Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 20.08.2003, Az.: L 4 KR 205/02

Bestehen einer Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR); Voraussetzungen der Versicherungspflicht von Rentnern; Ausfüllen der Vorversicherungszeit mit Pflichtbeiträgen

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
20.08.2003
Aktenzeichen
L 4 KR 205/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 20351
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0820.L4KR205.02.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Aurich - 25.02.2002 - AZ: S 8 KR 63/02

Redaktioneller Leitsatz

Auch nach der Entscheidung des BVerfG vom 15. März 2000 (Az: 1 BvL 16/96 u.a.) können Rentner, die ihren Rentenantrag erst nach dem 31. Dezember 1993 gestellt haben, jedenfalls bis zu einer entsprechenden Rechtsänderung oder dem Ablauf der vom BVerfG gesetzten Frist (31. März 2002) die Vorversicherungszeit für die KVdR nur mit Pflichtbeiträgen erfüllen.

Tenor:

  1. 1.

    Das Urteil des Sozialgerichts Aurich vom 25. September 2002 wird geändert.

  2. 2.

    Die Beklagte wird entsprechend ihrem Teilanerkenntnis vom 23. Juni 2003 verurteilt,

    1. a.

      die freiwillige Mitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten zum 30. September 1997 zu beenden,

    2. b.

      den Bescheid vom 11. Mai 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2000 in-soweit aufzuheben, als mit diesem für die Zeit vom 1. Oktober 1997 bis 31. Dezember 1998 freiwillige Krankenversicherungsbeiträge gefordert werden.

  3. 3.

    Die weiter gehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

  4. 4.

    Die Beklagte hat der Klägerin ein Viertel ihrer außerge-richtlichen notwendigen Kosten zu erstatten

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Klägerin in der Zeit vom 1. Oktober 1997 bis Ende Dezember 1998 in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) oder als freiwilliges Mitglied bei der Beklagten krankenversichert war und daraufhin Beiträge zu entrichten hat.

2

Die 1937 geborene Klägerin beantragte am 14. Juli 1997 bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) die Gewährung einer Altersrente. Mit Bescheid vom 17. Oktober 1997 bewilligte die BfA der Klägerin ab 1. Oktober 1997 eine Altersrente für Frauen. In dem Rentenbescheid hieß es, die Klägerin habe einen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag aus der Rente zu zahlen, da sie in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung pflichtversichert sei. Auf einen Hinweis der Beklagten erteilte die BfA den Änderungsbescheid vom 12. Februar 1998. Darin wies die BfA nunmehr darauf hin, dass nach Mitteilung der Krankenkasse eine freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung bestehe.

3

Die Beklagte forderte die Klägerin mit Schreiben vom 8. August 1997 zur Mitteilung auf, ob in der Zeit vom 1. Juli 1965 bis 31. Oktober 1979, als sie über ihren Ehemann familienversichert gewesen sei, eine Pflichtmitgliedschaft ihres Ehegatten bestanden habe. Nur dann wäre eine Mitgliedschaft in der KVdR möglich. Mit Bescheid vom 11. Mai 1999 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie die Vorversicherungszeiten für die KVdR nicht erfülle. Mithin sei die für die Zeit vom 1. Oktober 1997 bis zur Kündigung am 31. Dezember 1998 bei der Beklagten angenommene freiwillige Versicherung rechtmäßig. Für die Zeit vom 1. Oktober 1997 bis 31. Dezember 1998 stünden noch die vollständigen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zur Zahlung offen. Der Gesamtbetrag belaufe sich auf 3.213,42 DM. Mit Schriftsatz vom 1. Juli 1999 beantwortete die Klägerin die Anfrage der Beklagten vom 8. August 1997 dahingehend, dass ihr Ehemann als kleiner Gemeindebeamter in der fraglichen Zeit freiwillig versichert gewesen sei. Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin im Schriftsatz vom 15.Juli 1999 die Vor-aussetzungen für die Mitgliedschaft in der KVdR gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 Sozial-Gesetzbuch - Fünftes Buch - (SGB V) mit. Die Beklagte führte u.a. Folgendes aus:

"Durch das Gesundheits-Strukturgesetz (GSG) sind die Bestimmungen für die Krankenversicherung der Rentner (KVdR) und die nachzuweisenden Vorversicherungszeiten neu gefasst worden. Bei Rentenanträgen, die nach dem 31.12.93 gestellt werden, besteht Krankenversicherungspflicht für Rentenbezieher (Renten-Antragsteller) gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) in der ab 01.01.93 geltenden Fassung nur dann, wenn seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung eines Rentenantrages mindestens 9/10 der zweiten Hälfte des Zeitraumes eine Pflichtversicherung bestand.

Zeiten einer Familienversicherung können dabei nur berücksichtigt werden, wenn der Stammversicherte (z.B. Ehegatte), aus dessen Versicherung die Familienversicherung abgeleitet wurde, in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert war. Nach der Rentenantragstellung, bis zum Rentenbeginn, zurückgelegte Versicherungszeiten sind bei der Prüfung somit nicht zu berücksichtigen.

Vorliegend ergibt sich folgende Beurteilung bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Durchführung der KVdR:

Beginn der Rahmenfrist (erstmalige Aufnahme einer Erwerbstätigkeit: 21.04.52 Ende der Rahmenfrist (Tag der Rentenantragstellung): 14.07.97 Beginn der maßgebenden zweiten Hälfte der Rahmenfrist: 03.12.74 9/10 der zweiten Hälfte der Rahmenfrist sind: 20 Jahre, 4 Monate, 13 Tage

Sie waren seit dem 01.11.79 durchgehend (bis zum 31.12.98) bei der BARMER versichert. In der maßgeblichen zweiten Hälfte der Rahmenfrist (03.12.74 - 14.07.97) bestand durchgehend eine Pflichtversicherung bei der Kasse vom 01.11.79 bis 14.07.97. Dies entspricht: 17 Jahren, 8 Monaten und 14 Tagen. Die Vorversicherungszeit ist daher, alleine unter Berücksichtigung der bei der BARMER zurückgelegten Versicherungszeiten, nicht erfüllt."

4

Den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 11. Mai 1999 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2000 zurück. Die Klägerin sei nicht versicherungspflichtig in der KVdR, weil sie die Vorversicherungszeiten für die Mitgliedschaft nicht erfülle. Darüber hinaus habe eine freiwillige Mitgliedschaft in der Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1997 in der Beitragsklasse 851 sowie in der Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1998 in der Beitragsklasse 801 bestanden.

5

Hiergegen hat die Klägerin am 11. Februar 2000 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Aurich erhoben. Sie ist der Ansicht, dass ihr die BfA verbindlich mitgeteilt habe, dass sie Mitglied in der KVdR sei. Dies könne die Beklagte nicht rückgängig machen. Aus diesem Grunde komme eine freiwillige Versicherung im streitigen Zeitraum nicht in Betracht.

6

Mit Urteil vom 25. September 2002 hat das SG Aurich den Bescheid der Beklagten vom 11. Mai 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2000 aufgehoben, soweit Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 369,18 DM geltend gemacht werden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass der angefochtene Bescheid insoweit rechtswidrig sei, als die Krankenkasse Beiträge zur Pflegeversi-cherung geltend mache. Sie sei für die Entscheidung über die Beitragshöhe in der Pflegeversicherung nicht zuständig. Grundsätzlich habe über die Frage der Pflegeversicherung (Versicherungspflicht, Beiträge, Leistungen) die Pflegekasse und nicht die Krankenkasse zu entscheiden.

7

Darüber hinaus habe die Beklagte zutreffend festgestellt, dass die Klägerin die Voraussetzungen der KVdR nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V in der hier anzuwendenden, vom 1. Januar 1993 bis zum 31. März 2002 gültigen Fassung nicht erfülle. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V seien versicherungspflichtig Personen, die die Voraussetzung für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllten und diese Rente beantragt hätten, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrages mindestens 9/10 der zweiten Hälfte des Zeitraums auf Grund einer Pflichtversicherung Mitglied oder auf Grund einer Pflichtversicherung nach § 10 versichert gewesen seien. Diese Vorschrift sei zwar vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Beschluss vom 15. März 2000 (Az: 1 BvR 16/96 u.a.) für mit Art 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) unvereinbar erklärt worden. Das BVerfG habe diese Vorschrift jedoch nicht für nichtig erklärt, sondern ausdrücklich festgestellt, dass sie bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, längstens bis zum 31. März 2002, weiter angewendet werden könne. Damit sei die Vorschrift bis zum 31. März 2002 weiterhin geltendes Recht, das Verwaltungen und Gerichte anzuwenden hätte. Erst seit dem 1. April 2002 stehe die KVdR wieder allen offen, die 9/10 der zweiten Hälfte des Berufslebens der gesetzlichen Krankenversicherung angehört hätten, wobei die Art der Versicherung (Pflichtversicherung, freiwillige Versicherung, Familien-versicherung) unerheblich sei. Nach der zum Zeitpunkt des Rentenantrags der Klägerin maßgeblichen Rechtslage habe die Vorversicherungszeit für die KVdR allerdings nur mit Pflichtbeiträgen erfüllt werden können. Davon ausgehend habe die Beklagte zutreffend festgestellt, dass die Klägerin die Vorversicherungszeit nicht erfülle. Die 9/10-Belegung scheitere daran, dass die Zeit vom 3. Dezember 1974 bis zum 31. Oktober 1997 nicht angerechnet werden könne. In diesem Zeitraum sei die Klägerin zwar in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert gewesen, allerdings nur im Rahmen einer Familienversicherung, die auf einer freiwilligen Mitgliedschaft ihres Ehemannes beruht habe. Diese Zeit könne deshalb nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nicht berücksichtigt werden, weil es sich nicht um eine Pflichtversicherung des Ehemannes gehandelt hätte. Auf den Rentenbescheid vom 17.Oktober 1997, der unzutreffend von einer Zugehörigkeit der Klägerin zur KVdR ausgegangen sei, könne sich die Klägerin nicht berufen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (Urteil vom 20. Oktober 1977, Az: 12 RK 22/76) gehöre die KVdR rechtssystematisch zur Krankenversicherung. Der Rentenversicherungsträger könne daher gegenüber einem Rentner nicht verbindlich über die Mitgliedschaft in der Krankenversicherung entscheiden.

8

Mithin sei die Klägerin im streitigen Zeitraum vom 1. Oktober 1997 bis zum 31. Dezember 1998 nicht in der KVdR versichert gewesen. Gleichwohl habe sie Leistungen der Beklagten bezogen. Sie sei deshalb verpflichtet, die von der Beklagten geforderten, der Höhe nach unstreitigen Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung zu zahlen. Zwar werde eine freiwillige Versicherung nach § 9 SGB V nur durch Beitritt begründet, die Klägerin könne sich nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gegenüber der Beklagten allerdings nicht darauf berufen, den Beitritt zur freiwilligen Versicherung nie erklärt zu haben. Denn sie verhalte sich widersprüchlich, wenn sie zwar die Leistungen der Beklagten in Anspruch nehme, die hierfür zu entrichtenden Beiträge allerdings nicht zu zahlen bereit sei.

9

Gegen das der Klägerin am 21. Oktober 2002 zugestellte Urteil hat diese Berufung eingelegt, die am 6. November 2002 beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingegangen ist.

10

Die Klägerin ist nach wie vor der Ansicht, dass sie auf Grund der Mitteilung im Rentenbescheid vom 17. Oktober 1997 davon habe ausgehen können, dass sie Mitglied in der KVdR geworden sei. Insoweit habe es einer freiwilligen Mitgliedschaft nicht bedurft.

11

Mit Schreiben vom 23. Juni 2003 hat die Beklagte sich nach Hinweis des Gerichts bereit erklärt, die freiwillige Mitgliedschaft der Klägerin zum 30. September 1997 zu beenden. Sie hat den Bescheid vom 11.Mai 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2000 insoweit aufgehoben, als mit diesem für die Zeit vom 1. Oktober 1997 bis 31. Dezember 1998 freiwillige Krankenversicherungsbeiträge gefordert worden sind.

12

Dieses Teilanerkenntnis hat die Klägerin nicht angenommen.

13

Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,

das Urteil des Sozialgerichts Aurich vom 25. September 2002 zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 11. Mai 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2000 vollständig aufzuheben und die Mitgliedschaft in der KVdR vom 1. Oktober 1997 bis 31. Dezember 1998 festzustellen.

14

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin, soweit sie über ihr Teilanerkenntnis vom 23. Juni 2003 hinausgeht, zurückzuweisen.

15

Sie hält das angefochtene Urteil in Bezug auf die Mitgliedschaft zur KVdR für zutreffend.

16

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten des Rechtsstreits wird auf die Gerichts- sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

18

Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden.

19

Die zulässige Berufung der Klägerin ist im Rahmen des Teilanerkenntnisses der Beklagten vom 23. Juni 2003 begründet. Insofern hatte ein Teilanerkenntnis-Urteil zu ergehen. Die weiter gehende Berufung hingegen ist nicht begründet.

20

Die Klägerin war im streitigen Zeitraum vom 1. Oktober 1997 bis zum 31. Dezember 1998 nicht Mitglied in der KVdR nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V i.d.F. des Art 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz) vom 21. Dezember 1992 (BGBl.... I S 2266). Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V a.F. waren versicherungspflichtig Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens 9/10 der zweiten Hälfte des Zeitraums auf Grund einer Pflichtversicherung Mitglied oder auf Grund einer Pflichtversicherung nach § 10 versichert waren. Diese Vorschrift hat das BVerfG in seinem Beschluss vom 15. März 2000 (Az: 1 BvL 16/96 u.a.) für mit Art 3 Abs. 1 GG für unvereinbar erklärt. Das BVerfG führt unter Ziff.C I Nr. 1. aus, dass die Verfassungswidrigkeit des § 5 Abs. 1 Nr. 11 Halbsatz 1 SGB V nicht zu dessen Nichtigkeit führe. Die Regelung sei vielmehr für unvereinbar mit Art 3 Abs. 1 GG zu erklären, da der Gesetzgeber die Verfassungswidrigkeit auf verschiedene Weise beseitigen könne. Unter Nr. 2 führt das BSG weiter aus, dass die Vorschrift, soweit sie mit Art 3 Abs. 1 GG un-vereinbar sei, bis zur gesetzlichen Neuregelung, längstens bis zum 31. März 2002, ausnahmsweise weiter angewendet werden könne. Damit ist die Vorschrift bis zum 31. März 2002 - mangels einer gesetzlichen Neuregelung bis zu jenem Zeitpunkt - weiterhin geltendes Recht.

21

Nach der zum Zeitpunkt des Rentenantrags der Klägerin maßgeblichen Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V a.F. konnte die Vorversicherungszeit für die KVdR, die so genannte 9/10-Belegung, jedoch nur mit Pflichtbeiträgen erfüllt werden. Nach den Feststellungen der Beklagten im Schreiben vom 15. Juli 1999 beginnt die Rahmenfrist hier (die erstmalige Aufnahme einer Werkstätigkeit) am 21. April 1952. Das Ende der Rahmenfrist (Tag der Rentenantragstellung) ist der 14. Juli 1997. Der Beginn der maßgebenden zweiten Hälfte der Rahmenfrist ist daher zu Recht von der Beklagten auf den 3. Dezember 1974 gelegt worden. 9/10 der zweiten Hälfte der Rahmenfrist betragen demnach 20 Jahre, 4 Monate und 13 Tage. Die Klägerin war vom 1. November 1979 bis zur Rentenantragstellung am 14. Juli 1997 durchgehend bei der Beklagten pflichtversichert. Dies entspricht 17 Jahren, 8 Monaten und 14 Tagen. Davor war die Klägerin über ihren Ehemann bei der Hamburg Münchner Ersatzkasse familienversichert. Die dort vom 3. Dezember 1974 bis 31. Oktober 1979 zurückgelegten Versicherungszeiten sind jedoch nicht zu berücksichtigen, weil die Klägerin mitgeteilt hat, dass es sich um eine Familienversicherung handelt, die auf der freiwilligen Versicherung ihres Ehegatten basierte. Bei der Berechnung der Vorversicherungszeit nach der vom BVerfG für bis zum 31. März 2002 für anwendbar gehaltenen Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 11 Halbsatz 1 SGB V a.F. sind jedoch nur Pflichtversicherungszeiten zu berücksichtigen. Mithin hat das SG zu Recht festgestellt, dass die Klägerin nicht Mitglied in der KVdR werden konnte. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen zur KVdR auf Bl 4 und 5 des Urteilsumdrucks Bezug.

22

Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 7. Dezember 2000 (Az: B 12 KR 29/00 R in SozR 3-2500 § 5 Nr. 44) festgestellt, dass auch nach der Entscheidung des BVerfG Rentner, die ihren Rentenantrag erst nach dem 31. Dezember 1993 gestellt haben, wie die Klägerin, jedenfalls bis zu einer entsprechenden Rechtsänderung oder dem Ablauf der vom BVerfG gesetzten Frist (31. März 2002) die Vorversicherungszeit für die KVdR nur mit Pflichtbeiträgen erfüllen können.

23

In Bezug auf die freiwillige Mitgliedschaft der Klägerin vom 1. Oktober 1997 bis zum 31. Dezember 1998 war die Beklagte entsprechend ihrem Teilanerkenntnis vom 23. Juni 2003 zu verurteilen. Gemäß § 101 Abs. 2 SGG erledigt lediglich das angenommene Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruchs den Rechtsstreit. Da die Klägerin das Teilanerkenntnis der Beklagten vom 23. Juni 2003 nicht angenommen hat, hatte ein Teilanerkenntnis-Urteil gemäß § 202 SGG i.V.m. § 307 Zivilprozessordnung (ZPO) zu ergehen.

24

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Der Senat hatte dabei das Teilanerkenntnis der Beklagten über das Nichtbestehen der freiwilligen Versicherung vom 1. Oktober 1997 bis zum 31. Dezember 1998 zu berücksichtigen.

25

Ein gesetzlicher Grund, die Revision zuzulassen, liegt nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).