Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 28.08.2003, Az.: L 8 AL 340/02
1 Jahr; 10 Wochen; Ablauf; Ablehnung; andere Sozialleistung; Arbeitsamt; Arbeitslosengeld; Arbeitslosengeldanspruch; Arbeitsunfähigkeit; BA; Bezug; Bindung; Bindungswirkung; Erkrankung; Erstattung; Erstattungsanspruch; Erstattungspflicht; Fortzahlung; Frist; Geltendmachung; Gutachten; Krankengeld; Krankengeldanspruch; Krankenkasse; Krankheit; Leistungsanspruch; Leistungsfortzahlung; Leistungsfähigkeit; Leistungspflicht; Leistungsträger; MDK; MDK-Gutachten; Medizinischer Dienst; Medizinischer Dienst der Krankenkassen; Medizinischer Dienst der Krankenversicherung; Minderung; Nachrang; nachrangig verpflichteter Leistungsträger; nachrangige Leistungspflicht; nachrangige Verpflichtung; Nahtlosigkeit; Nahtlosigkeitsregelung; Ruhen; Sozialleistung; sozialrechtliches Verwaltungsverfahren; Spitzenverbände der Krankenkassen; Vereinbarung; Verfahren; Verfahrensvereinbarung; Verpflichtung; Vertrag; Vorlage; Vorlagefrist; Vorrang; vorrangig verpflichteter Leistungsträger; vorrangige Leistungspflicht; vorrangige Verpflichtung; Weiterzahlung; Zahlung; Zuleitung; ärztliches Gutachten; öffentlich-rechtlicher Vertrag; Übersendung
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 28.08.2003
- Aktenzeichen
- L 8 AL 340/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 48417
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BSG - 03.06.2004 - AZ: B 11 AL 55/03 R
Rechtsgrundlagen
- § 104 Abs 1 S 1 SGB 10
- § 104 Abs 1 S 2 SGB 10
- § 111 SGB 10
- § 53 SGB 10
- § 125 Abs 1 SGB 3
- § 126 SGB 3
- § 142 Abs 1 Nr 2 SGB 3
- § 142 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB 3
- § 44 Abs 1 S 1 SGB 5
- § 49 Abs 1 Nr 1 SGB 5
- § 49 Abs 1 Nr 3a SGB 5
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld im Rahmen der sog. Nahtlosigkeitsregelung des
§ 125 SGB III ist nicht grundsätzlich nachrangig gegenüber einem Anspruch auf Krankengeld (a. A. LSG Brandenburg vom 19.02.2003 - L 4 KR 44/01 -).
2. Zum Verhältnis der Ruhensvorschriften § 142 SGB III und § 49 SGB V bei leistungsgeminderten Versicherten.
3. Die Vereinbarung vom 28./29.Mai 1998 zwischen der Bundesanstalt für Arbeit und den Spitzenverbänden der Krankenkassen zum Verfahren bei sog. "§ 125 SGB III-Fällen" normiert für Erstattungsansprüche der Sozialleistungsträger untereinander keine von § 125 SGB III oder den §§ 102ff SGB X abweichenden Voraussetzungen.
4. Der Erstattungsanspruch der Krankenkasse setzt nicht die Feststellung einer mehr als sechsmonatigen Leistungsminderung durch den arbeitsamtsärztlichen Dienst innerhalb von bestimmten Fristen voraus. Maßgebend ist lediglich die Ausschlussfrist des § 111 SGB X.
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 4. Juli 2002 aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 13.390,50 DM zu zahlen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu erstatten. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein Erstattungsanspruch gemäß § 104 Sozialgesetzbuch -- Verwaltungsverfahren -- (SGB X) streitig.
Die Beklagte gewährte dem ... 1938 geborenen Beigeladenen, der bei der Klägerin wegen Krankheit pflichtversichert war, ab 1. Januar 1998 bis zum 31. März 2000 Arbeitslosengeld (Alg) in Höhe von zuletzt 624,89 DM wöchentlich. Am 3. Februar 2000 wurde der Beigeladene stationär aufgenommen und war ab diesem Tag arbeitsunfähig erkrankt. Mit Schreiben vom 23. Februar 2000 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) festgestellt habe, dass die Leistungsfähigkeit des Beigeladenen voraussichtlich länger als 6 Monate eingeschränkt sei. Sie versprach ferner, das Gutachten des MDK, welches das Vorliegen von Nahtlosigkeit begründe, unverzüglich nachzureichen. Mit weiterem Schreiben vom 23. März 2000 teilte die Klägerin mit, dass eine umfassende gutachterliche Stellungnahme erst nach Beendigung der stationären Behandlung möglich sei und bat die Beklagte aufgrund des offensichtlichen Nahtlosigkeitstatbestandes, dem Beigeladenen Leistungen nach § 125 Sozialgesetzbuch -- Arbeitsförderung -- (SGB III) zu gewähren. Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 20. April 2000 unter Hinweis auf eine mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen getroffene Vereinbarung, sie könne sich nicht für eine Leistungsgewährung zuständig erklären, weil seit Eintritt der Arbeitsunfähigkeit 11 Wochen verstrichen seien und das MDK-Gutachten immer noch nicht vorliege. Gleichzeitig hob die Beklagte mit Bescheid vom 20. April 2000 gegenüber dem Beigeladenen die Bewilligung von Alg mit Ablauf der 6-wöchigen Leistungsfortzahlung ab 16. März 2000 auf, weil er keinen Anspruch auf Alg wegen Minderung der Leistungsfähigkeit nach § 125 SGB III habe.
Die Vereinbarung vom 28./29. Mai 1998 (Besprechung zwischen AOK-Bundesverband, MDS, Bundesanstalt für Arbeit und Arbeitsamtsärztlichen Dienst) hat -- soweit hier von Bedeutung -- folgenden Wortlaut:
"2. Verfahren zu § 125 SGB III -- Nahtlosigkeitsregelung --
Stellt der MDK in den ersten 6 Wochen der AU -- also noch während der Leistungsfortzahlung durch das Arbeitsamt -- eine dauernde Leistungsunfähigkeit fest, informiert er umgehend die Krankenkasse über das Ergebnis seiner Untersuchung (das kann auch nach Aktenlage sein). Dazu teilt der MDK der Krankenkasse schriftlich in einem noch zu entwickelnden "Formbrief" (Kurzmitteilung) das Ergebnis der MDK-Untersuchung mit.
Diese Information leitet die Krankenkasse unmittelbar an das AA weiter.
Erfahrungsgemäß nimmt das Schreiben des MDK-Gutachtens einige Zeit in Anspruch. Die BA akzeptiert jedoch zunächst das Ergebnis des MDK, um im Anschluß an die Leistungsfortzahlung nach § 126 SGB III unverzüglich mit Leistungen nach § 125 SGB III einzutreten.
Von Bedeutung ist, daß das MDK-Gutachten möglichst zeitnah erstellt wird und über die Krankenkasse dem Arbeitsamt schnellstmöglich zugeleitet wird.
Während die MDK-Untersuchung in den ersten 6 Wochen der AU erfolgen sollte, muß das MDK-Gutachten spätestens bis Ablauf der 10. Woche der AU erstellt sein. Die Krankenkasse leitet das MDK-Gutachten, aus dem hervorgeht, warum der MDK zu der Entscheidung kommt, daß eine dauernde Leistungsminderung vorliegt, im verschlossenen Briefumschlag an die Leistungsabteilung des AA's weiter. Gerechnet vom Eingang des MDK-Gutachtens beim AA hat der ÄD 4 Wochen bis max. 6 Wochen Zeit, die Entscheidung des MDK zu überprüfen. Nach Ablauf dieses Zeitraums gilt das Ergebnis der MDK-Untersuchung von seiten des AA als akzeptiert, wenn keine Einwände erhoben werden.
Inwieweit die Vorgehensweise bei diesen sogenannten Divergenzfällen erneut zwischen AOK-BV und BA beraten werden muß, ist abhängig von den Erfahrungen in der Praxis insbesondere dem Volumen der Divergenzfälle.
Fälle, die vor Inkrafttreten dieser Vereinbarung entstanden sind, sollen auf Ortsebene zwischen Krankenkassen und Arbeitsamt einvernehmlich geklärt werden. Dabei ist zu beachten, daß das Arbeitsamt nur ihm bekannt gemachte Fälle rückabwickeln kann. Das heißt
- ein Erstattungsanspruch wurde angemeldet oder
- dem AA wurde mitgeteilt, daß laut ärztlicher Stellungnahme ein Nahtlosigkeitsfall vorliegt.
Aufgrund der Vielschichtigkeit der Fallgestaltung und vor dem Hintergrund, daß eine einvernehmliche Klärung gewünscht ist, verzichten die Besprechungsteilnehmer auf weitere Maßgaben.
Sollte allerdings eine einvernehmliche Lösung auch zwischen dem Landesarbeitsamt und der AOK nicht möglich sein, werden die Besprechungsteilnehmer als Clearingstelle entscheiden.
Ergebnis:
Die Besprechungsteilnehmer verabreden das o. a. Verfahren zum Umgang mit Nahtlosigkeitsfällen ab Inkrafttreten der Vereinbarung bzw. für die Vergangenheit."
Die Klägerin gewährte dem Beigeladenen vom 1. April bis zum 31. August 2000 Krankengeld und machte deswegen einen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 13.390,50 DM geltend. Die Beklagte lehnte eine Erstattung ab, weil die Klägerin die Frist von 10 Wochen zur Vorlage des ärztlichen Gutachtens nicht eingehalten habe, so dass ein Anspruch des Beigeladenen auf Nahtlosigkeitsleistungen nach § 125 SGB III nicht entstanden sei. Daraufhin reichte die Klägerin am 27. September 2000 Klage beim Sozialgericht (SG) Hannover ein.
Das SG hat mit Urteil vom 4. Juli 2002 die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei nach Ablauf der 6-wöchigen Leistungsfortzahlung nicht zur Weitergewährung des Alg an den Beigeladenen gemäß § 125 SGB III verpflichtet gewesen, so dass der Anspruch auf Krankengeld ab 1. April 2000 nicht geruht habe. Die Klägerin habe es versäumt, entsprechend der zwischen der Beklagten und den Krankenversicherungsträgern getroffenen Vereinbarung vom 28./29. Mai 1998 das MDK-Gutachten bis zum Ablauf der 10. Woche seit Beginn der Arbeitsunfähigkeit zu erstellen und der Beklagten zu überreichen. Die 10. Woche nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit habe am 10. April 2000 geendet; das Gutachten sei erst am 14. März 2000 erstellt und am 3. Mai 2000 der Beklagten übermittelt worden. Die Beklagte sei deshalb an die Feststellung des MDK über eine länger als 6 Monate dauernde Einschränkung der Leistungsfähigkeit nicht gebunden und nach der getroffenen Vereinbarung auch nicht zur Zahlung von Alg gemäß § 125 SGB III verpflichtet.
Gegen das am 27. August 2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23. September 2002 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, die Vereinbarung zwischen der Beklagten und den Spitzenverbänden der Krankenkassen regele lediglich den praktischen Verfahrensablauf zwischen den Leistungsträgern, um unnötige zeitliche Verzögerungen zu verhindern und möglichst bald nach Eintritt des Leistungsfalles die Zuständigkeit zu klären. Die in diesem Zusammenhang zur Verfahrensbeschleunigung getroffenen Fristregelungen dürften nicht dazu führen, den unzweifelhaft bestehenden Anspruch des Versicherten gegenüber der Arbeitsverwaltung zu negieren und der Intention des Gesetzgebers, den Versicherten einen weiteren Leistungsträgerwechsel zu ersparen, entgegenzuwirken.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 4. Juli 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr 13.390,50 DM zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte erwidert, bei rechtzeitigem Eingang des MDK-Gutachtens hätte sie Alg nach § 125 SGB III weitergezahlt. Da die Klägerin jedoch die verbindlich vereinbarten Fristen nicht eingehalten habe, sei eine Zuständigkeit für die Leistungszahlung nach § 125 SGB III nicht gegeben. Bei der Vereinbarung zwischen der Beklagten und den Spitzenverbänden der Krankenkassen vom 28./29. Mai 1998 handele es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag nach § 53 SGB X. Mit diesem Instrument dürften Leistungsträger Erstattungsansprüche nach § 102ff SGB X abweichend vom Gesetzeswortlaut regeln. Aus einem Urteil des LSG Brandenburg vom 19. Februar 2003 -- L 4 KR 44/01 -- ergebe sich ferner, dass der Erstattungsanspruch der Klägerin auch deshalb nicht bestehe, weil der Anspruch auf Krankengeld dem Anspruch auf Alg nach § 125 SGB III grundsätzlich vorgehe.
Der Beigeladene hat sich nicht geäußert.
Wegen des umfassenden Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie auf den von der Beklagten vorgelegten Vorgang über den Leistungsfall des Beigeladenen (StammNr: 103 807) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung der Klägerin ist gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und zulässig. Sie ist auch begründet und führt zur Aufhebung des sozialgerichtlichen Urteils. Die Beklagte ist zur Zahlung von 13.390,50 DM an die Klägerin verpflichtet.
Streitgegenstand sind Erstattungsansprüche der Leistungsträger untereinander gemäß § 102ff SGB X. Diese sind durch eine Leistungsklage gemäß § 54 Abs 5 SGG geltend zu machen. Eine vorherige förmliche Verwaltungsentscheidung ist nicht erforderlich, weil zwischen den Sozialversicherungsträgern kein Über- und Unterordnungsverhältnis besteht. Der Versicherte war wegen der Erfüllungsfiktion in § 107 Abs 2 SGB X notwendig gemäß § 75 Abs 2 SGG beizuladen (Bundessozialgericht -- BSG --, Urteil vom 22. Mai 2002 -- B 8 Kn 11/00 R --). Die Frage, ob ab 1. April 2000 ein Anspruch auf Alg oder auf Krankengeld besteht, kann nur einheitlich und für alle Beteiligten verbindlich entschieden werden.
II.
Nach der hier allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden Vorschrift des § 104 Abs 1 SGB X ist, wenn ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs 1 SGB X vorliegen, der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit dieser Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat (Satz 1). Nachrangig verpflichtet ist ein Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungspflicht eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet wäre (Satz 2). Ein Erstattungsanspruch besteht nicht, soweit der nachrangige Leistungsträger seine Leistungen auch bei Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers hätte erbringen müssen (Satz 3). Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich gemäß § 104 Abs 3 SGB X nach den für den vorrangig verpflichteten Leistungsträger geltenden Rechtsvorschrift.
Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die streitige Klageforderung erfüllt. § 104 SGB X geht von nebeneinander bestehenden Leistungspflichten mindestens zweier Leistungsträger aus, wobei die Verpflichtung eines dieser Leistungsträger wegen System- oder Einzelanspruchssubsidiarität der Leistungspflicht des anderen nachgeht (BSG SozR 3-1300 § 104 Nr 8). Hier war allein die Beklagte leistungspflichtig.
Zwischen den Beteiligten besteht Übereinstimmung darüber, dass der Beigeladene mit Beginn der Arbeitsunfähigkeit ab 3. Februar 2000 wegen einer bösartigen Erkrankung der Atmungsorgane für einen Zeitraum von mehr als 6 Monaten in seiner Leistungsfähigkeit gemindert war und keine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung ausüben konnte. Unter diesen Umständen wird gemäß § 125 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB III die Arbeitsfähigkeit fingiert, bis der zuständige Rentenversicherungsträger eine Feststellung trifft, ob verminderte Erwerbsfähigkeit vorliegt. Da die weiteren Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg gemäß § 117 SGB III erfüllt sind, war ab 3. Februar 2000 Alg im Rahmen der sog Nahtlosigkeitsregelung gemäß § 125 Abs 1 SGB III fortzuzahlen. Daraus ergibt sich die vorrangige Leistungspflicht der Beklagten iS des § 104 Abs 1 Satz 1 SGB X. Die Beklagte hätte unter diesen Umständen nur die Möglichkeit gehabt, den Beigeladenen, der ab 1. September 2000 Altersrente bezogen hat, gemäß § 125 Abs 2 SGB III aufzufordern, beim Rentenversicherungsträger einen Antrag auf Rehabilitation bzw auf Rente wegen Erwerbsminderung zu stellen. Das ist hier nicht geschehen.
Entgegen der Auffassung des SG ist der materiell-rechtliche Anspruch des Beigeladenen gegen die Beklagte gemäß § 125 SGB III kraft Gesetzes entstanden und steht nicht zur Verhandlungsdisposition von Sozialleistungsträgern. Diese dürfen nicht in internen Vereinbarungen abweichend von der gesetzgeberischen Entscheidung zu Lasten des Versicherten einen anderen Anspruchsgegner und somit einen Wechsel des Leistungsträgers vereinbaren. Der Beigeladene hätte, wenn die Klägerin ersatzweise nicht mit der Zahlung von Krankengeld eingesprungen wäre, seinen Fortzahlungsanspruch auf Alg gegen die Beklagte gerichtlich durchsetzen können. Dieser Anspruch ruhte nicht wegen eines konkurrierenden Anspruchs auf Krankengeld (vgl unter Ziffer IV).
III.
Ein anderes Ergebnis ist nicht mit der Argumentation zu erzielen, dass -- wenn nicht im Hinblick auf die Rechtsposition des Versicherten, dann aber zumindest in dem nachfolgenden Rechtsverhältnis der Leistungsträger untereinander -- eine vom Gesetzeswortlaut abweichende Regelung getroffen werden darf. Darauf bezieht sich offenbar die Beklagte mit Hinweis auf die Vereinbarung mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen vom 28./29. Mai 1998. Schon wegen der engen Verknüpfung zwischen dem Erstattungsanspruch einerseits und dem Leistungsanspruch des Berechtigten andererseits, die im Wortlaut des § 104 Abs 1 Satz 1 SGB X zum Ausdruck kommt, bestehen erhebliche Zweifel, ob der Erstattungsanspruch losgelöst vom materiell-rechtlichen Leistungsanspruch ein eigenes Schicksal begründet. Das gilt insbesondere für die Nahtlosigkeitsregelung des § 125 SGB III, mit der der Gesetzgeber eine klare Risikozuordnung der leistungsgeminderten Arbeitslosen zu den Sozialversicherungssystemen vorgenommen hat, die nicht nachträglich durch die Träger selbst nach eigenem Ermessen geändert werden darf. Auf jeden Fall ist eine derartige Rechtsgrundlage nicht Ziffer 2 des vorgelegten Protokolls über die Besprechung zwischen AOK Bundesvorstand, MDS, Bundesanstalt für Arbeit und Arbeitsärztlichem Dienst vom 28. und 29. Mai 1998 in Bonn (sinngemäß veröffentlicht in WzS 1999, 115-118) zu entnehmen. Insoweit kann offen bleiben, ob diese Vereinbarung überhaupt den formellen Anforderungen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages nach § 53 SGB X entspricht und ob diese für die Klägerin auch verbindlich ist.
Die Teilnehmer an der Besprechung vom 28./29. Mai 1998 haben unter Ziffer 2 ein Verfahren zur Abwicklung der sog Nahtlosigkeitsfälle gemäß § 125 SGB III durch die jeweiligen ärztlichen Beratungsdienste vereinbart, nachdem unter Ziffer 1 eine Vereinheitlichung der sozialmedizinischen Gutachten unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Anforderungen im Krankenversicherungs- und im Arbeitsförderungsrecht festgehalten wurde. Danach soll der MDK in den ersten 6 Wochen der Arbeitsunfähigkeit beurteilen, ob eine dauernde Leistungsunfähigkeit gegeben ist und in diesem Falle die Krankenkasse informieren, die ihrerseits das Ergebnis an die Arbeitsverwaltung weiterleitet. Das MDK-Gutachten muss spätestens bis zum Ablauf der 10. Woche seit Beginn der Arbeitsunfähigkeit erstellt sein. Die Krankenkasse leitet dann das MDK-Gutachten an die Beklagte weiter. Ihr Ärztlicher Dienst hat anschließend ab Eingang des MDK-Gutachtens 4 bis 6 Wochen Zeit, um die Entscheidung des MDK zu überprüfen. Nach Ablauf dieses Zeitraums gilt das Ergebnis der MDK-Untersuchung als durch die Beklagte akzeptiert, wenn keine Einwände erhoben werden.
Die beschriebene Regelung stellt offenbar nur ein Verfahren zur Verfügung, mit dem im Interesse des Versicherten möglichst schnell und unter Vermeidung von differierenden medizinischen Beurteilungen entschieden werden kann. Sie regelt ausschließlich einen idealtypischen Verfahrensablauf für Fälle, in denen nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten eine dauernde Leistungsunfähigkeit vorliegt. Eine darüber hinausgehende Bedeutung hat die Vereinbarung nicht. Aus diesem Grunde wird keine Lösung für den Fall von divergierenden Beurteilungen verabredet, die erneut und unabhängig von dieser Vereinbarung innerhalb der Besprechungsteilnehmer geklärt werden müssen.
Keiner Stelle dieses Besprechungsprotokolls ist zu entnehmen, dass für Erstattungsansprüche im Zusammenhang mit der sog Nahtlosigkeitsregelung andere Voraussetzungen als in § 125 SGB III gelten sollten. Im Endergebnis würde die Auffassung der Beklagten darauf hinauslaufen, dass die Geltendmachungsfrist für Erstattungsansprüche von 1 Jahr gemäß § 111 SGB X auf 10 bzw 11 Wochen reduziert worden sein müsste. Von grundsätzlichen Bedenken gegen die Zulässigkeit einer solchen Vereinbarung abgesehen, ist eine derartige Regelung im vorgelegten Besprechungsprotokoll vom 28. und 29. Mai 1998 nicht getroffen worden. Die Träger der Arbeitslosen- und Krankenversicherung haben lediglich mit der hier streitigen Vereinbarung vom 28./29. Mai 1998 ein Verfahren verabredet, das bei der Einhaltung von bestimmten Fristen die verbindliche Feststellung über den Umfang der Leistungsminderung auch für das jeweils erbetene Versicherungssystem ermöglicht. Die sozialmedizinische Beurteilung über das Leistungsvermögen des Beigeladenen wird hier von der Beklagten aber nicht angezweifelt.
IV.
Die Beklagte stützt ergänzend ihre Leistungsablehnung auf das Urteil des LSG Brandenburg vom 19. Februar 2003 -- L 4 KR 44/01 -- (beim BSG anhängig: B 1 KR 16/03 R), das in einem vergleichbaren Fall den Vorrang des Anspruchs auf Krankengeld gegenüber dem Nahtlosigkeits-Alg nach § 125 SGB III festgestellt hat, weil es sich beim Leistungsanspruch aufgrund Fiktion der Arbeitslosigkeit nicht um einen mit dem Lohnfortzahlungsanspruch vergleichbaren Anspruch handele und der Ruhenstatbestand des § 49 Abs 1 Nr 3a Sozialgesetzbuch -- Gesetzliche Krankenversicherung -- (SGB V) nur den Alg-Bezug gemäß § 126 SGB III erfasse. Diese Rangfolge ergebe sich aus § 142 SGB III, der ansonsten keine Bedeutung hätte und ins Leere liefe. Das Krankengeld ruhe nur bei Fortzahlung von Alg infolge Arbeitsunfähigkeit, weil dieser Bezug dem Ruhenstatbestand des § 49 Abs 1 Nr 1 SGB V entspreche. Dagegen betreffe der Anspruch nach § 125 SGB III nicht den Leistungsfall der Arbeitsunfähigkeit, sondern einen möglichen Leistungsfall im rentenrechtlichen Sinne und könne schon deshalb nicht zum Ruhen des Krankengeldanspruchs führen.
Der erkennende Senat teilt nicht die Auffassung des LSG Brandenburg im eben erwähnten Urteil und betrachtet den Anspruch des Beigeladenen nach § 125 SGB III als vorrangig gegenüber einem Anspruch auf Krankengeld.
Zutreffend ist der Ausgangspunkt, dass die gesetzlichen Regelungen in den §§ 125, 126 SGB III und § 44 SGB V keinen normativen Hinweis für den Vorrang oder Nachrang einer der beiden Leistungen bieten. Es ist aber dann nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen diese Rangfolge für die Leistungsfortzahlung nach § 126 SGB III anders bestimmt werden soll als bei der Leistungsfortzahlung nach § 125 SGB III. Das vom LSG Brandenburg angeführte Argument, der Krankengeldbezug sei für den leistungsgeminderten Arbeitslosen günstiger als der Bezug von Alg, ist nicht zwingend (vgl. § 47b SGB V) und verkennt, dass die Zugehörigkeit zum System der Arbeitslosenversicherung nicht nur den Bezug von Entgeltersatzleistungen erfasst. Das bestehende Konkurrenzverhältnis kann ohne Weiteres mit den Ruhensvorschriften der §§ 142 SGB III, 49 SGB V gelöst werden, die jede für sich systemgerecht einen eigenen Anwendungsbereich hat.
Dem Urteil des LSG Brandenburg vom 19. Februar 2003 -- L 4 KR 44/01 -- liegt offenbar die Überlegung zugrunde, dass Nahtlosigkeits-Alg etwas weniger Wertvolles sei und deshalb dem stärkeren Krankengeldanspruch weichen müsse. Dem ist zu widersprechen. Auch die Beklagte geht davon aus, dass dem Beigeladenen Alg nach § 125 SGB III zu zahlen war, wenn nur das MDK-Gutachten rechtzeitig eingegangen wäre (Berufungserwiderung vom 7. November 2002, letzter Absatz). Eine Rangordnung besteht nicht einmal zwischen § 125 SGB III und § 126 SGB III in dem Sinne, dass bei Eintritt von Arbeitsunfähigkeit zunächst für 6 Wochen Leistungen fortzuzahlen sind und dann entschieden wird, ob Krankengeld oder Alg nach § 125 SGB III zu zahlen ist. Steht bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit fest, dass eine mehr als sechsmonatige Leistungsminderung vorliegt, die der Ausübung einer Beschäftigung von mindestens 15 Wochenstunden entgegensteht und keine verminderte Erwerbsfähigkeit iS der gesetzlichen Rentenversicherung festgestellt worden ist, dann ist -- wenn alle anderen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (zB beim vorherigen unmittelbaren Leistungsbezug) -- von Anfang an Alg nach § 125 SGB III zu gewähren. Eine Feststellung über den Umfang der Leistungsminderung durch den arbeitsamtsärztlichen Dienst ist als Anspruchsvoraussetzung nicht vorgesehen.
Bei den Nahtlosigkeitsleistungen handelt es sich um normales und vollwertiges Alg, welches zum Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld gemäß § 49 Abs 1 Nr 3a SGB V führt. Eine einschränkende Auslegung dieser Vorschrift beim Bezug von Alg ist nach dem klaren Gesetzeswortlaut nicht möglich. Endet der Bezug von Alg (zB wenn nach Erschöpfung des Anspruchs auf Alg keine Arbeitslosenhilfe beantragt wird), ist § 49 Abs 1 Nr 3a SGB V nicht einschlägig und die Krankenkasse muss Krankengeld gewähren. Die Kostentragung bei Arbeitsunfähigkeit bleibt nicht bei demjenigen Leistungsträger, der zuerst leistet (so die Befürchtung des LSG Brandenburg). Es ist vielmehr die Folge der autonomen Entscheidung des einzelnen Versicherten, falls konkurrierende Ansprüche bestehen, bei welchem Träger er das versicherte Risiko realisieren will. Das bedeutet für den konkreten Fall, dass der Beigeladene nach Eintritt der dauernden Leistungsunfähigkeit ab 3. Februar 2000 nicht auf Ansprüche gegen die Klägerin verwiesen werden konnte, solange er im Leistungsbezug bei der Beklagten bleiben wollte. Diese hatte nur die Möglichkeit, den Beigeladenen gemäß § 125 Abs 2 SGB III zur Rentenantragstellung zu verpflichten.
Entgegen der Auffassung des LSG Brandenburg läuft § 142 SGB III nicht ins Leere. Gemäß § 142 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB III ruht der Anspruch auf Alg während der Zeit, für die dem Arbeitslosen ein Anspruch auf Krankengeld zuerkannt worden ist. Das trifft zB zu, wenn der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis arbeitsunfähig ausscheidet und das höhere Krankengeld beziehen will. Selbst wenn eine dauernde Leistungsminderung iS des § 125 Abs 1 SGB III gegeben ist, hat die Krankenkasse keine Möglichkeit, um den Versicherten zur Beantragung von Leistungen bei der Beklagten zu zwingen. Gleiches gilt, wenn er im Leistungsbezug bei der Beklagten stand, Alg nach § 125 SGB III aber wegen fehlender subjektiver Verfügbarkeit nicht zu gewähren ist (BSG SozR 3-4100 § 105a Nr 7). In diesen Fällen kann die Krankenkasse nur den Versicherten gemäß § 51 SGB V zu einem Rehabilitationsantrag auffordern und gfls Leistungen wegen fehlender Mitwirkung versagen. Eine bestimmte Rangfolge in dem Sinne, dass ein Anspruch auf Krankengeld vorrangig zu befriedigen ist, kann daraus aber nicht abgeleitet werden. Die Rechtsstellung des leistungsgeminderten Arbeitslosen hängt im Wesentlichen von seinem Verhalten ab und nicht davon, ob ein ärztlicher Dienst eine bestimmte Feststellung innerhalb von einer bestimmten Frist getroffen hat.
V.
Der Erstattungsanspruch der Klägerin ist gemäß § 104 Abs 3 SGB X auf die Höhe des von der Beklagten dem Beigeladenen geschuldeten Alg beschränkt, falls keine Erfüllungsfiktion gemäß § 107 Abs 2 SGB X eingetreten wäre. Die Klägerin kann daher nicht die Erstattung des vom 1. April bis zum 31. August 2000 (153 Tage) gezahlten Krankengeldes verlangen. Ihr steht nur eine Erstattungsforderung in Höhe des Alg-Anspruches des Beigeladenen ab 1. April 2000 zu. Bei der Zahlungseinstellung durch die Beklagte am 31. März 2000 hatte er eine Restanspruchsdauer von 150 Tagen. Anschluss-Arbeitslosenhilfe hat der Beigeladene nicht beantragt. Die Erstattungsforderung der Klägerin lautet daher: 150 Tage x 89,27 DM täglich = 13.390,50 DM.
VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Da die Beklagte unterliegt, muss sie die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen erstatten (Abs 1). Die Aufwendungen der Klägerin sind nicht erstattungsfähig (Abs 4).
Gerichtskosten sind nicht zu erheben, weil der Rechtsstreit vor dem 2. Januar 2002 rechtshängig wurde (§ 183 SGG iVm Art 17 des 6. SGG-Änderungsgesetzes).
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) zugelassen.