Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 27.03.1997, Az.: 12 M 1731/97

Berufung; Zulassung; Schwierigkeit der Sache; Indizierung eines Zulassungsgrundes; Keine Übertragung auf den Einzelrichter; Umfang der Prüfung der Richtigkeit; Prüfungsumfang im Zulassungsverfahren

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
27.03.1997
Aktenzeichen
12 M 1731/97
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1997, 12959
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1997:0327.12M1731.97.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Stade 27.02.1997 - 4 B 143/97

Fundstellen

  • DÖV 1997, 697 (amtl. Leitsatz)
  • NVwZ 1997, 1225-1228 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

1. Der Zulassungsgrund des § 124 Abs 2 Nr 2 VwGO (besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten) wird nicht schon dadurch indiziert (oder dem Senat gar bindend vorgegeben), daß das Verwaltungsgericht den Rechtsstreit nicht nach § 6 Abs 1 Nr 1 VwGO auf den Einzelrichter übertragen, sondern durch die Kammer entschieden hat. In einem Rechtsmittelzulassungsverfahren sind die Voraussetzungen des § 124 Abs 2 Nr 2 VwGO selbständig von dem Oberverwaltungsgericht zu prüfen und von dem Rechtsmittelführer sachlich (und unabhängig von der (Nicht-)Übertragungsentscheidung des Verwaltungsgerichts) darzulegen.

2. Der Zulassungsgrund des § 146 Abs 4 iVm § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO nF ist bezogen auf das Entscheidungsergebnis und nicht auf einzelne Begründungselemente einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Ergeben sich ernstliche oder gar durchgreifende Zweifel an der Richtigkeit der eine Entscheidung tragenden Erwägungen, scheidet die Zulassung der Beschwerde jedenfalls dann aus, wenn sich bereits im Zulassungsverfahren mit der gebotenen Gewißheit feststellen läßt, daß ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Ergebnis nicht bestehen. Namentlich bei dem Zulassungsgrund des § 146 Abs 4 iVm § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO nF kommt es mithin darauf an, daß die Entscheidung auch im Ergebnis auf dem geltend gemachten Zulassungsgrund beruht; dies ist dann nicht der Fall, wenn sich die angegriffene Entscheidung im Ergebnis aus anderen Gründen erkennbar als richtig erweist und sie daher nicht auf dem Zulassungsgrund (etwa einer geltend gemachten Divergenz oder einer grundsätzlich klärungsbedürftigen Rechtsfrage) beruhen kann.

3. Der Senat läßt offen, ob jedenfalls in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, in denen der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist oder sich schwierige(re) Rechtsfragen - gar solche iSd § 124 Abs 2 Nrn 2, 3 VwGO - nicht stellen, das Beschwerde(zulassungs)gericht bereits im Zulassungsverfahren im Hinblick auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO - stets oder doch im Regelfall - die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Ergebnis umfassend und abschließend prüfen muß.

4. Das Oberverwaltungsgericht kann jedenfalls dann gleichzeitig über Beschwerdezulassung und Beschwerde selbst entscheiden, wenn es die Beteiligten zu dieser Möglichkeit gehört und ihnen hinreichend Gelegenheit zum abschließenden Sachvortrag nicht nur zur Zulassungs-, sondern auch zur Sachentscheidung gegeben hat oder wenn dies wegen der besonderen Eilbedürftigkeit zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes geboten ist (s dazu VGH Bad-Württ, Beschl v 12. Februar 1997 - 7 S 430/97 -).