Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 27.05.2011, Az.: 2 LA 307/10

Voraussetzungen für die Genehmigung der Errichtung einer Außenstelle eines Gymnasiums

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
27.05.2011
Aktenzeichen
2 LA 307/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2011, 27303
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2011:0527.2LA307.10.0A

Fundstelle

  • NdsVBl 2011, 283-285

Amtlicher Leitsatz

Zu den Voraussetzungen, unter denen die Errichtung einer Außenstelle eines Gymnasiums zu genehmigen ist.

Tenor:

Der Kläger erstrebt die Genehmigung für das Führen einer Außenstelle des B. in den Räumen und in Kooperation mit der Kooperativen Gesamtschule in C. (D., im Folgenden: KGS), und zwar für den 11. und 12. Schuljahrgang (Qualifikationsphase des Gymnasiums). Bislang bietet die KGS Unterricht in den Jahrgängen 1 bis 10 jeweils für Hauptschule, Realschule und Gymnasium an. Der Kreistag des Klägers hat den Antrag auf Errichtung einer Außenstelle des B. in C. in seiner Sitzung vom 5. März 2008 befürwortet. Der entsprechende Antrag des Landkreises datiert vom 18. April 2008 (BA A Bl. 92). Mit Bescheid vom 3. Juli 2008 hat die Beklagte den Antrag abgelehnt. Der daraufhin von dem Kläger erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Urteil vom 15. Juni 2010 entsprochen und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 3. Juli 2008 verpflichtet, dem Kläger die Genehmigung zu erteilen. Aufgrund der damaligen Rechtslage hat das Verwaltungsgericht das Begehren in Anwendung der Vorgaben des § 106 NSchG geprüft. Dagegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung vom 25. August 2010. Darüber hinaus hat der Kläger am 10. März 2011 einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt (2 MC 45/11).

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das angefochtene Urteil hat keinen Erfolg.

Klarstellend ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Kläger die Errichtung einer Außenstelle des B. an der KGS in C. begehrt, wie sich aus seinem Antrag vom 18. April 2008 (Beiakte A Bl. 92), dem im erstinstanzlichen Verfahren gestellten Klagantrag (vgl. u.a. Bl. 4), seinem Schriftsatz v. 11. Februar 2011 in dem Berufungszulassungsverfahren (GA Bl. 164) und seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (2 MC 45/11, Bl. 1) ergibt. Nicht geht es ihm mithin um die Errichtung einer der KGS zugehörenden gymnasialen Oberstufe.

Gründe

1

Die von der Beklagten geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

2

1)

Die von der Beklagten als grundsätzlich klärungsbedürftig (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) aufgeworfenen Fragen erfordern nicht die Zulassung der Berufung.

3

a)

Die Beklagte sieht es als grundsätzlich klärungsbedürftig an, nach welchen Kriterien über die Errichtung der Außenstelle einer Schule zu entscheiden ist, nachdem durch das Niedersächsische Gesetz zur landesweiten Umsetzung der mit dem Modellkommunen-Gesetz erprobten Erweiterung kommunaler Handlungsspielräume (vom 28.10.2009 - NdsGVBl. 2009, 366, NEKHG) zum 1. November 2009 der bisherige § 26 NSchG mit der bislang darin enthaltenen Verpflichtung der Landkreise und kreisfreien Städte zu einer Schulentwicklungsplanung aufgehoben worden (vgl. Art. 11 NEKHG), mit Ablauf des 31. Januar 2010 zudem auch die auf § 26 NSchG a.F. beruhende, u.a. die Einrichtung von Außenstellen regelnde Verordnung zur Schulentwicklungsplanung (VO-SEP vom 19.10.1994, zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 3 des Gesetzes vom 2.7.2008, NdsGVBl. 1994, 460; 2008, 246) außer Kraft getreten (vgl. Art. 14 NEKHG) und eine neue, nunmehr auf § 106 Abs. 8 Satz 1 NSchG beruhende Verordnung, in der (u.a.) die Voraussetzungen für das Führen von Außenstellen (§ 106 Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 NSchG) festgelegt sind, noch nicht erlassen ist.

4

Diese Frage stellt sich indes nicht mehr; denn am 17. Februar 2011 ist die auf § 106 Abs. 8 Satz 1 NSchG (i.d.F. v. 3.3.1998 einschl. der Änderungen durch das NEKHG und durch das Gesetz vom 12.11.2010, NdsGVBl. 1998, 137; 2009, 366; 2010, 517) beruhende Verordnung für die Schulorganisation (NdsGVBl. 2011, 62, SchOrgVO) erlassen worden. Diese enthält in § 3 SchOrgVO Vorgaben für das Führen von Außenstellen.

5

b)

Die Beklagte sieht es weiter als grundsätzlich klärungsbedürftig an, ob ein Schulträger zu Maßnahmen im Sinne des § 106 Abs. 1 NSchG berechtigt sein kann, obgleich er zu ihnen nach dieser Vorschrift nicht verpflichtet ist. Die Beantwortung dieser Frage erfordert schon deswegen nicht die Durchführung eines Berufungsverfahrens, weil das Verwaltungsgericht nicht die Auffassung vertreten hat, ein Schulträger könne zu der Errichtung einer Außenstelle berechtigt sein, selbst wenn er aufgrund der Entwicklung der Schülerzahlen hierzu nicht verpflichtet sei. Das Verwaltungsgericht ist vielmehr (in Übereinstimmung mit Brockmann/Littmann/Schippmann, NSchG, Stand: Febr. 2011, § 106 Rnr. 5) davon ausgegangen, dass sowohl die Verpflichtung als auch die Berechtigung des Schulträgers daran geknüpft sei, dass die Entwicklung der Schülerzahlen dies fordere (UA Bl. 6 unten: "Eine Loslösung der Entscheidungsbefugnis des Schulträgers von den Schülerzahlen lässt sich der Änderung des Gesetzes nicht entnehmen....").

6

Unabhängig davon besteht auch deswegen kein grundsätzlicher Klärungsbedarf, weil aufgrund der zwischenzeitlich erlassenen SchOrgVO diese und nicht mehr § 106 NSchG analog der Beurteilung des Genehmigungsantrages zugrunde zu legen ist (vgl. unter 2.).

7

2)

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Dabei legt der Senat seiner Prüfung die im Februar 2011 in Kraft getretene SchOrgVO zugrunde.

8

Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn aufgrund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts gewichtige gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschl. v. 23. 6. 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458) und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 18.4.2011 - 2 A 2492/09 -, beck-online). Die Richtigkeitszweifel müssen sich also auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen. Es muss mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (BVerwG, Beschl. v. 10. 3. 2004 - 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, 542; Nds. OVG, Beschl. v. 23. 8. 2007 - 5 LA 123/06 -, v. 27. 3. 1997 - 12 M 1731/97-, NVwZ 1997, 1225).

9

Bei der Aufstellung der insoweit erforderlichen Prognose ist eine dem angefochtenen Urteil nachfolgende Änderung der Sach- oder Rechtslage mit folgenden Maßgaben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15. 12. 2003 - 7 AV 2.03 -, NVwZ 2004, 744; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 124 Rnr. 92 ff, 257 m.w.N.. aus Rspr. u. Lit.) zu berücksichtigen:

10

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berücksichtigung einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Zulassung, nicht schon der Fristablauf für die Begründung des Zulassungsantrages (BVerwG, Beschl. v. 15. 12. 2003 - 7 AV 2.03 -, a.a.O..; Sodan/Ziekow, a.a.O.., § 124 Rnr. 97). Die Berücksichtigung setzt zum einen voraus, dass es nach dem materiellen Recht auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der letzten (mündlichen) Tatsachenentscheidung ankommt. Zum anderen muss auf die (ggfs. erst bevorstehende) Änderung der Sach- oder Rechtslage innerhalb der Darlegungsfrist ausdrücklich hingewiesen worden sein (BVerwG, Beschl. v. 15.12.2003 - 7 AV 2.03 -, a.a.O..) oder die Änderung der Sach- oder Rechtslage muss zumindest für die Beurteilung gerade derjenigen Richtigkeitszweifel erheblich sein, die der Zulassungsantragsteller innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt hat (Sodan/Ziekow, a.a.O.., § 124 Rnr. 98: "Die Änderung der Sach- und Rechtslage ist grds. nur in dem durch die Darlegungen des Rechtsmittelführers vorgegebenen Prüfungsrahmens zu berücksichtigen"), oder aber die Änderung der Sach- oder Rechtslage gewinnt Bedeutung im Rahmen einer Prüfung des Oberverwaltungsgerichts, ob sich die angefochtene Entscheidung aus anderen als den ihr beigegebenen Gründen als (offenbar) richtig darstellt (zum Umfang einer solchen Prüfung: BVerwG, Beschl. v. 10. 3. 2004 - 7 AV

11

4.03 -, a.a.O..; Nds. OVG, Beschl. v. 17. 6. 2009 - 5 LA 103/07 -; zum Vorstehenden vgl. auch Nds. OVG, Beschl. v. 17.2.2010 - 5 LA 342/08 -, beck-online).

12

a)

Da der Kläger eine Verpflichtungsklage erhoben hat, kommt es für die Begründetheit dieser Klage grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenentscheidung an. Die Frage nach den Vorgaben für das Führen von Außenstellen einer Schule war dem Grunde nach auch bereits Gegenstand der innerhalb der Darlegungsfrist des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO von der Beklagten vorgetragenen Richtigkeitszweifel. Die erst zum 17. Februar 2011 und damit nach Ablauf der Darlegungsfrist für den Antrag auf Zulassung der Berufung in Kraft getretene SchOrgVO ist daher im Rahmen des Berufungszulassungsverfahrens zu berücksichtigen.

13

b)

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die begehrte Errichtung der Außenstelle eines Gymnasiums der Genehmigung bedarf. Diese zwischen den Beteiligten zunächst umstrittene Frage ist in § 3 Satz 1 SchOrgVO nunmehr ausdrücklich geregelt und wird von dem Kläger nicht (mehr) in Frage gestellt (vgl. 2 MC 45/11 GA Bl. 4).

14

c)

Die Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung sind von dem Verwaltungsgericht im Ergebnis ebenfalls zu Recht bejaht worden.

15

§ 106 Abs. 8 Satz 1 NSchG regelt:

16

Das Kultusministerium wird ermächtigt, durch Verordnung zu bestimmen,

  1. 1.

    welche Anforderungen unter raumordnerischen Gesichtspunkten an Schulstandorte und Einzugsbereiche zu stellen sind,

  2. 2.

    welche Größe die Schulen oder Teile von Schulen unter Berücksichtigung der Erfordernisse eines differenzierten Unterrichts aufweisen sollen,

  3. 3.

    unter welchen Voraussetzungen Schulen Außenstellen führen dürfen,

  4. 4.

    wie die Einzugsbereiche und Standorte der einzelnen Schulen aufeinander abgestimmt werden sollen.

17

§ 3 SchOrgVO bestimmt:

Außenstellen

Mit Genehmigung der Niedersächsischen Landesschulbehörde kann eine Schule eine Außenstelle führen. Die Genehmigung wird erteilt, wenn

  1. 1.

    die Schulleitung, der Schulvorstand und die Konferenzen trotz der räumlichen Trennung ihre Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen können,

  2. 2.

    ein ausreichend differenziertes Unterrichtsangebot gewährleistet ist,

  3. 3.

    ausreichend große Klassen und Lerngruppen gewährleistet bleiben und

  4. 4.

    die Außenstelle für Schülerinnen und Schüler unter zumutbaren Bedingungen erreichbar ist."

18

§ 4 SchOrgVO enthält nähere Vorgaben für die "Größe der Schulen und von Teilen von Schulen".

19

aa)

Da wie oben dargelegt, der Kläger (formell) die Errichtung einer Außenstelle eines schon bestehenden Gymnasiums, nicht jedoch die Erweiterung der KGS um eine gymnasiale Oberstufe gegehrt, ist Ausgangspunkt der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit dieses Vorhabens § 3 SchOrgVO.

20

bb)

Die in § 3 SchOrgVO genannten Vorgaben für das Führen einer Außenstelle liegen vor.

21

Die in § 3 SchOrgVO enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe unterliegen dabei der vollen gerichtlichen Nachprüfung. Allerdings weist der Kläger zutreffend darauf hin, dass die Änderungen des § 106 NSchG auf der Grundlage des NEKHG erfolgten und dem NEKHG ein Paradigmenwechsel zugrunde lag; denn es sollten nunmehr in erster Linie die Kommunen entscheiden, wie ein gesetzgeberisches Ziel erreicht werden soll, und es sollten den Kommunen vor Ort mehr Spielräume zur eigenen Entfaltung je nach den örtlichen Gegebenheiten eingeräumt werden (vgl. Nds. Landtags-Drucks. 16/1497 S. 1, 12, 13; Brockmann/Littmann/Schippmann, a.a.O.. § 106 Anm. 1). So obliegt die Aufgabe der Feststellung des regionalen Bedarfs für eine Schulorganisationsmaßnahme nunmehr allein dem Schulträger (Nds. LT-DrS. 16/1787 S. 8; Brockmann/Littmann/Schippmann, a.a.O.., § 106 Anm. 1), während das Bedürfnis früher von der Landesschulbehörde im Benehmen mit dem Schulträger festgestellt werden musste (§ 106 Abs. 3 NSchG a.F.). Andererseits ist aber durch die in § 106 Abs. 8 Satz 1 NSchG enthaltene Verordnungsermächtigung zu verschiedenen Bereichen (weiterhin) der Erlass von Steuerungskriterien durch das Kultusministerium ermöglicht worden. Hierzu heißt es in der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sport und Integration vom 21. Oktober 2009 zu dem NEKHG (Nds. LT-DrS. 16/1762 S. 1 f, 7):

"Der Vertreter des Kultusministeriums hat dazu angeführt, ....auf die Steuerungsmöglichkeiten des Landes hinsichtlich der Größe der Schulen und der Lerngruppen könne hingegen nicht verzichtet werden, da das Land einerseits seiner pädagogischen Verantwortung für die Qualität des schulischen Angebots gerecht werden und andererseits wegen seiner finanziellen Verantwortung für die Bezahlung des Lehrpersonals Einfluss auf die Unterrichtsversorgung und die Personalkosten behalten müsse....Sachliche Änderungen (Anm.: in der damals noch nicht erlassenen SchOrgVO) gegenüber der aufgrund § 26 Abs. 7 des Schulgesetzes erlassenen Verordnung seien aber nicht geplant.

Dem haben sich die Ausschussmitglieder....angeschlossen....Die vorgesehenen Regelungen sollten die vorhandene Rechtslage fortschreiben, müssten diese aber mit der Streichung des § 26 abstimmen. Mit den Verordnungsermächtigungen solle der Landesregierung kein größerer Spielraum als bisher eingeräumt werden".

22

Zureichende Anhaltspunkte für einen dem Schulträger bei der Entscheidung über das Führen von Außenstellen einzuräumenden Beurteilungsspielraums sind diesen Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen.

23

(1) Die in § 3 Nr. 1 SchOrgVO genannte Vorgabe ist erfüllt. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zutreffend die Auffassung vertreten, dass die Schulleitung, der Schulvorstand und die Konferenzen trotz der Entfernung zwischen C. und E. je nach Fahrstrecke von 27 bis 33 km ihre Aufgaben noch ordnungsgemäß erfüllen können. Es hat ausgehend von der damaligen Rechtslage und den seiner Auffassung nach anzuwendenden Vorgaben des § 106 NSchG mit Recht berücksichtigt, dass die reine Entfernung in dem ländlich geprägten Gebiet des Klägers nicht allein ausschlaggebend sein kann, sondern dass die Fahrtzeiten maßgeblich sind und dass Fahrtzeiten von 25 bis 30 Minuten zwischen den Schulstandorten gerade in einem ländlich geprägten Gebiet grundsätzlich nicht geeignet sind, die Erfüllung des Bildungsauftrages zu gefährden. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend weiter ausgeführt, dass die Präsenzpflicht des Schulleiters an der Außenstelle durch seinen ständigen Vertreter sichergestellt werden könne. Der Kläger hat zudem erklärt, dass die Interessen der Lehrer an möglichst geringen Fahrzeiten dadurch gewahrt werden könnten, dass einzelne Lehrer vollständig an der Außenstelle eingesetzt und bereits an der KGS lehrende Gymnasiallehrer mit in den Unterricht für den neu einzurichtenden 11. und 12. Jahrgang einbezogen werden könnten.

24

(2) Die in § 3 Nr. 2 und 3 SchOrgVO genannten Voraussetzungen sind ebenfalls als erfüllt anzusehen. Dabei kann der Senat anlässlich des vorliegenden Falles offen lassen, ob § 3 Nr. 2 und 3 SchOrgVO insoweit die Vorgaben für das Führen einer Außenstelle abschließend regeln mit der Konsequenz, dass das Vorhandensein "ausreichend" großer Klassen und eines "ausreichend" differenzierten Unterrichtsangebots auch unterhalb der in § 4 SchOrgVO enthaltenen Vorgaben je nach Einzelfall bejaht werden könnte oder ob eine Außenstelle jeweils auch als "Teil einer Schule " i.S.d.. § 4 SchOrgVO anzusehen ist mit der Konsequenz, dass zusätzlich stets auch die in § 4 SchOrgVO geregelten Vorgaben einzuhalten sind.

25

Für eine abschließende Regelung in § 3 SchOrgVO könnte sprechen, dass sich die in

26

§ 106 Abs. 8 Satz 1 NSchG enthaltene Verordnungsermächtigung auf verschiedene Bereiche (Schulstandort, Einzugsbereich, Größe von Schulen und Teilen von Schulen, Führen von Außenstellen) bezieht und sich diese Bereiche in unterschiedlichen Paragraphen der SchOrgVO wiederfinden. So sind die in § 106 Abs. 8 Nr. 3 NSchG genannten Außenstellen zumindest nach dem Wortlaut allein in § 3 SchOrgVO geregelt, während § 4 SchOrgVO nach seinem Wortlaut die Verordnungsermächtigung des § 106 Abs. 8 Nr. 2 NSchG ("Größe von Schulen und von Teilen von Schulen") ausfüllt. Würde man Außenstellen immer gleichzeitig auch als "Teil einer Schule" i.S.d. § 106 Abs. 8 Nr. 2 NSchG iVm. § 4 SchOrgVO ansehen, wäre die eigenständige Erwähnung der Außenstelle in § 106 Abs. 8 Nr. 3 NSchG iVm. § 3 SchOrgVO möglicherweise überflüssig. Mit dem Begriff "Teil einer Schule" i.S.d. § 4 SchOrgVO dürften daher (vergleichbar dem früheren § 3 SEP-VO) die nach § 106 Abs. 5 NSchG (früher § 106 Abs. 4 NSchG) organisatorisch in einer Schule zusammengefassten Schulzweige sowie die Sekundarbereiche I und II gemeint sein. Bei diesem Verständnis des Begriffs "Teil einer Schule" i.S.d. § 4 SchOrgVO ist es zudem plausibel, dass die früher in § 2 Abs. 3 SEP-VO enthaltene und im Hinblick auf den von § 3 SEP-VO erfassten Bereich (§ 3 SEP-VO regelte die "Größe von Schulen" und von Schulzweigen, dagegen taucht der Begriff "Teile von Schulen" nicht auf) auch nachvollziehbare Definition (Außenstellen sind Teile einer Schule) in die nunmehr geltenden SchOrgVO nicht mit übernommen worden ist.

27

(2.1) Diese Frage kann indes offen belieben, weil auch die in § 4 SchOrgVO genannten Vorgaben mit dem Verwaltungsgericht als erfüllt anzusehen sind.

28

Selbst nach den Zahlenangaben der Beklagten (vgl. GA Bl. 50 ff) ist - worauf auch das Verwaltungsgericht hingewiesen hat - für den Zeitraum der Schuljahre 2010/11 bis 2015/16 von durchschnittlich 42,5 Schülern auszugehen, die nach Ablauf des 10. Schuljahres an der KGS die gymnasiale Oberstufe in der Außenstelle in C. besuchen könnten. Damit könnten ausgehend von der in § 4 Abs. 3 SchOrgVO genannten Berechnungszahl von 18 Schülern pro Klasse drei Jahrgangsklassen eingerichtet und damit die Vorgabe der Dreizügigkeit in § 4 Abs. 1 Nr. 6 SchOrgVO erfüllt werden. Soweit die Beklagte unter Bezugnahme auf den "Wegweiser Kommune" der Bertelsmann-Stiftung (GA Bl. 160) darauf hinweist, dass sich die Schülerzahlen generell in den nächsten Jahren weiter verringern werden, hält der Kläger dem entgegen, dass sich möglicherweise zwar generell die Zahl aller Schüler in der Zukunft verringere, der zum Gymnasium strebende Teil sich nach allgemeiner Erfahrung aus den letzten Jahren aber (weiter) erhöhen werde, zumal eine im Landkreis vorhandene "stille Reserve" für den Besuch eines Gymnasiums durch die geplante wohnortnahe Anbindung der 11. und 12. Klasse ausgeschöpft werden könne (vgl. GA Bl. 170). Von einer derartigen "stillen Reserve" sei auszugehen, weil die Abiturquote in dem Landkreis mit 18% erheblich unter dem Durchschnitt liege (BA A Bl. 101). Diese Erwägungen der Klägerin sind in zureichendem Maße plausibel und schlüssig, um die Entscheidung für das Führen einer Außenstelle zu tragen, zumal eine genauere Ermittlung der Schülerzahlen für die nächsten Jahre aufgrund der mit einer Prognose stets verbundenen Unwägbarkeiten nicht möglich ist. Die Unsicherheiten einer derartigen Prognose werden exemplarisch deutlich an der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 28. April 2010 übersandten Aufstellung über die Schülerzahlen in den vorhandenen Oberstufen im Bereich des Klägers bezogen auf das Schuljahr 2007/2008 einerseits und 2009/2010 andererseits und den daraus ersichtlichen Schwankungen der Zahlen (GA Bl. 52).

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(2.2) Ausgehend von durchschnittlich 42,5 Schülern in den nächsten Jahren ist auch davon auszugehen, dass ein "ausreichend differenziertes" Unterrichtsangebot vorgehalten werden kann. § 10 der Verordnung über die gymnasiale Oberstufe (VO-GO idFv. 13.6.2008, NdsGVBl. 2008, 217) fordert als Profil entweder den sprachlichen, den naturwissenschaftlichen, den musisch-künstlerischen, den gesellschaftswissenschaftlichen oder den sportlichen Schwerpunkt. Gem. § 10 Abs. 4 VO-GO hat die Schule den sprachlichen und naturwissenschaftlichen Schwerpunkt und soll den musisch-künstlerischen und den gesellschaftswissenschaftlichen Bereich anbieten. Es ist nicht davon auszugehen, dass bei einer Dreizügigkeit der Außenstelle in C. die Anforderungen des § 10 Abs. 4 VO-GO, wonach zumindest zwei Profile angeboten werden müssen, nicht zu erfüllen sind. Soweit Schüler das von ihnen angestrebte Profil in der Außenstelle nicht vorfinden, können sie dieses ggfs. an der Stammschule wahrnehmen.

30

(3) Die Außenstelle ist für die Schüler unter zumutbaren Bedingungen erreichbar (§ 3 Nr. 4 SchOrgVO). Dieses ergibt sich schon daraus, dass nach den Planungen des Klägers ein Großteil der derzeit an der KGS beschulten Schüler den zukünftigen 11. und 12. Jahrgang in der Außenstelle in C. besuchen soll, so dass sich die Wege für die Schüler eher verkürzen dürften, indem neben den Gymnasien in E. und F. (einschließlich des dortigen Fachgymnasiums) nunmehr auch der Besuch gymnasialer Jahrgänge in C. ermöglicht wird.