Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 12.02.2003, Az.: L 3 KA 90/01
Sachlich-rechnerische Berichtigung von Honorarbescheiden; Einhaltung der Frist zur Honorarberichtigung; Einheitliche Vergütung mehrerer Wurzelresektionen; Vertrauensschutz bezüglich der Abrechenbarkeit von ärztlichen Leistungen; Verbot der reformatio im peius
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 12.02.2003
- Aktenzeichen
- L 3 KA 90/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 20381
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0212.L3KA90.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hannover - AZ: S 21 KA 237/00
Rechtsgrundlagen
- § 12 Abs. 1 EKV-Z
- § 82 Abs. 1 S. 1 SGB V
- § 75 Abs. 2 S. 2 SGB V
- § 19 BMV-Z
Redaktioneller Leitsatz
Die Gebühren-Ziffer 54b im Gebührentarif A der Anlage 1 zum EKV-Z bei einer Wurzelspitzenresektion an einem Seitenzahn ist auch dann nur einmal abrechenbar, wenn mehrere Wurzelspitzen reseziert werden.
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kläger haben die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten auch aus dem Berufungsverfahren zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft sachlich-rechnerische Berichtigungen und Honorarkürzungen bezogen auf die Nr. 54 Buchstaben b) und c) des Gebührentarifs A der Anlage 1 zum Vertrag zwischen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Verband der Angestellten-Krankenkassen eV sowie dem Verband der Arbeiter-Ersatzkassen eV (EKV-Z) in den Quartalen I und II/1997.
Die Ziffer 54 des Gebührentarifs A der Anlage 1 zum EKV-Z lautet wie folgt:
" Wurzelspitzenresektion a) an einem Frontzahn WR 1 72 b) an einem Seitenzahn WR 2 96 c) an jedem weiteren benachbarten Zahn in derselben Kieferhälfte und in derselben Sitzung WR 3 48"
Die Kläger, die als Inhaber einer Gemeinschaftspraxis an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmen, rechneten die Ziff. 54 b) und c) in den Fällen, in denen sie mehrwurzelige Zähne behandelten, nicht je Zahn, sondern für jede Wurzel ab.
In den Monaten April bis Juni 1999 gingen bei der Beklagten Anträge auf sachlich-rechnerische Berichtigungen verschiedener Ersatzkassen ein, die sich auf Abrechnungen der Kläger in den Quartalen I und II/97 bezogen. Die Krankenkassen begründeten ihr Berichtigungsbegehren damit, dass die Kläger zu Unrecht die Gebühren-Nrn 54 b) bzw. 54 c) für die Behandlung an einem Zahn mehrfach abgerechnet hätten. Bezogen auf die beteiligten Krankenkassen gestalteten sich die Verfahren wie folgt:
1.
Die zu 1. beigeladene Barmer Ersatzkasse beantragte am 20. April 1999 in 16 Fällen sachlich-rechnerische Berichtigungen der Gebührenziffer 54b im Hinblick auf das Quartal I/1997. Mit Bescheid vom 16. Juli 1999 nahm die Beklagte diese Berichtigungen vor und belastete die Kläger mit einem dementsprechenden Betrag von 2.475,36 DM. Zur Begründung berief sie sich auf das zur Gebühren-Ziffer 54b ergangene Urteil des BSG vom 13. Mai 1998 (Az B 6 KA 34/97 R), wonach die Leistung der Nr. 54b auch dann nur einmal je Zahn abrechnungsfähig sei, wenn der Zahn mehrwurzelig ist.
Die Kläger legten gegen diese Entscheidung mit Schreiben vom 21. Juli 1999 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie ausführten, das BSG-Urteil könne ihnen nicht entgegengehalten werden, weil es erst nach der Abrechnung ergangen und ihnen zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt gewesen sei. Weiterhin liege ein fristgerechter Antrag der Kasse, wie er § 12 EKV-Z vorsehe, nicht vor. Der Betrag dürfe nicht zu ihren Lasten berechnet werden, weil sie im Zeitpunkt der Abrechnung von Degression und Budgetierung betroffen gewesen seien. Im Übrigen müsse der Bescheid bis spätestens vier Jahre nach der vorläufigen Honorarabrechnung dem Arzt zugegangen sein. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 2000 zurück. Zur Begründung verwies sie erneut auf die BSG-Rechtsprechung zur Gebühren-Ziffer 54b. Sie legte dar, dass die Anträge der Ersatzkassen auf der Grundlage der Technischen Anlage zum Bundesschiedsspruch über den Datenträgeraustausch vom 20. Februar 1995 fristgerecht gestellt und die berichtigten Beträge bei der Degressionsberechnung berücksichtigt worden seien.
2.
Am 1. Juni 1999 beantragte die Hanseatische Krankenkasse Hamburg (Beigeladene zu 4.) in einem Behandlungsfall des I. Quartals 1997 die Berichtigung der Ziffer 54b. Dem kam die Beklagte mit Bescheid vom 23. Juni 1999 unter Belastung eines Betrags von 157,50 DM nach. Der Widerspruch der Kläger blieb auch hier erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 2000).
3.
Die GEK Schwäbisch Gmünder Ersatzkasse (Beigeladene zu 2.) beantragte am 9. Juni 1999 in einem Fall des Quartals I/1997 die sachlich-rechnerische Berichtigung der Gebühren-Nummer 54b, die die Beklagte mit Bescheid vom 1. Juli 1999 unter Festsetzung eines Kürzungsbetrags von 152,49 DM durchführte. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 2000 zurückgewiesen; dabei korrigierte die Beklagte den gekürzten Betrag auf 157,50 DM.
4.
Im Hinblick auf das Quartal II/1997 beantragte die Beigeladene zu 1) am 21. Juni 1999 die Berichtigung der Ziffer 54b in 13 Fällen und die Berichtigung der Ziffer 54c (WR 3) in einem weiteren Fall. Die Berichtigung wurde mit Bescheid vom 7. September 1999 unter Belastung eines Betrags von 2.239,11 DM durchgeführt. Der Widerspruch hiergegen - zu dessen Begründung die Kläger auch ausführten, die Abrechenbarkeit der Position WR 3 sei letztinstanzlich noch nicht entschieden - blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 2000).
5.
Schließlich beantragte die Techniker Krankenkasse (Beigeladene zu 3.) am 21. Juni 1999 die sachlich-rechnerische Berichtigung der Ziffer 54b in drei Fällen. Auch hier wurde die Berichtigung - im Wert von 472,50 DM - durchgeführt (Bescheid vom 4. August 1999 bzw. Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 2000).
Mit ihrer am 2. März 2000 erhobenen Klage haben die Kläger ihr Begehren weiterverfolgt und geltend gemacht, dass sich das Urteil des BSG lediglich auf die Gebührennummer 54 b) beziehe und nicht für sachlich-rechnerische Berichtigungen bezogen auf die Gebührennummer 54 c) herangezogen werden könne. Außerdem seien die Fristen und Formen für die Antragstellung durch die Krankenkassen einzuhalten gewesen.
Das SG Hannover hat die Klage nach vorheriger Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid vom 15. Oktober 2001 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, bei Anwendung der nach höchstrichterlicher Rechtsprechung für Gebührenordnungen der Ärzte und Zahnärzte geltenden Auslegungsgrundsätze ergebe sich, dass Wurzelresektionen nur mit jeweils einer Gebühr pro Zahn vergütet werden könnten. Zwar habe das BSG nur eine Entscheidung bezogen auf die Gebührennummer 54 b) getroffen, indessen seien diese Grundsätze auch in Bezug auf die Gebührennummer 54 c) einschlägig. Falls die Honorierungen der Gebührennummern 54 b) und c) unter Berücksichtigung neuerer zahnmedizinischer Erkenntnisse nicht mehr zeitgemäß seien, sei dies gegebenenfalls vom zuständigen Bewertungsausschuss zu prüfen. Die sachlich-rechnerischen Berichtigungen seien auch nicht wegen des Versäumens von Antragsfristen rechtswidrig. Die entsprechenden Bestimmungen im Ersatzkassenvertrag bezögen sich lediglich auf das Rechtsverhältnis zwischen Krankenkassen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen, nicht jedoch auf das Verhältnis zwischen Zahnärzten und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen. Ebenso wenig ständen den Berichtigungen Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegen. Sämtliche Honorarbescheide im Kassen(zahn)arztrecht ergingen unter dem Vorbehalt nachträglicher sachlich-rechnerischer Berichtigungen und nachträglicher Wirtschaftlichkeitsprüfungen. Auch die frühere Abrechnungspraxis der Beklagten, wonach die Gebührennummer 54 b) mehrfach pro Zahn abrechnungsfähig sei, könne keinen Vertrauensschutz begründen. Die durch höchstrichterliche Rechtsprechung vorgenommene Auslegung sei auch für vergangene Zeiträume verbindlich. Die einzuhaltende Vierjahresfrist für die Berichtigung von Honoraransprüchen sei eingehalten worden. Die Auswirkungen der Berichtigungen auf Degressions- bzw. Budgetierungsmaßnahmen seien nicht Gegenstand der angefochtenen Bescheide gewesen und daher im Hinblick auf deren Rechtmäßigkeit nicht zu prüfen.
Gegen den ihnen am 25. Oktober 2001 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger am 21. November 2001 Berufung eingelegt. Sie wenden sich gegen die BSG-Entscheidung vom 13. Mai 1998, die zahnmedizinisch-fachliche Gesichtspunkte außer Betracht lasse und im Hinblick auf ihre Aussagen zur systematischen Interpretation nicht überzeugen könne. So erfolge die Resektion mehrerer Wurzelspitzen insbesondere im Seitenzahnbereich nicht in Gestalt eines einheitlichen operativen Vorgehens, sondern erfordere häufig zwei eigene operative Zugänge. Außerdem machen sie geltend, dass die vom BSG zur Gebührennummer 54b entwickelten Auslegungsgrundsätze nicht auf die Nr. 54c übertragbar seien, weil sich beide Ziffern wesentlich voneinander unterschieden. Die Durchführung von mehreren Wurzelspitzenresektionen an benachbarten Zähnen in einer Kieferhälfte könne deshalb für jede weitere Wurzel geringer bewertet werden, weil nur ein gemeinsamer operativer Zugang zum Operationsgebiet durchgeführt werden müsse, der mit der ersten Resektion abgegolten sei. Nachdem die Beklagte ihr Recht auf sachlich-rechnerische Berichtigung nach Honoraranforderung ausgeübt habe, sei ihr Recht auf (wiederholte) Honorarberichtigung außerdem verwirkt. Nunmehr könne nur auf Grund der Anträge der Krankenkassen berichtigt werden, wofür jedoch die formellen Voraussetzungen erfüllt sein müssten. Die Kläger berufen sich außerdem auf Vertrauensschutz. Nach dem Erlass des rechtskräftigen Urteils des LSG Schleswig-Holstein - L 6 KA 2/91 - vom 2. Juli 1991 habe man davon ausgehen können, dass pro Wurzelspitze abgerechnet werden könne. Vertrauensschutz komme insbesondere dann in Frage, wenn die Kassenzahnärztliche Vereinigung Kenntnis davon habe, dass ein Arzt oder eine Arztgruppe bestimmte Leistungen nicht nur beiläufig und in Einzelfällen, sondern systematisch abrechne, und die betroffenen Ärzte ihrerseits aus einer langjährigen unbeanstandeten Abrechnung der Leistungen durch die KZV den Schluss hätten ziehen dürfen, diese stelle die Abrechnungsfähigkeit nicht in Frage; dies sei bis zur Entscheidung des BSG im Bezirk der Beklagten der Fall gewesen. Überdies hätten verschiedene Kassenzahnärztliche Vereinigungen entsprechende Abrechnungsempfehlungen zu Gunsten der Zahnärzte abgegeben. Schließlich weisen die Kläger darauf hin, dass ein Prüfbescheid rechtswidrig sei, wenn er nicht innerhalb von fünf Monaten nach der Beschlussfassung zugestellt und nicht spätestens vier Jahre nach der vorläufigen Honorarabrechnung beim Arzt eingegangen sei.
Die Kläger beantragen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 15. Oktober 2001 sowie die Bescheide der Beklagten vom 23. Juni, 1. und 16. Juli, 4. August und 7. September 1999 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 8. Februar 2000 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zur mehrfachen Abrechenbarkeit der Gebühren-Nummern 54b und 54c. Außerdem teilt sie mit, dass die Mehrfachabrechnung der Gebühren-Nummer 54b bis einschließlich Quartal III/1997 regelmäßig unbeanstandet geblieben sei. Die rechnerischen Berichtigungsanträge der Krankenkassen hätten in diesem Zeitraum nur Einzelfälle betroffen. Erst nach Rechtskraft des Urteils des LSG Niedersachsen vom 12. März 1997 erfolge seit dem Quartal IV/1997 regelmäßig die Berichtigung von Mehrfachabrechnungen der Gebühren-Ziffern 54b bzw. c.
Die Beigeladenen haben sich dem Vorbringen der Beklagten angeschlossen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorganges der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Das SG und die Beklagte haben zu Recht entschieden, dass die sachlich-rechnerischen Berichtigungen und Honorarkürzungen im Hinblick auf die Gebühren-Ziffern 54b und 54c rechtmäßig sind. Dabei konnte das SG auch im Hinblick auf die auf Antrag der Beigeladenen zu 2) für das Quartal I/1997 durchgeführte Berichtigung in der Sache entscheiden, obwohl die Beklagte die Kürzungssumme im Widerspruchsbescheid mit 157,50 DM gegenüber dem ursprünglich angefochtenen Bescheid (152,49 DM) erhöht hatte. In einem derartigen Fall, in dem der Widerspruchsbescheid gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbstständige Beschwer enthält, ist die Durchführung eines erneuten Vorverfahrens nicht notwendig (Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 78 Rdnr 8).
Mit den angefochtenen Bescheiden hat die Beklagte Honorarabrechnungen der Kläger für die Quartale I und II/1997 nachträglich sachlich-rechnerisch berichtigt und bereits erteilte Honorarbescheide in Höhe der Vergütungen aufgehoben, die auf die berichtigten Leistungen entfallen. Rechtsgrundlage hierfür ist § 12 Abs. 1 EKV-Z, der auf der Grundlage des § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB V abgeschlossen worden ist. Satz 1 dieser Regelung sieht vor, dass die Kassenzahnärztliche Vereinigung die Abrechnungen der Vertragszahnärzte rechnerisch und gebührenordnungsmäßig überprüft und sie richtig stellt. Danach übersendet die KZV die Abrechnungen an die Vertragskassen (Satz 2). Die Vertragskassen können innerhalb von zwei Monaten nach Eingang der Abrechnung Prüfungsanträge bei der KZV stellen (Satz 3).
Entsprechende Vorschriften in den im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung abgeschlossenen Bundesmantelverträgen sind nach der überzeugenden ständigen Rechtsprechung des BSG so auszulegen, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen hierdurch ermächtigt werden, auch noch nach Erlass von Honorarbescheiden sachlich-rechnerische Berichtigungen zu Lasten der Vertragsärzte vorzunehmen und die Honorarbescheide entsprechend zu ändern, ohne an die Voraussetzungen des § 45 SGB X gebunden zu sein (BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 2; SozR 3-2500 § 85 Nr. 42). Dies ist in gleicher Weise für den vertragszahnärztlichen Bereich im Hinblick auf § 19 des mit den Primärkassen abgeschlossenen Bundesmantelvertrags-Zahnärzte (BMV-Z) entschieden worden (SozR 3-5525 § 32 Nr. 1). Für die in § 12 Abs. 1 EKV-Z getroffene Regelung, die im Wesentlichen § 19 BMV-Z entspricht, kann nichts anderes gelten. Damit ist es auch nicht zutreffend, wenn die Kläger meinen, ein späteres Recht der Beklagten auf wiederholte Prüfung sei verwirkt, wenn sie die Honorarforderung geprüft und dabei zunächst keine Berichtigungen vorgenommen habe.
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch die von den Klägern problematisierte Frage, ob die Prüfanträge der beigeladenen Krankenkassen rechtzeitig gestellt worden sind. § 12 Abs. 1 Satz 3 EKV-Z sieht zwar vor, dass die Vertragskassen Prüfanträge bei der KZV (nur) innerhalb von zwei Monaten nach Eingang der Abrechnung stellen können. Diese Frist ist jedoch allenfalls für das Verhältnis zwischen KZV und Vertragskassen von Bedeutung. Dagegen bedeutet die Vereinbarung eines derartigen besonderen Beanstandungsrechts der Krankenkassen nicht, dass die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung nachgehende Honorarberichtigungen nur noch auf (fristgemäßen) Antrag einer Krankenkasse vornehmen darf (BSG SozR 3-1200 § 37 Nr. 3). Die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung ist vielmehr auch ohne entsprechende Anträge der Kassen zur Honorarberichtigung berechtigt und verpflichtet, wenn sie auf Grund einer nachträglichen Überprüfung der Abrechnungen von deren Unrichtigkeit überzeugt ist. Dies hat das SG überzeugend auch aus dem gesetzlichen Auftrag der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen zur Überwachung der den Vertrags(zahn)ärzten obliegenden Pflichten gemäß § 75 Abs. 2 Satz 2 SGB V abgeleitet.
Die für nachträgliche Honorarberichtigungen zu berücksichtigende Frist ist eingehalten. Sie beträgt vier Jahre und beginnt nach der vorläufigen Honorarabrechnung zu laufen (BSG SozR 3-5535 Nr. 119 Nr. 1). Vorliegend konnten die Honorarabrechnungen frühestens 1997 erteilt werden, die angefochtenen Bescheide stammen aus dem Jahr 1999. Soweit die Kläger außerdem darauf hinweisen, dass ein Prüfbescheid innerhalb von fünf Monaten nach der Beschlussfassung zugestellt werden müsse, liegen hier schon keinerlei Anhaltspunkte für eine derartige Fristüberschreitung vor.
Die Honorarberichtigungen sind auch unter materiell-rechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des BSG ist die hier einschlägige Gebühren-Ziffer 54b im Gebührentarif A der Anlage 1 zum EKV-Z bei der Wurzelspitzenresektion an einem Seitenzahn auch dann nur einmal abrechenbar, wenn mehrere Wurzelspitzen reseziert werden (vgl hierzu und zum Folgenden: BSG SozR 3-5555 § 10 Nr. 1). Das BSG hat hierzu ausgeführt, schon der für die Auslegung in erster Linie maßgebliche Wortlaut der Gebühren-Nr. 54b enthalte nicht den Zusatz "je Wurzelspitze". Weiterhin lasse sich aus der Verwendung des Begriffs "Resektion" im Singular angesichts des Wortlauts vergleichbarer Bestimmungen nicht ableiten, dass hiervon nur die Resektion einer Wurzelspitze erfasst werden sollte. Auch der zahnmedizinische Ablauf spreche für die einheitliche Vergütung mehrerer Resektionen, weil diese im Hinblick auf einige Arbeitsphasen ohnehin in einem gemeinsamen Arbeitsgang erfolgten. Eine bei der Auslegung von Gebührenordnungsvorschriften im Vertrags(zahn)arztrecht ohnehin nur eingeschränkt mögliche - systematische - Interpretation führe ebenfalls nicht dazu, dass die Resektion mehrerer Wurzelspitzen an einem Seitenzahn mehrfach abrechenbar sei, was sich aus einem Vergleich der abrechenbaren Punktzahlen und des Wortlauts ähnlicher Leistungsbeschreibungen ergebe. Soweit schließlich die Auffassung vertreten werde, dass 96 Punkte für die Resektion von bis zu drei Wurzelspitzen keine angemessene Vergütung darstelle, sei dies vorrangig vom Bewertungsausschuss zu überprüfen.
Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung nach eigener Überprüfung an. Die hiergegen gerichteten Einwände der Kläger überzeugen demgegenüber nicht. So kann insbesondere der Hinweis darauf, dass im Seitenzahnbereich für mehrere Wurzeln häufig auch zwei operative Zugänge geschaffen werden müssten, das im Hinblick auf die Auslegung der Ziff.54 b vom BSG angeführte Argument nicht entkräften, einige Arbeitsphasen bei der Wurzelspitzenresektion mehrwurzeliger Zähne erfolgten ohnehin in einem Arbeitsgang; denn auch bei zwei Zugängen bleibt es grundsätzlich beim einheitlichen Aufklappen des Zahnfleisches bzw. bei der gemeinsamen abschließenden Wundreinigung und -versorgung. Nachdrücklich wird die Auffassung des BSG schließlich durch den eigenen Hinweis der Kläger darauf gestützt, in der GOZ bzw. - für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen - im EBM könne die jeweilige Gebührenposition je Wurzelspitze abgerechnet werden. Denn dies ist in der GOZ-Ziffer 312 bzw. in der Nr. 3021 des EBM ("Resektion einer Wurzelspitze an einem Seitenzahn") ausdrücklich so vorgesehen; wenn unter Nr. 54 des Bema eine entsprechende Formulierung fehlt, spricht dies gerade dafür, dass in vertragszahnärztlichem Bereich etwas anderes gelten soll.
Soweit die Kläger die Auffassung vertreten, die BSG-Entscheidung könne nicht für die in einem Behandlungsfall durchgeführte Berichtigung der Gebühren-Ziffer 54c - im Wert von 78,75 DM - herangezogen werden, kann dem nicht beigepflichtet werden. Wie sich aus dem Kontext der Gebühren-Nummer 54 ergibt, enthält die Alternative c keinen gegenüber den Alternativen a und b eigenständigen Leistungstatbestand. Sie sieht lediglich für den Fall eine abgesenkte Punktzahl vor, in dem neben einem Front- oder Seitenzahn ein weiterer benachbarter Zahn in derselben Kieferhälfte und in derselben Sitzung reseziert wird. Sachlicher Grund hierfür ist der durch die Möglichkeit eines gemeinsamen Operationszugangs bedingte geringere Behandlungsaufwand, worauf die Kläger in ihrer Berufungsbegründung selbst hinweisen. Auch in dem vorliegend berichtigten Behandlungsfall handelte es sich demzufolge um einen benachbarten Zahn. Es ist aber kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, warum der Umstand, dass außerdem die Wurzelspitzenresektion eines Nachbarzahns stattgefunden hat und hierfür die abgesenkte Punktzahl der Ziffer 54c in Ansatz gebracht worden ist, dazu führen soll, dass in Abkehr von der angeführten BSG-Entscheidung nunmehr die Resektion jeder einzelnen Wurzel vergütet werden kann.
Zu Unrecht berufen sich die Kläger darauf, sie hätten in den Quartalen I und II/1997 auf die Rechtmäßigkeit der hier umstrittenen Mehrfachabrechnungen vertrauen dürfen, weil diese von der Beklagten über lange Zeit unbeanstandet geblieben seien und das entsprechende BSG-Urteil erst vom Mai 1998 stamme. Es entspricht ständiger BSG-Rechtsprechung, dass der Vertrags(zahn)arzt stets mit Veränderungen hinsichtlich der Abrechenbarkeit von Leistungen rechnen muss und daher aus der unbeanstandeten Abrechnung bestimmter Leistungen über einen längeren Zeitraum kein Recht erwächst, auch in Zukunft entsprechend abrechnen zu dürfen (BSG SozR 3-2500 § 95 Nr. 9 m.w.N.). Eine Ausnahme hiervon ist in den Fällen zu machen, in denen die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung in Vorquartalen dem Vertrags(zahn)arzt gegenüber die ausdrückliche Entscheidung mitgeteilt hatte, dass eine bestimmte sachlich-rechnerische Richtigstellung nicht erfolgen soll (BSGE 89, 90, 98 ff). Ein derartiger Fall liegt hier jedoch nicht vor. Wie die Beklagte mitgeteilt hat, blieben die Mehrfachabrechnungen der Gebühren-Nummer 54b bis einschließlich zum Quartal III/1997 regelmäßig unbeanstandet, nur in Einzelfällen kam es insoweit zu Berichtigungsverfahren, die ruhend gestellt worden sind. Dass gerade den Klägern gegenüber Beanstandungen der Ziffer 54b abgelehnt worden sind, ergibt sich weder aus deren Vortrag noch aus dem Inhalt der Verwaltungsakten.
Einen weiter gehenden Vertrauensschutz hat das BSG ausnahmsweise in den Fällen diskutiert, in denen es zu sachlich-rechnerischen Berichtigungen von fachfremden Leistungen gekommen ist, die vorher über längere Zeit ohne Beanstandungen abgerechnet worden waren (BSG SozR 3-2500 § 45 Nr. 9; SozR 3-2500 § 95 Nr. 21). Grundlage hierfür ist jedoch, dass es in diesen Fällen langjähriger Verwaltungstradition im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigungen entspricht, Änderungen hinsichtlich der Abrechenbarkeit einzelner Leistungen im Rahmen der Fachgebietsabgrenzungen den betroffenen Vertragsärzten vor einer beabsichtigten Veränderung der Verwaltungspraxis mitzuteilen (BSG SozR 3-2500 § 95 Nr. 9). Eine derartige Praxis der Beklagten wird im vorliegenden Zusammenhang von den Klägern jedoch nicht behauptet.
Nicht nachvollziehbar ist schließlich, inwiefern die Kläger aus Abrechnungsempfehlungen verschiedener Kassenzahnärztlicher Vereinigungen außerhalb Niedersachsens ein schutzwürdiges Vertrauen darauf gründen wollen, dass es in Fällen der vorliegenden Art weiterhin zu einer mehrfachen Honorierung der Ziff.54 b kommt. Die Kläger sind weder Mitglieder der von ihnen genannten KZVn noch ist ihrem Vortrag zu entnehmen, dass und ggf. wann ihnen diese Empfehlungen überhaupt bekannt geworden sind. Auch aus der früheren Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 2. Juli 1991 können sie zu ihren Gunsten nichts herleiten, weil andererseits das SG Hannover vor den hier streitbefangenen Quartalen bereits mit Urteil vom 24. Mai 1996 (Az S 10b Ka 272/92) entschieden hatte, dass die Bema-Nr. 54b bei mehrwurzeligen Zähnen nur einmal in Ansatz zu bringen ist (bestätigt durch LSG Niedersachsen, Urteil vom 12. März 1997 - Az L 5 Ka 43/96).
Nach alledem erfolgten die sachlich-rechnerischen Berichtigungen zu Recht. Auch die Höhe der vorgenommenen Honorarberichtigungen, die nicht angegriffen worden ist, ist nicht zu beanstanden. Dabei beruht die auf Antrag der Beigeladenen zu 2) vorgenommene Berichtigung im Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 2000 auf der zutreffenden Änderung des zu Grunde zu legenden Punktwerts. Das Verbot der reformatio in peius steht dem nicht entgegen, weil die Verböserung im Widerspruchsverfahren immer dann möglich ist, wenn die Ausgangsbehörde ihren Verwaltungsakt auch im gewöhnlichen Verwaltungsverfahren abändern könnte (Meyer-Ladewig, a.a.O., § 85 Rn 5). Einer derartigen Abänderung zu Lasten der Kläger hätte vorliegend § 45 SGB X auch nicht entgegengestanden; die Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Kläger darauf, dass es bei der erstmaligen Berichtigung in Höhe von 152,49 DM bleibt, kann bei einer Mehrbelastung von lediglich 5,01 DM nicht bejaht werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.