Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 05.08.2003, Az.: L 4 B 2/03 SF
Festsetzung der Gebühr nach§ 116 Abs. 1 S. 1 BRAGO a.F.; Veränderung der Gebühr auf Grund eines deutlichen Preisanstiegs und eines möglichen Eingriffs in die Berufsfreiheit eines Sachverständigen; Anwaltsgebühr eines Rechtsanwalts im sozialgerichtlichen Verfahren
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 05.08.2003
- Aktenzeichen
- L 4 B 2/03 SF
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 21000
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0805.L4B2.03SF.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hannover - AZ: S 34 SF 18/02
Rechtsgrundlage
- § 116 Abs. 1 und 3 BRAGO a.F.
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Festsetzung der Gebühr nach § 116 Abs. 1 Satz 1 Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung (BRAGO aF).
Das zu Grunde liegende Gerichtsverfahren - S 4 KR 137/99 (Sozialgericht Hannover)/L 4 KR 103/01 - betraf die Erstattung von 6.255,75 DM seitens der beklagten Krankenkasse für die stationäre Behandlung des Klägers in der Tinnitus-Klinik Arolsen wegen einer schweren auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung. Das Verfahren endete durch gerichtlichen Vergleich vom 13. November 2001.
Der Beschwerdeführer hat die Festsetzung von Gebühren in Höhe von 1.200,00 DM für die erste Instanz und nach § 116 Abs. 1 und 3 BRAGO a.F. 1.900,00 DM für die zweite Instanz beantragt. Der Urkundsbeamte des Sozialgerichts Hannover (SG) hat die Gebühren auf 950,00 DM und 1.300,00 DM begrenzt. Der hiergegen erhobenen Erinnerung hat das SG mit Beschluss vom 9. Januar 2002 (richtig: 2003) für die erste Instanz hinsichtlich der Fotokopierkosten in Höhe von 20,00 DM stattgegeben. Im Übrigen hat es die Erinnerungen zurückgewiesen.
Der hiergegen eingelegten Beschwerde hat das SG nicht abgeholfen und sie dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Der Senat stimmt dem SG darin zu, dass im vorliegenden Fall eine Gebühr von 1.200,00 DM für die erste Instanz und von 1.900,00 DM für die zweite Instanz überhöht ist. Die Obergrenze des Gebührenrahmens nach § 116 Abs. 1 Satz 1 BRAGO a.F. liegt im Verfahren vor dem Sozialgericht bei 1.300,00 DM und vor dem Landessozialgericht bei 1.520,00 DM. Die Bedeutung des Verfahrens, der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie die Vermögensverhältnisse des Klägers rechtfertigen weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren eine Gebühr, die diesen Rahmen nahezu ausschöpft. Der gegenteiligen Ansicht des Beschwerdeführers vermag sich der Senat nicht anzuschließen und verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts.
Auch soweit sich der Beschwerdeführer zur Begründung seiner Auffassung auf den Beschluss des Senats vom 27. Januar 2003 - L 4 SF 17/02 - bezieht, vermag ihm der Senat nicht zuzustimmen. Mit Beschluss vom 27. Januar 2003 hat der Senat die Höhe der Sachverständigenentschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen angehoben, weil sie auf Grund des deutlichen Preisanstiegs inzwischen unangemessen niedrig sind und daher einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit eines Sachverständigen bedeuten.
Diese Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.
Entscheidendes Kriterium für die Anhebung der Sachverständigenentschädigung durch Beschluss vom 27. Januar 2003 war das fehlende Recht eines gerichtlich bestellten Sachverständigen, die Erstattung des Gutachtens abzulehnen. Das trifft auf einen Rechtsanwalt, der im sozialgerichtlichen Verfahren tätig wird, grundsätzlich nicht zu. Er ist nicht gezwungen, in einem sozialgerichtlichen Verfahren als Prozessbevollmächtigter aufzutreten, wenn ihm die Gebühr des § 116 Abs. 1 BRAGO zu niedrig erscheint. Er kann durch entsprechende Erklärung gegenüber einer Partei grundsätzlich auch verhindern, dass er im Wege der Prozesskostenhilfe als Prozessbevollmächtigter beigeordnet wird. Daher beinhaltet § 116 Abs. 1 BRAGO keinen Eingriff in seine Berufsfreiheit.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).