Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 25.08.2003, Az.: L 6 U 360/99

Anerkennung einer Atemwegserkrankung und einer Rhinitis als Folgen der Berufskrankheit Nr. 4301, Nr. 4302, Nr. 1302, Nr. 1315 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) ; Ansruch auf Verletztenrente, hilfsweise Übergangsleistungen; Feststellung mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit, dass die Erkrankung durch allergische Stoffeund nicht durch z.B. chemisch-irritative oder toxisch wirkende Stoffe ausgelöst worden ist; Kausalzusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Gesundheitsstörung

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
25.08.2003
Aktenzeichen
L 6 U 360/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 21155
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0825.L6U360.99.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hannover - 15.06.1999 - AZ: S 4 U 304/97

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Eine Verletztenrente wird nur gewährt, solange die Erwerbsfähigkeit des Verletzten infolge der Berufskrankheit um wenigstens 1/5 oder die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Berufskrankheiten jeweils um mindestens 10 von Hundert gemindert ist und die Summe der durch die einzelnen Berufskrankheiten verursachte Minderungen der Erwerbsfähigkeit (MdE) wenigstens 20 von Hundert beträgt.

  2. 2.

    Beweismaßstab für den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Berufskrankheit und einer Gesundheitsstörung ist dabei grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit. Das Vorliegen der bei der medizinisch-wissenschaftlichen Beurteilung des Kausalzusammenhangs zu Grunde zu legenden Tatsachen muss dagegen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (Gewissheit) erwiesen sein.

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 15. Juni 1999 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt, ihre Atemwegserkrankung und eine Rhinitis als Folgen der Berufskrankheit (BK) Nr. 4301 (durch allergisierende Stoffe), Nr. 4302 (durch chemischirritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen (einschließlich Rhinopathie bei der BK Nr. 4301), die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können), Nr. 1302 (Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe), Nr. 1306 (Erkrankungen durch Methylalkohol) oder Nr. 1315 (Erkrankungen durch Isocyanate) der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) festzustellen und ihr Verletztenrente, hilfsweise Übergangsleistungen zu gewähren.

2

Die im Januar 1951 geborene Klägerin war zunächst von April 1966 bis Oktober 1968 als Auszubildende bei der C. Schuhfabrik in D. in verschiedenen Abteilungen tätig. Von 1980 bis Juni 1987 war sei als Raumpflegerin und Arbeiterin beschäftigt. Ab August 1988 arbeitete sie wieder bei der C. Schuhfabrik und wurde in der Schuhendreinigung (Finish) eingesetzt. Hierbei war sie Lösemittelgemischen - Aceton, Reiniger EF 60 und CO² - ausgesetzt. Es bestand zudem die Möglichkeit eines inhalativen Kontaktes durch die benachbarten Spritzarbeitsplätze (Stellungnahme des Technischen Aufsichtsbeamten (TAB) vom 17. Oktober 1995). Ab Herbst 1994 war sie ca. 2 Stunden täglich als Springerin eingesetzt, hierbei hatte sie keinen Kontakt zu allergisierenden Stoffen. Vom 12. Januar 1995 bis 5. März 1996 war sie wegen eines HWS-Syndroms, einer Lumbago und des Verdachts auf eine Bronchopneumonie arbeitsunfähig (Auskunft der AOK vom 17. März 2000). Ab März 1996 wurde sie auf Empfehlung der AOK umgesetzt, und zwar zunächst in das Materiallager, danach in die Zwickerei im Hauptwerk anschließend im Werk I. Hier war sie keinen Lösemitteln mehr ausgesetzt (Auskunft der C. GmbH vom 11. April 1996). Da es auch während dieser Beschäftigungszeit ab 2. Oktober 1996 zu Zeiten der Arbeitsunfähigkeit wegen einer chronischen Bronchitis (2. Oktober 1996 bis 11. Oktober 1996) bzw. depressiver Zustandsbilder und einer Bronchitis (25. Oktober 1996 bis 9. April 1997) kam, wurde das Arbeitsverhältnis zum Juni 1997 aufgelöst. Seit 1967 und vermehrt seit März 1989 kam es wiederholt zu Zeiten der Arbeits-unfähigkeit wegen fieberhaften Bronchitiden, grippalen Infekten und einer Seitenstrangangina (Auskunft der AOK vom Juni 1995). Der im Juli 1992 aufgesuchte Internist Dr. E. diagnostizierte eine rezidivierende allergische Bronchitis, die Klägerin wies positive Reaktionen gegenüber Gräser, Birke, u.a. sowie Katzen auf, im Oktober 1994 stellte er eine leichte obstruktive Ventilationsstörung fest (Bericht vom 18. Juli 1995). Seit Mai 1994 litt die Klägerin unter ständigen Husten, vor allem nachts, verbunden teilweise auch mit Atemnotanfällen, seit dem Sommer 1994 auch unter Schnupfen (ihre Angaben gegenüber Dr. F., Bericht vom 27. März 1995, Entlassungsbericht der G. für Atemwegserkrankungen und Allergie vom 13. April 1995; Bericht des Arztes für Dermatologie und Allergologie Dr. H. vom 31. Mai 1995). Die Ärztin für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. I. fand zwar bei der Untersuchung am 6. Dezember 1994 keinen Anhalt für eine bronchiale Hyperreagibilität, äußerte aber den Verdacht auf dieselbe und diagnostizierte im Übrigen eine unspezifische Bronchitis. Die Testung mit ubiquitären Allergenen der täglichen Umgebung verlief negativ (Arztbrief vom 13. Dezember 1994). Während der stationären Behandlung vom 16. Januar bis 27. Januar 1995 wegen einer Pneumonie wurde ebenfalls der Verdacht auf ein hyperreagibles Bronchialsystem geäußert (Entlassungsbericht des Krankenhauses J. vom 26. Januar 1995). Die HNO-Ärzte K. behandelten die Klägerin von März bis Juni 1995 wegen einer chronischen Rhinitis (chronische Irritations- bzw. Entzündungszustände der Nasenschleimhaut) mit Verdacht auf eine allergische Komponente, durch die medikamentöse Therapie kam es zum Abklingen der Symptome (Bericht vom 12. September 1995).

3

Gegenüber dem Lungenfacharzt Dr. F. gab die Klägerin an, bei Kontakt mit Spritzmitteln am Arbeitsplatz würden sich die Probleme verstärken. Seit der stationären Behandlung im Januar 1995 wegen einer Bronchopneumonie sei sie weiterhin krankgeschrieben und habe zu Hause keine Probleme mehr. Die von Dr. F. zunächst angenommene Hyperreagibilität des Bronchialsystems bestätigte sich in den Untersuchungen nicht. Der Lungenbefund war unauffällig, es bestand keine Obstruktion, Restriktion oder Lungenüberblähung. Er ging deshalb von einer chronifizierten Bronchitis aus und empfahl wegen des Verdachts eines Zusammenhangs mit den Stoffen am Arbeitsplatz eine arbeitsmedizinische Untersuchung (Bericht vom 27. März 1995). Während der stationären Behandlung in der G. vom 29. März bis 8. April 1995 gab die Klägerin an, eine Verschlimmerung des Hustens sei im Januar 1995 eingetreten. Insbesondere nachts sei sie durch den Husten wach geworden. Eine bronchiale Hyperreagibilität wurde nicht festgestellt, die Lungenfunktion war nicht eingeschränkt, der Gasaustausch nicht beeinträchtigt. Die durchgeführten allergischen Tests waren negativ. Die Ärzte diagnostizierten eine persistierende Bronchitis und einen Zustand nach Pneumonie im Januar 1995 und teilten der Hausärztin mit, dass von den Lösungsmitteln am Arbeitsplatz (Aceton, Äthanol, Butanol) eine Reizwirkung auf die Schleimhäute bekannt sei. Sie empfahlen deshalb bei einer erneuten Zunahme der Symptomatik einen Atemschutz am Arbeitsplatz (Entlassungsbericht vom 13. April 1995). Dr. H. fand bei den am 8. Mai 1995 durchgeführten Allergietests positive Reaktionen gegenüber Duft-, Konservierungs- und Farbstoffen (p-Phenylen-diamin, Duftstoff Mix, Kathon CG ), welche nach seiner Einschätzung eine kontaktallergische Komponente bedingen können. Er diagnostizierte ein hyperreagibles Bronchialsystem, welches durch Reizstoffe wie Aceton, Imprägniermittel und Reinigungsstoffen zu den Beschwerden der Klägerin führe (Bericht vom 31. Mai 1995).

4

Im April 1995 zeigte die AOK wegen des Verdacht auf eine Bronchopneumonie eine BK an. Im Mai 1995 erfolgte die BK-Anzeige durch die Ärztin Dr. L., im Juni 1995 durch die Arbeitgeberin. Dr. L. führte die chronische Bronchitis der Klägerin auf den beruflichen Umgang mit Lösemitteln zurück. Die Beklagte holte Auskünfte der C. GmbH vom 9. Juni 1995 nebst Sicherheitsdatenblätter der Lösungsmittel, der Firma M. vom 13. Juli 1995 und der Firma N. GmbH vom 14. Juli 1995, diverse medizinische Unterlagen der behandelnden Ärzte sowie Stellungnahmen des TAB (vom 17. Oktober 1995 und 31. Oktober 1995) ein. Außerdem veranlasste ihr TAB Gefahrstoffmessungen an den Arbeitsplätzen der Spritzkabinen und der Endreinigung der Schuhe, die die Einhaltung bzw. Nichtüberschreitung der Grenzwerte für Lösungsmitteln ergab. Lediglich hinsichtlich Aceton lag die Konzentration an den Endreinigungsarbeitsplätzen 1/4 über dem Grenzwert (Schreiben des Diplom-Chemikers O. vom 4. März 1996). Im August 1996 erfolgte die Begutachtung der Klägerin durch Prof. Dr. P., Klinik für Lungen- und Atemwegserkrankungen im Zentralkrankenhaus Q. (Gutachten vom 18. März 1997 nebst radiologischem Gutachten des Prof. Dr. R. vom 27. August 1996). Dort gab sie an, den Schnupfen am Arbeitsplatz mehr, am Wochenende und im Urlaub weniger zu haben. Die Beschwerden hätten sich seit März 1995 gebessert, würden seit Aufnahme der Arbeit im Januar 1996 aber langsam wieder schlechter werden. Wenn sie einen Atemschutz benutze, habe sie aber keine Probleme. Die Gutachter fanden keine Hinweise für eine allergische Disposition bei der Allergietestung. Die Lungenfunktionsparameter waren normal und unauffällig ohne Anhalt für eine obstruktive oder restriktive Ventilationsstörung oder eine bronchiale Hyperreagibilität. Der inhalative Provokationstest mit Acetylcholin war unauffällig. Die Gutachter diagnostizierten eine rezidivierende einfache Bronchitis und eine chronische Rhinitis. Sie verneinten einen krank-haften Befund, insbesondere eine obstruktive Atemwegserkrankung nach Nrn. 4301 und 4302 der Anlage zur BKV. Allerdings sei eine allergische Rhinitis nicht auszuschließen bzw. eine allergische Komponente sei möglich. Die entsprechenden Beschwerden am Arbeitsplatz ließen an die Existenz eines unbekannten Berufsallergens denken, weshalb die Gutachter weitere Ermittlungen des TAB empfahlen. Auch bei Anerkennung der Rhinitis als BK betrage die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) allerdings allerhöchstens 10 vH. Die Fortsetzung der beruflichen Tätigkeit sei bei Verwendung einer Atemschutzmaske möglich. Mit Bescheid vom 6. Mai 1997 lehnte die Beklagte die Anerkennung und Entschädigung der BKen Nrn. 4301 und 4302 ab. Bei der Klägerin bestehe weder eine obstruktive Atemwegserkrankung noch ein Zwang zur Unterlassung der Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen, denn die Klägerin habe bei Einsatz einer Atemmaske keine Beschwerden.

5

Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte Stellungnahmen des TAB vom 14. Mai 1997, 3. Juni 1997 und 8. Juli 1997 und einen Arztbrief der Dr. L. vom 26. Mai 1997 ein. Der beratende Arzt Dr. S. (Stellungnahme vom 9. Juli 1997) verneinte eine BK Nr. 4301 bzw. 4302. Für eine allergisch ausgelöste Rhinitis ergäbe sich ebenfalls kein Anhaltspunkt, auch ein Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit sei nicht zu erkennen. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. August 1997 zurück. Hiergegen hat die Klägerin am 25. September 1997 Klage erhoben. Die Beklagte hat die Stellungnahme der Dr. L. vom 1. Februar 1999 vorgelegt. Das Sozialgericht (SG) Hannover hat mit Urteil vom 15. Juni 1999 die Klage ab-gewiesen. Keiner der die Klägerin behandelnden Ärzte habe eine Obstruktion festgestellt, deshalb scheide die Anerkennung einer Atemwegserkrankung nach den BKen Nrn. 4301 und 4302 aus. Die chronische Rhinitis sei keine BK i.S. der Nr. 4301. Den am Arbeitsplatz der Klägerin durchgeführten Ermittlungen des TAB könne nicht entnommen werden, welcher allergisierende Stoff als Auslöser für die Rhinitis in Betracht käme. Zudem sei die Klägerin den allergischen Stoffen in der Endreinigung ab März 1996 nicht mehr ausgesetzt gewesen, habe aber weiterhin über die gleichen Beschwerden geklagt. Nach den unfallmedizinischen Erfahrungsgrundsätzen heile eine allergische Rhinopathie bei Allergenkarenz meist folgenlos aus (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Auflage 1998, S. 1029). Der von der Klägerin geschilderte Verlauf spreche zusätzlich gegen eine berufsbedingte Erkrankung.

6

Gegen das ihr am 9. August 1999 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 8. September 1999 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, vor Eintritt ihrer Arbeitsunfähigkeit gesund gewesen und keinerlei Atemwegserkrankungen gehabt zu haben. Die Grenzwerte für Aceton seien ständig überschritten gewesen, zudem seien die Arbeitsbedingungen im Hinblick auf die Ermittlungen des TAB verändert worden.

7

Die Klägerin beantragt:

  1. 1.

    das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 15. Juni 1999 und den Bescheid der Beklagten vom 6. Mai 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. August 1997 aufzuheben,

  2. 2.

    festzustellen, dass ihre Gesundheitsstörungen Folgen einer Berufskrankheit Nr. 4301 oder 4302 sowie nach Nr. 1302, 1306 und 1315 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung sind,

  3. 3.

    die Beklagte zu verurteilen, ihr Verletztenrente in Höhe von 20 v.H. der Vollrente zu zahlen hilfsweise,

  4. 4.

    die Beklagte zu verurteilen, ihr Leistungen nach § 3 BKV zu gewähren.

8

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 15. Juni 1999 zurückzuweisen.

9

Sie weist darauf hin, dass den vorliegenden umfangreichen Sicherheitsdatenblättern kein Hinweis darauf zu entnehmen sei, dass die Klägerin Umgang mit Methylalkohol (Methanol) betreffend die BK Nr. 1306 gehabt habe.

10

Die Klägerin hat Fotos zur Darstellung ihrer Arbeitsbedingungen vorgelegt. Der Senat hat eine Auskunft der AOK vom 10. März 2000 eingeholt.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

12

Die statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Das SG Hannover hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Entscheidung der Beklagten ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass ihre Gesundheitsstörungen als BKen Nrn. 4301, 4302 oder der Nrn. 1302, 1306 bzw. 1315 der Anlage zur BKV anerkannt werden. Aus diesem Grunde hat sie auch keinen Anspruch auf Verletztenrente nach den auf diesen Sachverhalt noch anwendbaren §§ 551, 581 Reichsversicherungsordnung (RVO, Art. 36 Unfallversicherungseinordnungsgesetz, § 212 Sozialgesetzbuch - SGB - VII).

13

1.

Bei der Klägerin besteht keine obstruktive Atemwegserkrankung i.S.d. BKen Nrn. 4301 bzw. 4302 der Anlage zur BKV. Voraussetzung dieser BKen ist - bereits nach deren eindeutigem Wortlaut - eine obstruktive Erkrankung, d.h. eine Obstruktion der Atemwege. Eine solche Obstruktion ist bei der Klägerin aber nur einmalig von Dr. E. im Oktober 1994 festgestellt worden. Alle anderen behandelnden Ärzte und auch die Gutachter Prof. Dr. P. haben überein-stimmend normale Lungenfunktionswerte ermittelt und eine obstruktive Ventilationsstörung stets ausgeschlossen.

14

2.

Auch die chronische Rhinitis ist nicht als BK Nr. 4301 der Anlage zur BKV anzuerkennen. Denn es lässt sich bereits nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit feststellen, dass diese Erkrankung durch allergische Stoffe i.S.d. BK Nr. 4301 und nicht durch z.B. chemisch-irritative oder toxisch wirkende Stoffe i.S.d. BK Nr. 4302 ausgelöst worden ist - bei letzterer aber ist eine Anerkennung der Rhinopathie als BK nicht möglich, da die Austrocknung der Nasenschleimhaut vom Krankheitsbild dieser BK nicht erfasst wird. Es ist bereits nicht erwiesen, dass die Rhinopathie der Klägerin durch allergische Stoffe verursacht worden ist. Weiterhin lässt sich nicht feststellen, dass es sich bei diesen allergischen Stoffen um solche handelt, denen die Klägerin am Arbeitsplatz ausgesetzt gewesen ist. Zudem spricht das Auftreten dieser Beschwerden nach dem wiederholten Eintritt von Atemwegsbeschwerden gegen eine berufliche Verursachung. Denn nach dem zu dieser BK Nr. 4301 herausgegebenen Merkblatt zeichnet sich diese BK dadurch aus, dass sie typischerweise mit Reizerscheinungen der Augen und den Symptomen der beruflich bedingten Rhinopathie - zahlreich aufeinander folgendes Niesen, wässriges Nasensekret, Fließschnupfen - beginnt und danach erst die Atemwegsbeschwerden wie Husten, Luftnot oder Ähnliches auftreten (Merkblatt zur BK Nr. 4301 abgedruckt bei Lauterbach, Unfallversicherung, Stand Januar 2003, § 9 SGB VII Anh IV Abschnitt III). Bei der Klägerin kam es aber bereits seit 1989 zu Zeiten der Arbeitsunfähigkeit wegen bronchitischen Beschwerden, im Frühjahr 1994 trat Husten auf, erst danach kam der Schnupfen hinzu, wobei die Klägerin über keine Niesanfälle geklagt hat.

15

3.

Die bronchitischen Beschwerden der Klägerin sind auch nicht als BK Nr. 1315 der Anlage zur BKV anzuerkennen. Unabhängig davon, ob die Klägerin in einem erforderlichen Umfang Isocyanaten ausgesetzt war, setzt auch diese BK - wie die BKen Nrn. 4301/4302 - eine obstruktive Ventilationsstörung voraus (vgl. das zu dieser BK vom Bundesministerium für Arbeit herausgegebene Merkblatt, BArbBl 1993, S. 48, abgedruckt bei Lauterbach, a.a.O.), die bei der Klägerin gerade nicht besteht.

16

4.

Weiterhin ist auch nicht festzustellen, dass die Beschwerden der Klägerin Folgen der BKen Nrn. 1302 oder 1306 sind. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob diese Listen-Erkrankungen überhaupt Streitgegenstand dieses Verfahrens sind, da die Beklagte abschließend nur über die BKen 4301 und 4302 entschieden und die Klägerin die weiteren BKen-Nummern erstmalig im Berufungsverfahren geltend gemacht hat. Unberücksichtigt bleiben kann weiterhin, dass für Atemwegserkrankungen die speziellen Listennummern die der Bken Nrn. 4301/4302 und Nr. 1315 sind, die den anderen Bken vorausgehen und diese ausschließen. Denn auch die Voraussetzungen der Bken Nr. 1302 und 1306 sind nicht erfüllt. Die BK Nr. 1302 - Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe - ist vorliegend - unabhängig von einer Prüfung der arbeitstechnischen Voraussetzungen - bereits deshalb zu verneinen, weil diese Berufsstoffe auf die Haut, das Zentralnervensystem, Herz, Leber oder Nieren einwirken. Dagegen wird in dem zu dieser BK herausgegebenen Merkblatt nicht das Zielorgan "Atemwege" genannt (Merkblatt, abgedruckt bei Lauterbach, a.a.O.). Die BK Nr. 1306 ist zu verneinen, weil bereits nicht festgestellt werden kann, dass die Klägerin überhaupt Umgang mit Methanol am Arbeitsplatz hatte. Nach den umfangreichen Sicherheitsdatenblättern enthalten die 24 Stoffe, mit denen die Klägerin nach den Feststellungen des TAB am Arbeitsplatz Kontakt hatte, kein Methanol bzw. Methylalkohol. Die Klägerin selbst hat nicht konkret dargelegt, mit welchen anderen Stoffen sie ggf. noch zu tun hatte. Ihr Vortrag, die Arbeitgeberin habe die Ermittlungen des TAB durch falsche Angaben manipuliert, ist nicht substantiiert genug, um ihm nachzugehen. Von Bedeu-tung ist insoweit, dass die Arbeitgeberin immerhin eine Vielzahl von Stoffen benannt und die entsprechenden Sicherheitsdatenblätter auch vorgelegt hat.

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Die Bescheinigung der Dr. L. vom 1. Februar 1999 führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Tatsache, dass die Beschwerden der Klägerin nach ihrer Einschätzung nur am Arbeitsplatz auftreten - was so selbst nach den eigenen Angaben der Klägerin nicht zutrifft, die wiederholt lediglich eine Zunahme der Beschwerden am Arbeitsplatz angegeben hatte - berechtigt nicht zur Anerkennung der BKen Nrn. 4301 oder 4302, wenn die entsprechenden medizinischen Voraussetzungen - hier: eine obstruktive Ventilationsstörung - nicht gegeben sind. Die Verordnungsgeberin hat nicht grundsätzlich jede Beschwerdesymptomatik, die durch berufliche Stoffe verursacht wird, als BK anerkannt, sondern nur ganz bestimmte Krankheitsbilder, die im Wege des Vollbeweises nachgewiesen werden müssen. Infolgedessen ist auch eine Bronchitis oder eine bronchiale Hyperreagibilität ohne Anzeichen einer Obstruktion nicht als BK Nrn. 4301 bzw. 4302 anzuerkennen.

18

Der Klägerin stehen auch keine Übergangsleistungen nach § 3 Abs. 2 BKV zu. Nach dieser Vorschrift hat die Beklagte dann, wenn für die Versicherte die Gefahr, dass eine BK entsteht, wiederauflebt oder sich verschlimmert, dem mit allen Mitteln entgegen zu wirken (§ 3 Abs. 1 BKV). Versicherte, die die gefährdende Tätigkeit unterlassen, weil die Gefahr fortbesteht, haben zum Ausgleich hierdurch verursachter Minderungen des Verdienstes oder sonstiger wirtschaftlicher Nachteile Anspruch auf Übergangsleistungen (§ 3 Abs. 2 BKV). Die Vorausset-zungen auch dieser Vorschrift liegen bei der Klägerin nicht vor.

19

Es bestand bei der Klägerin - wie bereits ausgeführt - im Zeitpunkt der Tätigkeitsaufgabe bei der Firma C. keine BK. Weiterhin liegen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass bei Fortsetzung dieser Tätigkeit durch die Klägerin eine BK entstanden wäre. Abgesehen davon, dass von den die Klägerin untersuchenden Ärzte nicht festgestellt werden konnte, ob die Beschwerden der Klägerin überhaupt durch am Arbeitsplatz verwendete Stoffe verursacht worden sind, konnte der Gefahr des Eintritts von Beschwerden am Arbeitsplatz mit dem Tragen einer Atemschutzmaske ausreichend begegnet werden, worauf Prof. Dr. T. hingewiesen haben. Die Klägerin selbst hat ihnen gegenüber angegeben, dass sie beim Tragen einer Atemschutzmaske keine Beschwerden mehr habe.

20

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

21

Es liegt kein Grund vor, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG).