Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 05.08.2022, Az.: 5 LA 3/20

Beihilfeantrag; Beihilfefähigkeit; Kostenzusage; Vorabanerkennung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
05.08.2022
Aktenzeichen
5 LA 3/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 59746
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 22.10.2019 - AZ: 3 A 53/18

Fundstellen

  • MedR 2022, 967
  • RiA 2022, 278-282

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Ein Antrag auf Prüfung bzw. Vorabanerkennung der Beihilfefähigkeit einer geplanten Behandlung macht das separate Stellen eines Beihilfeantrags i.S.d. § 47 NBhVO unter Beifügung der Belege nicht entbehrlich.

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 3. Kammer - vom 22. Oktober 2019 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 8.853,92 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die mit einem Bemessungssatz von 50 % beihilfeberechtigte Klägerin begehrt die Gewährung von Beihilfe zu den Aufwendungen für drei bei ihr durchgeführte Liposuktionen.

Sie leidet seit Jahren an einem Lipödem an Armen und Beinen. Durch Vorlage eines Arztbriefes der Fachklinik für Operative Lymphologie D. vom 10. Oktober 2017 bat sie den Beklagten (ohne gesondertes Anschreiben) „um Prüfung der Kasuistik und um Bescheid“ in Bezug auf eine Lymphologische Liposculptur zur Verhinderung der Chronizität der Erkrankung. In dem Arztbrief heißt es u. a., die Behandlung werde ambulant durchgeführt und sei Erfolg versprechend. Hierbei komme der Gesamtbetrag von 15.300,00 EUR zuzüglich der Anästhesiekosten zustande. Es werde darauf hingewiesen, dass die D. als konzessionierte Privatklinik nicht auf der Grundlage der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abrechne und kein Rechtsanspruch auf Erstattung durch Krankenversicherer/Beihilfestellen bestehe.

Mit Bescheid vom 19. Oktober 2017 entschied der Beklagte, dass eine Kostenübernahme seitens der Beihilfe abzulehnen sei, da es sich bei der Lymphologischen Lipo-sculptur um eine nicht allgemein wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode handele.

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Der Beklagte forderte sie mit Schreiben vom 30. November 2017 unter anderem zur Vorlage einer detaillierten Kostenaufstellung auf. Ferner teilte er der Klägerin mit, dass er die Einholung eines amts- oder fachärztlichen Gutachtens zur Klärung der Frage, ob die Behandlung eine medizinisch notwendige Maßnahme darstelle, beabsichtige.

Die Klägerin legte in der Folge - erneut ohne gesondertes Anschreiben - weitere Arztbriefe, ein Schreiben ihrer privaten Krankenversicherung, in dem diese eine anteilige Kostenübernahme zusagte, sowie eine Arztrechnung vom 23. November 2017 über 5.100,00 EUR für die erste von insgesamt drei operative Behandlungen, die am 6. November 2017 stattgefunden hatte, vor. Die weiteren Eingriffe fanden am 8. Dezember 2017 und am 5. Januar 2018 statt.

Mit am 18. Februar 2018 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2018 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.

Die hiergegen gerichtete Klage, mit der die Klägerin eine Verpflichtung des Beklagten begehrt hat, ihr Beihilfe zu den Aufwendungen für die bei ihr durchgeführten Liposuktionen mit einem Gesamtrechnungsbetrag von 17.707,83 EUR zu gewähren, hat das Verwaltungsgericht Osnabrück mit Urteil vom 22. Oktober 2019 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die zulässige Klage sei unbegründet. Die
Liposuktion sei als Behandlungsmethode im Falle eines Lipödems weder wissenschaftlich anerkannt noch ausnahmsweise trotz fehlender Anerkennung beihilfefähig. Auch eine Beihilfegewährung aus Fürsorgegründen scheide aus. Selbständig tragend sei eine Beihilfegewährung im Übrigen auch deshalb ausgeschlossen, weil die geltend gemachten Aufwendungen nicht angemessen seien, da die Behandlungen nicht entsprechend der Gebührenordnung für Ärzte, sondern im Wege von Pauschalen abgerechnet worden seien.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, weil die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -), der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sowie des Vorliegens eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) bereits nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt worden sind und im Übrigen nicht durchgreifen.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des vorinstanzlichen Urteils sind zu bejahen, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren, also aufgrund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gewichtige, gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden. Die Richtigkeitszweifel müssen sich auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen. Es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zur Änderung der angefochtenen Entscheidung führt. Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, muss sich der Zulassungsantragsteller substantiiert mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Welche Anforderungen an Umfang und Dichte seiner Darlegung zu stellen sind, hängt deshalb auch von der Intensität ab, mit der die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet worden ist (Nds. OVG, Beschluss vom 7.4.2011 - 5 LA 28/10 -). Ist das angegriffene Urteil auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, müssen hinsichtlich aller dieser Begründungen Zulassungsgründe dargelegt werden (Nds. OVG, Beschluss vom 24.3.2011 - 5 LA 300/09 -, juris Rn. 6; Beschluss vom 30.8.2011 - 5 LA 214/10 -, juris Rn. 3).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der vorinstanzlichen Entscheidung nicht dargetan. Die von ihr angestrebte Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.

Das Rechtsmittelgericht hat nicht nur die Zulässigkeit des Rechtsmittels, sondern auch die Zulässigkeitsvoraussetzungen der vorinstanzlichen Entscheidung von Amts wegen zu prüfen. Fehlende Prozessvoraussetzungen werden durch eine gleichwohl ergangene vorinstanzliche Entscheidung in der Sache nicht geheilt und sind vom Rechtsmittelgericht zu beachten, ohne dass es der Rüge durch einen Beteiligten bedarf (Schenke, in: Kopp/ders., VwGO Kommentar, 27. Aufl. 2021, Vorb § 124 Rn. 32).

Hieran gemessen wäre eine Berufung der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen, weil ihre auf anteilige Erstattung der Aufwendungen für die drei durchgeführten Liposuktionen gerichtete Verpflichtungsklage unzulässig war und ist (vgl. Rudisile, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand: 42. EL Februar 2022, Vorb § 124 VwGO Rn. 61). Der Klägerin fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil sie es versäumt hat, bei dem Beklagten zuvor einen Antrag auf Bewilligung einer Beihilfe für nachgewiesene und angemessene Aufwendungen für medizinisch notwendige Leistungen (§ 80 Niedersächsisches Beamtengesetz - NBG -) zu stellen.

Beihilfe wird gemäß § 80 Abs. 6 NBG i. V. m. § 47 Abs. 1 der Niedersächsischen Beihilfeverordnung - NBhVO - auf Antrag gewährt, der schriftlich bei der Festsetzungsstelle zu stellen ist. Die Belege über die Aufwendungen sind vorzulegen. Der Antrag ist gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 NBhVO innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Jahr nach Entstehen der Aufwendungen zu stellen. Liegt eine Rechnung vor, so beginnt die Frist mit dem Rechnungsdatum (Satz 2). Zwar ist es für die Fristwahrung nicht erforderlich, dass der Beihilfeantrag unter Verwendung des hierfür vorgesehenen Formblattes gestellt wird. Der Beihilfeantrag muss jedoch eindeutig als solcher erkennbar sein. Auch auf das Erfordernis der Unterschrift bzw. qualifizierten elektronischen Signatur kann nicht verzichtet werden (Topka/Möhle, Kommentar zum Beihilferecht Niedersachsens, Bd. 7, § 47 NBhVO S. 55). Hiervon zu unterscheiden sind (Vorab-)Anfragen bezüglich der Anerkennung der Beihilfefähigkeit einer beabsichtigten Behandlung. Derartige Anfragen bieten sich - abgesehen von den Fällen, in denen ein sog. Voranerkennungsverfahren ohnehin gesetzlich vorgeschrieben ist (wie z.B. in § 9 Abs. 4 Satz 2 NBhVO für ambulante kieferorthopädische Leistungen) - insbesondere dann an, wenn diese - wie hier - kostenintensiv und/oder die Notwendigkeit oder der medizinische Nutzen umstritten ist. Sie führen dazu, dass der oder die Beihilfeberechtigte auf der Basis der von der Beihilfestelle erteilten Auskunft (oder gar Kostenzusage) frühzeitig Klarheit hat und besser abwägen kann, ob die mit der in Aussicht genommenen Behandlung einhergehenden Zahlungsverpflichtungen eingegangen werden sollen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Klägerin bei dem Beklagten keinen Beihilfeantrag i.S.d. § 47 NBhVO, sondern lediglich einen Antrag auf (Vorab-)Anerkennung der Beihilfefähigkeit der geplanten Lymphologischen Liposculptur gestellt. Insbesondere kann ein Beihilfeantrag nicht in dem von der Klägerin an den Beklagten weitergeleiteten Arztbrief vom 10. Oktober 2017 erblickt werden. Abgesehen davon, dass ihr zu diesem Zeitpunkt noch gar keine potentiell beihilfefähigen Aufwendungen entstanden waren, da die erste von drei Operationen erst am 6. November 2017 durchgeführt wurde, genügte dieses Schreiben nicht dem Schriftformerfordernis (§ 126 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches), weil es von der Klägerin nicht unterschrieben worden war. Dem Verwaltungsvorgang lässt sich auch sonst kein von der Klägerin unterschriebenes Schriftstück entnehmen, welches als Beihilfeantrag i.S.d. § 47 NBhVO gewertet werden könnte. Zwar legte die Klägerin dem Beklagten auf dessen Anforderung vom 30. November 2017 während des Widerspruchsverfahrens auch die Rechnung für die erste der insgesamt drei Operationen vor (Bl. 17/BA 001). Die Rechnungen für die zweite und dritte Operation (einschließlich der Kosten der Anästhesie) befinden sich hingegen weder im beigezogenen Verwaltungsvorgang, noch in der Gerichtsakte. Sollten die weiteren Rechnungen - wie von der Klägerin vorgetragen „im Laufe des Verfahrens“ (Schriftsatz vom 6. Oktober 2021, S. 2 [Bl. 122/GA]) - dem Beklagten gleichwohl vorgelegt worden sein, so geschah dies offensichtlich erst nach Erlass des Widerspruchsbescheids. Ihr Prozessbevollmächtigter hat die Frage des Rechtsmittelgerichts, ob die Klägerin nach Durchführung der Operation unter Vorlage der Belege einen Beihilfeantrag gestellt habe, zudem durch die Angabe in seinem Schriftsatz vom 6. Oktober 2021, dass für sie keine Veranlassung dazu bestanden habe, noch einen separaten Beihilfeantrag zu stellen (Bl. 121/GA), ebenfalls verneint.

Der Umstand, dass der Beklagte die Frage der Beihilfefähigkeit dem Grunde nach bereits geprüft und in dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 19. Oktober 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Januar 2018 verneint hatte, machte einen gesonderten schriftlichen Beihilfeantrag unter Beifügung der Belege nicht entbehrlich. Jenen Bescheiden lag - wie soeben dargelegt - lediglich ein von einem Beihilfeantrag zu unterscheidender Antrag auf (Vorab-)Prüfung und Anerkennung der Beihilfefähigkeit zugrunde. Auch wenn die Klägerin eine Zusicherung im Zuge dessen nicht ausdrücklich beantragt hatte, kann das von ihr an den Beklagten weitergeleitete Arztschreiben vom 10. Oktober 2017 in Anbetracht der darin enthaltenen Formulierung („Ich bitte freundlich um Prüfung der Kasuistik und um Bescheid.“) aus Sicht eines objektiven Empfängers nicht anders verstanden werden. Dass sie nicht nur eine einfache Auskunft, sondern eine förmliche Entscheidung der Beihilfestelle erhalten wollte, zeigt neben der bereits zitierten Formulierung auch der Widerspruch der Klägerin vom 13. November 2017. Als förmliche Entscheidung kam, da ihr bis dato noch keine Aufwendungen entstanden waren, zu jenem Zeitpunkt allenfalls eine Kostenzusage, bei der es sich rechtlich um eine Zusicherung i. S. d. § 38 Verwaltungsverfahrensgesetz handelt (OVG NRW, Urteil vom 14.8.1995 - 1 A 3558/92 -, juris Rn. 14; VG Regensburg, Urteil vom 12.2.2019 - RO 12 K 17.2008 -, juris Rn. 16), oder eben deren Ablehnung in Betracht. Dass dieser Rechtsbegriff in dem Bescheid vom 19. Oktober 2017 keine Erwähnung fand, ist dabei unschädlich.

Der von der Klägerin vertretenen Rechtsauffassung, dass der Beklagte mit den streitgegenständlichen Bescheiden nicht lediglich eine Kostenzusage abgelehnt, sondern bereits abschließend über die Beihilfefähigkeit entschieden habe und dies einer erneuten Prüfung im Rahmen eines Beihilfeantrags entgegenstehe, ist nicht zu folgen. Zwar hat der Beklagte die Ablehnung einer Kostenzusage in den streitgegenständlichen Bescheiden mit der fehlenden Beihilfefähigkeit der Behandlung und insofern mit dem Nichtvorliegen einer Anspruchsvoraussetzung begründet, die auch nach Stellung eines Beihilfeantrags hätte geprüft werden müssen. Der Beklagte wäre hierdurch aber nicht gehindert gewesen, bei der Prüfung eines späteren Beihilfeantrags zugunsten der Klägerin zu einem anderen Ergebnis zu kommen und die Beihilfefähigkeit im Nachhinein zu bejahen. Denn der Regelungsgehalt der hier streitgegenständlichen Bescheide ist auf die Ablehnung des konkreten Begehrens beschränkt, bereits vor Behandlungsbeginn eine Kostenzusage zu erhalten und insoweit eine Zusicherung auszusprechen (vgl. Schröder, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand: 2. EL April 2022, § 38 VwVfG Rn. 95).

Der Umstand, dass dem Beklagten bei Erlass des Widerspruchsbescheids die Rechnung für die erste der drei durchgeführten Operationen bereits vorlag, lässt auch nicht den Schluss zu, dass der Beklagte selbst (irrtümlich) davon ausging, bereits über einen Beihilfeantrag i.S.d. § 47 NBhVO zu entscheiden. Mit der Zurückweisung des Widerspruchs wurde allein die ablehnende Entscheidung, für die (inzwischen bereits abgeschlossene) Maßnahme eine Kostenübernahme zu erklären, bestätigt

Entgegen der Auffassung der Klägerin war der Beklagte des Weiteren nicht dazu verpflichtet, nach Eingang der Arztrechnung(en) von Amts wegen ein Beihilfeverfahren einzuleiten und trotz fehlenden schriftlichen Antrags über die Gewährung von Beihilfe zu entscheiden. Denn eine solche Entscheidung setzt gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 und 2 NBhVO zwingend einen schriftlichen Antrag voraus.

Ohne dass es nach dem vorstehend Gesagten darauf ankäme, weist der Senat ergänzend darauf hin, dass das Stellen eines Beihilfeantrags wegen des Ablaufs der Jahresfrist des § 48 Abs. 1 Satz 1 NBhVO, bei der es sich um eine materielle Ausschlussfrist handelt (Topka/Möhle, Kommentar zum Beihilferecht Niedersachsens, Bd. 7, § 48 NBhVO S. 2 ff.), inzwischen nicht mehr erfolgversprechend sein dürfte. Dies gilt jedenfalls, soweit es um die Aufwendungen für den ersten der drei operativen Eingriffe geht. Die Daten der Rechnungen für die beiden weiteren Eingriffe, auf die es für den Beginn der jeweiligen Jahresfrist gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 NBhVO maßgeblich ankommt, sind dem Senat nicht bekannt.

2. Die Berufung ist des Weiteren auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.

Der Gesetzgeber hat mit dem Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (negativ) an die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass eines Gerichtsbescheides (§ 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und die Übertragung eines Rechtsstreits auf den Einzelrichter (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO) angeknüpft. Hiernach weist eine Streitsache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf, wenn ihre Entscheidung voraussichtlich in tatsächlicher bzw. rechtlicher Hinsicht größere, d. h. überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursachen wird (Nds. OVG, Beschluss vom 17.2.2010 - 5 LA 342/08 -, juris Rn. 10; Beschluss vom 13.1.2012 - 7 LA 138/11 -, juris Rn. 13). Die besonderen Schwierigkeiten müssen sich allerdings auf Fragen beziehen, die für den konkreten Fall und das konkrete Verfahren entscheidungserheblich sind (Nds. OVG, Beschluss vom 13.1.2012 - 7 LA 138/11 -, juris Rn. 13). Die Darlegung des Zulassungsgrundes erfordert, dass in fallbezogener Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die geltend gemachten Schwierigkeiten als solche benannt werden und darüber hinaus aufgezeigt wird, dass und aus welchen Gründen sie sich qualitativ von denjenigen eines Verwaltungsrechtsstreits „durchschnittlicher“ Schwierigkeit abheben (Nds. OVG, Beschluss vom 4.2.2010 - 5 LA 37/08 -, juris Rn. 14; Beschluss vom 17.2.2010, a. a. O., Rn. 10). Der Rechtsmittelkläger muss sich also mit dem verwaltungsgerichtlichen Urteil substantiell auseinandersetzen und deutlich machen, in welchem konkreten tatsächlichen oder rechtlichen Punkt das Urteil zweifelhaft ist (Happ, in: Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 124a Rn. 68).

Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Klägerin nicht. Sie hat die Entscheidungserheblichkeit der von ihr als besonders schwierig erachteten Frage,

„ob Liposuktionen bei Lipödem als chirurgische Eingriffe beihilfeberechtigten Personen zustehen dürfen oder nicht“ (Zulassungsbegründung vom 23.12.2019, S. 5 [Bl. 94/GA]),

nicht dargetan, denn sie hat in der Zulassungsbegründung zu diesem Aspekt nichts vorgetragen. Im Übrigen fehlt es an der erforderlichen Entscheidungserheblichkeit, weil die Klage - wie bereits unter 1. ausgeführt - unzulässig ist.

3. Eine Berufungszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) scheidet ebenfalls aus.

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat eine Rechtssache dann, wenn sie eine grundsätzliche, fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, die im allgemeinen Interesse der Klärung bedarf. Das ist nur dann zu bejahen, wenn die Klärung der Frage durch die im erstrebten Berufungsverfahren zu erwartende Entscheidung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder für eine bedeutsame Fortentwicklung des Rechts geboten erscheint (Nds. OVG, Beschluss vom 1.10.2008 - 5 LA 64/06 -, juris Rn. 14; Beschluss vom 17.8.2021 - 5 LA 130/20 -, juris Rn. 10). An der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage fehlt es, wenn sie sich unschwer aus dem Gesetz oder auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung beantworten lässt (Nds. OVG, Beschluss vom 1.10.2008 - 5 LA 64/06 -, juris Rn. 14; Beschluss vom 17.8.2021 - 5 LA 130/20 -, juris Rn. 10). Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegen, hat der Zulassungsantragsteller die für fallübergreifend gehaltene Frage zu formulieren (Nds. OVG, Beschluss vom 29.2.2008 - 5 LA 167/04 - juris Rn. 12) sowie näher zu begründen, weshalb sie eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und ein allgemeines Interesse an ihrer Klärung besteht. Darzustellen ist weiter, dass sie entscheidungserheblich ist und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten steht (Nds. OVG, Beschluss vom 3.11.2011 - 10 LA 72/10 -, juris Rn. 24; Beschluss vom 17.8.2021 - 5 LA 130/20 -, juris Rn. 10).

Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Klägerin den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend dargelegt, weil sie auch die Entscheidungserheblichkeit der von ihr für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltenen Frage,

„ob beihilfeberechtigte Personen auf die Heilbehandlungsmethode, die in jüngster Zeit erhebliche mediale und politische Berücksichtigung fand, Zugang erhalten sollen“ (Zulassungsbegründung vom 23.12.2019, S. 5 [Bl. 94/GA])

nicht dargelegt hat. Überdies wäre die Entscheidungserheblichkeit in Anbetracht der Unzulässigkeit der Klage zu verneinen.

4. Schließlich ist die Berufung auch nicht wegen des Vorliegens eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) - hier in Form einer Verletzung der sich aus § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergebenden gerichtlichen Amtsermittlungspflicht - zuzulassen.

Wird ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) geltend gemacht, muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren des ersten Rechtszuges, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist, oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 31.8.2017 - 13 LA 188/15 -, juris Rn. 60). Zwar ist das Verwaltungsgericht verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (§ 86 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz VwGO). Daneben besteht jedoch auch im Verwaltungsprozess die Prozessförderungspflicht der Beteiligten (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz und Abs. 4 VwGO sowie § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit den §§ 130 Nummern 3 bis 5 und 138 Abs. 1 ZPO; vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 7.1.2010 - 5 LA 51/09 -; Beschluss vom 4.4.2011 - 5 LA 17/10 -; Beschluss vom 11.6.2019 - 5 LA 160/18 -). Eine Verletzung der Aufklärungspflicht ist regelmäßig nicht gegeben, wenn das Gericht den entscheidungs-erheblichen Sachverhalt für aufgeklärt gehalten hat und die sachkundig vertretenen Verfahrensbeteiligten Beweiserhebungen nicht in der gemäß § 86 Abs. 2 VwGO vorgesehenen Form beantragt haben (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 7.1.2010 - 5 LA 51/09 -; Beschluss vom 4.4.2011 - 5 LA 17/10 -; Beschluss vom 11.6.2019 - 5 LA 160/18 -). Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Prozessbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen von förmlichen Beweisanträgen, zu kompensieren (vgl. BVerwG, Beschl. v. 5.3.2010 - BVerwG 5 B 7.10 -, juris Rn. 9 m.w.N.).

Hiervon ausgehend hat die Klägerin schon nicht aufgezeigt, dass sie im erstinstanzlichen Verfahren auf die Vornahme einer Sachverhaltsaufklärung hinreichend hingewirkt hat, deren Unterbleiben sie nunmehr rügt. Zwar hat die Klägerin auf Seite 7 der Zulassungsbegründung (Bl. 96/GA) behauptet, einen Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellt zu haben. Dies steht jedoch im Widerspruch zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Osnabrück am 22. Oktober 2019 (Bl. 62 ff. /GA). Danach hat die anwaltlich vertretene Klägerin in der mündlichen Verhandlung keinen förmlichen Beweisantrag im Sinne des § 86 Abs. 2 VwGO gestellt. Schriftliche Beweisangebote oder -anregungen im Vorwege sind einem förmlichen Beweisantrag nicht gleichzusetzen und machen einen solchen nicht entbehrlich. Dem Zulassungsvorbringen der Klägerin lassen sich ferner auch keine Ausführungen dazu entnehmen, dass sich die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben sie nunmehr rügt, dem Verwaltungsgericht hätte aufdrängen müssen.

Schließlich hat die Klägerin es auch versäumt, in einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Weise darzulegen, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts auf dem von ihr geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann, wobei von der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts auszugehen ist (Happ, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124 Rn. 51). Das Verwaltungsgericht hat die Abweisung der Klage in seinem Urteil nicht nur mit der fehlenden Beihilfefähigkeit der von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen, sondern des Weiteren (auf S. 10 ff. des Urteilsabdrucks) selbständig tragend auch damit begründet, dass die Behandlungskosten nicht entsprechend der Gebührenordnung für Ärzte abgerechnet worden seien. Der von der Klägerin geltend gemachte Verfahrensmangel bezieht sich lediglich auf den ersten der beiden Begründungsstränge. Ausführungen dazu, inwiefern auch der zweite Begründungsstrang auf dem geltend gemachten Verfahrensfehler beruhen kann, lässt das Zulassungsvorbringen vermissen.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Berufungszulassungsverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 40, 52 Abs. 3 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) und folgt derjenigen des Verwaltungsgerichts.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).