Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 20.02.2003, Az.: L 6 B 2/03 U

Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe; Feststellung von Berufskrankheiten; Zahlung von Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung; Ablehnung des Antrags auf Arbeitslosenhilfe wegen fehlender Bedürftigkeit unter Hinweis auf das Einkommen der Ehefrau

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
20.02.2003
Aktenzeichen
L 6 B 2/03 U
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 19985
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0220.L6B2.03U.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hildesheim - 20.11.2002 - AZ: S 11 U 45/02

Redaktioneller Leitsatz

Eine hinreichende Erfolgsaussicht einer Beschwerde besteht, sofern ein Erfolg oder Teilerfolg als durchaus möglich erscheint

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hildesheim vom 20. November 2002 wird zurückgewiesen.

Gründe

1

I.

Der Kläger begehrt Prozesskostenhilfe - PKH - für das Verfahren vor dem Sozialgericht - SG - , in dem er die Feststellung von Berufskrankheiten sowie die Zahlung von Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung erstrebt.

2

Der 1950 geborene Kläger erzielt nach seinen Angaben lediglich Einnahmen aus Vermietung in Höhe von monatlich 200,00 DM (vgl. im Einzelnen seine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 28. April 2002). Außerdem hat der Kläger einen Bescheid des Arbeitsamts C. vom 25. März 2002 vorgelegt, mit dem sein Antrag auf Arbeitslosenhilfe wegen fehlender Bedürftigkeit unter Hinweis auf das Einkommen seiner Ehefrau abgelehnt worden ist.

3

Der Kläger arbeitete von 1974 bis November 1998 bei der Firma D ... Anschließend war er arbeitsunfähig krank und ist nach Aussteuerung durch die Krankenkasse arbeitslos, ohne dass sein Beschäftigungsverhältnis gekündigt worden ist.

4

Die Beklagte ermittelte, ob die beim Kläger vorliegende Atemwegserkrankung als Berufskrankheit - BK - anzuerkennen ist und Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen sind. Sie holte Stellungnahmen ihres Technischen Aufsichtsdienstes - TAD - , ärztliche Berichte sowie das pneumologisch-internistische Gutachten des Prof. Dr. E. vom 14. November 2001 und dessen ergänzende Stellungnahme vom 14. Januar 2002 ein.

5

Mit Bescheid vom 14. Februar 2002 erkannte die Beklagte eine durch Asbeststaub verursachte Erkrankung des Rippenfells (Pleura) als BK nach Nr. 4103 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung - BKV - an und führte aus, dass diese Erkrankung zu keiner oder nur zu einer ganz geringfügig messbaren Einschränkung der Herz- und Lungenfunktion geführt habe und eine messbare Minderung der Erwerbsfähigkeit - MdE - nicht bestehe. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 4. April 2002).

6

Dagegen hat der Kläger am 10. April 2002 vor dem SG Hildesheim Klage erhoben und geltend gemacht, die auf die berufliche Einwirkung von mineralischem Staub zurückzuführende Beeinträchtigung bedinge mindestens eine MdE um 20 v.H. Im Übrigen hätten die Radiologen Dr. F. und Partner festgehalten, dass im Bereich des ventrolateralen Abschnitts des linken Hemithorax ein etwa 3 mm großer metalldichter Fremdkörper zu erkennen sei und es sich insoweit um eine Beeinträchtigung auf Grund der beruflichen Tätigkeit handele.

7

Mit Bescheid vom 25. Januar 2002 lehnte die Beklagte auch die Anerkennung einer BK nach Nr. 4101 der Anlage zur BKV (Quarzstaublungenerkrankung - Silikose - ), und mit Bescheid vom 25. Februar 2002 lehnte sie die Anerkennung der BKen nach Nr. 1315 (Erkrankungen durch Isocyanate ...), Nr. 4301 (durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen ...) und nach Nr. 4302 (durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen ...) der Anlage zur BKV ab. Die Widersprüche gegen diese Bescheide wies die Beklagte mit den Widerspruchsbescheiden vom 17. Juni 2002 zurück. Die vorgenannten Bescheide in der Gestalt der Widerspruchsbescheide sind im Wege der Klageänderung (§ 99 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ) Gegenstand des Klageverfahrens geworden.

8

Mit Beschluss vom 20. November 2002 hat das SG den Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH zurückgewiesen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

9

Gegen diesen ihm am 2. Dezember 2002 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 5. Dezember 2002 Beschwerde eingelegt. Er vertritt weiterhin die Ansicht, dass die bei ihm vorliegende BK eine MdE in Höhe von mindestens 20 v.H. rechtfertige.

10

Die Beklagte hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.

11

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

12

II.

Die fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§ 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). Sie ist jedoch mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung (§ 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO) nicht begründet. Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, sofern ein Erfolg oder Teilerfolg als durchaus möglich erscheint. Eine Erfolgsaussicht in diesem Sinn ist im vorliegenden Fall jedoch bereits nach dem Ergebnis des Verwaltungsverfahrens nicht gegeben. Die für das PKH-Verfahren gebotene summarische Prüfung führt zu dem Ergebnis, dass die angefochtenen Bescheide der Beklagten, wie schon das SG zutreffend ausgeführt hat, nicht rechtswidrig sind.

13

Dies folgt aus dem nachvollziehbar begründeten Gutachten des Prof. Dr. E. vom 14. November 2001, dem eine ausführliche internistisch-pneumologische Untersuchung sowie die Auswertung der in der Zeit von 1980 bis 1998 gefertigten Röntgenaufnahmen des Thorax (Brustkorbes) sowie das Computertomogramm des Thorax vom 31. Juli 2000 zu Grunde lagen.

14

Das Gutachten berücksichtigt auch die Ermittlungen des TAD der Beklagten zur Schadstoffexposition am Arbeitsplatz des Klägers. Danach bestand zeitweise - von 1974 bis 1977/78 - eine Exposition gegenüber Asbest, ein "unterschwelliger" Kontakt zu isocyanathaltigen Arbeitsstoffen sowie eine Exposition gegenüber Quarzstaub.

15

Zusammengefasst ergibt sich unter Berücksichtigung dieser Expositionen aus dem Gutachten des Prof. Dr. E. Folgendes: Die leichtgradige (beginnende) chronisch-obstruktive Bronchitis des Klägers ist anlagebedingt und nicht auf berufliche Schadstoffe (BK Nrn. 1315, 4301 und 4302) zurückzuführen, da sie - nach einer Rippenfellentzündung im Jahr 1980 - trotz jahrelanger Tätigkeit in staubbelasteter Umgebung keine fortschreitende Befundtendenz aufweist. Diese Beurteilung des Prof. Dr. E. steht im Einklang damit, dass bei dem Heilverfahren im Februar 1999 in der LVA-Klinik G. unter Ruhe und Belastung normale Lungenfunktionswerte gefunden wurden. Die Anerkennung einer BK nach Nr. 4101 oder 4102 scheitert daran, dass weder auf den konventionellen Röntgenaufnahmen noch auf den computertomographischen Schnitten radiologische Hinweise auf silikotische Einlagerungen nachweisbar sind. Schließlich verursacht die von der Beklagten anerkannte BK nach Nr. 4103 keine messbaren funktionellen Einschränkungen der Herz- und Kreislauffunktion und bedingt deshalb keine MdE in rentenberechtigendem Grad (20 v.H.). Dies hat Prof. Dr. E. nicht nur in seinem Gutachten herausgestellt, sondern auch in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 14. Januar 2002 bekräftigt. Danach haben die radiologisch nachweisbaren asbestbedingten Pleuraplaques keine Funktionsfolgen hinterlassen. Bei dieser Beurteilung lag Prof. Dr. E. auch der radiologische Befundbericht des Dr. F. vom 12. November 2001 vor, in dem der vom Kläger erwähnte metalldichte Fremdkörper beschrieben wird. Sofern dieser Fremdkörper Folge einer BK und für die Schätzung der MdE von Bedeutung wäre - die Annahme liegt fern - hätte Prof. Dr. E. dies zum Ausdruck gebracht.

16

Dieser Beschluss kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).