Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 28.04.2003, Az.: L 6 B 6/03 U

Übernahme der Kosten für ein medizinisches Sachverständigengutachten auf die Staatskasse ; Objektive Förderung der Sachaufklärung

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
28.04.2003
Aktenzeichen
L 6 B 6/03 U
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 20201
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2003:0428.L6B6.03U.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hildesheim - 17.12.2002 - AZ: S 11 U 73/97

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hildesheim vom 17. Dezember 2002 wird zurückgewiesen.

Gründe

1

I.

Der 1940 geborene Kläger verrichtete seit 1969 als Zimmerer (Einschaler) körperlich schwere Arbeiten. Gestützt auf ein Gutachten des Dr. C. vom 17. Dezember 1996 lehnte es die Beklagte ab, die Gesundheitsstörungen im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) des Kläger als Berufskrankheit - BK - nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung - BKV - (bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS durch langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten) anzuerkennen und Verletztenrente zu zahlen (Bescheid vom 12. Februar 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 1997).

2

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht - SG - Hildesheim erstattete auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz - SGG - der Arzt für Neurochirurgie D. das nach stationärer Untersuchung erstattete Gutachten vom 7. Oktober 2002. Anschließend nahm der Kläger die Klage zurück. Mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2002 hat er beantragt, die durch das Gutachten nach § 109 SGG verursachten Kosten auf die Staatskasse zu übernehmen, weil das Gutachten für die Rechtsfindung erforderlich gewesen sei und der Erledigung des Verfahrens gedient habe. Mit Beschluss vom 17. Dezember 2002 hat das SG diesen Antrag abgelehnt.

3

Gegen diesen ihm am 2. Januar 2003 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 8. Januar 2003 Beschwerde eingelegt und darauf hingewiesen, dass das Gutachten ihn letztlich zur Klagerücknahme veranlasst habe.

4

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

5

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Klägers ist zulässig (§ 177, 173 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet. Die Kosten, die durch das Gutachten des Arztes für Neurochirurgie D. entstanden sind, können nicht auf die Staatskasse übernommen werden. Die Übernahme der durch ein Gutachten nach § 109 SGG verursachten Kosten ist dann geboten, wenn dieses Gutachten zur Sachaufklärung beigetragen hat, d.h., wenn es etwas Neues zu einer entscheidungserheblichen Frage erbracht hat. Allein dieses Kriterium ist geeignet, den Beweiswert eines solchen Gutachtens zu beurteilen und damit einen verlässlichen Maßstab für die Kostenentscheidung zu bieten. Es ist demgemäß allgemein anerkannt, dass die objektive Förderung der Sachaufklärung die Grundvoraussetzung für eine Kostenübernahme darstellt (vgl. z.B. Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 6. Auflage 1998 § 109 Rz 16a).

6

Wie das SG zutreffend entschieden hat, kommt unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes eine Kostenübernahme im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Der Sachverständige D. hat mit einer kurzen Begründung die entscheidungserhebliche Frage, ob die Gesundheitsstörungen im Bereich der LWS mit Wahrscheinlichkeit durch die berufliche Schwerarbeit des Klägers verursacht worden sind, verneint. Seine Beurteilung beschränkt sich auf die (schlüssige) Erwägung, dass die bildgebend erfassten Veränderungen als gering- bis mittelgradige Degenerationszeichen anzusehen seien. Veränderungen dieser Art seien durchaus alterstypisch und ließen keinen Rückschluss auf eine besondere berufsbedingte Belastung zu. Im Vergleich zu dem im Verwaltungsverfahren erstatteten Gutachten des Dr. C., das auch im gerichtlichen Verfahren verwertet werden durfte, hat er damit dem Gericht keine wesentlich neuen Gesichtspunkte für die erforderliche Beurteilung des Kausalzusammenhangs vermittelt. Denn bereits Dr. C. hatte - ausführlicher als der Sachverständige D. - auf Grund der Interpretation der Röntgenaufnahmen belastungsadaptive Reaktionen (vermehrte Sklerosierungen der Deck- und Tragplatten und reaktive Spondylose) verneint und darüber hinaus zusätzliche Gesichtspunkte (eine schicksalhafte Fehlstatik im lumbosakralen Scharnier, Schwerpunkt der röntgenologischen Veränderungen im "belastungsfernen" Bereich der Halswirbelsäule) aufgezeigt, die gegen eine berufliche Verursachung der Gesundheitsstörungen des Klägers im Bereich der LWS sprechen. Im Übrigen wird die im Kern übereinstimmende Würdigung der Gutachter auch daraus deutlich, dass der Arzt für Neurochirurgie D. dem "Vorgutachter" Dr. C. ausdrücklich zugestimmt hat.

7

Dieser Beschluss kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).