Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 13.08.2003, Az.: L 3 P 46/02

Anspruch auf die Gewährung von Leistungen nach Maßgabe der Pflegestufe I; Voraussetzungen der erheblichen Pflegebedürftigkeit; Erforderlicher Zeitaufwand für die Pflege durch eine ungelernte Person von wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten; Hilfe wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlich und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens ; Hilfe bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei der genannten Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
13.08.2003
Aktenzeichen
L 3 P 46/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 21041
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0813.L3P46.02.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hannover - AZ: S 29 P 28/01

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Pflegebedürftig sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlich und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen.

  2. 2.

    Eine erhebliche Pflegebedürftigkeit liegt bei Personen vor, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei der genannten Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen nach Maßgabe der Pflegestufe I.

2

Der im Jahre F. geborene Kläger leidet insbesondere an einer frühkindlichen Hirnschädigung mit symptomatischer Epilepsie, einer schweren hirnorganischen Wesensänderung mit Entwicklung einer aggressiv gefärbten querulatorischen Persönlichkeitsstörung, einem Zustand nach Armplexusläsion links mit distal betonten Paresen, einem chronisch degenerativen Wirbelsäulenleiden, einem ausgeprägten dekompensierten Pes plano valgus linksseitig, einer somatoformen Schmerzstörung und einem Diabetes mellitus Typ II B. In der Zeit vom 1. August 1999 bis 31. Dezember 1999 erhielt der Kläger Leistungen aus der Sozialen Pflegeversicherung (Bewilligungsbescheid vom 27. August 1999; Aufhebungsbescheid vom 10. Dezember 1999 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 08. März 2000 - bestandskräftig). Am 23. November 2000 stellte er erneut einen Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung. Dem Antrag fügte er verschiedene ärztliche Unterlagen bei. Die Beklagte veranlasste daraufhin die Begutachtung des Klägers durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Niedersachsen (MDKN). Der Gutachter Dr. G. kam im Gutachten vom 29. Dezember 2000 nach einer Untersuchung des Klägers zu dem Ergebnis, dass dieser beim Baden, Kämmen, Rasieren und beim Stehen (Transfer) Hilfe benötige. Der hierfür erforderliche Zeitaufwand betrage pro Tag insgesamt 15 Minuten. Außerdem benötige der Kläger bei der hauswirtschaftlichen Versorgung Hilfe; der Zeitaufwand belaufe sich insoweit im Wochendurchschnitt auf 60 Minuten pro Tag. Eine Pflegebedürftigkeit nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) liege nicht vor. Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 15. Januar 2001 ab. Mit seinem hiergegen am 6. Februar 2001 eingelegten Widerspruch wies der Kläger darauf hin, dass sich sein Gesundheitszustand gegenüber dem Jahre 1999 verschlechtert habe. Nach Einholung des Kurzgutachtens der MDKN-Gutachterin H. vom 20. Februar 2001, die sich der Bewertung des Vorgutachters angeschlossen hat, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. März 2001, dem Kläger zugestellt am 31. März 2001, als unbe-gründet zurück.

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Hiergegen hat der Kläger am 2. April 2001 Klage bei dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Zur Begründung hat er auf seinen schlechten Gesundheitszustand verwiesen und diverse Rechnungen der Gemeinnützigen Gesellschaft für Paritätische Sozialarbeit Hannover GmbH - Abteilung Mobile Seniorenbetreuung - über geleistete Haushaltshilfe, Putzdienst bzw. Reinigung sowie diverse ärztliche Unterlagen vorgelegt. Das SG hat den Befundbericht des Arztes für innere Medizin Dr. I. vom 20. August 2001 nebst Anlagen (Arztbriefe des Dr. I. vom 4. August 2000 und 17. August 2001), den Befundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. J. vom 31. August/3. September 2001 nebst Anlagen (Arztbrief des Facharztes für Orthopädie Dr. K. vom 15. Mai 2001 sowie 21. Juni 2001, Seite 1 des Arztbriefes des Internisten und Kardio-Angiologen Dr. L. vom 25. Juni 2001), den Befundbericht des Facharztes für Urologie Dr. M. vom 13. September 2001, den Befundbericht der Fachärztin für innere Medizin Dr. N. vom 25. September 2001 nebst Karteiauszügen, den Befundbericht der Fachärztin für Orthopädie O. vom 10. Juli 2001, den Befundbericht des Dr. K. vom 15. Oktober 2001 nebst Anlage (Seite 1 des Arztbriefes des Dr. Dittrich vom 25. Juni 2001), den Befundbericht des Facharztes für Orthopädie Dr. P. vom 29. Oktober 2001 und den Befundbericht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Q. vom 1. Februar 2002 eingeholt. Ferner hat das SG das Gutachten der Pfle-gefachkraft Dr. R. vom 4. Februar 2001 nebst Nachtrag vom 7. Februar 2002 beigezogen. Dieser ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger im Bereich der Grundpflege 55 Minuten pro Tag Hilfe bedürfe. Der Hilfebedarf bei der hauswirtschaftlichen Versorgung betrage pro Tag 195 Minuten. Die Beklagte ist dieser Beurteilung unter Vorlage des sozialmedizinischen Gutachtens des MDKN vom 16. April 2002 entgegengetreten.

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Das SG hat die Klage mit Urteil vom 15. Juli 2002 abgewiesen. Die Pflegestufe I erfordere eine Grundpflege von mehr als 45 Minuten täglich. Ein solcher Bedarf sei beim Kläger nicht nachgewiesen. Dies ergebe sich insbesondere aus den Berichten der behandelnden Ärzte Dr. I. vom 20. August 2001, Dr. J. vom 3. September 2001 und Dr. M. vom 13. September 2001, die lediglich einen Hilfebedarf im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung, nicht aber im Bereich der Grundpflege bestätigt hätten. Demgegenüber habe zwar der Sachverständige Dr. R. einen Hilfebedarf in den Bereichen der Körperpflege, Ernährung und Mobilität in Höhe von insgesamt 55 Minuten im Tagesdurchschnitt festgestellt. Diesen Einschätzungen sei jedoch nicht zu folgen. Dr. R. habe im Einzelnen einen Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege beim Waschen, Kämmen und Rasieren von insgesamt 30 Minuten, im Bereich der Ernährung bei der Nahrungsaufnahme in Höhe von 22 Minuten sowie im Bereich der Mobilität für das An- und Auskleiden in Höhe von 3 Minuten dokumentiert. Diesbezüglich erscheine insbesondere der festgestellte Hilfebedarf bei der Nahrungsaufnahme nicht als berücksichtigungsfähig. So fände sich auf Seite 50 des Gutachtens als gegenwärtige pflegerelevante Diagnose: "Essattacken bei anderen psychischen Störungen". Auf Seite 52 des Gutachtens stelle Dr. R. klar, dass die Nahrungsaufnahme vom Kläger motorisch-manuell eigenständig durchzuführen sei. Der aktivierende Hilfebedarf für die Nahrungsaufnahme werde für den Kläger deswegen dauerhaft nötig, weil er auf Grund seines psychogen-stimulierten Essverhaltens nicht in der Lage sei, eine Verhaltensänderung im Hinblick auf die Essgewohnheiten vorzunehmen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei jedoch die Aufsicht zur Verhinderung übermäßigen Essens keine Hilfe bei der Nahrungsaufnahme und damit keine Maßnahme der Grundpflege. Nach Abzug des für die Beaufsichtigung bei der Nahrungsaufnahme veranschlagten Hilfebedarfs in Höhe von 22 Minuten täglich verbleibe ein grundpflegerischer Hilfebedarf von allenfalls 33 Minuten, womit die Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht als erfüllt anzusehen seien. Zusam-menfassend sei festzustellen, dass der Schwerpunkt des täglichen Hilfebedarfs des Klägers im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung sowie der allgemeinen Betreuung liege. Dies sei auch durch die Tatsache belegt, dass der Kläger mehrmals monatliche Hilfeleistungen der Mobilen Seniorenbetreuung (Reinigungsdienst durch einen Zivildienstleistenden) erhalte. Hilfeleistungen im grund-pflegerischen Bereich erhalte er dagegen nicht.

5

Gegen die ihm per Einschreiben am 16. Juli 2002 zugesandte und am 17. Juli 2002 bei ihm eingegangene erstinstanzliche Entscheidung hat der Kläger am 18. Juli 2002 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht er geltend, dass sich sein Gesundheitszustand weiter verschlechtert habe. Seine Gelenke, Bandscheiben, Hüften, Kniegelenke und Füße schmerzten. Die Kraft seiner Hände, die zudem taub seien, lasse nach; der deformierte linke Fuß bereite ihm ebenfalls Proble-me. Zur Stützung seines Begehrens hat der Kläger auch im Berufungsverfahren diverse ärztliche Unterlagen und Bescheinigungen der Mobilen Seniorenbetreuung über geleistete Reinigungen und Haushaltshilfe vorgelegt.

6

Der Kläger beantragt,

  1. 1.

    das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 15. Juli 2002 und den Bescheid der Beklagten vom 15. Januar 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März 2001 aufzuheben,

  2. 2.

    die Beklagte zu verurteilen, ihm Leistungen nach Maßgabe der Pflegestufe I ab 23. November 2000 zu gewähren.

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Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

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Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

9

Der Senat hat Befundberichte der Dr. N. vom 3. September 2002 nebst Anlagen (Labordaten, Blutdruckwerte) und 13. Februar 2003, der Dr. J. vom 13. Februar und 18. Juli 2003, des Dr. I. vom 6. März 2003 nebst Anlagen (Arztbrief vom 19. September 2002 und Laborblatt), der Ärztin S. vom 2. Juni 2002 nebst Anlage (ärztlicher Befundbericht der Ärztin S. und des Arztes Q. vom 18. September 2000), des Augenarztes Dr. T. vom 12. Juni 2003 und des Dr. P. vom 18. Juni 2003 eingeholt. Ferner hat der Senat durch die Berichterstatterin im Termin vom 3. Juni 2003 die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie S. als sachverständige Zeugin vernommen.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die statthafte Berufung ist form- sowie fristgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

12

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger stehen Leistungen wegen Pflegebedürftigkeit nicht zu.

13

Sowohl der Anspruch auf Pflegesachleistungen (vgl. § 36 Abs. 3 SGB XI) als auch der Anspruch auf Pflegegeld (§ 37 Abs. 1 SGB XI) setzen voraus, dass die betroffene Person pflegebedürftig mindestens nach der Pflegestufe I (erhebliche Pflegebedürftigkeit) ist. Pflegebedürftig sind gemäß § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlich und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen. Eine erhebliche Pflegebedürftigkeit liegt gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB XI bei Personen vor, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei der in § 14 Abs. 4 SGB XI genannten Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Außerdem muss der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten betragen, wovon auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen müssen ( § 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI).

14

Diese Voraussetzungen liegen bei dem Kläger nicht vor.

15

Der Senat nimmt insoweit auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG -). Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:

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Die im Berufungsverfahren eingeholten ärztlichen Unterlagen rechtfertigen keine für den Kläger günstigere Entscheidung.

17

Die Ärzte Dr. J. (Befundbericht vom 13. Februar 2003), Dr. I. (Befundbericht vom 6. März 2003), S. (Befundbericht vom 2. Juni 2003 und Zeugenaussage im Termin vom 3. Juni 2003), Dr. T. (Befundbericht vom 12. Juni 2003) und Dr. P. (Befundbericht vom 18. Juni 2003 in Verbindung mit dem Befundbericht vom 29. Oktober 2001) haben eine Pflegebedürftigkeit des Klägers ausdrücklich verneint bzw. den Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege auf deutlich unter 45 Minuten geschätzt.

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Insbesondere beweiskräftig erweisen sich dabei die Ausführungen der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie S. , da die gesundheitlichen Störungen des Klägers, die zu funktionellen Beeinträchtigungen führen, vornehmlich neurologischer Art sind und damit gerade von ihr besonders sachverständig beurteilt werden können. Der Kläger leidet an einer neurologischen Erkrankung mit einer Schwäche in den Armen, links mehr als rechts, und hierdurch geschwächter Muskulatur, was eine Störung der Feinmotorik bewirkt. Außerdem hat der Kläger eine Fehlstatik im linken Fuß. Diese Befunde bewirken nach der Beurteilung der Zeugin S. eine Sturzgefahr des Klägers beim Duschen (keine Standsicherheit, keine Abfangmöglichkeit auf Grund Schwäche in den Armen), sodass dem Duschvorgang zur Sicherheit des Klägers eine Pflegeperson beiwohnen müsse, während dieser den Waschvorgang allerdings allein vornehmen könne. Beim Baden habe der Kläger auf Grund der dargestellten Defizite Schwierigkeiten beim Ein- und Aussteigen in die bzw. aus der Wanne. Der Hilfebedarf beim Duschen sei mit 20 Minuten anzusetzen, wohingegen das Ein- bzw. Aussteigen in die bzw. aus der Wanne eine Minutensache sei. Auf Grund der gestörten Feinmotorik benötige der Kläger darüber hinaus Hilfe bei der mundgerechten Zubereitung der Nahrung (Schnittchen zubereiten, Apfel schälen), wofür ein täglicher Hilfebedarf von 10 Minuten anzusetzen sei. Ferner benötige der Kläger Hilfe beim Zuknöpfen von Kleidungsstücken und beim Zubinden der Schuhe. Dies sei ebenfalls Minutensache.

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Unter Zugrundelegung der Ausführungen der Zeugin S. ergibt sich damit ein Hilfebedarf des Klägers im Bereich der Grundpflege von 32 Minuten. Dabei geht der Senat neben einem Hilfebedarf von 20 Minuten beim Duschen und 10 Minuten bei der mundgerechten Zubereitung der Nahrung unter Berücksichtigung der all-gemeinen Lebenserfahrung von einem Hilfebedarf von jeweils einer Minute beim Zuknöpfen von Kleidungsstücken und Zubinden der Schuhe aus. Die zusätzliche Berücksichtigung eines Hilfebedarfs beim Wannenbad kommt nicht in Betracht, da keine pflegerische Notwendigkeit für ein kumulatives tägliches Duschen und Baden ersichtlich ist. Berücksichtigt man weiter zu Gunsten des Klägers, dass er Nassrasierer ist - eine Trockenrasur kann er nach Einschätzung der Zeugin S. selbst bewerkstelligen -, ergibt sich außerdem ein Hilfebedarf in Form der Teilunterstützung beim Rasieren von 4 Minuten (Gutachten Dr. R. ). Der Hilfebedarf erhöht sich hierdurch auf 36 Minuten pro Tag.

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Dabei weist der Senat darauf hin, dass die Annahme eines 36 minütigen Hilfebedarfs des Klägers im Bereich der Grundpflege eine großzügige Beurteilung ist. So ist zu bedenken, dass der Kläger beim Wannenbad nur wenige Minuten Hilfe beim Ein- und Ausstieg in die bzw. aus der Wanne benötigt. Da Duschen und Wannenbad gleichwertige Reinigungsvorgänge sind und der Pflegebedürftige nur einen Anspruch auf die notwendige Hilfe hat, wäre ein Hilfebedarf des Klägers insoweit an sich nur in diesem reduzierten Umfang anzuerkennen. Nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 3-3300 § 15 Nr. 7, S 23) zählt zudem die Zubereitung belegter Brote zur hauswirtschaftlichen Versorgung der Verrichtung "Zubereitung der Nahrung" ist dagegen nur das Zerkleinern belegter Brote zuzuordnen, sodass sich der Hilfebedarf des Klägers im Bereich der Grundpflege lediglich auf diese Leistung erstreckt.

21

Im Gegensatz zu der vorgenannten Beurteilung steht der Befundbericht der Frau Dr. N. vom 3. September 2002, nach dem der Kläger bei fast allen Verrichtungen der Grundpflege der Hilfe in einem Umfang von täglich insgesamt 115 Minuten bedarf. Diese Einschätzung ist indes nicht nachvollziehbar. So werden z.B. für zweimal Waschen 10 Minuten, Duschen 5 Minuten und Baden 30 Minuten, insgesamt also insoweit für die Körperpflege 45 Minuten angesetzt. Eine pflegerische Notwendigkeit für ein kumulatives zweimaliges Waschen, einmaliges Duschen und einmaliges Baden ist indes nicht erkennbar. Ebenso wenig ist bei dem Krankheitsbild des Klägers erklärbar, warum er bei der Darm- und Blasenentleerung nach Bedarf 10 Minuten Hilfe benötigt. Abgesehen davon stammen diese Ausführungen - wie der Kläger im Termin vom 3. Juni 2003 erklärt hat - nicht von der befragten Internistin Dr. N. , sondern sind vielmehr von einer Mitarbeiterin der Ärztin nach Befragen des Klägers getätigt worden.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

23

Ein gesetzlicher Grund, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden.