Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 27.08.2003, Az.: L 1 RA 45/03
Anspruch auf höhere Hinterbliebenenrente; Unerheblichkeit des subjektiven Willen des Versicherten bei der Rentenaufteilung; Verfassungsmäßigkeit der unterschiedliche Behandlung der Fallkonstellation im Versorgungsausgleichsrecht einerseits und in der Rentenaufteilung andererseits; Zwingende Aufteilung des einheitlichen Rentenanspruchs des Versicherten auf die beiden Hinterbliebenen nach der jeweiligen Ehedauer ; Nachentrichtung freiwilliger Beiträge im Regelfall allein für einen nur kurz zurückliegenden Zeitraum; Atypische Fall des zeitlichen Auseinanderfallens von Beitragsleistung und Beitragswirkung
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 27.08.2003
- Aktenzeichen
- L 1 RA 45/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 20025
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0827.L1RA45.03.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Oldenburg - AZ: S 5 RA 308/00
Rechtsgrundlagen
- § 46 SGB VI
- § 91 S. 1 SGB VI
- § 243 SGB VI
- § 197 SGB VI
- Art. 3 Abs. 1 GG
- § 1587 BGB
- Art. 14 Abs. 1 GG
- Art. 6 GG
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Der subjektive Wille des Versicherten ist bei der Rentenaufteilung rechtlich unerheblich und die unterschiedliche Behandlung der Fallkonstellation im Versorgungsausgleichsrecht einerseits und in der Rentenaufteilung andererseits ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
- 2.
Im Versorgungsausgleichsrecht profitiert von einer Rentenanwartschaft nur derjenige Ehegatte, der in seiner Ehezeit an der wirtschaftlichen Lastentragung für die entsprechenden Beiträge mitgewirkt hat. Im Renten(aufteilungs)recht verbleibt es bei der Aufteilung nach Ehedauer, und zwar auch dann, wenn Beitragsleistung und Beitragswirkung bei mehreren, aufeinander folgenden Ehen zeitlich auseinander fallen.
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat der Beigeladenen die notwendigen außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt eine im Verhältnis zur Beigeladenen höhere Hinterbliebenenrente.
Die Klägerin ist die zweite Ehefrau des Versicherten Dr. K. (Versicherter), die Beigeladene seine erste Ehefrau.
Der im Jahre 1919 geborene Versicherte war Arzt für Allgemeinmedizin in L., hatte den letzten Pflichtbeitrag an die Beklagte im Jahr 1957 entrichtet und war seitdem altersversichert in der Niedersächsischen Ärzteversorgung gewesen. Im Jahre 1944 hatte er die im Jahre 1925 geborene Beigeladene geheiratet.
Nachdem der Versicherte die Klägerin kennen gelernt hatte (geb. 1943), hatte er sich von der Beigeladenen im Jahre 1971 getrennt und die Scheidung beantragt. Die Beigeladene hatte Widerklage auf Feststellung des alleinigen Verschuldens des Versicherten erhoben. In einem anlässlich des Scheidungsverfahrens geschlossenen Vertrag (vom 18. Dezember 1974) hatte sich der Versicherte verpflichtet, der Beigeladenen einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 2.200,00 DM zu zahlen und dabei auf etwaige Herabsetzungsansprüche gemäß § 325 Zivilprozessordnung (ZPO) zu verzichten. Die Beigeladene war von einer Verpflichtung zur Erwerbstätigkeit freigestellt worden, hatte das unentgeltliche Wohnrecht im ehelichen Haus bei nahezu völliger Freistellung von Haus- und Reparaturkosten zugestanden sowie die Einrichtungsgegenstände zu Eigentum übertragen erhalten. Außerdem war die Beigeladene von sämtlichen Unterhaltsansprüchen der beiden Kinder im Innenverhältnis der Ehegatten freigestellt worden. Die Kosten des Vergleiches und diejenigen des weiteren Scheidungsverfahrens hatte der Versicherte übernommen. Zur Alterssicherung der Beigeladenen war in Ziffer V. des Vertrages geregelt worden:
"Hinsichtlich der Ansprüche aus der Alterssicherungsordnung der Ärztekammer Niedersachsen (ASO) stellt der Kläger die Beklagte für den Fall seines Ablebens nach seiner Wiederverheiratung über die Bestimmung der ASO, insbesondere des § 18 ASO hinaus mindestens so, wie die Regelung im Angestelltenversicherungsgesetz getroffen ist. Insbesondere werden die Bestimmungen des Angestelltengesetzes nicht berührt."
Im Januar 1975 war die Ehe zwischen dem Verscherten und der Beigeladenen geschieden, im März des Jahres das Scheidungsurteil rechtskräftig geworden und im Dezember des Jahres hatte der Versicherte die Klägerin geheiratet. - Die Beigeladene hat nicht wieder geheiratet.
Drei Jahre später, in drei Zahlungs-Tranchen im August und September 1978 sowie im Januar 1979, hatte der Versicherte von der gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht, freiwillige Beiträge für die Zeit bis zum 31. Dezember 1973 an die Beklagte nachzuentrichten. Dabei hatte der Versicherte eine Nachentrichtung für die Zeit von Januar 1957 bis Dezember 1973 vorgesehen und insgesamt ca. 45.000,00 DM gezahlt.
Seit 1984 hatte der Versicherte Altersruhegeld erhalten (Zahlbetrag: ca. 2.100,00 DM/monatlich), am 15. Mai 2000 war er gestorben. Bis zu seinem Tod hatte er weiterhin 2.200,00 DM/monatlich (aus dem Vertrag aus 1974) an nachehelichem Unterhalt an die Beigeladene gezahlt, die daneben über einen eigenen Rentenanspruch aus der gesetzlichen Rentenversicherung (ca. 430,00 DM/monatlich) und nach dem Tod des Versicherten über einen Hinterbliebenenanspruch aus der Ärzteversorgung in Höhe von ca. 1.430,00 DM verfügte.
Im Mai 2000 stellten die Klägerin und die Beigeladene die zu diesem Verfahren führenden Anträge auf Zahlung von Hinterbliebenen-Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beklagte bejahte die Anspruchsvoraussetzungen einer Geschiedenenwitwenrente bei der Beigeladenen sowie einer Witwenrente bei der Klägerin und teilte unter Berufung auf § 91 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) den sich auf Grund des Versicherungsverlaufs des Versicherten ergebenden Rentenzahlbetrag in Entsprechung zur jeweiligen Ehedauer - 371 Monate zwischen dem Versicherten und der Beigeladenen sowie 294 Monate zwischen dem Versicherten und der Klägerin - unter den beiden Antragstellerinnen auf. Mit den beiden Bewilligungsbescheiden von 16. August 2000 stellte sie einen Rentenzahlbetrag zu Gunsten der Beigeladenen in Höhe von ca. 1.050,00 DM (späterer Neuberechnungsbescheid vom 19. September 2000 wegen KV- und PflV-Beiträgen) sowie einen solchen zu Gunsten der Klägerin in Höhe von ca. 770,00 DM fest.
Die Klägerin erhob Widerspruch und vertrat die Auffassung, dass von der in § 91 SGB VI gesetzlich vorgesehenen Aufteilung des Rentenzahlbetrages die vom Versicherten in den Jahren 1978/79 gezahlten und für die Jahre 1957 bis 1973 geltenden freiwilligen Beiträge ausgenommen werden müssten. Zur Begründung erklärte sie: Zwar seien die freiwilligen Beiträge im Hinblick auf Belegungszeiten während der ersten Ehe des Versicherten nachentrichtet worden (1957 - 1973). Die Nachzahlung selbst sei jedoch während der zweiten Ehe des Versicherten erfolgt (1978, 1979) und habe der Altersvorsorge ausschließlich des Versicherten und seiner zweiten Ehefrau dienen, nicht aber der Alterssicherung der ersten Ehefrau zugute kommen sollen. Die von der Beklagten angewendete gesetzliche Aufteilungsregelung des § 91 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) verstoße gegen Verfassungsrecht, weil sie eine generelle und ausnahmslose Aufteilung nach der jeweiligen Ehedauer vorsehe und besondere Umstände des Einzelfalles - wie vorliegend - nicht erfasse. Daneben verletze die Norm Sinn und Zweck des ehelichen Versorgungsausgleichs. Durch den Versorgungsausgleich soll(t)en die Ehegatten (zumeist Ehefrauen) an der während der Ehe aufgebauten Altersversorgung in dem Maße teilhaben, in dem sie selbst - durch Haushaltsführung und Kindererziehung - zum gemeinsamen Familienunterhalt beigetragen haben. In Fällen wie dem vorliegenden werde aber dieser Zweck des Versorgungsausgleiches durch § 91 SGB VI gerade verfehlt: Die wirtschaftliche Leistung zur Alterssicherung entstamme der zweiten Ehe, sei also von der zweiten Ehefrau mit erwirtschaftet worden, führe aber rentenrechtlich zu einer Begünstigung auch der Ehefrau der ersten Ehe des Versicherten, die die Beiträge nicht mit erwirtschaftet habe. Des weiteren verstoße es gegen Art. 3 und 6 Grundgesetz (GG), dass die erste Ehefrau höhere Rentenanwartschaften erhalten habe als die zweite Ehefrau, obwohl allein die zweite Ehefrau im Zeitpunkt des Todes des Versicherten mit diesem verheiratet und die erste Ehe zu dieser Zeit bereits seit mehr als 25 Jahren geschieden war. Schließlich könne die pauschale und ausnahmslose Aufteilung nach der Ehedauer in § 91 SGB VI vorliegend auch deshalb keinen Bestand haben, weil sie mit dem zwischen den Beteiligten geschlossenen Vertrag kollidiere. Denn die erste Ehefrau erhalte mit den Hinterbliebenen-Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung (ca. 1.050,00 DM) und aus der Ärzteversorgung (ca. 1.430,00 DM) eine höhere Versorgung (zusammen ca. 2.480,00 DM) als nach dem Unterhaltsvertrag aus dem Jahre 1974 vorgesehen war (2.200,00 DM).
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 6. Dezember 2000 zurück und führte zur Begründung im Einzelnen aus, dass die Aufteilung der Hinterbliebenenrenten nach der Ehedauer bei mehreren Berechtigten - vorliegend bei Geschiedenenwitwen- und Witwenrenten nach §§ 46 und 243 SGB VI - durch § 91 Satz 1 SGB VI zwingend vorgesehen und diese Aufteilung bereits vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ausdrücklich als verfassungsmäßig angesehen worden sei.
Mit ihrer hiergegen am 27. Dezember 2000 beim Sozialgericht (SG) M. erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Die vom SG beigeladene erste Ehefrau des Versicherten hat vorgetragen, dass die Beklagte entsprechend dem Gesetzesrecht gehandelt und es dem Versicherten freigestanden habe, seine etwaigen Ziele der Alterssicherung seiner zweiten Ehefrau durch andere, namentlich privatrechtliche Altersvorsorgeverträge zu verfolgen. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 28. Januar 2003 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Beklagte das geltende Recht des § 91 SGB VI zutreffend angewendet und das BVerfG die in der Norm vorgesehene Aufteilung nach der Ehedauer für verfassungsmäßig erklärt habe.
Gegen das ihr am 3. Februar 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 3. März 2003 eingegangene Berufung, mit der die Klägerin ergänzend geltend macht, dass es durch die schematische und ausnahmslose Aufteilung in § 91 SGB VI im vorliegenden Fall zu einer nicht hinnehmbaren Bevorzugung und Überversorgung der ersten Ehefrau komme und zudem der Wille des Versicherten missachtet werde. Eine Bevorteilung der Beigeladenen ergebe sich bereits im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung und zwar daraus, dass - ausweislich des Versicherungsverlaufs - der Versicherte und die Beigeladene vor der 1978/79 erfolgten Nachentrichtung der freiwilligen Beiträge, also für die Jahre bis 1956, keine nennenswerten Beitragsleistungen erbracht hätten, weshalb ohne die Beitragsnachentrichtung die Ehefrau der ersten Ehe nur einen geringen Rentenzahlbetrag zu erwarten gehabt habe. Für diese Besserstellung im Rentenzahlbetrag habe die begünstigte erste Ehefrau aber nichts beigetragen. Die Überversorgung der Beigeladenen im gesetzlichen Rentenversicherungsrecht werde durch erfolgte weitere Absicherungen in anderen Rechtsgebieten noch verstärkt. So profitiere die Beigeladene bereits in der Ärzteversorgung von den Beitragsleistungen des Versicherten. Und schließlich habe sie unterhaltsrechtlich beim Zugewinnausgleich im Jahre 1976 eine weitere Zahlung von 220.000,00 DM erhalten. Daneben widerspreche die schematische Aufteilung nach der Ehedauer aber auch dem Willen des Versicherten im vorliegenden Fall. Der Versicherte habe in verschiedenen Schreiben aus dem Jahre 1980 und später ausdrücklich erklärt, dass die Nachentrichtung der freiwilligen Beiträge allein ihm und seiner zweiten, nicht aber der ersten Ehefrau zugute kommen sollte. Zur Glaubhaftmachung legt die Klägerin u.a. die Durchschrift eines Schreibens des Versicherten an die Beigeladene vom 28. Dezember 1980 vor, in dem es u.a. heißt:
" ... Es liegt nun an dir, ob Du durch freiwillige Beiträge in den Genuss höherer Rentenbezüge kommen willst oder nicht. Ich selbst habe freiwillige Beiträge nach unserer Scheidung eingezahlt, so dass Du davon nicht profitieren kannst ..."
Die Klägerin beantragt,
- 1.
das Urteil des Sozialgerichts M. vom 28. Januar 2003 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 16. August 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2000 sowie den Neufeststellungsbescheid vom 19. September 2000 abzuändern,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, die der Klägerin gezahlte Witwenrente unter zusätzlicher Berücksichtigung derjenigen Entgeltpunkte neu zu berechnen und zu zahlen, die durch die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge für die Zeit von Januar 1957 bis Dezember 1973 entstanden sind.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die angefochtenen Bescheide als zutreffend und bezieht sich zur Begründung ergänzend auf das Urteil des SG.
Die Beigeladene trägt ergänzend vor, dass der Versicherte bereits 1974/75 um die Aufteilung der Beitragsleistungen gewusst habe, weil diese im Rahmen des seinerzeitigen Scheidungsverfahrens im Zusammenhang mit der Ärzteversorgung zwischen den Beteiligten ausführlich erörtert worden sei. Letztlich komme es hierauf aber nicht an, weil nach der eindeutigen Gesetzesregelung des § 91 SGB VI die Motivlage der Beitragsleistung unbeachtlich sei. Selbst ein etwaiger Motivirrtum des Versicherten wäre deshalb unbeachtlich.
Die Klägerin hat erwidert, dass die Konsequenzen der Beitragszahlung auf die Altersversorgung zwar allein hinsichtlich der Ärzteversorgung zwischen den damals Beteiligten besprochen worden seien, weil die wirtschaftliche Bedeutung der gesetzlichen Rentenanwartschaften zu gering gewesen sei. Allerdings sei davon auszugehen, dass der Versicherte im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung der Meinung gewesen sei, dass die Beiträge allein ihm und seiner zweiten Ehefrau, nicht aber seiner ersten Ehefrau zugute kommen würden. Abschließend vertritt die Klägerin die Auffassung, es dürfe bei der Auslegung des § 91 SGB VI und seiner Anwendung im vorliegenden Fall nicht unberücksichtigt bleiben, dass zu dem Urteil des BVerfG zu § 91 SGB VI der Richter Dr. N. ein abweichendes Votum formuliert habe, das die auch hier geltend gemachten Bedenken bestätige.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Sie haben vorgelegen und sind Gegenstand von mündlicher Verhandlung und Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§ 143 f. Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist unbegründet.
Weder das Urteil des SG noch die Bescheide der Beklagten sind zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine höhere Witwenrente nach § 46 SGB VI, insbesondere nicht darauf, dass die von der Beklagten in den Bewilligungsbescheiden vom 16. August 2000 zwischen der Klägerin und der Beigeladenen vorgenommene Aufteilung nach der jeweiligen Ehedauer geändert wird. Denn die Aufteilung nach der Ehedauer entspricht der gesetzlichen Regelung des § 91 SGB VI, die - entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin - verfassungsmäßig ist.
Zur Begründung verweist der Senat zum Zwecke der Vermeidung von Wiederholungen zunächst gemäß § 153 Abs. 2 SGG vollumfänglich auf die Entscheidungsgründe des Urteils des SG und die dort zutreffend wiedergegebene Entscheidung des BVerfG.
Ergänzend zum Urteil des SG ist festzustellen, dass der Vortrag der Klägerin zu dem der Aufteilung nach der Ehedauer entgegenstehenden Willen des Versicherten für den Senat ebenso nachvollziehbar ist wie ihr Hinweis auf die unterschiedliche Behandlung der vorliegenden Fallkonstellation im Versorgungsausgleichsrecht einerseits und nach § 91 SGB VI andererseits. Allerdings ist der subjektive Wille des Versicherten bei der Rentenaufteilung rechtlich unerheblich, und die unterschiedliche Behandlung der Fallkonstellation im Versorgungsausgleichsrecht einerseits und in der Rentenaufteilung andererseits verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Im Einzelnen:
Der Klägerin ist einzuräumen, dass die von § 91 SGB VI vorgesehene zwingende Aufteilung des einheitlichen Rentenanspruchs des Versicherten auf die beiden Hinterbliebenen nach der jeweiligen Ehedauer nicht dem Willen des Versicherten entsprochen haben könnte. Denn der Senat verkennt nicht, dass sich im Laufe des Verfahrens eine Reihe von Anhaltspunkten dafür ergeben haben, dass die vom Versicherten im Jahre 1978/79 geleistete Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen nach seinem Willen allein seiner eigenen und der Alterssicherung seiner zweiten Ehefrau dienen, nicht aber der Alterssicherung der ersten Ehefrau zugute kommen sollte. Solche Anhaltspunkte ergeben sich namentlich aus den von der Klägerin im Berufungsverfahren vorgelegten Kopien diverser Schreiben des Versicherten aus den Jahren 1980 ff ...
Der Wille des Versicherten bei der Beitragsentrichtung ist jedoch rechtlich unerheblich. Nach dem gesamten (damals und heute) maßgeblichen Rentenversicherungsrecht spielt die Frage der Motivlage einer Beitragsentrichtung keine Rolle. Vielmehr lässt die gesetzliche Regelung vor allem unter anderem aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung in Verfahren der Massenverwaltung, wie sie die gesetzliche Rentenversicherung darstellt, für die Notwendigkeit einer (unter Umständen sehr aufwändigen) Ermittlung und Aufklärung eines persönlichen Willens eines Versicherten keinen Raum. Die Beitragsleistung wird vielmehr nach gesetzlichen Vorschriften erhoben (Pflichtbeiträge) bzw. zugelassen (freiwillige Beiträge) und nach weiteren gesetzlichen Vorschriften einem bestimmten Belegungszeitraum als Versicherungszeit zugeordnet.
Für den Fall des Versicherten ergab sich die Beitragszulassung und die Zuordnung zum Belegungszeitraum zwingend aus der gesetzlichen Vorschrift des Art. 2 § 49a des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG). Darin heißt es:
"Personen, die nach § 10 des Angestelltenversicherungsgesetzes zur freiwilligen Versicherung berechtigt sind, können auf Antrag abweichend von den Regelungen des § 140 des Angestelltenversicherungsgesetzes freiwillige Beiträge für Zeiten vom 1. Januar 1956 an bis 31. Dezember 1973, die noch nicht mit Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung belegt sind, ... nachentrichten."
Eine fehlerhafte Anwendung dieser Vorschriften zur Beitragsentrichtung und zum Belegungszeitraum durch die Beklagte zurzeit der Beitragsentrichtung des Versicherten in 1978/79 für den Senat nicht erkennbar und wird - zu Recht - von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Auch eine fehlerhafte Rechtsanwendung der Beklagten zurzeit der Rentenbewilligung im August 2000 ist nicht feststellbar. Denn die Beklagte hat die Ansprüche der Klägerin und der Beigeladenen aus § 46 SGB VI und aus § 243 SGB VI (dem Grunde nach) bejaht und die Rentenbeträge (der Höhe nach) nach der gesetzlichen Vorschrift des § 91 Satz 1 SGB VI entsprechend der jeweiligen Ehedauer aufgeteilt. Diesbezügliche Rechtsfehler der Beklagten werden deshalb von der Klägerin - ebenso zu Recht - nicht geltend gemacht.
Soweit die Klägerin jedoch rügt, die dieser Rechtsanwendung zu Grunde liegende Norm des § 91 Satz 1 SGB VI sei verfassungswidrig, vermag ihr der Senat nicht zu folgen.
Zwar weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass es sich vorliegend um eine besondere Fallkonstellation handelt, die in dem Recht des Versorgungsausgleichs einerseits und in dem Recht der Rentenaufteilung andererseits unterschiedlich geregelt ist. Eine Verfassungswidrigkeit ergibt sich daraus allerdings nicht:
Der Regelfall der Beitragsbelegung von Rentenzeiten besteht sowohl im gesetzlichen Rentenversicherungsrecht als auch in dem von der Klägerin angeführten Versorgungsausgleichsrecht darin, dass die wirtschaftliche Beitragsleistung innerhalb derselben Zeitspanne erfolgt wie die damit erzielte Beitragsbelegung und Anwartschaftssteigerung (zeitliche Parallelität von Beitragsleistung und Beitragswirkung). Für die rentenrechtlichen Pflichtbeiträge liegt dies auf der Hand, aber auch freiwillige Beiträge dürfen im Regelfall allein für einen nur kurz zurückliegenden Zeitraum nachentrichtet werden (vgl. nur die heutige Vorschrift des § 197 SGB VI). Bezogen auf - wie vorliegend - mehrere, aufeinander folgende Eheverhältnisse hat dies zur Folge, dass im Regelfall diejenigen Eheleute aus einer rentenrechtlichen Beitragsbelegung profitieren und Anwartschaften erzielen, in deren Ehezeit die Beiträge eingezahlt wurden. Im Regelfall haben also diejenigen Eheleute den wirtschaftlichen Nutzen der Altersvorsorge, die auch die wirtschaftliche Last der Beitragszahlung getragen haben (zeitliche Parallelität von Beitragsleistung und Beitragswirkung). Von dieser zeitlichen Parallelität von Beitragsleistung und Beitragswirkung als Grundsatz geht nicht nur - worauf die Klägerin zutreffend hinweist - das Versorgungsausgleichsrecht der §§ 1587 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), sondern auch das Recht der Aufteilung nach Ehedauern in § 91 SGB VI aus. Darauf hat das BVerfG in seiner zitierten Entscheidung aus dem Jahre 1984 (E 66, 66, 77) hingewiesen (zu der mit § 91 SGB VI inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des § 45 Abs. 4 AVG), dies hat auch Dr. N. in seinem Minderheitsvotum als berechtigten Grundsatz nicht in Abrede genommen (E 66, 79ff.).
Zu Recht weist aber die Klägerin darauf hin, dass ein solcher Regelfall der zeitlichen Parallelität von Beitragsleistung und Beitragswirkung in der vorliegenden Konstellation gerade nicht gegeben ist. Vorliegend fallen vielmehr der Zeitraum der Beitragsleistung einerseits und derjenige der Beitragswirkung andererseits auseinander, weshalb bei den mehreren, aufeinander folgenden Ehen des Versicherten die wirtschaftliche Last der Beitragszahlung in der zweiten Ehe getragen, die Beitragswirkung aber (zumindest auch) der ersten Ehe (aber auch der zweiten Ehe) zugute gekommen ist. Gemessen am oben beschriebenen Grundsatz 1iegt also ein atypischer Fall vor.
Des weiteren zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass dieser atypische Fall des zeitlichen Auseinanderfallens von Beitragsleistung und Beitragswirkung im gesetzlichen Versorgungsausgleichsrecht einerseits und im Renten(aufteilungs)recht andererseits unterschiedlich geregelt ist. Im Versorgungsausgleichsrecht ist vorgesehen, dass es dort für die Frage der Entstehung von Rentenanwartschaften ausschließlich auf die Zeit der Beitragseinzahlung ankommt (sog. In-Prinzip). Deshalb profitiert im Versorgungsausgleichsrecht von einer Rentenanwartschaft nur derjenige Ehegatte, der in seiner Ehezeit an der wirtschaftlichen Lastentragung für die entsprechenden Beiträge mitgewirkt hat. Das In-Prinzip führt - auch insoweit sind die Ausführungen der Klägerin zutreffend - im Fall von (wie vorliegend) mehreren, aufeinander folgenden Ehen dazu, dass die in der zweiten Ehe geleisteten Beiträge und die daraus erzielten Rentenanwartschaften allein dieser zweiten Ehezeit zugeordnet werden, und zwar auch dann, wenn die mit der Beitragszahlung erfolgte rentenrechtliche Beitragsbelegung in der ersten Ehezeit lag (vgl. nur die Nachweise bei: Palandt-Brudermüller, Kommentar zum BGB, 62. Aufl., 2002, Vorb. § 1587, Rn. 39). Die Ehegatten der ersten Ehezeit gehen bei einer Beitragstragung in der zweiten Ehezeit "leer aus". Demgegenüber führt dieser atypische Fall im Renten(aufteilungs)recht zu einer anderen Lösung. Denn anders als § 1587 BGB sieht § 91 SGB VI für diese atypischen Fälle keine vom Grundsatz abweichende Lösung vor. Vielmehr verbleibt es hier bei der Aufteilung nach Ehedauer, und zwar auch dann, wenn - wie vorliegend - Beitragsleistung und Beitragswirkung bei mehreren, aufeinander folgenden Ehen zeitlich auseinander fallen. Folge im vorliegenden Fall ist, dass die Beitragswirkung beiden Ehezeiten, also auch der ersten Ehezeit, zugute kommt, obwohl die wirtschaftliche Last allein in der zweiten Ehezeit getragen wurde.
Aus dieser unterschiedlichen gesetzlichen Regelung der beschriebenen atypischen Fälle in § 1587 BGB einerseits und in § 91 SGB VI andererseits folgt jedoch keine Verfassungswidrigkeit des § 91 Satz 1 SGB VI:
Zunächst liegt kein Verstoß des Gesetzgebers des § 91 SGB VI gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Art. 3 I GG verbietet nicht schlicht jedwede Art der Ungleichbehandlung. Er lässt vielmehr Ungleichbehandlungen ausdrücklich zu. Zur Verfassungswidrigkeit führen solche Ungleichbehandlungen aber dann, wenn sie nicht durch diese Ungleichbehandlung rechtfertigende, sachliche Gründe getragen sind (BVerfG E 83, 89, 107f.). Solche sachlichen Gründe für die Ungleichbehandlung der Ehezeiten im Versorgungsausgleichsrecht einerseits und im Renten(aufteilungs)recht andererseits liegen aber vor. Denn beide Normen (§ 1587 BGB und § 91 SGB VI) verfolgen von vornherein unterschiedliche Regelungszwecke und sind (folglich) auch an unterschiedliche Regelungsadressaten gerichtet. § 1587 BGB beschränkt sich auf die Funktion, die innerhalb einer Ehezeit entstandenen Rentenanwartschaften auf die in dieser Ehezeit miteinander verheirateten Eheleute aufzuteilen. Demgegenüber verfolgt § 91 SGB VI das ganz andere Ziel, die während mehrerer Ehezeiten entstandenen Rentenwartschaften auf die Ehegatten (Hinterbliebenen) dieser mehreren Ehe zu verteilen. Entsprechend dieses unterschiedlichen Regelungszwecks wenden sich beide Normen auch an einen unterschiedlichen Adressatenkreis: Während § 1587 BGB ausschließlich die (beiden) Ehegatten der letzten, geschiedenen Ehezeit betrifft, richtet sich § 91 SGB VI an sämtliche Ehegatten (Hinterbliebene) aus mehreren Ehen (aus denen Hinterbliebenen-Ansprüche gegen den Versicherten hervorgegangen sind). Bei diesen unterschiedlichen Regelungszwecken und Regelungsadressaten ist es nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber auch unterschiedliche Regelungen trifft und dazu unterschiedliche Lösungsmechanismen wählt. Zudem ist es sachgerecht, dass bei der Aufteilung von Anwartschaften innerhalb einer Ehe die wirtschaftliche Leistungskraft allein dieser Ehe zum Ausgangspunkt genommen wird, wie dies § 1587 BGB vorsieht. Ebenso sachgerecht ist aber, dass bei Aufteilung der Rentenanwartschaften aus mehreren Ehen die jeweilige Ehedauer maßgebend sind. Letzteres hat das BVerfG in seiner Entscheidung aus 1984 auch ausdrücklich erklärt. Und das Minderheitsvotum des Dr. N. hat dies auch nicht in Abrede genommen. Der Richter hat sich in seinen Ausführungen nicht mit dem Verhältnis zwischen Renten(aufteilungs)recht einerseits und Versorgungsausgleichsrecht andererseits, sondern mit dem Verhältnis von Renten(aufteilungs)recht einerseits und Unterhaltsrecht andererseits befasst. Im Übrigen blieb sein Votum bei der damaligen 7:1-Abstimmung des BVerfG-Senats gemäß Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BverfGG) ohne Auswirkung auf die Entscheidung.
Ein Verstoß des § 91 SGB VI gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG ist damit nicht erkennbar.
Entgegen der weiteren Rechtsauffassung der Klägerin verstößt § 91 Satz 1 SGB VI auch nicht gegen das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG. Zum einen ist eine Eigentumsposition durch Art. 14 GG nur in demjenigen Umfang geschützt, wie er durch eine vom Gesetzgeber vorgenommene Inhalts- und Schrankenbestimmung festgelegt ist (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG), wobei die Inhalts- und Schrankenbestimmung namentlich nicht gegen übriges Verfassungsrecht verstoßen darf. Danach liegt eine Eigentumsverletzung vorliegend bereits deshalb nicht vor, weil die Aufteilung nach der Ehedauer in § 91 SGB VI nicht gegen sonstiges Verfassungsrecht, namentlich nicht gegen Art. 3 GG verstößt. Zum Zweiten und vor allem aber sind Ansprüche auf Hinterbliebenenrenten nach der Rechtsprechung des BVerfG ohnehin nicht vom Schutzbereich des Art. 14 GG erfasst, weil sie ohne erhöhte Beitragsleistung des Versicherten und ohne eigene Beitragsleistung des Hinterbliebenenrentenempfängers im Wege des sozialen Ausgleichs aus den Beiträgen aller Versicherten gewährt werden (BVerfG E 97, 271; BSG, Urteil vom 23.06.1999, B 5 RJ 4/98 R).
Schließlich liegt auch keine Verletzung der Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 und 6 GG vor. Für Art. 6 GG gilt dies bereits deshalb, weil mit der in § 91 SGB VI vorgenommenen Aufteilung der Rente auf mehrere Hinterbliebene gerade einem wesentlichen Zweck des Instituts der Ehe, nämlich ihrem lebenslangen Versorgungscharakter, Rechnung getragen werden und auch die hinterbliebene Ehefrau aus der ersten Ehe eine Versorgung erhalten soll. Der Hinweis der Klägerin, dass die Ehe der Beigeladenen zum Todeszeitpunkt des Versicherten bereits seit 25 Jahren geschieden gewesen sei, geht deshalb an den verfassungsrechtlichen Zielen der ehelichen Gemeinschaft vorbei.
Nach alledem ist die Rentenaufteilungsvorschrift des § 91 SGB VI auch im Hinblick auf die vorliegend in Rede stehende atypische Fallkonstellation verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. - Im Übrigen ist die Entscheidung des BVerfG aus dem Jahre 1984 (zum inhaltsgleichen § 45 Abs. 4 AVG) inzwischen auch bereits mehrfach in neueren Entscheidungen des BSG (zum inhaltsgleichen § 91 SGB VI) in Bezug genommen und ausdrücklich bestätigt worden (etwa: BSG, Urteil vom 21.04.1999, B 5/4 RA 90/97 R).
Der Berufung war daher der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.
Es hat kein gesetzlicher Grund gemäß § 160 Abs. 2 SGG vorgelegen, die Revision zuzulassen.