertrag über die Studienplatzvergabe nach § 1 NHZG und damit auch für örtlich beschränkte Studiengänge für entsprechend anwendbar erklärt, soweit in diesem Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes nichts anderes bestimmt ist. Für die genannten Studiengänge ist indes in § 9 Satz 1 Nr. 3 NHZG etwas anderes bestimmt.
Die aufgezeigte Wahlfreiheit ist in Niedersachsen durch § 13 Abs. 3 Satz 1 KapVO, der auf der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 9 Satz 1 Nr. 3 NHZG beruht, für die das zentrale Vergabeverfahren nicht einbezogenen Studiengänge in der Weise umgesetzt wurde, dass das Fachministerium im Benehmen mit der Hochschule den Curricularnormwert festlegen kann, wenn - wie hier für den Studiengang Molekulare Medizin - für einen Studiengang ein Curricularnormwert in der Anlage 3 noch nicht aufgeführt. ist. Eine Verpflichtung, diese Festlegung zwingend durch eine Verordnung vorzunehmen, fehlt hier indes. Dies wird auch in der von den Antragstellern vorgelegten Begründung des Gesetzentwurfs zur Änderung des Niedersächsischen Hochschulzulassungsgesetzes (Drucksache 15/3660 S. 15) deutlich, wenn dort ausgeführt wird, dass "die geltende Kapazitätsverordnung auch für die örtlich zulassungsbeschränkten Studiengänge weiterhin Anwendung finden kann".
Die in Niedersachsen demnach nicht auf die Rechtsform einer Rechtsverordnung beschränkte Festlegung des Curricularnormwertes ist hier in der Zielvereinbarung erfolgt. Der Vornahme einer solchen Festlegung gerade durch eine Rechtsverordnung bedarf es nach niedersächsischem Landesrecht - anders als nach §§ 5 Abs. 4 Satz 5, 11 Abs. 4 Nr. 1 des Gesetzes über die Zulassung zum Hochschulstudium in Baden-Württemberg - HZG - vom 15. September 2005 (GBl. S. 629) in der Fassung vom 20. November 2007 (GBl. S. 505) in der durch den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in dem Beschluss vom 12. Mai 2005 erfolgten Auslegung - daher nicht. Für einen von den Antragstellern geforderten "Sicherheitszuschlag" in Höhe von 15 bis 20 v.H. ist mithin weiterhin kein Raum."
Der Senat hält nach erneuter Prüfung ferner an der in seinen Beschlüssen vom 2. Juli 2009 und 25. November 2009 vertretenen Auffassung fest, dass die Festsetzung der Curricularnormwerte über die Verordnungsermächtigungen nach Art. 7 Abs. 3 Sätze 3 bis 7 und Art. 15 StV statthaft ist und nicht durch den Gesetzgeber selbst zu erfolgen hat (ebenso Hess. VGH a.a.O. Rn. 6 - 8; Bay. VGH, Beschl. v. 22.10.2009 a.a.O. Rn. 23). Anders als die Antragsteller meinen, ergibt sich ein umfassendes Normierungserfordernis auch nicht aus allgemeinen verfassungsrechtlichen Erwägungen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts fällt zwar die Sicherung eines ausreichenden Ausbildungsangebots einschließlich der Setzung normativer Regelungen für eine erschöpfende Kapazitätsermittlung in erster Linie in den Verantwortungsbereich des Gesetzgebers, so dass dieser selbst regeln muss, ob und unter welchen Voraussetzungen das Zulassungsrecht von Studienbewerbern eingeschränkt werden kann (BVerfG, Urt. v. 18.7.1972 - 1 BvL 32/70 und 25/71 -, BVerfGE 33, 303, 338 ff.; Urt. v. 8.12.1977 - 1 BvF 1/76 u.a. -, BVerfGE 43, 291, 327). Die damit nur mittelbar verbundenen weiteren Einzelentscheidungen im Zusammenhang mit der Ermittlung der vorhandenen Kapazität können dagegen auch anderen Stellen jedenfalls solange überlassen werden, wie eine erschöpfende Nutzung des Ausbildungsangebots sichergestellt ist (BVerfG, Beschl. v. 3.6.1980 - 1 BvR 67/78 u.a. -, BVerfGE 54, 173, 194). Bedarf es somit nicht zwingend einer förmlichen Normierung von mittelbaren Berechnungsfaktoren, so kann auch die Rechtmäßigkeit von Dienstleistungsabzügen zu Lasten eines zulassungsbeschränkten Studiengangs ebenso wie die Verteilung des Lehrangebots auf mehrere der Lehreinheit zugeordnete Studiengänge nicht davon abhängen, dass sich der für den importierenden wie partizipierenden Studiengang berücksichtigte Curricularnormwerte vollständig aus normativen Regelungen ergibt (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 5.6.1997 - 13 C 46/96 -, [...], Rn. 7 ff.; Bay. VGH, Beschl. v. 22.10.2009, a.a.O. Rn. 23).
Müssen danach entgegen der Auffassung der Antragsteller die Curricularnormwerte für die in der Lehreinheit Tiermedizin zugeordneten Studiengänge - wie auch die der Lehreinheit nicht zugeordneten Studiengänge - nicht durch ein förmliches Gesetz festgesetzt werden, so begegnen die Verordnungsermächtigungen der Art. 7 Abs. 3 Sätze 3 bis 7 und Art. 15 StV auch im Hinblick auf Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 43 Abs. 1 Satz 2 NV keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, da in den genannten Regelungen des Staatsvertrages, der durch Art. 1 des Gesetzes zum Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen vom 7. Juni 2007 (Nds. GVBl. S. 200) den Rang eines Landesgesetz erhalten hat, namentlich in dessen Art. 15 und dem diesen zugeordneten einzelnen Vertragsartikeln Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Verordnungsermächtigung hinreichend bestimmt worden sind (Senatsbeschl. v. 25.11.2009, a.a.O.; vgl. ferner Hess. VGH a.a.O. Rn. 7).
Ferner führen auch die Bedenken, mit denen die Antragsteller der Schwundberechnung der Antragsgegnerin begegnen, nicht zu einem Erfolg der Beschwerden. Mit dem Verwaltungsgericht ist vielmehr davon auszugehen, dass es nicht zu beanstanden ist, dass die Antragsgegnerin eine Aufteilung der Schwundberechnung zwischen klinischer und vorklinischer Ausbildung und somit eine "gespaltene" Schwundberechnung nicht vorgenommen hat. Entgegen der Annahme der Antragsteller muss von den in die Schwundberechnung eingegangenen Bestandszahlen für das 5. Semester nicht die Zahl derjenigen Studierenden abgezogen werden, die die tierärztliche Vorprüfung noch nicht bestanden haben und Angebote der klinischen Ausbildung noch nicht nachfragen dürfen. Das hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 28. Januar 2009 - 2 NB 279/08 u.a. -, wie von dem Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss zitiert, ausgeführt. Auch in Ansehung des Beschwerdevorbringens hält der Senat an seiner Auffassung nach Überprüfung fest und wird in seiner Sichtweise durch die jüngeren Beschlüsse des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 5. Mai 2009 (- 7 CE 09.10086 -, [...], Rn. 7), des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 17. August 2009 (a.a.O.) und des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 4. November 2009 (- 5 NC 26.09 -, [...], Rn. 7 f.) bestätigt. Maßgeblich für die Ermittelung der Bestandszahlen ist nach § 16 KapVO allein das jeweilige Fachsemester des Studierenden und damit die formelle Studiendauer, nicht dagegen der materielle Ausbildungsstand und damit auch nicht der Umstand, ob die vorklinische Ausbildung vor Eintritt in das 5. Fachsemester bereits erfolgreich abgeschlossen wurde. Bei der Berechnung der Schwundquote dürfen nach dem eindeutigen Willen des Verordnungsgebers daher nur Veränderungen der Semesterzahlen berücksichtigt werden, die auf einer Aufgabe des Studiums oder auf einem Fach- oder Hochschulwechsel beruhen (§§ 14 Abs. 3 Nr. 2, 16 KapVO). Danach muss sich der Schwund unmittelbar in der Immatrikulationsstatistik niederschlagen, und es ist nicht danach zu fragen, ob Zwischenprüfungen oder weitere Zugangsvoraussetzungen für die Teilnahme an der Ausbildung in höheren Semestern erfüllt sind.
Schließlich vermag der Senat auch der Auffassung der Antragstellerin zu 8) nicht zu folgen, die Schwundberechnung der Antragsgegnerin sei fehlerhaft und habe zur Folge, dass diese durch das Beschwerdegericht zu schätzen und der Schwundausgleichsfaktor durch Ansatz eines Sicherheitszuschlags zu erhöhen sei. Richtig ist zwar, dass das Verwaltungsgericht die Schwundberechnung der Antragsgegnerin für zurückliegende Berechnungszeiträume - so zuletzt durch Beschluss vom 16. Februar 2007 (8 C 4973/06 u.a.) für das Wintersemester 2006/07 als nicht nachvollziehbar beanstandet und den Schwundausgleichsfaktor unter Ansatz eines Sicherheitszuschlags geschätzt hat. An dieser Auffassung hat das Verwaltungsgericht jedoch schon für den Folgezeitraum nicht festgehalten und mit Blick auf die Schwundberechnung für das Wintersemester 2007/08 in seinem Beschluss vom 18. Februar 2008 - 8 C 4092/07 u.a. - näher ausgeführt, dass die Antragsgegnerin ihre Schwundberechnung im Hinblick auf die Beanstandungen in den vorangegangenen Jahren umgestellt und nunmehr beurlaubte Studierende unabhängig von der Zeitdauer ihrer Beurlaubung weiter ihrer ursprünglichen Kohorte zugerechnet habe. An dieser Sichtweise hat das Verwaltungsgericht in dem vorliegend angefochtenen Beschluss festgehalten und ebenfalls auf die Änderung der Schwundberechnung nach den Beanstandungen vorangegangener Jahre hingewiesen und ausgeführt, dass die Antragsgegnerin beurlaubte Studierende nunmehr in zulässiger Weise unabhängig von der Zeitdauer ihrer Beurlaubung ihrer ursprünglichen Kohorte zugeordnet habe, was dazu führe, dass beurlaubte Studierende im Gegensatz zu früheren Berechnungen nunmehr während der Beurlaubungsphase nicht mehr mehrfach gezählt würden und dadurch die Schwundquote kapazitätsmindernd verfälschten. Ursache für die Beanstandungen der Schwundberechnung durch das Verwaltungsgericht in der Vergangenheit war danach die fehlerhafte Berücksichtigung beurlaubter Studierender mit der Folge, dass die noch für die Schwundberechnung des Wintersemesters 2006/07 berücksichtigten Daten für das vorliegend streitbefangene Bewerbungssemester nicht mehr aussagekräftig sein können. Dass die von dem Verwaltungsgericht im Hinblick auf die Berücksichtigung beurlaubter Studierender vertretene und von der Antragsgegnerin nunmehr geteilte Auffassung fehlerhaft sein könnte, legt die Beschwerde der Antragstellerin zu 8) entgegen § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nicht dar.