Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 04.08.2003, Az.: L 6 U 410/99
Anspruch auf Feststellung eines Gesundheitsschadens als Folge eines Arbeitsunfalls und Verletztenrente; Anspruch auf Änderung eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes ; Weitergeltung bereits aufgehobener Vorschriften des Sozialrechts; Ursächliche Bedeutung einer Krankheitsanlag für den Eintritt eines Gesundheitsschadens; Beurteilung des Verursachungsgrads der Gesundheitsstörung bei Vorliegen konkurrierender Ursachen
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 04.08.2003
- Aktenzeichen
- L 6 U 410/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 20989
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0804.L6U410.99.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Oldenburg - AZ: S 7 U 130/97
Rechtsgrundlagen
- § 44 Abs. 1 SGB X
- § 212 SGB VII
- § 214 Abs. 3 SGB VII
- § 548 RVO
- § 551 RVO
- § 581 RVO
Redaktioneller Leitsatz
Die ursächliche Bedeutung für den Eintritt eines Gesundheitsschadens hat eine Krankheitsanlage z.B. dann, wenn die akuten Erscheinungen zu derselben Zeit auch ohne äußere Einwirkungen auftreten könnten oder auch jedes andere all-täglich vorkommende Ereignis die Erscheinungen ausgelöst hätte.
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 8. September 1999 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Verletztenrente. Streitig ist, ob eine Vorfußamputation seines rechten Fußes Folge eines Arbeitsunfalls vom 16. Juli 1995 oder aber Folge seines Diabetes mellitus ist.
Der im Oktober 1936 geborene Kläger ist Pächter des Cafes im Krankenhaus E ... Am 16. Juli 1995 geriet er beim Transport von Eis- und Colacontainern mit dem rechten Fuß - er trug Sandalen - unter einen Rollcontainer und quetschte sich die zweite und dritte Zehe. Er arbeitete zunächst weiter und legte zu Hause einen Verband an (Angaben des Klägers in der Unfallanzeige vom 19. Juli 1995). Als die Schmerzen stärker wurden, suchte er am 19. Juli 1995 zunächst Dr. F. auf. Dieser fand eine Schwellung, Blaufärbung und entzündliche Wunden an den beiden Zehen. Er diagnostizierte Quetschwunden mit Superinfektion bei Diabetes mellitus, 2. und 3. Zehe rechts dorsal und verwies den Kläger an den Durchgangsarzt Dr. G. (Bericht vom 1. November 2001). Dort gab der Kläger an, er vermute, am 15. oder 16. Juli 1995 gegen 11.00 Uhr mit dem rechten Fuß unter einen Rollwagen gekommen zu sein. Danach habe er zunächst keine Beschwerden gehabt. Erst am nächsten Tag habe er eine bläuliche Verfärbung der zweiten und dritten Zehe rechts bemerkt. Dr. G. diagnostizierte am selben Tag eine beginnende diabetische Gangrän zweite und dritte Zehe rechts, nebenbefundlich fragliche leichte Prellung dieser Zehen. Die Röntgenaufnahmen ergaben keinen Anhalt für frische Knochen- oder Gelenkverletzungen und keine osteolytischen Destruktionen. Er vermerkte einen seit 1992 bestehenden Diabetes mellitus und riet dringend zu einer stationären gefäßchirurgischen Behandlung (Bericht vom 19. Juli 1995). Der ebenfalls am 19. Juli 1995 aufgesuchte Prof. Dr. H., Leitender Arzt der Abteilung für Thorax- und Gefäßchirurgie, I., bestätigte die Diagnose des Dr. G. (Bericht vom 20. Juli 1995). Im Rahmen der stationären Behandlung vom 21. Juli bis 3. August 1995 wurde eine arterielle Verschlusskrankheit AVK vom Unterschenkeltyp diagnostiziert. Am 24. Juli 1995 wurde die gangröse dritte Zehe amputiert. Wegen fortgeschrittener Nekrosen und Eiterbildung schloss sich eine weitere stationäre Behandlung vom 12. August bis 2. Oktober 1995 an. Am 15. August 1995 wurden ausgiebige Inzisionen am Vorfuß mit Entfernung von Nekrosen vorgenommen. Bereits vor der Entlassung zeigten sich Osteolysen an den Köpfchen der Metatarsalia II und III. Es kam erneut zum Wiederaufflackern der entzündlichen Veränderungen, sodass während einer erneuten stationären Behandlung vom 27. Oktober 1995 bis 27. November 1995 am 2. November 1995 der Vorfuß rechts amputiert werden musste. Prof. Dr. H. teilte der Beklagten mit, dass es sich hierbei eindeutig nicht um Unfallfolgen, sondern um eine nicht so seltene Komplikation bei Diabetes mellitus in Gestalt eines diabetischen Fußes mit Beteiligung der peripheren Gefäße und Polyneuropathie (PN) handele (Arztbrief vom 3. November 1995). Wegen einer tiefreichenden Infektion des rechten Fußes erfolgte eine erneute stationäre Behandlung vom 24. Juni 1996 bis, die am 25. Juni 1996 die Nachamputation des rechten Vorfußstumpfes erforderlich machte. Die histologische Untersuchung ergab eine fortgeschrittene floride, chronisch eitrige Ostitis/Osteomyelitis (Bericht vom 1. Juli 1996, OP-Bericht vom 25. Juni 1996).
Bei dem Kläger ist seit ca. 1984 ein Diabetes mellitus bekannt, der seit 1989 wiederholt zu Zeiten der Arbeitsunfähigkeit führte (Vorerkrankungsverzeichnis der AOK vom 27. September 1995). Seit 1987 bestehen Gefühlsstörungen in den Füßen, seit 1989 ist eine sicher diabetisch bedingte PN bekannt. Seit 1992 besteht eine diabetische Gefäßerkrankung. Seit Anfang 1992 wird eine Verkürzung der Wegstrecke, ein unsicheres Gangbild und Gefühllosigkeit der Zehen beider Füße beschrieben, die auch wiederholt zu stationären Krankenhausaufenthalten führten (Entlassungsberichte vom 26. März 1992, 7. Dezember 1992, 17. August 1993, 14. April 1994 (Prof. Dr. J.); Arztbrief des Dr. K. vom 7. Mai 1992; Berichte des Prof. Dr. H. vom 11. Januar 1993; Arztbrief des Neurologen L. vom 31. März 1994).
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 5. Januar 1996 die Entschädigung des Arbeitsunfalls ab. Die krankhaften Veränderungen am rechten Fuß seien auf die länger bestehende Zuckerkrankheit zurückzuführen.
Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, die Amputation des Fußes sei durch den Arbeitsunfall erheblich, d.h. um mindestens ein Jahr, beschleunigt worden. Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Prof. Dr. H. vom 18. Juli 1996 ein, in der dieser darauf verwies, dass bereits Dr. G. am 19. Juli 1995 zutreffend eine beginnende diabetische Gangrän diagnostiziert habe. Diese Diagnose habe sich durch den späteren Verlauf bestätigt. Der Unfall habe zu keiner Verschlimmerung einer anlagebedingten Erkrankung geführt. Vielmehr habe es sich von vornherein um eine diabetische Gangrän gehandelt, die sich zunächst in den Zehen bemerkbar machte. Es handele sich hierbei um eine nicht seltene Komplikation bei fortgeschrittener diabetischer PN. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 27. August 1996).
Am 3. Februar 1997 beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheides der Beklagten. Mit Bescheid vom 25. März 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 1997 lehnte die Beklagte die Rücknahme der vorausgegangenen Bescheide nach § 44 Sozialgesetzbuch 10. Buch (SGB X) ab.
Hiergegen hat der Kläger am 22. Mai 1997 Klage erhoben. Auf Antrag des Klägers ist das gefäßchirurgische Gutachten der Dr. M. vom 13. Januar 1999 nebst neurologischen Zusatzgutachten des Prof. Dr. N. vom 20. März 1999 eingeholt worden. Gegen das Gutachten der Dres. O. hat die Beklagte eingewandt, es seien wichtige Umstände des Sachverhaltes - ein lediglich banales Trauma vom 15. Juli 1995, ärztliche Inanspruchnahme erst 3 Tage später und zu diesem Zeitpunkt schon deutlich fortgeschrittene Veränderungen, deutliche Hinweise auf weit-gehende Veränderungen in den Zehen schon Jahre zuvor - vom Sachverständigen nicht ausreichend gewichtet worden. Das Sozialgericht (SG) Oldenburg hat mit Urteil vom 8. September 1999 die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Arbeitsunfall des Klägers vom 15. und 16. Juli 1995 dem Grunde nach zu entschädigen und als Unfallfolge anzuerkennen: Teilamputation des rechten Fußes in der Höhe des Mittelfußknochens. In den Entscheidungsgründen wurde ausgeführt, dass für die Auffassung der Beklagten spreche, dass bei dem Kläger im Unfallzeitpunkt ein hochpathologischer Befund in beiden Unterschenkeln bestanden habe und dass deshalb auch eine sog. "Selbstamputation" ohne Schmerzvorwarnung binnen weniger Stunden erfolgen könne. Zudem habe es sich bei dem Vorfall vom 16. Juli 1995 nur um ein Bagatelltrauma gehandelt. Für den Kläger spreche, dass angesichts der Schmerzunempfindlichkeit in den Füßen auch eine schwer wiegende Verletzung nur als Bagatelle erscheinen könne, und es bestehe nach Dr. J. die Möglichkeit, dass der Absterbevorgang auch durch äußere Verletzungen in Gang gesetzt worden sein könne. Zudem habe der hoch-pathologische Befund in beiden Füßen nicht zu vergleichbaren Veränderungen im linken Fuß geführt. Angesichts der Schwere des vorbestehenden Befundes habe nur ein geringfügiges von außen kommendes Ereignis genügt, um die Entwicklung in Gang zu setzen. Letztendlich spreche nach Abwägung aller Umstände mehr für den Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und der Amputation.
Gegen dieses ihr am 27. September 1999 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19. Oktober 1999 Berufung eingelegt. Sie macht geltend, die Auffassung der Dres. O., dass die unfallbedingte Quetschung des Vorfußes rechtlich wesentliche Teilursache für die Amputation sei, sei widersprüchlich und nicht überzeugend. Prof. Dr. N. habe auf eine erhebliche Begünstigung posttraumatischer Gewebeveränderungen durch die bestehende PN hingewiesen. Es sei eine Tatsache, dass zahlreiche vom Diabetes mellitus unabhängige Faktoren bei der Entstehung eines diabetischen Fußes eine begünstigende Rolle spielen. Das Anstoßen mit dem rechten Fuß an den Rollwagen oder das Überfahren des Fußes mit diesem Wagen sei zwar im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne für die Amputation ursächlich geworden. Der daneben ebenfalls als Ursache bestehende Diabetes mellitus sei jedoch rechtlich allein wesentlich für den jetzigen Zustand des Fußes. Denn die angiologische Ausgangssituation sei so schlecht gewesen, dass bereits ein schlecht sitzender Schuh oder eine Mikroläsion bei der Fußpflege die Entwicklung des Gangrän hätte auslösen können. Sie sieht sich in ihrer Auffassung durch Prof. Dr. H. und Prof. Dr. P. bestätigt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG Oldenburg vom 8. September 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Oldenburg vom 8. September 1999 zurückzuweisen.
Er trägt vor, dass sein Fuß wegen der Sandalen im Unfallzeitpunkt nicht geschützt gewesen sei. Die Auffassung der Beklagten, dass jedes banale Ereignis die Entwicklung einer Gangrän auslöse, lasse sich nicht damit in Einklang bringen, dass in seinem gleichfalls von einer diabetischen PN betroffenen linken Fuß keine entsprechende Entwicklung in Gang gesetzt worden sei. Er habe sich im Juli 2000 in einer Duschkabine eine Verletzung der mittleren Zehe des linken Fußes zugezogen, die sich entzündet habe, nach Behandlung aber wieder ausgeheilt sei.
Die Beklagte hat das Urteil des LSG Stuttgart vom 24. März 1994, L 10 U 1679/92übersandt. Der Kläger hat diverse medizinische Unterlagen, u.a. den Arztbrief des Dr. J. vom 14. April 1994 und den des Dr. Q. vom 31. März 1994 übersandt. Der Senat hat die Krankenunterlagen des R., den Befundbericht des Dr. S. vom 16. August 2001 nebst dessen Unterlagen und den des Dr. F. vom 1. November 2001 beigezogen. Danach ist das internistisch-angiologische Gutachten nach Aktenlage des Prof. Dr. P. vom 3. April 2003 eingeholt worden.
Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist auch begründet. Das SG Oldenburg hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, die Vorfußamputation rechts als Folge des Arbeitsunfalls vom 16. Juli 1995 festzustellen und dem Kläger Entschädigungsleistungen zu gewähren. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Änderung des bestandskräftigen Verwaltungsaktes vom 5. Januar 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 1996 nach § 44 SGB X.
Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Diese Voraussetzungen sind bei dem Kläger nicht erfüllt. Deshalb hat er auch keinen Anspruch darauf, dass die Vorfußamputation rechts als Folge des Unfalls vom 16. Juli 1995 anerkannt wird, und aus diesem Grunde hat er auch keinen Anspruch auf Verletztenrente nach den auf diesen Sachverhalt noch anwendbaren §§ 548, 551 581 Reichsversicherungsordnung (RVO, vgl. Art 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, §§ 212, 214 Abs. 3 SGB VII).
Entgegen der Auffassung des SG Oldenburg ist dieser Arbeitsunfall vom 16. Juli 1995 nicht die wesentliche Teilursache für die Amputation des rechten Vorfußes. Dieser Gesundheitszustand ist vielmehr rechtlich wesentlich auf die vorbestehende und durch die umfangreichen medizinischen Unterlagen aus den Jahren vor dem Unfall ausreichend belegte schwere, weil weit fortgeschrittene Diabetes mellitus -Erkrankung des Klägers zurückzuführen.
Zwar ist der Arbeitsunfall für die Entwicklung der Gangrän ursächlich im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne geworden, worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat. Denn Prof. Dr. P. hat ausgeführt, dass die am 19. Juli 1995 diagnostizierte Gangrän sich innerhalb von drei bis vier Tagen entwickeln kann und daher mit großer Wahrscheinlichkeit durch den Unfall verursacht worden ist (S. 13 des Gutachtens). Damit ist der Arbeitsunfall aber nicht bereits kausal für die Vorfußamputation im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung geworden. Dies wäre nur dann zu bejahen, wenn bei einem Vergleich zwischen der vorbestehenden fortgeschrittenen Diabetes mellitus -Erkrankung als weitere Mitbedingung dem Unfall der Stellenwert einer rechtlich wesentlichen Mitursache für diese Vorfußamputation zukommt. Daran fehlt es, wenn die Vorerkrankung so schwer, d.h. die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (vgl. BSG Urteil vom 2. Mai 2001, - B 2 U 18/00 R m.w.N.W). Diese ursächliche Bedeutung für den Eintritt eines Gesundheitsschadens hat eine Krankheitsanlage z.B. dann, wenn die akuten Erscheinungen zu derselben Zeit auch ohne äußere Einwirkungen auftreten könnten oder auch jedes andere all-täglich vorkommende Ereignis die Erscheinungen ausgelöst hätte (BSG Urteile vom 2. Mai 2001 a.a.O. und vom 18. März 1997 - 2 RU 8/96). So liegen die Voraussetzungen beim Kläger im Hinblick auf den Diabetes mellitus. Zwar handelt es sich bei dem Arbeitsunfall vom 16. Juli 1995 nicht um ein ganz alltägliche "banale" Verletzung, wie z.B. eine leichte Verletzung bei der Nagelpflege. Er ist aber auch nicht so gewichtig, dass mit der Entstehung einer Gangrän und anschließender Vorfußamputation zu rechnen war. Vielmehr wäre bei einem "üblichen" Ablauf eine Quetschung der Zehen binnen weniger Wochen folgenlos ausgeheilt. Gerade der dramatische Verlauf beim Kläger ist allein wesentlich auf den Diabetes mellitus zurückzuführen. Denn dieser war im Unfallzeitpunkt bereits so schwer und weit fortgeschritten, dass es nur leichter Minimalverletzungen wie z.B. einer Mikroläsion bei der Nagelpflege oder durch zu enges Schuhwerk bedurft hätte, um eine vergleichbare Entwicklung auszulösen. Auch Prof. Dr. N. und Dr. J. haben darauf hingewiesen, dass das Gewebe beim Kläger wegen der Diabetes mellitus-Erkrankung erheblich vorgeschädigt war. Der beim Kläger eingetretene Krankheitsverlauf stellt die typische Folge eines diabetischen Fußes dar (so auch Dr. J. im Gutachten vom 1. März 1999, S. 4), ohne dass es hierfür erhebliche Verletzungen bedurfte (Gutachten Prof. Dr. P., S. 11; Arztbrief des Prof. Dr. H. vom 18. Juli 1996).
Der abweichenden Einschätzung des Prof. Dr. J./Dr. T. vermochte sich der Senat nicht anzuschließen. Die Frage, ob das Unfallereignis den Zeitpunkt des Eintritts des hier zu diskutierenden Gesundheitsschaden um wenigstens ein Jahr vorverlegt hat - was die Sachverständigen beim Kläger bejahen - ist bei der Beurteilung, welchem Ursachenfaktor bei vorliegen mehrerer, konkurrierender Ursachen die Bedeutung der rechtlich wesentlichen Teilursache zukommt, nicht entscheidend. Maßgeblich ist vielmehr in den Fällen der konkurrierenden Ursachen- wie bereits dargelegt- ob die vorbestehende Krankheitsanlage so schwer und so leicht ansprechbar war, dass die akuten Erscheinungen zu derselben Zeit auch ohne äußere Einwirkungen auftreten könnten oder auch jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis die Erscheinungen ausgelöst hätte. Das ist hier unter Berücksichtigung der Ausführungen des Prof. Dr. U. beim Kläger der Fall.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Es liegt kein Grund vor, die Revision zuzulassen ( § 160 Abs. 2 SGG).