Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 06.02.2003, Az.: L 6 U 68/02
Berufskrankheit durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten / langjährige Tätigkeit in extremer Rumpfbeugung
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 06.02.2003
- Aktenzeichen
- L 6 U 68/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 19945
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0206.L6U68.02.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hildesheim - AZ: S 11 U 93/00
Rechtsgrundlage
- § 56 SGB VII
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 3. Januar 2002 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Berufskrankheit (BK) Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule - LWS - durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung). Nachdem die Ermittlungen im Verwaltungsverfahren zu dem Ergebnis geführt hatten, dass der 1952 geborene Kläger als Maschineneinrichter und -bediener in den Unternehmen B. in C. nur geringe Gewichte zu handhaben hatte (vgl. die Stellungnahme des Dr. D. vom 27. Oktober 1999), lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Januar 2000 Entschädigungsansprüche auf Grund einer Wirbelsäulenerkrankung ab. Im Widerspruchsverfahren bestätigte der Sicherheitsingenieur E. (Telefonvermerk vom 27. April 2000), dass der Kläger nur mit leichten Gewichten Umgang hatte. Der Widerspruch wurde daraufhin zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 31. Mai 2000).Gegen den am selben Tag abgesandten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 3. Juli 2000 vor dem Sozialgericht (SG) Hildesheim Klage erhoben. Die Beklagte hat eine Berechnung nach dem "Mainz-Dortmunder Dosismodell" der Dipl.-Ing. F. vom 19. April 2001 vorgelegt, die auf eine Besprechung, an der auch der Kläger teilnahm, beruht (Stellungnahme des Dipl.-Ing. G. vom 9. April 2001) und auf die der Kläger erwidert hat (Schriftsatz vom 8. Juni 2001). Das SG hat nach Anhörung der Beteiligten die Klage durch Gerichtsbescheid vom 3. Januar 2002 abgewiesen.Gegen den ihm am 21. Januar 2002 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit der am 19. Februar 2002 eingelegten Berufung. Er hält an seiner Auffassung fest, dass die Voraussetzungen zur Feststellung der BK vorliegen würden und hat einen Hefter medizinischer Unterlagen vorgelegt.Der Kläger beantragt,1. den Gerichtsbescheid des SG Hildesheim vom 3. Januar 2002 und den Bescheid der Beklagten vom 10. Januar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2000 aufzuheben,2. die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztenrente in Höhe von mindestens 20 vom Hundert der Vollrente zu zahlen.Die Beklagte beantragt,die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Hildesheim vom 3. Januar 2002 zurückzuweisen.Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.Dem Senat haben neben den Prozessakten die Verwaltungsakten der Beklagten vorgelegen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gewesen. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und damit zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen. Die Entscheidung der Beklagten ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von Verletztenrente (§ 56 Sozialgesetzbuch VII). Denn die Voraussetzungen zur Feststellung der BK Nr. 2108 sind nicht erfüllt.Bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS kommen unabhängig von beruflicher Belastung häufig vor. Voraussetzungen der Anwendung der BK Nr. 2108 sind langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die beispielhaft Hafenarbeiter und Stahlbetonbauer verrichten. Demgegenüber erfüllt die vom Kläger geschilderte und in den Unternehmen B. ausgeübte Tätigkeit mit gelegentlichen Hebe- und Trage-vorgängen dieses Anforderungsprofil nicht. Auf die zutreffenden Entscheidungsgründe im angefochtenen Gerichtsbescheid nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).Deshalb kommt es nicht auf die vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten medizinischen Befundunterlagen an. Im Übrigen ist ihnen kein Anhaltspunkt für eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS zu entnehmen. Das gilt auch für den in der mündlichen Verhandlung überreichten Arztbrief des Facharztes für Orthopädie Dr. H. vom 17. Juni 2002, in dem "schwer einzuordnende neurogene Symptome der oberen Extremität" diskutiert werden und eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS gerade nicht erwähnt wird. Vielmehr geht insbesondere aus dem von der Beklagten im Verwaltungsverfahren beigezogenen Befundbericht des Facharztes für Orthopädie Dr. I. vom 28. September 1999 hervor, dass eine wesentliche Funktionsminderung der LWS nicht besteht (vgl. auch den Arztbrief des Dr. H. vom 2. Mai 2001). Insbesondere sind die Wirbelkörper in Form und Struktur normal. Die Zwischenwirbelräume, die bei einer bandscheibenbedingten Erkrankung gemindert wären, sind normal weit. Zwar beschreibt Dr. H. im Arztbrief vom 6. April 1999 Bandscheibenvorwölbungen. Die Bandscheibenhöhen sind aber auch nach dem durch diesen Arzt erhobenen Röntgenbefund regelrecht. Im Übrigen hat die von diesem Arzt angeregte neurologische Untersuchung ergeben, dass die von Dr. H. beschriebene Raumforderung L4/5 nicht zu den vom Kläger angegebenen Beschwerden führen kann. Vielmehr hat der Arzt für Neurochirurgie und Neuroradiologie Dr. J. den Verdacht auf eine segmentale Muskelatrophie und damit nicht auf eine bandscheibenbedingte Erkrankung geäußert (Arztbrief vom 22. September 1999).