Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 02.07.2019, Az.: 5 LA 9/18

Abordnung; fliegendes Personal; Stellenzulage

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
02.07.2019
Aktenzeichen
5 LA 9/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 69773
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 22.11.2017 - AZ: 13 A 3578/16

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Gewährung der Stellenzulage für Soldaten und Beamte der Besoldungsgruppen A 5 bis A 16 als fliegendes Personal nach der Vorbemerkung Nr. 6 Abs. 1 Buchstabe c) zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B der Anlage I des Bundesbesoldungsgesetzes in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung vom 6. August 2002 (BGBl. I S. 3020; zuletzt geändert durch Art. 3 Abs. 4 des Gesetzes vom 12.7.2006, BGBl. I S. 1466) setzt nicht die dauerhafte Verwendung des Soldaten oder Beamten auf dem Dienstposten eines sonstigen ständigen Luftfahrzeugbesatzungsangehörigen voraus. Das Gesetz stellt vielmehr auf die entsprechende tatsächliche Verwendung auf dem Dienstposten ab, ohne insoweit Vorgaben hinsichtlich der Dauer der Verwendung zu machen. Aus diesem Grund kann auch eine entsprechende Verwendung während einer befristeten Abordnung (hier: 2 Jahre) einen Anspruch auf Gewährung der Stellenzulage begründen.

Tenor:

Auf den Antrag der Beklagten wird die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 13. Kammer (Einzelrichter) - vom 22. November 2017 zugelassen, soweit das Verwaltungsgericht die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 28. September 2015 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 6. Juni 2016 verpflichtet hat, der Klägerin die begehrte Stellenzulage nach der Vorbemerkung Nr. 6 Abs. 1 Buchstabe c) zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B der Anlage I des Bundesbesoldungsgesetzes in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung vom 6. August 2002 (BGBl. I S. 3020; zuletzt geändert durch Art. 3 Abs. 4 des Gesetzes vom 12.7.2006, BGBl. I S. 1466) für die Zeit vom 1. Oktober 2013 bis zum 30. September 2015 über den Betrag von 294,50 EUR monatlich hinausgehend in Höhe von 309,23 EUR monatlich zu gewähren.

Im Übrigen wird der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung abgelehnt.

Das Berufungsverfahren wird unter dem Aktenzeichen

5 LB 118/19

geführt.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 7.421,52 EUR und für das Berufungsverfahren auf 353,52 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin hatte im hier maßgeblichen Zeitraum das Amt einer Polizeikommissarin (Besoldungsgruppe A 10) inne. Für die Zeit vom 1. Oktober 2013 bis zum 30. September 2015 wurde die Klägerin zu der Beklagten abgeordnet. Der Klägerin wurde für diese Zeit durch schriftliche Verfügung der Dienstposten einer Wärmebildoperatorin im Dezernat D. der Polizeihubschrauberstaffel E. (DP-Nr. F., „Sachbearbeiter/-in Einsatz/Operator“) übertragen. Sie wurde während der Dauer der Abordnung als so genannte sonstige ständige Luftfahrzeugbesatzungsangehörige eingesetzt. Die Hubschrauber der Polizeihubschrauberstaffel sind standardmäßig mit drei Personen besetzt, und zwar dem Piloten, dem Flugtechniker und dem Wärmebildoperator.

Am 11. Mai 2015 beantragte die Klägerin, ihr ab dem 1. Oktober 2013 eine Stellenzulage nach der Vorbemerkung Nr. 6 Abs. 1 Buchstabe c) zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B der Anlage I des Bundesbesoldungsgesetzes zu gewähren. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. September 2015 ab. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2016 zurück.

Auf die am 23. Juni 2016 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht die Beklagte unter Aufhebung der genannten Bescheide verpflichtet, der Klägerin die begehrte Stellenzulage für die Zeit vom 1. Oktober 2013 bis zum 30. September 2015 in Höhe von 309,23 EUR monatlich zu gewähren.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung.

II.

Der auf § 124 Abs. 2 Nr. 1, 3 und 4 VwGO gestützte Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat nur in geringem, aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

Die Berufung ist nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1, 3 und 4 VwGO zuzulassen, soweit die Beklagte geltend macht, dass der Klägerin die beantragte Stellenzulage mangels Vorliegens der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen schon dem Grunde nach nicht zusteht - siehe nachfolgend 1. a), b) und c) -. Die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind indes insoweit erfüllt, als sich die Beklagte gegen die von dem Verwaltungsgericht ausgesprochene Höhe der der Klägerin für die Zeit vom 1. Oktober 2013 bis zum 30. September 2015 monatlich zu gewährenden Stellenzulage wendet - siehe unten 2. -.

1. a) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des vorinstanzlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren, also aufgrund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gewichtige, gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden. Die Richtigkeitszweifel müssen sich auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zur Änderung der angefochtenen Entscheidung führt. Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, muss sich der Zulassungsantragsteller substantiiert mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Welche Anforderungen an Umfang und Dichte seiner Darlegung zu stellen sind, hängt deshalb auch von der Intensität ab, mit der die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet worden ist (Nds. OVG, Beschluss vom 7.4.2011 - 5 LA 28/10 -). Ist das angegriffene Urteil auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, müssen hinsichtlich aller dieser Begründungen Zulassungsgründe dargelegt werden (Nds. OVG, Beschluss vom 24.3.2011 - 5 LA 300/09 -, juris Rn 6; Beschluss vom 30.8.2011 - 5 LA 214/10 -, juris Rn 3).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe führt das Vorbringen der Beklagten, soweit es dagegen gerichtet ist, dass das Verwaltungsgericht das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die von der Klägerin beantragte Stellenzulage dem Grunde nach bejaht hat, nicht zur Zulassung der Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn die Beklagte hat mit ihren insoweit erhobenen Rügen keine gewichtigen, gegen die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sprechenden Gründe aufgezeigt, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg.

Ausgangspunkt der rechtlichen Prüfung ist § 1 Abs. 2 des Niedersächsischen Besoldungsgesetzes in der seit dem 1. Januar 2013 geltenden Fassung des Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes vom 3. Juni 2013 (Nds. GVBl. S. 124; im Folgenden: NBesG a. F.). Danach gilt bezogen auf den hier in Rede stehenden Zeitraum vom 1. Oktober 2013 bis zum 30. September 2015 für die Besoldung von Beamten des Landes Niedersachsen das Bundesbesoldungsgesetz in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung vom 6. August 2002 (BGBl. I S. 3020; zuletzt geändert durch Art. 3 Abs. 4 des Gesetzes vom 12.7.2006, BGBl. I S. 1466; im Folgenden: Bundesbesoldungsgesetz 2006 - BBesG 2006 -). Nach der Vorbemerkung Nr. 6 Abs. 1 Buchstabe c) zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B der Anlage I des Bundesbesoldungsgesetzes 2006 - im Folgenden: Vorbemerkung Nr. 6 Abs. 1 Buchstabe c) BBesG 2006 - erhalten Soldaten und Beamte der Besoldungsgruppen A 5 bis A 16 als sonstige ständige Luftfahrzeugbesatzungsangehörige eine Stellenzulage nach Anlage IX des Bundesbesoldungsgesetzes 2006, wenn sie entsprechend verwendet werden.

Die Beklagte hat im erstinstanzlichen Verfahren und auch mit ihrem Zulassungsvorbringen nicht in Zweifel gezogen, dass die Klägerin während des streitigen Zeitraums auf dem Dienstposten einer Wärmebildoperatorin im Dezernat D. der Polizeihubschrauberstaffel E. als sonstige ständige Luftfahrzeugbesatzungsangehörige im Sinne des Vorbemerkung Nr. 6 Abs. 1 Buchstabe c) BBesG 2006 verwendet worden ist. Nach Auffassung der Beklagten setzt die Gewährung der Stellenzulage jedoch die dauerhafte Übertragung des Dienstpostens voraus, so dass eine entsprechende Verwendung während einer zeitlich befristeten Abordnung nicht geeignet sei, einen Anspruch auf Gewährung der Stellenzulage zu begründen. Das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten (S. 2 bis S. 5 der Zulassungsbegründung) ist indes nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zu begründen.

Nach der Rechtsprechung des beschließenden Senats (Nds. OVG, Urteil vom 14.12.2004 - 5 LB 388/03 -) ist bei der Auslegung des Begriffs der „Verwendung als sonstiger ständiger Luftfahrzeugbesatzungsangehöriger“ die für Stellenzulagen grundlegende Bestimmung des § 42 Abs. 3 BBesG zu beachten, wonach Stellenzulagen nur für die Dauer der Wahrnehmung der herausgehobenen Funktionen gewährt werden dürfen. Diese Voraussetzung ist nicht schon dann erfüllt, wenn die zulageberechtigenden Funktionen tatsächlich ausgeübt werden, vielmehr ist zusätzlich eine besondere Übertragung der zulageberechtigenden Aufgaben (herausgehobenen Funktionen) erforderlich (vgl. (Nds. OVG, Urteil vom 14.12.2004 - 5 LB 388/03 -, unter Verweis unter anderem auf BVerwG, Urt. v. 12.9.1994 - BVerwG 2 C 7.93 -, juris). Im Falle der Stellenzulage nach der Vorbemerkung Nr. 6 Abs. 1 Buchstabe c) BBesG a. F. ist demnach (1.) die Anordnung des Dienstherrn an den Beamten erforderlich, die in der Vorbemerkung Nr. 6 Abs. 1 Buchstabe c) BBesG a. F. konkret bezeichnete zulagebegünstigende Tätigkeit („als sonstiger ständiger Luftfahrzeugbesatzungsangehöriger“) zu übernehmen, und (2.) die tatsächliche Wahrnehmung dieser Tätigkeit in dem erforderlichen Umfang. Die vorstehend genannte Voraussetzung einer Anordnung des Dienstherrn an den Beamten setzt ihrerseits voraus, dass die Verwaltung einen Dienstposten mit der Aufgabe eines ständigen Luftfahrzeugbesatzungsangehörigen schafft. Mit der Wortfolge „... erhalten als sonstige ständige Luftfahrzeugbesatzungsangehörige ...“ hat der Gesetzgeber eine Funktions- bzw. Dienstpostenbezeichnung gewählt, die der Ausfüllung durch die Exekutive bedürftig ist (vgl. (Nds. OVG, Urteil vom 14.12.2004 - 5 LB 388/03 -, m. w. N.). Diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall während des maßgeblichen Zeitraums (1.10.2013 bis 30.9.2015) erfüllt.

Soweit die Beklagte unter Verweis auf das genannte Urteil geltend macht, es reiche nicht aus, dass ein Amt tatsächlich ausgeübt werde, sondern es sei eine zusätzliche besondere Übertragung der zulageberechtigenden Aufgaben erforderlich, muss sie sich entgegenhalten lassen, dass diesen Anforderungen im Falle der Klägerin unzweifelhaft genügt worden ist. Denn der Klägerin wurde für die Zeit vom 1. Oktober 2013 bis zum 30. September 2015 durch schriftliche Verfügung ausdrücklich der Dienstposten einer Wärmebildoperatorin im Dezernat D. der Polizeihubschrauberstaffel E. (DP-Nr. F., „Sachbearbeiter/-in Einsatz/Operator“) übertragen; sie wurde während dieser Zeit auch als sonstige ständige Luftfahrzeugbesatzungsangehörige eingesetzt.

Mit ihrem Vorbringen, die Gewährung der Stellenzulage nach der Vorbemerkung Nr. 6 Abs. 1 Buchstabe c) BBesG a. F. setze die dauerhafte Verwendung auf dem Dienstposten voraus, was bei einer kurzfristigen Übertragung des Dienstpostens im Wege einer Abordnung nicht der Fall sei, vermag die Beklagte nicht durchzudringen. Das Erfordernis einer dauerhaften Verwendung auf dem Dienstposten lässt sich dem eindeutigen Wortlaut der Vorbemerkung Nr. 6 Abs. 1 Buchstabe c) BBesG a. F., auf den maßgeblich abzustellen ist, nicht entnehmen. Das Gesetz stellt vielmehr auf die entsprechende tatsächliche Verwendung auf dem Dienstposten ab, ohne insoweit Vorgaben hinsichtlich der Dauer der Verwendung zu machen. Etwas Gegenteiliges lässt sich auch dem Urteil des beschließenden Senats vom 14. Dezember 2004 (- 5 LB 388/03 -) nicht entnehmen. Mit der Feststellung, dass die Funktion eines sonstigen ständigen Luftfahrzeugbesatzungsangehörigen auf den jeweiligen Beamten ausdrücklich übertragen worden sein muss, hat der Senat nicht zum Ausdruck gebracht, dass eine dauerhafte Übertragung erfolgen muss und eine Abordnung nicht ausreicht. Der Senat hat allerdings deutlich gemacht, dass der in jenem Rechtsstreit lediglich erfolgte Erlass einer Abordnungsverfügung an die damalige Bezirksregierung G. zur Polizeihubschrauberstaffel und die dortige Beauftragung mit den Aufgaben eines Operators nicht ausreichten, sondern dass zusätzlich eine ausdrückliche Übertragung der Funktion eines sonstigen ständigen Luftfahrzeugbesatzungsangehörigen auf den damaligen Kläger erforderlich gewesen sei, woran es jedoch gefehlt habe (vgl. S. 9 des Urteilsabdrucks). Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt, der dem vorgenannten Urteil zugrunde gelegen hat, maßgeblich von dem vorliegenden Rechtsstreit, in dem nicht nur eine Abordnungsverfügung ergangen ist, sondern darüber hinaus auch die erforderliche ausdrückliche Übertragung des Dienstpostens einer Wärmebildoperatorin im Dezernat D. der Polizeihubschrauberstaffel E. (DP-Nr. F., „Sachbearbeiter/-in Einsatz/Operator“) erfolgt ist.

Entgegen der Ansicht der Beklagten lässt sich auch der Systematik des Bundesbesoldungsgesetzes 2006 nicht entnehmen, dass die Gewährung der Stellenzulage nach der Vorbemerkung Nr. 6 Abs. 1 Buchstabe c) BBesG 2006 die dauerhafte Verwendung auf dem Dienstposten voraussetzt. Der von der Beklagten insoweit angestellte Vergleich mit der Zulagenvorschrift der Vorbemerkung Nr. 9a Abs. 1 BBesG 2006 (Zulage im Marinebereich), in der die Abordnung als Möglichkeit der Dienstpostenwahrnehmung ausdrücklich genannt worden ist, zwingt nicht zu der Annahme, dass der Gesetzgeber bewusst zwischen einer dauerhaften und einer vorübergehenden Verwendung differenziert hat. Dass der Gesetzgeber hinsichtlich der Zulage für den Marinebereich entschieden hat, diese unter anderem bei einer Abordnung erst vom Beginn des 16. Dienstmonats an zu gewähren, lässt vielmehr ebenso auch den Schluss zu, dass die Stellenzulage nach der Vorbemerkung Nr. 6 Abs. 1 Buchstabe c) BBesG 2006 auch im Falle einer Abordnung bei einer entsprechenden Verwendung bereits ab dem Beginn der Verwendung zu gewähren ist.

Gegen die gesetzessystematische Erwägung der Beklagten spricht zudem auch Abschnitt B 3. Abs. 2 Buchstabe b) der von dem Bundesministerium der Verteidigung erlassenen „Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu Nummer 6 der Vorbemerkungen zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B des Bundesbesoldungsgesetzes - Stellenzulage für fliegendes Personal -“ vom 18. April 2007 (VMBl S. 70; abgedruckt auch bei Plog/Wiedow, BBG, Stand: Juni 2019, Band 3a, BBesG Anlage I, Vorb. Nr. 6 zu BBesO A/B [Rn 2]). Denn darin ist deutlich gemacht worden, dass die fliegerische Verwendung durch eine Personalverfügung übertragen worden sein muss, wobei sodann in dem Klammerzusatz nicht nur die dauerhafte Versetzung angeführt worden ist; es sind vielmehr auch die vorübergehenden Maßnahmen der Abordnung, der Kommandierung und des Dienstpostenwechsels genannt worden.

Aus den vorgenannten Gründen zwingen auch die gesetzessystematischen Überlegungen der Beklagten zu den Absätzen 2, 3 und 4 der Vorbemerkung Nr. 6 Buchstabe c) BBesG 2006 und der auch insoweit angestellte Vergleich zu der Vorbemerkung Nr. 9a Abs. 1 BBesG 2006 (S. 4 der Zulassungsbegründung vom 12.2.2018) nicht zu der Annahme, dass die Gewährung der Stellenzulage nach der Vorbemerkung Nr. 6 Abs. 1 Buchstabe c) BBesG 2006 die dauerhafte Verwendung auf dem Dienstposten voraussetzt.

Die Beklagte kann sich zur Begründung ihrer Rechtsauffassung, die Gewährung der Stellenzulage nach der Vorbemerkung Nr. 6 Abs. 1 Buchstabe c) BBesG 2006 setze die dauerhafte Verwendung auf dem Dienstposten voraus, auch nicht mit Erfolg auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Oktober 2010 (- BVerwG 2 C 29.09 -, juris Rn 11) berufen, in dem in der von der Beklagten zitierten Passage das Folgende ausgeführt worden ist:

„Durch die Stellenzulage nach Nr. 6 der Vorbemerkungen sollen vielmehr die hohen Anforderungen, die besonderen physischen und psychischen Belastungen sowie die erhöhten Gefahren abgegolten werden, denen Soldaten oder Beamte als fliegendes Personal bei der Verrichtung ihres Dienstes ausgesetzt sind (Urteil vom 12. Juni 1984 - BVerwG 6 C 94.83 - Buchholz 235 § 42 BBesG Nr. 6 S. 17). Nach der Systematik des Besoldungsrechts können solche Dauererschwernisse gleichbleibender Art durch eine Stellenzulage abgegolten werden (Urteile vom 3. Januar 1990 - BVerwG 6 C 11.87 - Buchholz 240 § 47 BBesG Nr. 6 S. 8 f., vom 23. April 1998 - BVerwG 2 C 1.97 - Buchholz 240.1 Nr. 20 S. 32 und vom 8. Juni 2000 - BVerwG 2 C 24.99 - Buchholz 240.1 Nr. 25 S. 7).“

Das Dauererschwernis gleichbleibender Art, das mit der Stellenzulage nach der Vorbemerkung Nr. 6 Abs. 1 Buchstabe c) BBesG 2006 abgegolten werden soll, besteht entgegen der Ansicht der Beklagten bei einer Verwendung im Sinne dieser Vorschrift nicht erst „nach einer gewissen Zeit“, wobei die Beklagte sogar den hier streitigen Zeitraum von immerhin zwei Jahren noch nicht als lang genug ansieht. Die besonderen physischen und psychischen Belastungen sowie die erhöhten Gefahren, denen Soldaten oder Beamte als fliegendes Personal bei der Verrichtung ihres Dienstes ausgesetzt sind und die mit der Stellenzulage nach der Vorbemerkung Nr. 6 Abs. 1 Buchstaben a), b) und c) BBesG 2006 abgegolten werden sollen, bestehen vielmehr bei einer entsprechenden Verwendung von Anfang an. Das Verwaltungsgericht hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass die Klägerin in den zwei Jahren, in denen sie als Wärmebildoperatorin auf einem Hubschrauber der Polizeihubschrauberstaffel E. eingesetzt war, den gleichen Belastungen und Gefahren ausgesetzt war wie die Operatoren, denen die Funktion auf Dauer übertragen war und dass es keinen überzeugenden Grund gibt, sie hinsichtlich der Gewährung der Stellenzulage im Vergleich zu den Besatzungsmitgliedern der Polizeihubschrauber, denen der Dienstposten nicht nur im Wege einer Abordnung befristet, sondern dauerhaft übertragen ist, unterschiedlich zu behandeln.

b) Soweit die Beklagte geltend macht, dass der Klägerin der geltend gemachte Anspruch mangels Vorliegens der Voraussetzungen der Vorbemerkung Nr. 6 Abs. 1 Buchstabe c) BBesO 2006 schon dem Grunde nach nicht zusteht, ist die Berufung auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO - siehe nachfolgend aa) - oder gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO - siehe unten bb) - zuzulassen.

aa) Die Voraussetzungen des insoweit geltend gemachten Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO sind nicht erfüllt.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine tatsächliche oder rechtliche Frage von allgemeiner fallübergreifender Bedeutung aufwirft, die im Berufungsrechtszug entscheidungserheblich ist und im Interesse der Rechtseinheit geklärt werden muss. Die in diesem Sinne zu verstehende grundsätzliche Bedeutung muss durch die Formulierung mindestens einer konkreten, sich aus dem Verwaltungsrechtsstreit ergebenden Frage dargelegt werden. Dabei ist substantiiert zu begründen, warum die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig gehalten wird, das heißt worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll, weshalb die Frage entscheidungserheblich und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 124a Rn 54). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

Die von der Beklagten in allgemeiner Form und bezogen auf sämtliche Zulagen aufgeworfene Frage, „ob Beamten, welche einen Dienstposten lediglich im Wege der Abordnung und nicht dauerhaft wahrnehmen, eine Zulage zusteht“, würde sich im vorliegenden Fall in einem Berufungsverfahren allenfalls insoweit stellen, als sie sich auf die hier streitige Stellenzulage nach der Vorbemerkung Nr. 6 Abs. 1 Buchstabe c) BBesO 2006 bezieht. Insoweit bedarf es jedoch keiner Klärung der aufgeworfenen Frage in einem Berufungsverfahren. Die Beklagte muss sich zwar nicht entgegenhalten lassen, dass die aufgeworfene Frage inzwischen ausgelaufenes Recht betrifft; denn der niedersächsische Gesetzgeber hat die Vorschrift der Vorbemerkung Nr. 6 Abs. 1 Buchstabe c) BBesG 2006 durch die Nachfolgeregelung der Nr. 3 Abs. 1 Nr. 2 der Anlage 11 zu § 39 des am 1. Januar 2017 in Kraft getretenen Niedersächsischen Besoldungsgesetzes (NBesG) vom 20. Dezember 2016 (Nds. GVBl. S. 308) ersetzt, bei der sich die aufgeworfene Frage in gleicher Weise stellen würde (vgl. zu diesem Gesichtspunkt Nds. OVG, Beschluss vom 17.2.2010 - 5 LA 342/08 -, juris Rn 12). An der Klärungsbedürftigkeit der von der Beklagten aufgeworfenen Frage fehlt es, soweit sich die Frage auf die hier streitige Stellenzulage nach der Vorbemerkung Nr. 6 Abs. 1 Buchstabe c) BBesO 2006 bezieht, jedoch deshalb, weil sich die Frage - wie sich aus den obigen Ausführungen des Senats zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ergibt (siehe Abschnitt II. 1.a)) der Gründe dieses Beschlusses) - schon im Berufungszulassungsverfahren ohne weiteres beantworten lässt.

bb) Soweit die Beklagte geltend macht, dass der Klägerin der geltend gemachte Anspruch mangels Vorliegens der Voraussetzungen der Vorbemerkung Nr. 6 Abs. 1 Buchstabe c) BBesO 2006 schon dem Grunde nach nicht zusteht, sind auch die Voraussetzungen des insoweit geltend gemachten Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht erfüllt.

Eine Divergenz im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist gegeben, wenn das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung einen entscheidungserheblichen abstrakten Grundsatz tatsächlicher oder rechtlicher Art aufgestellt hat, der mit einem ebensolchen Grundsatz in einer Entscheidung der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeführten Gerichte nicht übereinstimmt. Ein solcher Grundsatz, den das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, muss zwar nicht ausdrücklich ausgesprochen sein; er muss sich aber aus der angefochtenen Entscheidung hinreichend deutlich ergeben. Eine Divergenz liegt dagegen nicht vor, wenn das Verwaltungsgericht einen im Einzelfall nicht in Frage gestellten Grundsatz stillschweigend übergeht, nicht hinreichend anwendet, außer Acht lässt oder (rechtsfehlerhaft) für nicht anwendbar erachtet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31.3.1988 - BVerwG 7 B 46.88 -, juris Rn 4; Nds. OVG, Beschluss vom 6.3.2009 - 5 LA 117/08 -).

Nach diesem Maßstab kommt eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht in Betracht. Die Beklagte rügt, das Verwaltungsgericht sei von dem Urteil des Senats vom 14. Dezember 2004 (- 5 LB 388/03 -) abgewichen. Mit ihrem diesbezüglichen Vorbringen hat die Beklagte nicht mit der gebotenen Deutlichkeit einen entscheidungserheblichen abstrakten Grundsatz tatsächlicher oder rechtlicher Art in dem angefochtenen Urteil bezeichnet, der mit ebensolchen Grundsätzen in der genannten Entscheidung des Senats in Widerspruch steht. Der Sache nach macht die Beklagte mit dem Zulassungsantrag nach Art einer Berufung geltend, das Verwaltungsgericht habe das genannte Urteil des Senats nicht richtig angewandt. Ein etwaiger Rechtsanwendungsfehler begründet jedoch - wie dargelegt - keine Divergenz im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO.

Im Übrigen ergibt sich aus den Ausführungen des Senats im Abschnitt II. 1.a) der Gründe dieses Beschlusses zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, dass das Verwaltungsgericht nicht von Grundsätzen abgewichen ist, die der Senat in seinem Urteil vom 14. Dezember 2004 (- 5 LB 388/03 -) aufgestellt hat.

2. Die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind dagegen erfüllt, soweit sich die Beklagte gegen die von dem Verwaltungsgericht ausgesprochene Höhe der der Klägerin für die Zeit vom 1. Oktober 2013 bis zum 30. September 2015 monatlich zu gewährenden Stellenzulage wendet. Denn insoweit bestehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

Die Höhe der der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Oktober 2013 bis zum 30. September 2015 zustehenden Stellenzulage richtet sich gemäß § 1 Abs. 2 NBesG a. F. nach der Anlage IX des Bundesbesoldungsgesetzes 2006. Die Höhe der Stellenzulage hat danach auch im hier maßgeblichen Zeitraum noch monatlich 294,50 EUR betragen. Von der Möglichkeit, die Stellenzulage nach dem 1. September 2006 zu erhöhen, hat der niedersächsische Gesetzgeber keinen Gebrauch gemacht. Auch nach der für Beamte des Landes Niedersachsen seit dem Inkrafttreten des Niedersächsischen Besoldungsgesetzes vom 20. Dezember 2016 (a. a. O.) am 1. Januar 2017 geltenden Nachfolgeregelung der Stellenzulage nach Nr. 3 Abs. 1 Nr. 2 der Anlage 11 zu § 39 NBesG beträgt die Stellenzulage 294,50 EUR.

Das Verwaltungsgericht, das die Höhe der der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Oktober 2013 bis zum 30. September 2015 zustehenden Stellenzulage auf monatlich 309,23 EUR bemessen hat, hat offensichtlich fehlerhaft auf die Regelung der Vorbemerkung Nr. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B der Anlage I des Bundesbesoldungsgesetzes in der jetzigen Fassung abgestellt, die jedoch im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist.

3. Zur Vermeidung von Missverständnissen wird abschließend ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts mit der diesbezüglichen Ablehnung des Zulassungsantrags der Beklagten in Rechtskraft erwachsen ist (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), soweit das Verwaltungsgericht entschieden hat, dass der Klägerin die begehrte Stellenzulage für die Zeit vom 1. Oktober 2013 bis zum 30. September 2015 dem Grunde nach zusteht. Gegenstand des Berufungsverfahrens wird nur noch die Frage sein, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Stellenzulage für die Zeit vom 1. Oktober 2013 bis zum 30. September 2015 über den Betrag von 294,50 EUR monatlich hinausgehend in Höhe von 309,23 EUR monatlich zu gewähren.

4. Das Zulassungsverfahren wird als Berufungsverfahren fortgeführt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht (§ 124a Abs. 5 Satz 5 VwGO). Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist schriftlich bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht, Uelzener Straße 40, 21335 Lüneburg, oder Postfach 2371, 21313 Lüneburg, oder in elektronischer Form nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig (§ 124a Abs. 3 Sätze 3 bis 5 und Abs. 6 VwGO).

5. Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren und das Berufungsverfahren beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 und 3 GKG.

Da Gegenstand des Zulassungsverfahrens die Frage war, ob das Verwaltungsgericht zu Recht zu der Einschätzung gelangt ist, dass der Klägerin die begehrte Stellenzulage für die Zeit vom 1. Oktober 2013 bis zum 30. September 2015 in Höhe von 309,23 EUR monatlich zusteht, war insoweit ein Streitwert von 7.421,52 EUR festzusetzen (309,23 EUR x 24 Monate = 7.421,52 EUR).

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist lediglich noch die Frage, ob der Klägerin die begehrte Stellenzulage für die Zeit vom 1. Oktober 2013 bis zum 30. September 2015 in Höhe von 309,23 EUR monatlich oder in Höhe von 294,50 EUR monatlich zu gewähren ist. Für das Berufungsverfahren ist der Streitwert deshalb auf 353,52 EUR festzusetzen (309,23 EUR - 294,50 EUR = 14,73 EUR; 24 Monate x 14,73 EUR = 353,52 EUR).

6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).