Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 13.08.2003, Az.: L 3 P 36/02
Anspruch auf Gewährung von Pflegesachleistung bzw. Pflegegeld und einen Zuschuss für den behindertengerechten Umbau eines Badezimmers; Erfüllung der Voraussetzungen für eine Einstufung in die Pflegestufe I ; Begleiteter täglicher Aufenthalt an der "frischen Luft" unter dem Aspekt der aktivierenden Pflege; Körpergewicht von 99 bzw. 100 kg als erschwerender Faktor, der einen zusätzlichen Pflegeaufwand rechtfertigen würde; Ermittlung des Pflegeaufwands
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 13.08.2003
- Aktenzeichen
- L 3 P 36/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 21040
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0813.L3P36.02.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Aurich - AZ: S 12 P 36/01
Rechtsgrundlagen
- § 36 SGB XI
- § 37 SGB XI
- § 15 Abs. 1 Ziff. 1 SGB XI
- § 15 Abs. 3 Ziff. 1 SGB XI
- § 14 Abs. 4 SGB XI
Redaktioneller Leitsatz
Die Voraussetzungen für eine Einstufung in die Pflegestufe I erfordern, dass der Versicherte bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens 2 Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Vorsorgung benötigt, müssen wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten betragen.
Tenor:
Die Berufung wird zugewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Pflegesachleistung bzw. Pflegegeld und einen Zuschuss für den behindertengerechten Umbau eines Badezimmers.
Der im Jahre 1925 geborene Kläger erlitt im Mai 2000 einen Hirninfarkt rechts. Außerdem besteht bei ihm eine Prostatahyperplasie und eine intermittierende Arrhytmia absoluta.
Im Juni bzw. Juli 2000 beantragte der Kläger bei der Beklagten einen Zuschuss nach § 40 Abs. 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) insbesondere zum Umbau eines Badezimmers sowie die Gewährung von Pflegesachleistung bzw. Pflegegeld. Die Beklagte beauftragte darauf hin die Pflegefachkraft E. (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Niedersachen -MDKN-) mit der Erstellung eines Pflegegutachtens. Diese kam nach einer Untersuchung des Klägers (am 13. Oktober 2000) zu dem Ergebnis, dass er Hilfe bei der Ganzkörperwäsche und beim dreimaligen wöchentlichen Duschen in Form der Teilübernahme benötige. Ferner sei eine Unterstützung beim Rasieren und einmal täglich die volle Über-lahme der Entleerung der Urinflasche erforderlich. Der Zeitaufwand für diese Hilfeleistungen betrage 20 Minuten pro Tag. Außerdem brauche der Kläger Hilfe in Form der Teilübernahme beim Ankleiden im Umfang von 4 Minuten pro Tag. Ferner sei Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung notwendig, wofür 60 Minuten pro Tag (im Wochendurchschnitt) anzusetzen seien. Pflegebedürftigkeit im Sinne des SGB XI liege danach nicht vor. Unter Hinweis auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte den Antrag auf Leistungen aus der Pflegeversicherung mit Bescheid vom 17. Oktober 2000 ab. Mit Bescheid vom 25. Oktober 2000 lehnte sie außerdem die Gewährung eines Zuschusses für den behindertengerechten Umbau eines Badezimmers ab. Voraussetzung hierfür sei gemäß § 40 Abs. 4 SGB XI, dass Pflegebedürftigkeit anerkannt sei; eine Pflegebedürftigkeit des Klägers liege jedoch nicht vor.
Gegen beide ablehnenden Bescheide legte der Kläger am 30. Oktober 2000 Widerspruch ein. Zur Begründung wies er im Wesentlichen darauf hin, dass die Beklagte seine kognitiven Einbußen und körperlichen Einschränkungen nicht bzw. nicht ausreichend berücksichtigt habe. Ferner habe sie außer Acht gelassen, dass in allen Bereichen, bei denen als Form der Hilfe eine Teilübernahme vorgesehen sei, auf Grund seiner Gleichgewichtsstörungen, seiner Sehfeldeinschränkung, seinem gestörten Kurzzeitgedächtnis und dem Taubheitsgefühl in seinen Füßen eine Beaufsichtigung bis zum Abschluss der Verrichtungen erfolgen müsse, um Stürze und Selbstgefährdungen zu vermeiden. Zudem sei der Pflegeaufwand insbesondere unter Berücksichtigung seines Körpergewichts von über 80 kg zu gering bewertet worden und zu Unrecht kein Zeitwert für das Anlegen der Nachtkleidung angesetzt worden. Ebenso wenig habe der Aspekt der aktivierenden Pflege Beachtung gefunden. Die von ihm benötigten Hilfestellungen bei der Grundpflege erfüllten die gesetzlich geforderten Mindestvoraussetzungen im Sinne des SGB XI. Die Beklagte holte darauf das Gutachten der Pflegefachkraft F. ein. Diese kam nach einer Untersuchung des Klägers am 01. Februar 2001 zu dem Ergebnis, dass er im Bereich der Körperpflege Hilfe bei der Teilwäsche des Oberkörpers (Teilübernahme), der Teilwäsche des Unterkörpers (vollständige Übernahme), beim Duschen dreimal wöchentlich (Teilübernahme), Rasieren (Unterstützung) und beim Leeren des Urinbeutels zweimal täglich (volle Übernahme) benötige. Der Zeitbedarf hierfür betrage 22 Minuten. Im Bereich der Mo-bilität bedürfe der Kläger Hilfe beim Ankleiden und Auskleiden des Unterkörpers (Unterstützung); der Zeitaufwand betrage hierfür 3 und 2 Minuten pro Tag. Den Zeitaufwand für die hauswirtschaftliche Versorgung setze sie mit 60 Minuten pro Tag (im Wochendurchschnitt) an. Eine Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI liege damit nicht vor. Daraufhin wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers mit Widerspruchsbescheiden vom 11. und 14. Mai 2001 - dem Kläger beide am 17. Mai 2001 zugestellt - als unbegründet zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 18. Juni 2001, einem Montag, Klage bei dem Sozialgericht (SG) Aurich eingelegt. Zur Begründung hat er sich auf seinen Vortrag im Widerspruchsverfahren berufen. Ergänzend hat er darauf hingewiesen, dass ihn die schwer wiegende Erkrankung seiner Ehefrau zusätzlich seelisch belastet habe und seine kognitiven Einbußen hierdurch noch verstärkt worden seien.
Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten hat das SG Aurich die Klage mit Gerichtsbescheid vom 06. Mai 2002 abgewiesen. Der Kläger habe im Bereich der Grundpflege einen Hilfebedarf von nicht mehr als 28 Minuten täglich im Wochendurchschnitt. Er erfülle damit nicht die Voraussetzungen für Pflegeleistungen nach Stufe I gemäß § 15 Abs. 1 Ziffer 1 sowie Abs. 3 Ziffer 1 SGB XI und mangels Pflegebedürftigkeit auch nicht die Voraussetzungen für die Gewährung von Zuschüssen zur Wohnumfeldverbesserung gemäß § 40 Abs. 4 SGB XI. Die so genannte Grundpflege erfasse im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- und Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung und im Bereich der Mobilität das selbstständige Aufstehen und Zubettgehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung (§ 14 Abs. 4 Ziffn. 1 - 3 SGB XI). Das Gericht stütze sich bei seiner Entscheidung maßgeblich auf die beiden im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des MDKN. Nach deren Feststellungen sei der Kläger in der Lage, das Gesicht, den vorderen Oberkörper und seine Hände selber zu waschen. Ein Hilfebedarf bestehe lediglich beim Waschen des Rückens und des Unterkörpers sowie beim Rasieren. Die Toilette werde selbstständig benutzt, lediglich das Leeren der nachts benutzten Urinflasche müsse übernommen werden. Beide Gutachten seien insoweit nahezu deckungs-gleich, wobei im zweiten Gutachten von einem zweimaligen Leeren der Urinflasche ausgegangen werde. Insgesamt werde der Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege auf 20 bis 22 Minuten geschätzt, wobei das Gericht zu Gunsten des Klägers von 22 Minuten ausgehe. Aus seinem Vorbringen ergebe sich nichts, woraus sich ein weiter gehender Hilfebedarf ableiten lasse. Im Bereich der Mobilität gingen beide Gutachten übereinstimmend davon aus, dass der Kläger eine geringe Unterstützung beim Ankleiden benötige, wofür der eine drei und der andere vier Minuten ansetzen würden. Im zweiten Gutachten werde darüber hinaus noch ein Unterstützungsbedarf beim Entkleiden von zwei Minuten gesehen, der "kaum noch" erforderlich sei. Auch insoweit ergebe sich aus dem Vorbringen des Klägers kein weiter gehender Hilfebedarf. Das Gericht gehe zu Gunsten des Klägers von vier Minuten für das Ankleiden und zwei für das Entkleiden aus. Die unstreitig vorhandene Beeinträchtigung des Ehepartners könne entgegen der Auffassung des Klägers nicht zu einem erhöhten Pflegebedarf führen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe klargestellt, dass bei der Pflegeperson ein objektiver (abstrakter) Maßstab anzulegen sei, sodass konkrete Beeinträchtigungen einer bestimmten Pflegeperson nicht berücksichtigt werden könnten. Entscheidend sei vielmehr der konkrete Hilfebedarf des jeweils zu beurteilenden Pflegebedürftigen. Insgesamt bleibe der Hilfebedarf des Klägers deutlich unter der maßgeblichen Grenze von mindestens 46 Minuten täglich im Wochendurchschnitt. Damit scheide auch ein Anspruch auf Leistungen zur Wohnumfeldverbesserung aus. Mindestvoraussetzung für Leistungen nach § 40 Abs. 4 SGB XI sei das Erreichen der Pflegestufe I.
Gegen die ihm am 24. Mai 2002 zugestellte erstinstanzliche Entscheidung hat der Kläger am 24. Juni 2002 Berufung bei dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen eingelegt. Zur Begründung weist er darauf hin, dass das SG unberücksichtigt gelassen habe, dass die Körperpflege zeitlich dadurch erleichtert werde, dass er im Badezimmer Umbaumaßnahmen habe durchführen lassen. Die installierten technischen Hilfen hätten den erforderlichen Zeitaufwand bei seiner Körperpflege bereits erheblich reduziert. Darüber hinaus habe das SG die ebenfalls vorhandene Pflegebedürftigkeit seiner inzwischen verstorbenen Ehefrau nicht berücksichtigt. Nach der vom SG zitierten Entscheidung des BSG sei zwar bei der Pflegeperson ein objektiver abstrakter Maßstab anzulegen. Bei seiner Ehefrau habe es sich jedoch nicht um eine Pflegeperson gehandelt. Sie sei auf Grund ihrer eigenen Erkrankung gar nicht in der Lage gewesen, pflegerische Tätigkeiten vorzunehmen. Sie habe lediglich unterstützend tätig sein können; ohne die Unterstützungen seiner Ehefrau wäre sein Hilfebedarf gerade im Bereich der Körperpflege bedeutend höher gewesen. Den besonderen Fall der gemeinsam in einem Haushalt lebenden, stark eingeschränkten Eheleute scheine das Gesetz zur Pflegeversicherung nicht berücksichtigt zu haben. In diesem Fall hätten nämlich die bei beiden Ehegatten vorliegenden körperlichen Einschränkungen zu einer Bewilligung der Pflegestufe I zu Gunsten des Ehepaares führen müssen; diese hätten sich die daraus resultierenden Leistungen teilen müssen. Nur eine solche Entscheidung liege im Sinne des Gesetzes, gerade die häusliche Pflege in den Vordergrund zu stellen.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
- 1.
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Aurich vom 06. Mai 2002 und den Bescheid der Beklagten vom 17. Oktober 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2001 aufzuheben,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, ihm Leistungen aus der Sozialen Pflegeversicherung nach Maßgabe der Pflegestufe I ab Antragstellung zu gewähren und
- 3.
die Beklagte zu verurteilen, ihm einen Zuschuss zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes zu gewähren.
Die Beklagte hat sich zweitinstanzliche nicht zur Sache geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
Pflegesachleistungen nach § 36 SGB XI oder Pflegegeld nach § 37 SGB XI können nur Pflegebedürftige beanspruchen, die zumindest die Voraussetzungen für eine Einstufung in die Pflegestufe I erfüllen. Eine solche Zuordnung hat nach § 15 Abs. 1 Ziffer 1 und Abs. 3 Ziffer 1 SGB XI zur Voraussetzung, dass der Versicherte bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens 2 Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, wobei der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Vorsorgung benötigt, wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten betragen muss. Dabei müssen auf die Grundpflege, d.h. auf die in § 14 Abs. 4 Ziffern 1-3 SGB XI aufgeführten Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität mehr als 45 Minuten entfallen.
Die vorstehend erläuterten Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Senat verweist insofern auf die zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung, denen er sich anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:
Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass in allen Bereichen, in denen als Form der Hilfe eine Teilübernahme vorgesehen ist, auf Grund der bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen - insbesondere Gleichgewichtsstörungen und Taubheitsgefühl in den Füßen - eine Beaufsichtigung bis zum Abschluss der Verrichtungen erfolgen müsse, um Stürze und Selbstgefährdungen zu vermeiden. Der Kläger benötigt nach dem MDKN-Gutachten vom 13. Oktober 2000 Hilfe in Form der Teilübernahme bei der Ganzkörperwäsche, beim Duschen und Ankleiden bzw. nach dem MDKN-Gutachten vom 01. Februar 2001 bei der Teilwäsche des Oberkörpers und beim Duschen. Bei all diesen Verrichtungen kann sich der Kläger, der mit einem Duschschemel versorgt ist (Arztbrief der G. , H. vom 12. September 2000), setzen. Dass für den Kläger in dieser Position eine Sturz- oder sonstige Gefahr beim Duschen, Waschen oder Ankleiden besteht, ist nicht ersichtlich.
Ebenso wenig kann sich der Kläger darauf berufen, dass unter dem Aspekt der aktivierenden Pflege ein begleiteter täglicher Aufenthalt an der "frischen Luft" berücksichtigt werden müsse. Das Gesetz kennt die aktivierende Pflege als eine bei der Beurteilung der Pflegebedürftigkeit zu berücksichtigende Verrichtung nicht.
Auch das Körpergewicht des Klägers von 99 bzw. 100 kg (sh Gutachten des MDKN vom 13. Oktober 2000 und 01. Februar 2001) stellt keinen erschwerenden Faktor dar, der einen zusätzlichen Pflegeaufwand des Klägers rechtfertigen würde.
Zwar kann nach Abschnitt F Anhang 1 der Richtlinien zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI (Begutachtungs-Richtlinien) ein Körpergewicht über 80 kg die Durchführung der Pflege erschweren bzw. verlängern. Zur Anerkennung dieses Erschwernisfaktors bedarf es jedoch einer expliziten Begründung des Mehraufwandes. Den vorliegenden Gutachten sind derartige Gründe aber nicht zu entnehmen. Auch der Kläger gibt keine Begründung dafür an, warum sein Körpergewicht zu einem vermehrten Pflegeaufwand führen soll.
Ohne Erfolg beruft sich der Kläger des Weiteren darauf, die Beklagte habe bei der Verrichtung Aufstehen/Zubettgehen zu Unrecht keinen Zeitwert für das Anlegen der Nachtkleidung aufgenommen, obwohl ein Hilfebedarf beim Schließen der Knöpfe anerkannt sei. Das Anlegen der Nachtkleidung gehört zunächst nicht zu der Verrichtung Aufstehen/Zubettgehen. Hierzu gehören alle Bewegungen, die erforderlich sind, zeitgerecht das Bett zu verlassen und wieder in das Bett hinein zu gelangen sowie bei Personen mit Antriebsstörungen auch die regelmäßige Aufforderung/Anleitung zum Aufstehen und Zubettgehen (vgl. Wagner in: Hauck/Noftz SGB XI, Loseblattsammlung Stand Mai 2003, § 14 Rdnr 45). Das Anlegen der Nachtkleidung gehört vielmehr zu der Verrichtung Ankleiden. Für diese sind in beiden Gutachten des MDKN jedoch drei bzw. vier Minuten Hilfeleistung pro Tag angesetzt worden. Im Übrigen ist im Gutachten vom 01. Februar 2001 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Kläger Knöpfe teilweise selbstständig schließen kann. Doch selbst wenn man allein für das Anlegen der Nachtkleidung zusätzlich vier Minuten zu Gunsten des Klägers veranschlagen würde, betrüge der Zeitaufwand für die Grundpflege nur maximal 32 Minuten, womit die Zeitgrenze, die eine Einstufung in die Pflegestufe I rechtfertigt, nach wie vor nicht erreicht wird.
Ohne Erfolg weist der Kläger ferner darauf hin, dass die von ihm im Badezimmer installierten technischen Hilfen den erforderlichen Zeitaufwand bei der Körperpflege reduziert hätten, der pflegerische Zeitaufwand ohne bauliche Veränderungen also umfangreicher gewesen sei. Für die Beurteilung der Pflegebedürftigkeit ist auf den vorhandenen individuellen Wohnbereich abzustellen (Abschnitt D. 5.0. I. Begutachtungs-Richtlinien). Ist dieser für die pflegerische Situation günstig und reduziert sich hierdurch der Pflegezeitaufwand, ist nur der verringerte Wert bei der Beurteilung der Pflegebedürftigkeit zu berücksichtigen.
Schließlich kann der Kläger auch nicht mit Erfolg einwenden, sein Bedarf gerade im Bereich der Körperpflege wäre bedeutend höher gewesen, wenn seine Ehefrau nicht immer wieder unterstützend tätig geworden wäre. Die darin zum Ausdruck kommende Ansicht des Klägers, der Zeitaufwand für die Grundpflege sei ermittelt worden unter Berücksichtigung seines Hilfebedarfs abzüglich der von seiner Ehefrau geleisteten Hilfestellungen, ist unzutreffend. Der individuelle Hilfebedarf ergibt aus den festgestellten funktionellen Defiziten und Fähigkeitsstörungen des Antragstellers sowie aus den noch vorhandenen Fähigkeiten in Bezug auf die maßgeblichen Verrichtungen (Abschnitt D 5.0. I. Begutachtungs-Richtlinien). Insoweit wird allein auf die Person des Pflegebedürftigen abgestellt. Der zeitliche Bedarf zur Kompensation der festgestellten Defizite wird unter Zugrundelegung der Laienpflege festgestellt, wobei die Individualität der Pflegeperson unerheblich ist ( Abschnitt D 5.0. I. Begutachtungs-Richtlinien).
Letztendlich kann der Kläger auch nicht verlangen, dass der Zeitaufwand der Grundpflege, den er benötigt, und der für seine zwischenzeitlich verstorbene Ehefrau ermittelte Zeitaufwand der Grundpflege für die Beurteilung der Pflegestufe I zusammengerechnet werden und sodann dem in einem Haushalt lebenden Ehepaar zusammen eine Pflegeleistung nach der Pflegestufe I gewährt wird. Eine solche Konstruktion sieht das SGB XI nicht vor.
Mangels Vorhandenseins einer Pflegebedürftigkeit im Sinne des SGB XI scheidet auch ein Anspruch des Klägers auf Zuschuss für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes - hier Umbau des Badezimmers - gemäß § 40 Abs. 4 SGB XI aus. Auch insoweit nimmt der Senat Bezug auf die zutreffenden Ausführungen der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 SGG), denen er sich anschließt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein gesetzlicher Grund, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden.