Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 02.04.2003, Az.: L 10 RI 85/02
Berücksichtigung von Beitragszeiten nach Fremdrentengesetz (FRG) ; Glaubhaftmachung der korrespondierenden Beschäftigungszeiten; Wartezeit bei Anspruchs auf Gewährung einer Altersrente vor Vollendung des 65. Lebensjahres
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 02.04.2003
- Aktenzeichen
- L 10 RI 85/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 16013
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0402.L10RI85.02.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Braunschweig - 01.02.2002 - AZ: S 13 RI 418/99
Rechtsgrundlagen
- § 15 FRG
- § 39 SGB VI
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 1. Februar 2002 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels aufgehoben und wie folgt neu gefasst: Der Bescheid der Beklagten vom 22. Januar 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juli 1999 wird abgeändert. - 1a - Die Beklagte wird verurteilt, die von der Klägerin in Rumänien im Zeitraum vom 23. Mai 1988 bis 5. August 1989 zurückgelegten Beitrags- oder Beschäftigungszeiten unter Abänderung ihrer Bescheide vom 16. Dezember 1993, 12. Dezember 1996 und 1. Juli 1998 als glaubhaft gemachte Zeiten im Sinne des Fremdrentengesetzes anzuerkennen und eine entsprechend erhöhte Altersrente an die Klägerin zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin ein Zehntel der außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Wege eines Neufeststellungsverfahrens um die Berücksichtigung weiterer Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) im Versicherungskonto der Klägerin sowie darum, ob die Klägerin daraus einen Anspruch auf eine frühere und höhere Altersrente geltend machen kann. Streitig ist die Berücksichtigung der Zeiträume von Januar 1948 bis Juni 1950, März 1952 bis März 1955, März 1957 bis September 1961 und vom 23. Mai 1988 bis 5. August 1989 sowie die Frage, ob die Klägerin ab dem 1. Februar 1992 die Voraussetzungen für eine Altersrente für Frauen oder für eine andere Altersrente erfüllt.
Die am 7. Januar 1932 in I. (J.)/Kreis K. (ehemals L.) in Rumänien geborene Klägerin übersiedelte im April 1990 in das Bundesgebiet. Sie ist Inhaberin eines Vertriebenenausweises "A". In Rumänien arbeitete sie nach eigenen Angaben zunächst von Januar bis Dezember 1948 als Hausgehilfin bei einem Rechtsanwalt und danach, unterbrochen von Zeiten der Kindererziehung, in verschiedenen Arbeitsverhältnisses als landwirtschaftliche Arbeiterin bzw. Tagelöhnerin. In ihrem Versicherungskonto ist der Monat Juli 1987 als letzter mit Pflichtbeiträgen nach dem FRG belegter Monat gespeichert. Seit ihrer Übersiedelung in das Bundesgebiet sind für die Klägerin keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung mehr entrichtet worden.
Im Juni 1991 beantragte die Klägerin erstmals die Zahlung einer Altersrente für Frauen bei Vollendung des 60. Lebensjahres und legte dazu neben einer rumänischen Arbeitsbescheinigung ("Adeverinta") über Beschäftigungszeiten von 1966 bis 1979 insbesondere eine "Adeverinta" Nr. 463 vom 26. März 1992 des Unternehmens S. C. "AGROINDUSTRIALA" HOMOROD S. A. über Beschäftigungszeiten in den Jahren 1988 und 1989 vor. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit bestandskräftigem Bescheid vom 16. Dezember 1993 ab, da die erforderliche Wartezeit von 15 Jahren nicht erfüllt sei.
Im Oktober 1996 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Regelaltersrente, die die Beklagte mit Bescheid vom 12. Dezember 1996 ab dem 1. Februar 1997 bewilligte. In dem Bescheid beigefügten Versicherungsverlauf wurden die streitigen Zeiträume nicht berücksichtigt. Den nicht weiter begründeten Widerspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 1997 zurück. Im nachfolgenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Braunschweig - S 13 RI 262/07 - einigten sich die Beteiligten vergleichsweise darauf, den Widerspruch der Klägerin in diesem Verfahren als Überprüfungsantrag gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) anzusehen. Mit Bescheid vom 1. Juli 1998 nahm die Beklagte ferner eine Neubewertung der Kindererziehungszeiten im Versicherungskonto der Klägerin vor.
Im Rahmen der folgenden Überprüfung legte die Klägerin eine weitere "Adeverinta" Nr. 1161 vom 15. September 1995 über Beschäftigungszeiten in den Jahren 1988 und 1989 sowie zwei schriftliche Erklärungen der Rentner M. und N. vom 26. November 1998 vor. Sie vertrat die Auffassung, dass die Ablehnung der vorzeitigen Altersrente für Frauen durch den Bescheid vom 16. Dezember 1993 zu Unrecht erfolgt sei. Zwar seien auch unter Berücksichtigung der für die Jahre 1988 und 1989 geltend gemachten Zeiten die Voraussetzungen für eine Rentenzahlung ab dem 1. Februar 1995 (richtig: 1. Februar 1992) nicht erfüllt gewesen. Die Beklagte habe sie Klägerin jedoch darauf hinweisen müssen, dass sie durch die Zahlung von freiwilligen Beiträgen noch vor Vollendung des 65. Lebensjahres einen Rentenanspruch hätte erwerben können. Mit Bescheid vom 22. Januar 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juli 1999 lehnte die Beklagte die ergänzende Berücksichtigung von Beitragszeiten im Versicherungskonto der Klägerin ab. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Bescheid vom 16. Dezember 1993 insoweit rechtswidrig sei. Für die geltend gemachten Zeiten bis September 1961 existiere weder ein Arbeitsbuch noch hätten diese Zeiten durch den rumänischen Sozialversicherungsträger bestätigt werden können. Auch die vorgelegten Zeugenerklärungen führten zu keinem anderen Ergebnis, da sie nicht glaubhaft seien. Die Zeit von 1988 bis 1989 könne ebenfalls nicht anerkannt werden, da es sich bei der nachgereichten "Adeverinta" Nr. 1161 um eine Bescheinigung des selben landwirtschaftlichen Arbeitgebers handele, der auch die vorangegangene "Adeverinta" Nr. 463 ausgestellt habe und auch diese Zeit nicht glaubhaft sei. Die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs lägen ebenfalls nicht vor. Ob und inwieweit ein Versicherter freiwillige Beiträge zur Optimierung einer möglichen Rentengewährung entrichte, sei sein persönlicher Entschluss, der nur dann der Beratungspflicht des Versicherungsträgers unterfalle, wenn sich der Versicherte mit einem entsprechenden Beratungsersuchen an ihn gewendet habe.
Die hiergegen von der Klägerin beim SG Braunschweig unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens erhobene Klage hat das SG mit Urteil vom 1. Februar 2002 als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich des geltend gemachten Zeitraums vom 23. Mai 1988 bis 5. August 1989 widersprächen sich die vorliegenden "Adeverintas". Die Zeit sei damit weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Auch die übrigen streitigen Zeiträume seien nicht glaubhaft gemacht, da nicht ersichtlich sei, wodurch die von der Klägerin benannten Zeugen Kenntnis von der Beitragsentrichtung an den zuständigen Rentenversicherungsträger gehabt hätten. Den Tatbestand einer Beitragsentrichtung könnten in der Regel nur solche Zeugen glaubhaft machen, die in der Lohnbuchhaltung des betreffenden Arbeitsgebers beschäftigt gewesen seien. Im Übrigen hat das SG auf die im Widerspruchsbescheid genannten Gründe Bezug genommen.
Gegen das ihr am 4. März 2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18. März 2002 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Das SG habe zum einen nicht allein auf die Beitragsentrichtung abstellen dürfen, sondern auch das Vorliegen eines regulären Beschäftigungsverhältnisses in den jeweiligen streitigen Zeiträumen berücksichtigen müssen. Insbesondere im Zeitraum vom 23. Mai 1988 bis 5. August 1989 sei eine versicherungspflichtige Beschäftigung durch die vorgelegten "Adeverintas" hinreichend belegt. In dieser Zeit habe sie nicht nur für eine Genossenschaft gearbeitet, sondern sei auch als Arbeitskraft an andere Genossenschaften "ausgeliehen" worden, die eigenständig die Bezahlung der "ausgeliehenen" Arbeitskräfte übernommen hätten. Derartige Arbeitseinsätze hätten zum Teil auch tageweise gewechselt. Auch das Vorliegen beitragspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse in den übrigen Zeiträumen sei glaubhaft. Im Übrigen hat die Klägerin noch einmal die Auffassung vertreten, dass ihr bei zutreffendem Hinweis der Beklagten auf die Möglichkeit einer freiwilligen Beitragsentrichtung schon vor dem 65. Lebensjahr ein Rentenanspruch hätte zustehen können.
Die Klägerin beantragt,
- 1.
das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 1.Februar 2002 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 22. Januar 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juli 1999 abzuändern,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, die Zeiten von Januar 1948 bis Juni 1950, März 1952 bis März 1955, März 1957 bis September 1961 und vom 23. Mai 1988 bis 5. August 1989 als glaubhaft gemachte Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten im Sinne des Fremdrentengesetzes anzuerkennen und ihr eine frühere sowie höhere Altersrente zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 1. Februar 2002 zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und hat ergänzend noch einmal darauf hingewiesen, dass ihre Anfragen beim rumänischen Versicherungsträger nicht zu einer Bestätigung der geltend gemachten Beitragszeiten geführt hätten. Die vorgelegten Zeugenerklärungen genügten für eine Glaubhaftmachung nicht. Auch die für die Jahre 1988 bis 1989 vorgelegten "Adeverintas" bescheinigten unterschiedliche Beitragszeiten, mit denen die streitige Zeit weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht werden könne. Schließlich könne die Klägerin im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs keinen früheren Rentenbeginn verlangen. Bereits im Bescheid vom 16. Dezember 1993 sei sie auf die Möglichkeit einer freiwilligen Beitragsentrichtung hingewiesen worden. Ein Verstoß gegen Auskunfts- und Beratungspflichten liege daher nicht vor.
Der Senat hat im vorbereitenden Verfahren die Sach- und Rechtslage durch seinen Berichterstatter mit den Beteiligten im Erörterungstermin am 23. Januar 2003 erörtert und im selben Termin den Sohn der Klägerin, O., als Zeugen vernommen. Wegen der Einzelheiten der Aussage des Zeugen sowie wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozessakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die der Entscheidungsfindung des Senats zu Grunde gelegen haben.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Der Senat war zunächst nicht daran gehindert, den Rechtsstreit auf Grund der Einverständniserklärungen der Beteiligten im Erörterungstermin am 23. Januar 2003 gem. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Die insoweit auch von der Klägerin abgegebene Prozesserklärung ist von ihr nicht widerrufen worden. Zwar hat die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 5. Februar 2003 die ergänzende Vernehmung der Zeugen M. und N. beantragt. Hierin kann jedoch kein wirksamer Widerruf des zuvor erklärten Einverständnisses gesehen werden. Ein solcher Widerruf wäre nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage möglich gewesen (§ 202 SGG i.V.m. § 128 Abs. 2 Satz 1 Zivilprozessordnung - ZPO). Dies ist jedoch nicht ersichtlich.
Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch überwiegend unbegründet. Die Klägerin hat nach Auffassung des Senats lediglich einen Anspruch auf ergänzende Berücksichtigung des Zeitraums vom 23. Mai 1988 bis 5. August 1989 als glaubhaft gemachte Beschäftigungszeit nach dem FRG in ihrem Versicherungskonto und auf Zahlung einer entsprechend erhöhten Regelaltersrente (I.). Im Übrigen ist die Berufung unbegründet. Die Klägerin kann weder mit Erfolg die Berücksichtigung der weiteren streitigen Zeiträume bei der Berechnung ihrer Regelaltersrente geltend machen (II.) noch hatte sie vor dem 1. Februar 1997 einen Anspruch auf eine Altersrente (III.). Für die zur Überprüfung gestellten Bescheide der Beklagten ist insoweit nicht erkennbar, dass die Beklagte bei ihrem Erlass das Recht unrichtig angewandt hat oder von einem Sachverhalt ausgegangen ist, der sich als unrichtig erweist (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X).
I.
Der Zeitraum vom 23. Mai 1988 bis 5. August 1989 ist zur Überzeugung des Senats im Versicherungskonto der Klägerin als glaubhaft gemachte Beitrags- bzw. Beschäftigungszeit nach dem FRG zu berücksichtigen, da die Klägerin in dieser Zeit Beitragszeiten bei einem nichtdeutschen Träger der Rentenversicherung (§ 15 FRG) oder jedenfalls Beschäftigungszeiten im Sinne von § 16 FRG zurückgelegt hat.
Für die Feststellung der nach dem FRG erheblichen Tatsachen genügt es, wenn sie glaubhaft gemacht sind (§ 4 Abs. 1 Satz 1 FRG). Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen überwiegend wahrscheinlich ist (§ 4 Abs. 1 Satz 2 FRG). Dabei müssen nicht jegliche Zweifel am Vorliegen der geltend gemachten Tatsachen ausgeräumt sein. Demgegenüber kann eine Tatsache erst dann als nachgewiesen gelten, wenn ein so hoher Grad von Wahrscheinlichkeit vorliegt, dass vernünftige Zweifel an der Richtigkeit nicht mehr bestehen (vgl. bereits BSGE 6, 142, 144).
Der Senat geht nach diesem Maßstab und nach Abwägung der gesamten Umstände des Falles davon aus, dass die von der Klägerin geltend gemachte Beitrags- oder Beschäftigungszeit in Rumänien vom 23. Mai 1988 bis 5. August 1989 glaubhaft gemacht ist. Die Klägerin hatte bereits im Rahmen des Kontenklärungsverfahrens zu ihrem Rentenantrag vom 20. Juni 1991 angegeben, unter anderem in diesem Zeitraum bei einem von ihr zunächst als "I.A.S. Homorod" bezeichneten Landwirtschaftsunternehmen als landwirtschaftliche Arbeiterin beschäftigt gewesen zu sein. Diese Angabe wird bestätigt durch die von der Klägerin vorgelegte "Adeverinta" Nr. 1161 vom 15. September 1995, wonach sie im Zeitraum von Mai 1988 bis August 1989 insgesamt 372 Arbeitstage für das Unternehmen S.C. "AGROINDUSTRIALA" HOMOROD S.A. ableistete. Hinsichtlich des Beweiswertes derartiger Bescheinigungen hat der Senat bereits mit Urteilen vom 19. Dezember 2002 - L 10 RJ 143/00, L 10 RJ 84/01 - im Anschluss an die Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg (vgl. u.a. Urteile vom 11. Dezember 2000 - L 9 RJ 2551/98, L 9 RJ 1739/00) entschieden, dass diese grundsätzlich geeignet sind, das Bestehen einer Beitrags- oder Beschäftigungszeit zu belegen. Danach ist davon auszugehen, dass in Rumänien im Regelfall betriebliche Anwesenheitsunterlagen und Lohnlisten geführt werden, auf deren Grundlage die Erstellung entsprechender Bescheinigungen auch für mehrere Jahre zurückliegende Zeiten grundsätzlich möglich ist. Als Nachweis einer ununterbrochenen Beschäftigung können derartige Bescheinigungen jedoch nur dann angesehen werden, wenn aus ihnen einwandfrei hervorgeht, auf welcher Dokumentationsgrundlage sie beruhen, wenn die in ihnen enthaltenen Angaben in sich schlüssig und nicht im Widerspruch zu den sonstigen Angaben des Versicherten stehen, wenn nicht der Verdacht besteht, dass es sich um eine Gefälligkeitsbescheinigung oder gefälschte Bescheinigung handelt, und wenn aus den Bescheinigungen die tatsächlichen Arbeitstage und/oder die Fehltage vollständig hervorgehen (vgl. erneut Urteile des Senats vom 19. Dezember 2002, a.a.O., m.w.N.).
Der vorliegende Fall gibt dem Senat keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung Abstand zu nehmen. Die vorgelegte "Adeverinta" Nr. 1161 vom 15. September 1995 lässt eine versicherungspflichtige Beschäftigung der Klägerin im Zeitraum vom 23. Mai 1988 bis 5. August 1989 glaubhaft erscheinen. Der Senat hat zunächst keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei dieser "Adeverinta" um eine Gefälligkeitsbescheinigung oder ein Fälschung handeln könnte. Dies ist auch von der Beklagten nicht behauptet worden. Der bloße Umstand, dass in der Bescheinigung das Geburtsdatum der Klägerin fehlerhaft ausgewiesen ist ("07.01.1939" statt "07.01.1932"), berührt den Aussagegehalt der Bescheinigung nicht, da sie sich im Übrigen unzweifelhaft auf die Person der Klägerin bezieht. Überwiegende Zweifel daran, dass die Klägerin in dem genannten Zeitraum bei dem genannten Unternehmen beschäftigt war, ergeben sich für den Senat auch nicht aus einem Vergleich dieser "Adeverinta" mit der von der Klägerin bereits im Rahmen des ersten Rentenverfahrens vorgelegten "Adeverinta" Nr. 463 vom 26. März 1992 desselben Unternehmens. Zwar trifft es zu, dass in der "Adeverinta" Nr. 463 für das Jahr 1988 lediglich 63 Arbeitstage und für das Jahr 1989 154 Arbeitstage angegeben sind, während die "Adeverinta" Nr. 1161 vom 15. September 1995 für das Jahr 1988 eine Gesamtzahl von 189 Arbeitstagen und für das Jahr 1989 eine solche von 183 ausweist. Diese Differenz erweist sich jedoch nicht einem Maße als widersprüchlich, dass eine Beschäftigung der Klägerin in dem insoweit geltend gemachten Zeitraum als unglaubhaft erscheint. Der Senat vermag bereits nicht zu erkennen, ob und inwieweit sich die "Adeverintas" Nr. 463 und Nr. 1161 auf dieselben Zeiträume beziehen. Darüber hinaus hat die Klägerin für den Senat nachvollziehbar dargestellt, in dem genanten Zeitraum für verschiedene Unternehmensteile der Handelsgesellschaft "AGROINDUSTRIALA" HOMOROD tätig gewesen zu sein, von denen zum Teil auch voneinander getrennte Anwesenheits- und Abrechnungsunterlagen geführt worden seien. Dies ist auch von dem Zeugen O. bei seiner Vernehmung im Erörterungstermin am 23. Januar 2002 glaubhaft bestätigt worden. Danach wurde die Klägerin in dem landwirtschaftlichen Unternehmen zum Teil tageweise für unterschiedliche Arbeiten eingeteilt, unter denen auch Auftragstätigkeiten für andere Unternehmen waren. In diesem Zusammenhang sind jedenfalls zum Teil auch unterschiedliche Stundenübersichten geführt worden. Der Senat hat vor diesem Hintergrund jedenfalls keine überwiegenden Zweifel daran, dass die Klägerin in dem genannten Zeitraum einer Beschäftigung nachging, die nach Bundesrecht eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet hätte. Ob der Zeitraum vom 23. Mai 1988 bis 5. August 1989 darüber hinaus als nachgewiesene Beitrags- oder Beschäftigungszeit im Sinne des FRG Berücksichtigung finden könnte, brauchte der Senat nicht zu entscheiden, da die Klägerin ihren Antrag insoweit auf die Anerkennung einer glaubhaft gemachten Beitrags- bzw. Beschäftigungszeit beschränkt hat. Allerdings hat die Klägerin bereits im Rahmen der Kontenklärung zu ihrem Rentenerstantrag vom 20. Juni 1991 angegeben, dass ihre Beschäftigung bei dem landwirtschaftlichen Unternehmen in Homorod durch Krankheitszeiten gelegentlich unterbrochen war, deren genaue Daten sie nicht mehr angeben könne. Anhaltspunkte für eine Beitrags- bzw. Beschäftigungsdichte während dieser Tätigkeit, die über die der Regelung des § 22 Abs. 3 FRG zu Grunde liegende Vermutung hinaus ginge, sind daher nicht ersichtlich.
II.
Die Berücksichtigung der im Übrigen geltend gemachten Zeiträume als glaubhaft gemachte Zeiten kann die Klägerin nicht mit Erfolg verlangen. Für die Zeiten vom Januar 1948 bis Juni 1950, März 1952 bis März 1955 und März 1957 bis September 1961 hat die Klägerin weder entsprechende Dokumente vorgelegt, noch konnten diese auf ausdrückliche Anfrage der Beklagte beim rumänischen Sozialversicherungsträger angefordert werden. Die Klägerin selbst hat vorgetragen, dass eine ordnungsgemäße Dokumentation der von ihr für diese Zeiträume behaupteten Beschäftigungsverhältnisse unwahrscheinlich sei, da es sich um Tätigkeiten bei einem Rechtsanwalt bzw. in der privaten Landwirtschaft gehandelt habe und gerade von privaten Stellen entsprechende Eintragungen in das Arbeitsbuch häufig nicht vorgenommen worden seien. Der Senat konnte sich aber auch anhand der von der Klägerin im Rahmen des Überprüfungsverfahren vorgelegten Zeugenerklärungen vom 26. November 1998 nicht von der Glaubhaftigkeit der insoweit geltend gemachten Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten überzeugen. Beiden in Schriftbild, Wortlaut und Inhalt identischen, und damit offensichtlich für die Zeugen vorbereiteten Erklärungen ist zwar zu entnehmen, dass die Klägerin in den genannten Zeiträumen als Haushilfe bei einem Rechtsanwalt P. bzw. auf dem Bauernhof einer Q. gearbeitet und Beiträge gezahlt habe. Nähere Angaben zu Art und Umfang der behaupteten Tätigkeiten, zu der von der Klägerin bezogenen Vergütung und zur Anzahl und Höhe der gezahlten Beiträge sind den Erklärungen entgegen den im dortigen Formular ausgesprochenen eindeutigen Aufforderungen jedoch nicht zu entnehmen. Der Senat geht insoweit davon aus, dass sich die Zeugen in den Erklärungen bereits nach ihrem Wissen umfassend erklärt haben. Er hatte daher keine Veranlassung, diese ergänzend in mündlicher Verhandlung zu vernehmen. Hierzu war der Senat auch auf den Antrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im nachgereichten Schriftsatz vom 5. Februar 2003 nicht verpflichtet. Dem Beweisantrag ist insoweit bereits nicht zu entnehmen, über welche von den Zeugen bislang noch nicht erklärten Tatsachen die Vernehmung hätte erfolgen sollen. Auch die Angaben des im Erörterungstermin vom 23. Januar 2003 vernommenen Zeugen O. vermögen ein anderes Ergebnis nicht zu begründen. Der Zeuge konnte von den behaupteten Beschäftigungen der Klägerin bei einem Rechtsanwalt und bei einer Frau R. lediglich von Erzählungen seiner Mutter berichten, da diese sämtlich für Zeiten geltend gemacht werden, die vor seiner Geburt lagen. Einzelheiten über eine mögliche Beitragsentrichtung bzw. die Versicherungspflichtigkeit dieser Beschäftigungen konnten vom Zeugen dementsprechend nicht dargelegt werden.
III.
Die Klägerin kann vor dem dargestellten Hintergrund auch nicht mit Erfolg einen Anspruch auf Gewährung einer Altersrente vor Vollendung ihres 65. Lebensjahres geltend machen.
Die Voraussetzungen für eine Altersrente für Frauen nach Vollendung des 60. Lebensjahres gemäß § 39 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) in der vom 1. Januar 1992 bis zum 31. Dezember 1999 geltenden Fassung (SGB VI a.F.) hat die Beklagte in dem Bescheid vom 16. Dezember 1993 zu Recht verneint. Allerdings scheiterte der Anspruch nach dem Gesagten nicht daran, dass die Klägerin die nach § 39 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI a.F. erforderliche Wartezeit von 15 Jahren zum Zeitpunkt des möglichen Rentenbeginns nicht erfüllt hatte. Ausweislich des dem Rentenbescheid vom 12. Dezember 1996 als Anlage 2 beigefügten Versicherungsverlaufs, der im Übrigen Rechtsfehler nicht erkennen lässt, weist das Versicherungskonto der Klägerin bis zum 31. Januar 1992 insgesamt 177 Monate mit Beitragszeiten oder Ersatzzeiten aus, die gemäß § 51 Abs. 1, 4 SGB VI a.F. auf die Wartezeit von 15 Jahren anzurechnen waren. Zuzüglich der aus den oben genannten Gründen (I.) zu berücksichtigenden weiteren 16 Beitragsmonate für glaubhaft gemachte Zeiten nach dem FRG ergaben sich mithin vor dem möglichen Beginn einer Altersrente ab dem 1. Februar 1992 193 Kalendermonate mit auf die Wartezeit anrechenbaren Zeiten. Damit aber war die Wartezeit von 15 Jahren (= 180 Kalendermonate) erfüllt. Der Anspruch der Klägerin auf eine Altersrente für Frauen ab dem 1. Februar 1992 musste jedoch gleichwohl daran scheitern, dass sie nach Vollendung ihres 40. Lebensjahres nicht mehr als 10 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat (§ 39 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI a.F.). Im insoweit maßgeblichen Zeitraum seit dem 7. Januar 1972 sind unter Berücksichtigung der zusätzlich als glaubhaft gemachte Beitragszeiten nach dem FRG (oben I.) zu berücksichtigenden 16 Kalendermonate lediglich 116 Kalendermonate anstelle der erforderlichen mindestens 121 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt.
Die Klägerin hatte aber auch keinen Anspruch auf eine frühere Altersrente nach anderen Vorschriften. Selbst wenn ihr Antrag vom 20. Juni 1991 hilfsweise als Antrag auf eine Altersrente für langjährig Versicherte gemäß § 36 SGB VI a.F. umzudeuten gewesen wäre, mangelte es auch hierfür an der Erfüllung der erforderlichen Voraussetzungen. Einen entsprechenden Anspruch auf Altersrente hatten danach Versicherte nur, wenn sie vor Vollendung des 63. Lebensjahres die Wartezeit von 35 Jahren (= 420 Kalendermonate) erfüllt hatten. Dies war nach der Darstellung im genannten Versicherungsverlauf unzweifelhaft nicht der Fall.
Die Klägerin kann die Erfüllung der erforderlichen Voraussetzungen schließlich auch nicht im Wege des von ihr geltend gemachten sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs erreichen. Nach diesem in ständiger Rechtsprechung (vgl. bereits BSGE 32, 60; 34, 124; BSG SozR 1300 § 44 Nr. 18) entwickelten Rechtsinstitut kann ein Berechtigter, dem auf Grund einer pflichtwidrig fehlerhaften Beratung eines Sozialleistungsträgers ein sozialrechtlicher Schaden entstanden ist, die Herstellung desjenigen Zustandes verlangen, der bestünde, wenn die Beratung pflichtgemäß erfolgt wäre. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin hat der Senat jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass ihr durch ein pflichtwidriges Verhalten der Beklagten oder ihr zuzurechnender Dritter ein entsprechender sozialrechtlicher Schaden entstanden ist. Es ist bereits nicht erkennbar, dass die Klägerin im Rahmen ihres Rentenerstantrages vom 20. Juni 1991 die Beklagte überhaupt um eine Beratung über die Möglichkeiten für den Bezug einer vorzeitigen Altersrente gebeten hat. Dies ist auch von ihr nicht vorgetragen worden. Der Rentenversicherungsträger ist aber zur Belehrung und Beratung einzelner Versicherter nur dann verpflichtet, wenn dieser sich mit einem entsprechenden Ersuchen an ihn wendet (vgl. bereits BSGE 42, 224). Ohne ein entsprechendes Ersuchen besteht keine Verpflichtung des Rentenversicherungsträgers, den Versicherten auf eine mögliche Rentenoptimierung hinzuweisen. Darüber hinaus ist die Klägerin bereits im Bescheid vom 16. Dezember 1993 von der Beklagten auf die Möglichkeit einer weiteren Beratung zur Entrichtung ergänzender (Pflicht- oder freiwilliger) Beiträge zur Rentenversicherung hingewiesen worden, ohne dass sie hiervon Gebrauch gemacht hätte. Der Senat kann es daher auch dahin gestellt sein lassen, ob die Klägerin durch eine mögliche Nachentrichtung freiwilliger Rentenversicherungsbeiträge überhaupt die Möglichkeit gehabt hätte, eine vorzeitige Altersrente ab dem 1. Februar 1995 in Anspruch zu nehmen.
Die Voraussetzungen für eine vorzeitige Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach § 38 SGB VI a.F. lagen zum Zeitpunkt der zur Überprüfung gestellten Entscheidung der Beklagten im Bescheid vom 16. Dezember 1993 ebenfalls ersichtlich nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf den Vorschriften der §§ 183, 193 SGG. Es entspricht der Billigkeit, der Beklagten die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in etwa insoweit aufzuerlegen, wie die Berufung Erfolg hatte.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).