Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 09.12.2021, Az.: 5 LA 174/20

Aufklärungspflicht; Behördengutachten; ernstliche Zweifel; Sachverständigengutachten

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
09.12.2021
Aktenzeichen
5 LA 174/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 71082
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 23.10.2020 - AZ: 4 A 92/19

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Ein Tatsachengericht kann sich ohne Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht auf Gutachten stützen, die eine Behörde im Verwaltungsverfahren eingeholt hat. Ein Verfahrensmangel liegt in dieser Situation nur dann vor, wenn dem Tatsachengericht sich die Einholung eines weiteren Gutachtens hätte aufdrängen müssen, weil die vorliegenden Gutachten objektiv ungeeignet sind, ihm die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen zu vermitteln.

Der Einwand eines Verstoßes gegen die Aufklärungspflicht des Gerichts (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) vermag für sich nicht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu begründen.

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen - 4. Kammer (Einzelrichterin) - vom 23. Oktober 2020 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, weil die von ihm geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sowie des Vorliegens eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) bereits teilweise nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt worden sind und im Übrigen nicht vorliegen.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des vorinstanzlichen Urteils sind zu bejahen, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren, also aufgrund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gewichtige, gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden. Die Richtigkeitszweifel müssen sich auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen. Es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zur Änderung der angefochtenen Entscheidung führt. Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, muss sich der Zulassungsantragsteller substantiiert mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Welche Anforderungen an Umfang und Dichte seiner Darlegung zu stellen sind, hängt deshalb auch von der Intensität ab, mit der die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet worden ist (Nds. OVG, Beschluss vom 7.4.2011 - 5 LA 28/10 -).

Ausgehend von diesen Grundsätzen führt das Vorbringen des Klägers nicht zur Zulassung der Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage, die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheids der Versorgungskasse zu verpflichten, das Vorliegen eines „Charcot-Fußes“ (rechts) als weitere Folge des Dienstunfalls vom 18. Dezember 2010 anzuerkennen, im Wesentlichen mit folgender Begründung abgewiesen: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Anerkennung eines weiteren Körperschadens (Charcot-Fuß) als Folge seines o. a. Dienstunfalles (Fraktur des Sprunggelenks des rechten Beines infolge eines Sturzes während einer Trauerfeier). Zur Anerkennung einer Diagnose als Dienstunfallfolge sei erforderlich, dass der jeweilige Körperschaden durch das Unfallereignis verursacht worden sei. Als Ursache im Rechtssinne auf dem Gebiet der beamtenrechtlichen Dienstunfallversorgung seien nur solche für den eingetretenen Schaden ursächliche Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen (natürlich-logischen) Sinne anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtungsweise zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt habe. Löse ein Unfallereignis ein bereits vorhandenes Leiden aus oder beschleunigte oder verschlimmerte es dieses, so sei das Unfallereignis dann nicht wesentliche Ursache für den Körperschaden, wenn das Ereignis von untergeordneter Bedeutung gewesen sei, also gewissermaßen „der letzte Tropfen“ gewesen sei, der „das Fass zum Überlaufen“ gebracht habe bei einer Erkrankung, „die ohnehin ausgebrochen wäre, wenn ihre Zeit gekommen“ sei. Keine Ursache im Rechtssinne seien demgemäß sogenannte Gelegenheitsursachen, d. h. Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung bestehe. Hinsichtlich der Beweislast gelte, dass der Beamte die materielle Beweislast für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen trage. Der Beamte habe daher den vollen Beweis hinsichtlich des Nachweises des Kausalzusammenhangs zu erbringen. Das Gericht sei nicht davon überzeugt, dass der Dienstunfall vom 18. Dezember 2018 wesentlich zu der Diagnose eines Charcots-Fußes beigetragen habe. Ausgangspunkt dieser Einschätzung sei das [von der Beklagten während des Verwaltungsverfahrens eingeholte] Gutachten des Oberarztes Dr. D., Klinikum E., vom 8. Dezember 2015. Hierin heiße es, die Entwicklung des Charcot-Fußes ließe sich im Falle des Klägers am ehesten als Folge der Gesamtheit der Grunderkrankung betrachten. Die anerkannte Ursache eines Charcot-Fußes wäre eine diabetische Polyneuropathie (neurovaskuläre Theorie). Selbst bei Hinzuziehen der neurotraumatischen Theorie würden die Traumen/Verletzungen, die zu solch einer Veränderung führten, den Fuß (Ferse, Fußwurzel, Mittelfuß und Vorfuß) betreffen und wiederholt auftreten. Ein einmaliges Trauma am oberen Sprunggelenk führte nach den aktuellen Erkenntnissen eher nicht zu einer Entwicklung eines Charcot-Fußes. Die im Verlauf aufgetretenen Abszesse und Phlegmone befänden sich ebenfalls nicht im operativen Gebiet, sondern würden sich hauptsächlich auf den rechten Fuß (Ferse, Fußwurzel, Mittelfuß und Vorderfuß) beschränken. Ein direkter Zusammenhang zwischen Unfall/OP und dem Abszess/der Phlegmone wäre eher unwahrscheinlich. Ob das Trauma und die Ruhigstellung post-operativ eine Beschleunigung der Entwicklung und der Symptome des Charcot-Fußes nach sich gezogen hätten, wäre spekulativ. Wahrscheinlich wäre jedoch, dass sich bei parallel rascher Progression des Diabetes Mellitus der Charcot-Fuß auch unabhängig vom Unfall entwickelt hätte. Den in sich schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Gutachters schließe sich das Gericht an. Diese deckten sich insbesondere mit Erkenntnissen, die das Gericht aus frei verfügbaren medizinischen Quellen gewonnen habe. So heiße es im dem Aufsatz von Dr. Stefan Zimny „Diabetische neuropathische Osteoarthropathie“ (Deutsches Ärzteblatt 2015, 43 [7]), dass es für die Entstehung eines Charcot-Fußes an den Füßen von Diabetikern mit Neuropathie zwei unterschiedliche Hypothesen [zum einen: neurovaskuläre Hypothese, zum anderen: neurotraumatische Hypothese] gebe, die bislang nicht definitiv verifiziert wären. Der vom Kläger vorgelegte Behandlungsbericht [von Prof. Dr. F., Diabeteszentrum G., vom 27. Oktober 2014] sowie die von ihm vorgebrachten Einwände seien nicht geeignet, die nachvollziehbaren Darlegungen des Gutachtens zu entkräften. In seinem Behandlungsbericht habe Prof. Dr. F. darauf hingewiesen, dass der rechte Fuß des Klägers, an dem sich ein Charcot-Fuß entwickelt hätte, eine „Vorgeschichte“ aufwiese. Es wäre dort eine osteosynthetisch versorgte Sprunggelenksfraktur bekannt, die das Ergebnis eines Arbeitsunfalles wäre. Grundvoraussetzung für Charcot-Füße wäre eine ausgeprägte Neuropathie, wie sie beim Kläger vorläge. Häufig würde der Anstoß aber durch Traumen gegeben, so dass sich dann - bei gegebenen Voraussetzungen - ein Charcot-Fuß entwickelte. Insofern spräche einiges dafür, dass der Charcot-Fuß mit allen Komplikationen Folge dieses ursprünglichen Traumas wäre. Das Gericht bezweifle nicht die inhaltliche Richtigkeit dieser Ausführungen. Allerdings stelle auch hiernach das Trauma, welche häufig den Anstoß für die Entwicklung eines Charcot-Fußes gebe, in rechtlicher Hinsicht allenfalls eine Gelegenheitsursache dar, welche für die Annahme einer Kausalität zwischen Unfallereignis und Dienstunfallfolge nicht ausreiche. Dem Bericht von Prof. Dr. F. könne hingegen nicht entnommen werden, dass die „Auslösung“ eines Charcot-Fußes aus der Krankheitsanlage des Klägers heraus besonderer, in ihrer Art unersetzliche äußere Einwirkungen bedurft und nicht jedes alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Im Übrigen sei festzustellen, dass sich Prof. Dr. F. in seinem Befundbericht mit keinem Wort zu der neurovaskulären Theorie geäußert habe, die ein Trauma bei der Entstehung eines Charcot-Fußes an den Füßen von Diabetikern mit Neuropathie gerade nicht beinhalte. Auch setze er sich nicht damit auseinander, dass die neurotraumatische Theorie von wiederholt auftretenden Traumen/Verletzungen ausgehe, die eine chronische Destruktion von Weichteil- und Knochenstrukturen hervorriefen, während der Kläger lediglich eine einzelne Verletzung am Sprunggelenk erlitten habe. Der Kläger dringe nicht mit dem Einwand durch, der von der Beklagten beauftragte Gutachter habe sich in dem Gutachten durch die Verwendung von Formulierungen wie „eher nicht“ und „keinen direkten Zusammenhang“ nicht genau festgelegt. Hierbei verkenne der Kläger, dass medizinische Kausalzusammenhänge regelmäßig nicht mit einer 100%igen Sicherheit bewiesen oder ausgeschlossen werden könnten. Dies sei im Dienstunfallrecht auch nicht erforderlich. So sei es ausreichend, dass die behaupteten Folgen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf das Dienstunfallereignis zurückzuführen seien. Außerdem verfange nicht der Einwand des Klägers, der Charcot-Fuß hätte sich nur am rechten Fuß entwickelt, an dem auch das Trauma stattgefunden habe. Insoweit habe der von der Beklagten beauftragte Gutachter nachvollziehbar erläutert, dass sich ein Charcot-Fuß in den meisten Fällen - auch ohne Trauma - nur an einer Extremität manifestiere. In dieser Situation eines unsubstantiierten Vorbringens des Klägers sei durch das Gericht keine weitere Beweiserhebung zu veranlassen. Die angeregte Einholung eines Sachverständigengutachtens stelle sich als unzulässiges Ausforschungsbegehren dar. Für die vom Kläger aufgestellte Behauptung der Kausalität zwischen Dienstunfall einerseits und Diagnose eines Charcot-Fußes andererseits fehle es aus den genannten Gründen bereits an nachvollziehbaren Anhaltspunkten. Die angeregte Beweisaufnahme würde damit „ins Blaue hinein“ erfolgen.

Hiergegen wendet der Kläger zur Begründung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ein: Das Verwaltungsgericht habe entschieden, ohne vorab eine Beweisaufnahme durchzuführen. Es habe gemeint, ihn - den Kläger - treffe bereits im Vorfeld einer Beweisaufnahme die Beweislast und nicht lediglich eine Darlegungslast. Er müsse vor Durchführung einer Beweisaufnahme bereits ausreichend Beweis erbringen, damit Beweis erhoben werden könne. Darin liege ein unzulässiger Zirkelschluss zu seinen Lasten. Es sei fraglich, ob die Ausführungen des Dr. Zimny in dessen Aufsatz im Deutschen Ärzteblatt medizinisch richtig seien und ob die medizinische Forschung inzwischen einen Schritt weiter sei und neue Erkenntnisse gewonnen habe, soweit es um den Ursachenzusammenhang zwischen einer Sprunggelenksfraktur und/oder einer Beinvenenthrombose einerseits und dem Auftreten eines Charcot-Fußes andererseits gehe. Es sei nicht auszuschließen, ob es in seinem Fall nicht eben doch so sei, wie von dem Facharzt Prof. Dr. F. in seinem Behandlungsbericht aufgeführt und festgestellt worden sei. Es sei zu fragen, woher das Gericht die medizinische Sach- und Fachkunde habe, um feststellen zu können, dass die Ausführungen des Dr. Zimny in dem genannten Aufsatz richtig gewesen seien und noch immer seien. Wenn ein Richter medizinische Sach- und Fachkunde für sich in Anspruch nehme, müsse er die Parteien vor seiner Entscheidung in der Sache darlegen, woher sein vermeintlich überlegenes Wissen stamme. Ein Hinweis auf das Internet reiche nicht. Zudem sei der genannte Aufsatz nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Das Urteil stelle nach alledem einen eklatanten Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz dar.

Soweit sich der Kläger mit seinem Vorbringen gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts wendet, legt er ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht hinreichend dar. Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zwar auch dann anzunehmen, wenn erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage gestellt werden, dass der Ausgang des Berufungsverfahrens als ungewiss erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, juris Rn. 15). Bezieht sich, wie hier, das diesbezügliche Vorbringen aber auf die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Sachverhalts- und Beweiswürdigung, kommt eine Zulassung der Berufung nicht schon dann in Betracht, wenn der erkennende Senat die vom Verwaltungsgericht nach zutreffenden Maßstäben gewürdigte Sachlage nach einer eigenen etwaigen Beweisaufnahme möglicherweise anders beurteilen könnte als das Verwaltungsgericht selbst. Denn sonst wäre die Berufung gegen Urteile, die auf einer Sachverhalts- oder Beweiswürdigung beruhen, regelmäßig nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, was mit Sinn und Zweck der Zulassungsbeschränkung nicht vereinbar wäre (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 13.2.2020 - 13 LA 491/18 -, juris Rn. 27; Beschluss vom 18.1.2017 - 8 LA 162/16 -, juris Rn. 27; Sächs. OVG, Beschluss vom 8.1.2010 - 3 B 197/07 -, juris Rn. 2). Eine Sachverhalts- oder Beweiswürdigung kann deshalb nur mit Erfolg angegriffen werden bei einer Verletzung von gesetzlichen Beweisregeln, von Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen, bei aktenwidrig angenommenem Sachverhalt oder wenn sie offensichtlich sachwidrig und damit willkürlich ist (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 13.2.2020, a. a. O., Rn. 27; Beschluss v. 17.5.2016 - 8 LA 40/16 -, juris Rn. 25; Bay. VGH, Beschluss vom 11.4.2017 - 10 ZB 16.2594 -, juris Rn. 5).

Danach relevante Fehler der Sachverhalts- und Beweiswürdigung werden vom Kläger im Zulassungsvorbringen aber nicht benannt. Soweit er rügt, es sei fraglich, ob die vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Ausführungen des Dr. Zimny medizinisch richtig seien und ob das Gericht überhaupt die medizinische Sach- und Fachkunde besessen habe, um die Richtigkeit der Ausführungen des Dr. Zimny beurteilen zu können, übersieht er, dass das Verwaltungsgericht seine Entscheidung nicht auf die Ausführungen des Dr. Zimny in dessen Aufsatz selbst, sondern auf das von der Beklagten eingeholte Sachverständigengutachten des Oberarztes Dr. D. vom 8. Dezember 2015 gestützt hat. Lediglich um darzulegen, dass dieses die Entscheidung tragende Gutachten schlüssig und überzeugend sei, hat das Gericht auf Ausführungen des Dr. Zimny in dessen o. a. Aufsatz Bezug genommen. Aus vorstehenden Gründen greift auch der Einwand nicht durch, das Verwaltungsgericht habe aufgrund vermeintlich eigener medizinischer Sachkunde über die Klage entschieden.

Soweit der Kläger zusammengefasst weiter geltend macht, dass wegen einer unterbliebenen Erforschung des Sachverhalts durch Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens das Urteil unrichtig sein könne, vermag er damit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts nicht darzulegen. Mit dieser Kritik, dass das Verwaltungsgericht gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen habe, benennt er aber schon nicht - was zur hinreichenden Darlegung dieses Zulassungsgrundes aber erforderlich ist - einen einzelnen, das angegriffene Urteil tragenden Rechtssatz oder eine bestimmte entscheidungserhebliche Tatsache, die er konkret mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage zu stellen hat. Daher vermag der Einwand, das Gericht habe gegen seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verstoßen, gegebenfalls einen Verfahrensmangel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, für sich aber nicht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu begründen. Im Übrigen liegt - wie noch auszuführen sein wird - ein Verstoß des Verwaltungsgerichts gegen seine Aufklärungspflicht nicht vor.

2. Der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt.

Der Gesetzgeber hat mit dem Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (negativ) an die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass eines Gerichtsbescheides (§ 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und die Übertragung eines Rechtsstreits auf den Einzelrichter (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO) angeknüpft. Hiernach weist eine Streitsache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf, wenn ihre Entscheidung voraussichtlich in tatsächlicher bzw. rechtlicher Hinsicht größere, d. h. überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursachen wird (Nds. OVG, Beschluss vom 17.2.2010 - 5 LA 342/08 -, juris Rn. 10; Beschluss vom 13.1.2012 - 7 LA 138/11 -, juris Rn. 13). Die besonderen Schwierigkeiten müssen sich dabei auf Fragen beziehen, die für den konkreten Fall und das konkrete Verfahren entscheidungserheblich sind (Nds. OVG, Beschluss vom 13.1.2012, a. a. O., Rn. 13). Die Darlegung des Zulassungsgrundes erfordert, dass in fallbezogener Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die geltend gemachten Schwierigkeiten als solche konkret benannt werden und darüber hinaus aufgezeigt wird, worin diese besonderen Schwierigkeiten bestehen und sich qualitativ von denjenigen eines Verwaltungsrechtsstreits „durchschnittlicher“ Schwierigkeit abheben (Nds. OVG, Beschluss vom 4.2.2010 - 5 LA 37/08 -, juris Rn. 14; Beschluss vom 17.2.2010, a. a. O., Rn. 10).

Diesen Anforderungen trägt das Zulassungsvorbringen nicht hinreichend Rechnung. Der Kläger sieht besondere Schwierigkeiten der Rechtssache darin begründet, dass das Verwaltungsgericht selbst ausführe, dass Streit über die möglichen Ursachen für die Entstehung eines Charcot-Fußes bestünde. In der medizinischen Literatur würden dazu zwei unterschiedliche Hypothesen geäußert, die bislang nicht definitiv verifiziert wären. Der hier streitige Fall sei nicht einfach gelagert, sondern unter dem vorgenannten Gesichtspunkt sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht schwierig. Er selber sei medizinischer Laie und könne nicht schlauer sein als Prof. Dr. F.. Er könne und dürfe den Ursachenzusammenhang zwischen Dienstunfall einerseits und dem Auftreten des Charcot-Fußes andererseits zulässigerweise behaupten, zumal in dem Behandlungsbericht von Prof. Dr. F. dazu Anlass bestanden habe. Dieser Sachvortrag müsse berücksichtigt und der medizinische Sachverhalt müsse dementsprechend aufgeklärt werden.

Mit diesem Vorbringen legt der Kläger jedoch eine besondere Schwierigkeit der Rechtssache hinsichtlich einer entscheidungserheblichen Rechts- oder Tatsachenfrage nicht dar. Er hat mit seinem Zulassungsantrag nicht aufgezeigt, worin bei den von ihm angeführten Punkten die besonderen Schwierigkeiten bestehen sollen, die sich qualitativ von denjenigen eines Verwaltungsrechtsstreits „durchschnittlicher“ Schwierigkeit abheben. Allein der Umstand, dass für ein Gericht Anlass bestünde, Beweis zu erheben - etwa über einen Kausalzusammenhang zwischen Dienstunfall und vermeintlichen Dienstunfallfolgen - oder dass es ein Sachverständigengutachten auf Plausibilität und Nachvollziehbarkeit zu prüfen hätte, vermag für sich eine besondere Schwierigkeit der Rechtssache nicht zu begründen.

3. Die Berufung ist schließlich auch nicht wegen eines Verfahrensmangels, auf dem die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruhen kann, gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen.

Der Kläger macht geltend: Das Verwaltungsgericht könne seine Entscheidung, nicht Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben, nicht auf die von ihm herangezogene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 31.3.2016 - 2 B 12/15 -) stützen. Die Voraussetzungen für die Einholung eines weiteren Gutachtens - wie bei der vorgenannten Entscheidung - seien andere und weitaus strengere als die, überhaupt ein Gutachten einzuholen. Wenn ein Gericht erst gar kein Gutachten einhole - wie hier - könne es sich nicht auf die angeführte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts berufen. Das angefochtene Urteil beruhe auch auf dem Verfahrensfehler der unzureichenden Aufklärung des Sachverhalts. Denn es sei möglich, dass nach Durchführung der Beweisaufnahme festgestellt werde, dass im seinem Fall der aufgetretene Charcot-Fuß Folge des Dienstunfalls vom Dezember 2010 sei.

Wird ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) geltend gemacht, muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren des ersten Rechtszuges, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist, oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 31.8.2017 - 13 LA 188/15 -, juris Rn. 60). Zwar ist das Verwaltungsgericht verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (§ 86 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz VwGO). Daneben besteht jedoch auch im Verwaltungsprozess die Prozessförderungspflicht der Beteiligten (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz und Abs. 4 VwGO sowie § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit den §§ 130 Nummern 3 bis 5 und 138 Abs. 1 ZPO; vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 7.1.2010 - 5 LA 51/09 -; Beschluss vom 4.4.2011 - 5 LA 17/10 -; Beschluss vom 11.6.2019 - 5 LA 160/18 -). Eine Verletzung der Aufklärungspflicht ist regelmäßig nicht gegeben, wenn das Gericht den entscheidungserheblichen Sachverhalt für aufgeklärt gehalten hat und die sachkundig vertretenen Verfahrensbeteiligten Beweiserhebungen nicht in der gemäß § 86 Abs. 2 VwGO vorgesehenen Form beantragt haben (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 7.1.2010 - 5 LA 51/09 -; Beschluss vom 4.4.2011 - 5 LA 17/10 -; Beschluss vom 11.6.2019 - 5 LA 160/18 -). Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Prozessbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen von förmlichen Beweisanträgen, zu kompensieren (vgl. BVerwG, Beschl. v. 5.3.2010 - BVerwG 5 B 7.10 -, juris Rn. 9 m.w.N.).

Hier hat der Kläger schon nicht aufgezeigt, dass er im erstinstanzlichen Verfahren auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung hinreichend hingewirkt hat, deren Unterbleiben er nunmehr rügt. Vielmehr ergibt sich Gegenteiliges aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Göttingen vom 23. Oktober 2021 (Blatt 119 ff. der Gerichtsakte). Hiernach hat es der anwaltlich vertretene Kläger versäumt, in der mündlichen Verhandlung einen förmlichen Beweisantrag (§ 86 Abs. 2 VwGO) zu stellen. Aus dem Zulassungsvorbringen des Klägers lässt sich nicht entnehmen, dass sich die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, dem Verwaltungsgericht hätte aufdrängen müssen, zumal diesem ein Sachverständigengutachten vorgelegen hat, das es für schlüssig und überzeugend erachtet hat.

Unabhängig davon liegt auch in der Sache ein Verstoß des Verwaltungsgerichts gegen die Aufklärungspflicht nicht vor. Es hat nicht dadurch seine Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 VwGO verletzt, dass es das von der Beklagten in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten des Oberarztes Dr. D. vom 8. Dezember 2015 herangezogen hat. Insbesondere war das Verwaltungsgericht entgegen der Ansicht des Klägers nicht zur Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens verpflichtet.

Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO obliegt den Tatsachengerichten die Pflicht, jede mögliche Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist. Dabei entscheidet das Tatsachengericht über die Art der heranzuziehenden Beweismittel und den Umfang der Beweisaufnahme im Rahmen seiner Pflicht zur Sachverhaltsermittlung von Amts wegen nach Ermessen. Dies gilt auch für die Einholung von Gutachten oder die Ergänzung vorhandener Gutachten. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass ein Tatsachengericht sich ohne Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht auf Gutachten oder gutachterliche Stellungnahmen stützen kann, die eine Behörde im Verwaltungsverfahren eingeholt hat (BVerwG, Beschluss vom 6.11.2020 - BVerwG 6 B 31.20 -, juris Rn. 18; Beschluss vom 9.10.2020 - 6 B 51.20 -, juris Rn. 12 m.w.N.). Denn allein die Tatsache, dass eine Verwaltungsbehörde ein Gutachten erstellen ließ, begründet als solche nicht die Vermutung mangelnder Objektivität des von ihr beauftragten Sachverständigen und erlaubt nicht den Schluss, seine Erkenntnisse könnten im Rahmen der gerichtlichen Sachverhaltsermittlung nicht verwertet werden. Die von einer Verwaltungsbehörde bestellten Gutachter sind demgemäß - nicht anders als die entsprechend sachkundigen eigenen Bediensteten einer mit besonderem Sachverstand ausgestatteten technischen Fachbehörde bzw. Fachabteilung - als objektiv urteilende Gehilfen der das öffentliche Interesse verfolgenden Verwaltungsbehörde und nicht als von vornherein parteiische Sachverständige anzusehen (BVerwG, Beschluss vom 6.11.2020, a.a.O., Rn. 18; Beschluss vom 26.6.2020 - BVerwG 7 BN 4.19 -, juris Rn. 5, Beschluss vom 9.10.2020, a.a.O., Rn. 12).

Ein Verfahrensmangel liegt in dieser Situation nur dann vor, wenn dem Tatsachengericht sich die Einholung eines weiteren Gutachtens hätte aufdrängen müssen, weil das vorliegende Gutachten objektiv ungeeignet ist, ihm die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen zu vermitteln. Dies ist im Allgemeinen der Fall, wenn das vorliegende Gutachten auch für den nicht Sachkundigen erkennbare Mängel aufweist, etwa nicht auf dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft beruht, von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unlösbare inhaltliche Widersprüche enthält oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Sachverständigen gibt, ein anderer Sachverständiger über neue oder überlegenere Forschungsmittel oder größere Erfahrung verfügt oder wenn das Beweisergebnis durch substantiierten Vortrag eines der Beteiligten oder durch eigene Überlegungen des Gerichts ernsthaft erschüttert wird. Die Verpflichtung zur Ergänzung des Gutachtens folgt nicht schon daraus, dass ein Beteiligter dieses als Erkenntnisquelle für unzureichend hält (stRspr, vgl. Urteil vom 29.2.2012 - BVerwG 7 C 8.11 -, juris Rn. 37; BVerwG, Beschluss vom 6.11.2020, a.a.O., Rn. 19; Beschluss vom 26.6.2020, a.a.O., Rn. 6).

Der Kläger hat nicht dargelegt, dass das von der Beklagten eingeholte Sachverständigengutachten des Oberarztes Dr. D. vom 8. Dezember 2015 einen offen erkennbaren Mangel aufweist oder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht, zumal sich der Gutachter mit den Erwägungen von Prof. Dr. F. aus dessen Arztbericht vom 27. Oktober 2014 inhaltlich auseinandersetzte.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG in Anlehnung an Nr. 10.8 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).